Die Ansteuerung von Elektromotoren erfolgt in heutigen Automobilanwendungen in der Regel durch H-Brücken- bzw. B6-Brückenschaltungen von PowerMOSFETs. Dabei werden die elektrischen Eigenschaften der Leistungsbauteile (On-Widerstand RDS(on), maximale Stromtragfähigkeit ID) in erster Linie durch die Leistungsanforderungen des Motors bestimmt.

ANL2-Technologie: hohe Effizienz und geringer Platzbedarf

Da die Ansteuerung in der Leistungsklasse von 100 W bis in den kW-Bereich oft diskret durch PowerMOSFETs aufgebaut werden, müssen diese Bauteile die geforderten Eigenschaften aufweisen: hohe Effizienz bzw. geringe Verlustleistung und ein möglichst geringer Platzbedarf. Anforderungen, die PowerMOSFETs in der Automotive N-channel Low-Voltage 2-, oder kurz ANL2-Technologie von Renesas Electronics erfüllen.

Darüber hinaus sollen die PowerMOSFETs ihre Gesamtverlustleistung, gegeben durch die Summe der Verluste im eingeschalteten Zustand und die Schaltverluste, minimieren, um die Effizienz des Gesamtsystems zu steigern. Da zudem 4 (DC-Motor) bzw. 6 (BLDC-Motor) PowerMOSFETs pro Motor eingesetzt werden, haben diese Leistungsbauteile einen großen Anteil an der Montagefläche des Gesamtsystems, d. h. für bauraumlimitierte Anwendungen wie der Benzin- oder Wasserpumpe müssen die verwendeten Gehäuse möglichst klein sein. Um diese Ziele, hohe Effizienz bei minimalem Platzbedarf, zu erreichen, muss die Siliziumtechnologie stetig weiterentwickelt werden: einerseits minimiert eine Reduktion von On-Widerstand RDS(on) und Gateladung QG bzw. das Produkt daraus (Figure-Of-Merit, FOM = RDS(on) x QG) die Leistungsverluste in den PowerMOSFETs und steigert die Gesamteffizienz. Andererseits kann, bei gleicher Leistungsfähigkeit im Vergleich zur Vorgängergeneration, eventuell ein Bauteil in einem kleineren Gehäuse verwendet werden, z. B. HSON-8 statt DPAK (TO-252) oder D2PAK (TO-263).

ANL2-Technologie

Die Automotive N-channel Low-Voltage-2-Technologie (ANL2) ist eine Weiterentwicklung der Super-Junction-1-Technologie SJ1 von Renesas Electronics, die das bekannte Super-Junction-Prinzip der Ladungskompensation auf PowerMOSFETs mit Durchbruchsspannungen kleiner 100 V anwendet. Ziel dieses Super-Junction-Prinzips ist es, sowohl den On-Widerstand RDS(on) als auch die Figure-Of-Merit (FOM) zu minimieren. Wie in Bild 2 dargestellt, werden bei der SJ1-Technologie, im Vergleich zur konventionellen Trench-Technologie, zusätzliche P-dotierte Bereiche (P-column) unterhalb der aktiven P-Wanne in die N-dotierte Epischicht integriert. Durch diesen technologischen Schritt in Verbindung mit einer größeren Zellstruktur gelingt es bei SJ1, die Gateladung im Vergleich zu konventionellen UMOS-4 Trench-Technologie um 40 Prozent zu reduzieren, so dass bei gleichbleibendem RDS(on) die FOM um 40 Prozent reduziert werden kann.

Bei der ANL2-Technologie wird dann, analog zu den Entwicklungsschritten bei konventionellen Trench-Technologien wie UMOS-2/-3/-4, die Zellstruktur der SuperJunction-Zellen verkleinert. Durch diese verkleinerten Strukturen wird das RDS(on) im Vergleich zur SJ1-Technologie um mehr als 30 Prozent reduziert, die FOM wird um knapp 10 Prozent reduziert. Bild 3 zeigt den Gang von RDS(on) und FOM in Abhängigkeit von der Technologie, normiert auf die Werte der Trench-Technologie UMOS-2. Deutlich ist zu erkennen, dass durch neue Technologien sowohl der On-Widerstand als auch die Figure-Of-Merit stetig verbessert wurden bzw. werden und mit der ANL2-Technologie ihre bislang optimalen Werte erreicht haben.

Ihre ganze Leistungsfähigkeit stellt die neue Technologie in Gehäusen wie HSON-8 oder D2PAK unter Beweis.

Beispiel 1: Bauraum-Reduzierung

Das Beispiel einer 100 W BLDC-Pumpe, die z. B. als Benzinpumpe eingesetzt wird, zeigt klar, wie die neue ANL2-Technologie eine signifikante Platzersparnis für diese platzlimitierte Anwendung realisieren kann. Zur Ansteuerung des BLDC-Motors werden sechs 40 V PowerMOSFETs mit einem maximalen RDS(on) von etwa 3,5 mΩ benötigt. Bislang wurden für diese Anforderung Bauteile im D2PAK-Gehäuse eingesetzt. Jetzt bietet sich der Einsatz des NP75N04YUK an, um den Bauraum zu minimieren: Dieser PowerMOSFET kombiniert die neue ANL2-Technologie mit dem kleinen HSON-8-Gehäuse und weist dadurch einen maximalen RDS(on) von nur 3,3 mΩ auf, so dass die elektrischen Anforderungen erfüllt werden. Die Grundfläche des HSON-8-Gehäuses beträgt dabei nur 5,4 mm x 6,0 mm = 32,4 mm2, was im Vergleich zur Größe des D2PAK (160 mm2) eine Reduktion der benötigten Montagefläche um 80 Prozent entspricht. Insgesamt kann so die für die sechs PowerMOSFETs benötigte PCB-Fläche um knapp 800 mm2 reduziert werden.

Beispiel 2: Effizienzsteigerung

Um bei Anwendungen wie dem Electric Power Steering (EPS) die benötigten Drehmomente des Motors zu realisieren, müssen große Ströme (Ieff etwa 80…100 A) fließen. Daher werden für die Motorsteuerung PowerMOSFETs mit geringem On-Widerstand benötigt, zudem sollte die Gateladung nicht zu hoch sein, um ein schnelles Schalten im PWM-Betrieb zu ermöglichen. Bislang standen im D2PAK-Gehäuse Bauteile mit einem maximalen RDS(on) von 1,4 mΩ zur Verfügung, die ANL2-Technologie realisiert einen Wert von 1,05 mΩ. Da sich die Verlustleistung pro PowerMOSFET zu P = Ieff2 x RDS(on) berechnet, ergibt sich aus der Reduktion des On-Widerstands eine Verringerung der On-Verlustleistung um 30 Prozent. Dahingegen erhöhen sich die Schaltverluste aufgrund der höheren Gateladung, wobei die Erhöhung stark vom verwendeten Gate-Treiberbauteil beeinflusst wird und kleiner ist als der positive Effekt der reduzierten On-Verluste. Bei einem mittleren Strom von 100 A durch die PowerMOSFETs entspricht das einer Reduktion der On-Verluste um 3,5 W pro Bauteil bzw. von 21 W für die komplette B6-Brücke.

Als weiterer Vorteil, neben der gesteigerten Effizienz der Ansteuerung, erwärmen sich die PowerMOSFETs weniger, je nach realisiertem Wärmewiderstand Rth um bis zu 20 bis 30 K. Dadurch kann das Wärmemanagement des Gesamtsystems unter Umständen wesentlich vereinfacht und zudem die PowerMOSFETs bei niedrigeren Temperaturen betrieben werden, was die Langzeitzuverlässigkeit des Systems erhöht.

Schlussfolgerung

Durch die ANL2-Technologie können, im Zusammenspiel mit den leistungsstarken Gehäusen von Renesas Electronics, Bauteile realisiert werden, die exzellente On-Widerstandswerte mit möglichst kleinen Gehäusen wie dem HSON-8 kombinieren und so ein effizientes Schalten von hohen Strömen bei geringem Platzbedarf ermöglichen. Wie in Bild 4 dargestellt, deckt die Produktpalette von ANL2 PowerMOSFETs mit Durchbruchsspannungen von 40 V und 55 V einen großen Leistungsbereich und populäre Gehäuseformen, sowohl SMD als auch THD, ab. Als Teil der NP-Produktfamilie von Renesas Electronics sind die Bauteile für Automobilanwendungen voll AEC-Q101 qualifiziert, erfüllen alle Vorgaben hinsichtlich RoHS und ELV und weisen weltweit führende elektrische und thermische Eigenschaften für automotive PowerMOSFETs auf.

Einsatzgebiet für die Technologie sind alle Bereiche, die hohe Anforderungen an die Leistungsfähigkeit der PowerMOSFETs im Hinblick auf die Systemeffizienz sowie an den benötigten Bauraum stellen. Die Kombination von optimierten elektrischen Eigenschaften der ANL2-Technologie mit der großen Robustheit der Gehäuse bietet alle Möglichkeiten, Automotive-Anwendungen im Hinblick auf Effizienz, Energieeinsparung und den Bauraum zu optimieren, natürlich nicht nur für Motoransteuerungen, sondern auch für DC/DC-Wandler oder Verpolschutz. 

Dr. Felix Hüning

: Dr. Felix Hüning ist Principal Engineer, Power Semiconductors Product Unit, Power MOSFET, bei Renesas Electronics Europe.

(jj)

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