Automobilindustrie und Regierungen weltweit wollen die Akzeptanz von Elektro-(EV-) und Hybrid-Elektro-(HEV-)Fahrzeugen im Massenmarkt erhöhen. Dazu haben sie sich ehrgeizige Ziele gesetzt: Sie möchten Größe, Gewicht und Systemkosten der Komponenten für den Elektroantrieb reduzieren und gleichzeitig die Systemzuverlässigkeit erhöhen, um eine lange Lebensdauer sowie niedrige Wartungs- und Garantiekosten zu erreichen.

Beispielsweise hat sich das Electrical and Electronics Technical Team (EETT) des vom US-Energieministerium (DOE, Department of Energy) ins Leben gerufenen Fahrzeugtechnologieprogramms vorgenommen, bis zum Jahr 2020 die Leistungsdichte (kW/l) des elektrischen Antriebssystems um 60 Prozent zu verbessern sowie die spezifische Leistung (kW/kg) um 32 Prozent zu erhöhen und dabei die Kosten um 60 Prozent zu senken (US-$/kW). Die EU geht etwas anders vor und verlangt eine CO2-Reduktion im Flottendurchschnitt und bei Pkw-Neuzulassungen. Daraus leitet die europäische Kraftfahrzeugindustrie aber vergleichbare Zielsetzungen für ihre EV- und HEV-Fahrzeuge ab.

Herausforderungen meistern

Vom technischen Standpunkt aus sind das äußerst anspruchsvolle Verbesserungsziele. Sie wurden entwickelt, um die Systemkosten für den Antriebsstrang eines Elektrofahrzeugs auf eine Stufe mit dem Antriebsstrang eines Verbrennungsmotors zu bringen und so die Marktakzeptanz in großen Stückzahlen zu ermöglichen. Auch Hybrid-Elektrofahrzeuge werden in hohem Maße von verringerten Kosten, reduzierten Abmessungen und gesenktem Gewicht des elektrischen Systems profitieren. Dadurch werden HEVs hinsichtlich des Kraftstoffverbrauchs und der Leistungsvorteile wesentlich kostengünstiger.

Die ehrgeizigen Ziele führen zu mehreren widersprüchlichen technischen Herausforderungen, die sich nur mit einer Kombination mehrerer bahnbrechender Technologien erfüllen lassen. Manchmal muss man auch Technologien einsetzen, die zwar in der Branche bekannt sind, die jedoch als zu kostspielig oder zu anspruchsvoll für die Großserienherstellung gelten. Hier sind Innovationen in der Fertigungstechnologie sowie bei den Prozessen erforderlich. Da Halbleiter, und hier besonders IGBTs und darauf abgestimmte Dioden, ein zentraler Bestandteil von Leistungsmodulen für den elektrischen Antriebsstrang sind, hat sich die Branche darauf konzentriert, die Performance der Halbleiter zu verbessern. Sie verringern die Leitungs- und Schaltverluste und tragen so zu effizienteren Systemlösungen bei.

Leistungsschalter im Automobil

Für den (H)EV-Antriebsstrang müssen die Bausteine des Leistungsschalters über den gesamten Temperaturbereich robust sein, ganz ohne die Ausgangsleistung zu reduzieren. Viele am Markt erhältliche Bausteine weisen einen Nennwert der Durchbruchsspannung von weniger als 650 V auf, und diese Werte gelten meist für Raumtemperatur. Im tatsächlichen Einsatz bedeutet das, dass man die Ausgangsleistung in Kaltstart-Situationen wesentlich verringern muss, um die Leistungsschalter vor dem Versagen zu schützen. Das Derating führt normalerweise zu einem spürbaren Leistungsabfall und ist bei (H)EV-Herstellern und ihren Kunden höchst unerwünscht.

Coole Technik

Das neue Coolir2-Die-Gehäuse kommt ohne Bond-Drähte aus und lässt sich wie ein gewöhnlicher SMD-Baustein bestücken und löten. Die Bausteine sind vollständig getestet und entsprechend zuverlässig. Da hier eine doppelseitige Kühlung möglich ist, lässt sich die Leistungsdichte weiter erhöhen. International Rectifier zielt mit diesem Gehäuse und der Coolir-Silizium-Technologie auf den anspruchsvollen EV- und HEV-Markt.

IR hat seine neuen Bausteine Coolir-IGBT und Coolir-Diode speziell für Elektroantriebe in Automobilqualität entwickelt und optimiert. Sie sind auf maximale garantierte Sperrschichttemperaturen von 175˚C ausgelegt. Systemhersteller können daher die Leistungsdichte erhöhen und die Kosten des Kühlsystems optimieren. Gleichzeitig sorgen die Bausteine für eine Aufrechterhaltung hoher Durchbruchsspannungen über den gesamten Betriebstemperaturbereich von typischerweise -40 bis +175 ˚C hinweg.

Viele Ingenieure konzentrieren sich auf die Performance des IGBT und unterschätzen dabei die Auswirkungen der Freilaufdiode auf den Wirkungsgrad und die Robustheit des Systems. Die Diode ist der Partnerbaustein für IGBTs beim Einsatz in Wechselrichtern von Motorantrieben. Während Mosfets von Natur aus mit einer Reverse-Conducting-Diode ausgerüstet sind, sieht die physikalische Struktur von IGBTs eine solche nicht vor. IGBTs benötigen eine getrennte Copak-Diode, um einen rückwärts leitenden Stromfluss zuzulassen, den so genannten Freilaufstrom in einem Motorantriebs-Wechselrichter.

Tatsächlich hängt die Performance des Inverters in hohem Maße von der Performance und der Charakteristik dieser Freilaufdiode ab. Infolge von Design-Kompromissen, wie man sie bei Lösungsmethoden wie der Integration der Diode in den IGBT (so genannte Reverse-Conducting-IGBT-Konzepte) eingehen muss, genügen herkömmliche Bausteine nicht für den (H)EV-Markt.

Als Lösung entwickelte IR die Coolir-Diode-Technologie und hat sie auf den erweiterten Temperaturbereich und die robuste Charakteristik von Coolir-IGBTs abgestimmt. Diese Dioden zeigen eine sehr schnelle, dabei jedoch ultra-sanfte Erholungscharakteristik bei hohen und niedrigen Strompegeln. Das erlaubt ein hocheffizientes Schalten bei reduzierten EMI-Pegeln. Erhältlich sind die Coolir-Diode-Siliziumbausteine in verschiedenen Spannungsbereichen mit optimierten Schalt- und Leitungsverlusten für den Einsatz in Motorantriebs-Wechselrichtern im 10-kHz-Frequenzbereich (5 … 20 kHz). Auf Grundlage derselben Technologieplattform kann IR unterschiedliche Optimierungen der Leistungsspezifikationen für den asymmetrischen Motor- und Generatorbetrieb bereitstellen.

Eine weitere kritische Komponente für (H)EV-Antriebe stellen DC-DC-Wandler dar. Nötig sind sie zur Batterieaufladung, für Spannungsverstärker sowie zur Überbrückung der Hochvolt-Batterie zwischen dem herkömmlichen 12- und dem künftigen 48-V-Bordnetz. DC-DC-Wandler arbeiten im Allgemeinen mit wesentlich höheren Schaltfrequenzen. Die Coolir-IGBT-Plattform kann mit einer Schaltgeschwindigkeit bis 200 kHz arbeiten, behält dabei jedoch die Robustheit der Plattform eines Bausteins mit nominal 175 °C bei. Sie führt dadurch im Vergleich zu den verbreitet eingesetzten Superjunction-Mosfets zu einer überlegenen und kostengünstigeren DC-DC-Implementierung.

Die entscheidende Rolle der Packaging-Technologie

Die kontinuierliche Optimierung der Halbleiter-Performance leistet zwar einen wesentlichen Beitrag zu effizienteren Systemlösungen. Aber auch das Chip-Gehäuse bietet Raum für Verbesserungen: Die Ermüdung des Bonddrahts wurde als einer der entscheidenden Faktoren identifiziert, der die Langzeitzuverlässigkeit unter Temperatur- und Leistungswechselbedingungen begrenzt. Manchmal muss man daher die Leistungsdichte der Leistungselektronik von Elektroantrieben unter die Nennwerte reduzieren. Das steht im krassen Widerspruch zu den Zielsetzungen der Industrie, die Leistungsdichte im Elektroantrieb zu erhöhen.

Die Automobilindustrie und ihre Zulieferer erzielen durchaus Fortschritte bei der Zuverlässigkeit des Bonddrahts. Leider stehen einige der hierfür genutzten Techniken im Widerspruch zu anderen Anforderungen, zum Beispiel denen von ultra-dünnen Halbleiterchips, wie sie zur Maximierung der elektrischen und thermischen Performance in den Bauelementen des Elektroantriebs erforderlich sind.

Mit der bonddrahtlosen Methode von IR ist es jetzt möglich, diesen Fehlermechanismus gänzlich zu vermeiden und die Zuverlässigkeit auf eine neue Stufe zu heben. Die Coolir2-Packaging-Plattform nutzt alle Möglichkeiten der neuesten Leistungsschaltergeneration bei ultra-dünnen Chips in einem unternehmenseigenen SFM-Prozess (Solderable Front Metal). Da dieser Prozess die Verwerfungen der Wafer minimiert, kann IR dieselben standardmäßigen und kostengünstigen Anlagen zur Waferverarbeitung einsetzen wie für Nicht-SFM-Bausteine.

Schluss mit Bonddrähten

Die SFM-Die-Technologie ersetzt Bonddrähte. Die damit verbundenen Fehlermechanismen, welche die Zuverlässigkeit einschränken und die Betriebslebensdauer verkürzen, entfallen völlig. Gleichzeitig bietet SFM die Möglichkeit zur doppelseitigen Kühlung und erhöht dadurch die Wärmeleistung um 30 bis 40 Prozent. Sie vermeidet zudem die mit dem Bonddraht zusammenhängenden parasitären Impedanzen, die typischerweise die Kosten sowie den Platzbedarf auf Systemebene in die Höhe treiben.

Beim Coolir2-Die-Gehäuse handelt es sich um einen Leistungsmodul-Baustein: Dieses voll ausgetestete SMD (Surface Mount Device) lässt sich in Standard-Pick-and-Place- sowie Reflow-Lötanlagen verarbeiten und bestücken (Bild 1). Da Die-Attach- und Wire-Bonding-Verfahren entfallen, gibt es auch weniger kostspielige Ausbeuteeinbußen bei der Bestückung auf Modulsubstraten.

Das innovative Gehäuse erlaubt die Konfiguration von Halbbrücken- oder Mehrphasen-Modulen auf häufig verwendeten Substratmaterialien. Damit sinken auch die Einschränkungen bei der Entwicklung. Bezogen auf die Integration von Motor- und Leistungselektronik in einer Baugruppe werden flexiblere Formfaktoren möglich, bis hin zu einer engen Integration mit anderen Systemkomponenten im Sinne der Mechatronik. Die enge Verflechtung von Elektromotoren und Leistungselektronik senkt den Platzbedarf des Systems und vermeidet die Kosten und das Gewicht einer Verdrahtung. Außerdem entfallen die durch parasitäre Werte, wie sie durch Hochstrom-Kabelbäume verursacht werden, entstehenden Folgekosten und unzureichenden Leistungswerte.

Die Coolir2-Die-Gehäuseplattform unterstützt sämtliche von IR mit SFM ausgerüsteten Technologien einschließlich IGBTs, Mosfets und Dioden, und sie ist auf große Chipabmessungen skalierbar, wobei sie sich zudem für Multi-Die-Attach-Profile eignet. Wegen des lötbaren Frontmetalls entfällt der bei Wire-Bonds oder Clips vorhandene Stromausbreitungswiderstand praktisch völlig, was die Verluste senkt und die Temperatur gleichmäßiger auf dem Chip verteilt. Das wiederum verbessert die Zuverlässigkeit.

Breite Kupferbahnen auf dem Träger erlauben einen Gehäusewiderstand (DFPR, Die Free Package Resistance) von typisch 50 µOhm. Die parasitäre Induktivität wird im Vergleich zu Drahtbonds reduziert und in der Hauptsache durch das Layout des Modulsubstrats bestimmt. Die Gehäuseabmessungen wurden optimiert, um bei Verwendung verbreiteter und bewährter Bestückungstechnik Modul-Layouts mit sehr geringer parasitärer Schleifeninduktivität von 10 bis 15 µH zu ermöglichen.

In Zukunft 3D

3D-Bestückungstechniken, die eine noch bessere Leistung liefern, sind in Entwicklung und versprechen eine zusätzliche wesentliche Verringerung der parasitären Impedanzen auf Modulebene. Gleichzeitig erlauben sie noch kleinere Modul-Formfaktoren sowie eine erhöhte Leistungsdichte.

Bei Montage auf einem Substrat bietet das Coolir2-Die eine elektrisch isolierte Kupferoberfläche für die Kühlung von der Oberseite mit niedrigem Wärmewiderstand. Bei Topside-Kühlung wurde nachgewiesen, dass der Wärmewiderstand in praktischen Anwendungen um 35 Prozent sinkt. In Laboraufbauten sind es sogar 70 Prozent, da man hier die für die Großserienfertigung notwendigen Herstelltoleranzen nicht berücksichtigen muss.

Je nach Systemanforderung kann man doppelseitige Kühlung verwenden und optimieren, um die Nennströme für eine bestimmte Modulabmessung zu erhöhen: Das Gesamtsystem schrumpft, weil die Leistungsdichte steigt. Doppelseitige Kühlung kann auch die Kosten im Kühlsystem senken, weil sie höhere Gehäusetemperaturen erlaubt oder die Wärmebeständigkeit bei Spitzenleistungsanforderungen erhöht. Zusätzlich versetzt das Topside-Kühl-Interface die Modul- oder Systementwickler in die Lage, einen Ausgleich zwischen der Rth- und der Zth-Optimierung zu finden und dadurch den Anforderungen der Applikation exakt zu genügen.

Vielseitiges Gehäuse

Das neue Coolir2-Die-Gehäuse bietet einen vielseitigen und skalierbaren Baustein, welcher die Leistung der Leistungsschalterbausteine der letzten Generation optimiert. Entsprechende Bausteine sind in vollem Umfang getestet und vermeiden damit kostspielige Ausbeuteeinbußen, wie sie üblicherweise mit Multi-Die-Attach- und Wire-Bonding auf teuren Substraten verbunden sind. Stattdessen werden Coolir2-Die-Bausteine auf Standard-SMD-Pick-and-Place-Automaten bestückt. Der Wegfall von Bonddrähten steigert die Zuverlässigkeit und erlaubt gleichzeitig doppelseitige Kühlung, ein weiterer großer Vorteil bei der Systementwicklung.

Mit der neuen Coolir-Silizium- sowie der fortschrittlichen Coolir2-Packaging-Technologie hat IR einen neuen Power-Management-Plattformansatz für H(EV)-Fahrzeuge entwickelt. Er trägt dazu bei, den Forderungen nach kleineren, leichteren und günstigeren Komponenten für den Elektroantrieb nachzukommen, gleichzeitig die Systemzuverlässigkeit zu steigern und so sowohl eine lange Lebensdauer als auch geringe Wartungs- und Garantiekosten zu erreichen.

Michael Wittmann

: Director Automotive Modules im Geschäftsbereich Automotive Products bei International Rectifier in El Segundo, Kalifornien.

(lei)

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