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In jüngster Zeit nimmt der Bedarf an aktiven PFC-Schaltungen in elektrischen Antrieben immer weiter zu. Die Auslöser dafür sind jüngste Regularien wie die EN61000-3-2 sowie höhere Anforderungen an die elektromagenetische Verträglichkeit und ein größerer Fokus auf die Energieeffizienz. Auch die Möglichkeit mehr Energie aus dem gleichen Netzanschluss zu entnehmen, kann ein Grund sein.

Bild 1: Kurz nach dem Schließen des Hauptschalters fließt der Laststrom (rot) und der Sperrstrom (gelb).

Bild 1: Kurz nach dem Schließen des Hauptschalters fließt der Laststrom (rot) und der Sperrstrom (gelb).Vincotech

Grundlegende Überlegungen zur Auswahl

Die Auswahl der optimalen Leistungshalbleiter hängt dabei nicht unerheblich von der Anwendung und der obengenannten Zielsetzung ab. So sind die statischen und dynamischen Verluste, also solche, die beim elektrischen Leiten und Schalten entstehen, von Bauteil zu Bauteil unterschiedlich. Je nach Belastung und Schaltfrequenz fallen nun unterschiedliche Verluste an. Dabei hängen diese nicht nur von den individuellen Eigenschaften der jeweiligen Bauteile, sondern auch von deren Zussammenspiel ab.

Deutlich wird dies, wenn man sich den Einfluss der Boost-Diode auf die Verluste am Boost-Schalter anschaut. Die Sperrverzögerungzeit (trr) beschreibt die Periode vom Wechsel der Stromrichtung von Vorwärtsfluß bis zum vollständigen Sperren der Diode. In der Zwischenzeit kann ein gewisser Strom gegen die Sperrrichtung fließen (Irr). Dieser Strom fließt dann zusätzlich zum Laststrom über den Boost-Schalter ab (Bild 1). Dies erzeugt zusätzliche Verluste im Schalter, die sich zu den eigentlichen Schalt- und Durchlassverlusten addieren. Gerade bei MOSFETs, die aufgrund ihres schnellen Schaltverhaltens für hohe Schaltfrequenzen Einsatz finden, können diese zusätzlichen Verluste signifikant sein.

Mit umfassender Analyse punkten

SiC-Dioden, schnelle IGBTs oder MOSFETs mit geringeren dynamischen Verlusten ermöglichen Effizienzsteigerungen. Bei der Halbleiterauswahl ist der Anwendungsfall als auch das Zusammenspiel der Komponenten zu beachten. Auch die Kühlung hat einen großen Einfluss auf die Leistungsfähigkeit. Hier positionieren sich Powermodule beim Aufbau von hocheffizienten, kostengünstigen Systemen mit hoher Lebensdauer, da sie eine einfache und isolierte Kühlkörper-Anbindung ermöglichen und alle Komponenten auf möglichst niederinduktive Weise verbinden können.

Eine langsame Boost-Diode hat in diesem Fall einen negativen Einfluss auf die am Schalter anfallenden Verluste und limitiert damit dessen maximale Leistung. Anders formuliert kann eine schnelle Diode die Effizienz der gesamten PFC signifikant verbessern.

Abhängigkeiten finden und nutzen

Je nach Anwendung lassen sich die Verluste um mehrere zehn Prozent reduzieren. Die Frage nach der maximalen Leistungsfähigkeit eines bestimmten Halbleiters führt zu weiteren wichtigen Einflussfaktoren. Die statischen und dynamischen Verluste sind abhängig von der Temperatur des Halbleiters. Die Temperatur ist wiederum abhängig vom Wärmewiderstand des Halbleiters. In der Regel ist er auf einem Kühlköper montiert. Dessen Temperatur je nach Material und Größe ist mehr oder weniger konstant. Die Größe des Halbleiters und seiner Anbindung an den Kühlkörper bestimmen den genauen Wärmewiderstand und damit die jeweilige Temperatur bei bestimmten Verlusten. Mit einer sehr guten Kühlung lässt sich ein Halbleiter für weitaus höhere Leistungen einsetzen.

Vom Rechnen ausgehend

Wie die vorausgehenden Erläuterungen deutlich machen, sind die Berechnungen zur Auswahl der richtigen Komponenten alles andere als einfach. Es empfiehlt sich daher, die Anwendung im Vorfeld zu simulieren. Hersteller von Leistungshalbleiterkomponenten haben hierzu unterschiedliche Möglichkeiten. Vincotech positioniert sich dort mit der integrierten Simulationsumgebung Flow-ISE. Damit besteht die Möglichkeit, die Produkte des Unternehmens mit einer Reihe von Anwendungsparametern zu testen. Zur Veranschaulichung der geschilderten Probleme bei der Komponentenauswahl, hier beispielhaft ein paar typische PFC-Anwendungs-Simulationen.

Veranschaulichung durch Simulation

Vincotech hat spezielle Module für PFC-Anwendungen im Antriebsbereich im Portfolio. Die als PIM + PFC bezeichneten Module enthalten sämtliche notwendigen Leistungshalbleiter, vom Eingangsgleichrichter, über PFC-Schalter und -Diode bis zum dreiphasigen Wechsrichter.

Bild 2: Maximale Ausgangsleistung bei 230 V Eingang.

Bild 2: Maximale Ausgangsleistung bei 230 V Eingang.Vincotech

Zudem ist ein keramischer Kondensator im Zwischenkreis integriert, der das Schalt- und EMV-Verhalten der PFC-Schaltung verbessert. Mittlerweile existieren drei Generationen dieser Module, die den unterschiedlichen technischen Stand der Halbleiter widerspiegeln.

Vergleicht man die Eigenschaften dieser Module in unterschiedlichen Situationen, lassen sich die oben geschilderten Einflüsse gut erkennen. Der erste Anwendungsfall ist eine Schaltung im 230 V Netz. Die PFC-Schaltung sorgt für eine gleichmäßige Stromentnahme über den gesamten Sinus des Netzes. Verglichen sind ein Modul der ersten Generation (V23990-P305-B-PM) und zwei Module der dritten Generation (10-F006PPA020SB-M685B beziehungsweise 10-F006PPA020SB-M685B10 mit SiC-Diode). Die Simulation zeigt deutlich die Vorteile der kürzlich entwickelten Halbleiter (Bild 2). Während das Vorgängermodul schon ab 50 kHz Schaltfrequenz nicht mehr die volle Leistung einer mit 16 A abgesicherten Leitung entnehmen kann (230 V • 16 A = 3,68 kW, rote Linie), leistet das Folgemodul mit SiC-Boost-Diode dies fast noch bei 200 kHz.

Das Modul ohne SiC liegt bei der Leistung zwar im Mittelfeld, ist aber auch deutlich preiswerter. Während das Modul mit Standardkomponenten nur noch 85 Prozent im Vergleich zum V23990-P305-B-PM kostet, besteht bei der SiC-Technologie noch ein gewisser Aufpreis. Einer moderaten Preissteigerung von zehn Prozent stehen allerdings auch eine deutliche Leistungs- und Effizienzsteigerung gegenüber. Bei 50 kHz und der theoretisch maximalen Aufnahmeleistung von 3,68 kW erzeugen Transistor und Diode im Vorgängermodul 53 W Verluste, im Folgemodul mit Standardtechnik 44 W und in dem mit SiC-Diode nur 33 W. Geringere Verluste bedeuten nicht nur weniger Energieverschwendung, sondern auch einen geringeren Kühlaufwand.

Bild 3: Maximale Ausgangsleistung bei 110 V Eingang.

Bild 3: Maximale Ausgangsleistung bei 110 V Eingang.Vincotech

Ein wichtiger Anwendungsfall von PFC-Schaltungen ist eine deutliche Erhöhung der Zwischenkreisspannung im Verhältnis zur Netzspannung. Dies kann notwendig sein, um ein Gerät in Ländern mit unterschiedlicher Netzspannung zu betreiben. Aber die Unabhängigkeit von der Netzspannung weist weitere Vorteile auf: So können bei höherer Spannung Motoren mit geringeren Spulenströmen Einsatz finden, was zu einer deutlichen Effizienzsteigerung führt. Zudem läßt sich der Motor immer im optimalen Arbeitspunkt betreiben.

Um diesen Fall zu simulieren, senkt man die Netzspannung auf 110 V ab. Nun ergibt sich ein etwas anderer Vergleich. Waren beide Module der jüngsten Generation bisher in allen untersuchten Fällen besser, so kann das Vorgängermodul nun zumindest bis zu einer Schaltfrequenz von 50 kHz mithalten. Erst bei höheren Frequenzen fällt die ältere Technik deutlich ab. Um die Gründe dafür zu finden, lohnt es sich, etwas genauer auf die Verluste der einzelnen Komponenten zu schauen. Bei niedrigen Frequenzen sind die Verluste im MOSFET bei allen Modulen dominant. Hier kommt dem Vorgängermodul zugute, dass der MOSFET mehr als doppelt so viel Fläche hat und damit wesentlich mehr Wärme an den Kühlkörper abgeben kann (61 W versus 41 W). Bei höheren Schaltfrequenzen macht sich aber die langsame Boost-Diode bemerkbar, die selbst an ihre thermische Lastgrenze kommt.

Bild 4: Verluste pro Komponente bei unterschiedlichen Schaltfrequenzen.

Bild 4: Verluste pro Komponente bei unterschiedlichen Schaltfrequenzen.Vincotech

Beim Vergleich der beiden Nachfolgemodule zeigen sich die entscheidenden Vorteile der SiC-Technik. Bei beiden Modulen ist der MOSFET, über den gesamten untersuchten Bereich das limitierende Bauteil. Allerdings erreicht er seine maximale Belastbarkeit bei unterschiedlichen Ausgangsleistungen. Hier ist das erwähnte Zusammenspiel von Boost-Diode und Boost-Schalter entscheidend.

Die SiC-Diode sperrt deutlich schneller (13 ns versus 46 ns) und hat eine geringere Ladungskapazität (Qrr) (0,13 µC versus 0,57 µC). Die während der Sperrverzögerung aus und durch die Diode fließende Energie muss durch den MOSFET fließen und erzeugt hier höhere Verluste. Dadurch kann das Modul mit SiC-Diode 40 Prozent mehr Ausgangsleistung erzeugen – und das bei etwa gleichen Verlusten. Bild 4 veranschaulicht die anteilige Verteilung der Verluste auf MOSFET und Diode.

Gestaltung von hocheffizienten Systemen

Immer bessere Halbleiter wie SiC-Dioden, schnelle IGBTs oder MOSFETs mit geringeren dynamischen Verlusten ermöglichen Effiziensteigerungen bei gleichen oder sogar sinkenden Bauteilkosten. Wie an den dargestellten Beispielen zu sehen, ist bei der Auswahl allerdings der jeweilige Anwendungsfall und das Zusammenspiel der Komponenten zu berücksichtigen. Dazu kommt, dass eine gute Kühlung der Halbleiter einen entscheidenden Einfluss auf deren Leistungsfähigkeit hat.

Powermodule sind in diesem Zusammenhang eine gute Lösung, da sie zum einen die einfache und isolierte Anbindung an einen Kühlkörper ermöglichen, zum anderen alle Komponenten auf möglichst niederinduktive Weise miteinander verbinden und somit für ein gutes elektrisches Verhalten sorgen. In Kombination mit den richtigen Halbleitern lassen sich so hocheffiziente Systeme mit hoher Lebensdauer und in der Gesamtbetrachtung günstigen Kosten realisieren. Vincotech hat eine breite Auswahl an Powermodulen der neuesten Halbleitertechnologie, auch speziell für PFC-Anwendung.

Andreas Johannsen

ist Product Marketing Manager bei Vincotech in Unterhaching.

(rao)

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