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(Bild: Mondi)

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Mondi Gronau hat sich zum Ziel gesetzt für den eigenen Standort Industrie 4.0 Pilot-Projekte herauszugreifen und umzusetzen. Dazu gehören Big Data, Human-Machine-Interface, Predictive Maintenance, Data Analysis, Mobile Device Management sowie die virtuelle Lagerverwaltung. Mondi

Die in Kooperation mit MathWorks Consulting Services entwickelten Ansätze steigern nicht nur die Produktqualität, sie verringern ebenso Ausschuss, Stillstandzeiten und Energieverbrauch.
Als Kernkomponente des Projekts wurde ein Empfehlungssystem konzipiert, das auf einer Kombination von automatisierter Sensordaten-Auswertung und menschlicher Erfahrungswerte beruht.
Die automatisch generierten Empfehlungen basieren auf Vorhersagemodellen in Matlab, die wiederum anhand historischer Messdaten mittels Machine Learning-Algorithmen erstellt werden. Von jeder Maschine bewerten die Algorithmen pro Minute Hunderte von Sensordaten (zum Beispiel Temperatur, Druck) sowie die Qualitätsstati der produzierten Polymerfilme.
Um möglichst gute Vorhersagen zu erzielen, werden die Sensordaten bereinigt, mit den Qualitätsdaten zusammengeführt. Diese historischen Daten dienen als Grundlage für die Evaluierung mehrerer Algorithmen. Das robusteste dieser Modelle, das heißt, das mit der höchsten Genauigkeit, wird dann für die Empfehlung verwendet. Dieses System ist in die bestehende IT-Infrastruktur integriert und wird auf einer wachsenden Zahl von Produktionsmaschinen kontinuierlich ausgerollt.

Human-Machine-Interface gibt datenbasierte Empfehlungen

Steigender Wettbewerbsdruck, sinkende Margen und die Flexibilisierung erfordern intelligente Technologien, um Produktionsprobleme frühzeitig zu erkennen, zu lösen und die Effizienz zu steigern. Die Anforderungen an einen Mitarbeiter an der produzierenden Maschine steigen daher stetig: Die Qualitätssicherungssysteme müssen betreut, die Maschinenparameter angepasst und die Fertigprodukte verlagert werden. Stets muss der Maschinenführer sehr flexibel reagieren. Daher kann er keine 100 %-Überwachung des Produktionsprozesses gewährleisten.
Abhilfe schafft eine Software, die alle Subsysteme einer Maschine überwacht und eine Empfehlung gibt. Dazu wurde zusammen mit den Maschinenführern ein HMI (Human-Machine-Interface) für das Echtzeit-Monitoring aller Maschinenparameter entwickelt.
Die von der Server-Anwendung zentral vorgehaltenen Sensordaten kann der Maschinenführer selektieren und sich pro Maschine in einem der vier Graphen visualisieren lassen. Zusätzlich kann er pro Sensor Grenzwerte vorgeben, deren Überschreitung in den Diagrammen dann rot eingefärbt wurden.

Die Daten der Maschinen und QS-Systeme werden in einer Datenbank archiviert und ausgewertet. Die Vorhersagen, an den Maschinen in einem HMI-Frontend visualisiert, dienen den Maschinenführern als Basis für ihre manuellen Anpassungen. Fernziel ist, dass die Maschinen auf Basis der Machine-Learning-Algorithmen ihre Parameter eigenständig anpassen. Die Daten der Maschinen und QS-Systeme werden in einer Datenbank archiviert und ausgewertet. Die Vorhersagen, an den Maschinen in einem HMI-Frontend visualisiert, dienen den Maschinenführern als Basis für ihre manuellen Anpassungen. Fernziel ist, dass die Maschinen auf Basis der Machine-Learning-Algorithmen ihre Parameter eigenständig anpassen.

Die Daten der Maschinen und QS-Systeme werden in einer Datenbank archiviert und ausgewertet. Die Vorhersagen, an den Maschinen in einem HMI-Frontend visualisiert, dienen den Maschinenführern als Basis für ihre manuellen Anpassungen. Fernziel ist, dass die Maschinen auf Basis der Machine-Learning-Algorithmen ihre Parameter eigenständig anpassen. Mondi Group, Mathworks

Big Data ist nicht weit weg: Datenerfassung und Speicherung

Jede der Maschinen besteht aus vier bis fünf Steuerungen. Zur Überwachung der Folienqualität gibt es separate optische Kontroll-, ein Farbmess- und ein Dickenmesssysteme. Die sensorischen Daten werden über die SPS an einen Datensammler auf Basis einer Beckhoff-Steuerung übergeben und von dort an einen Oracle-Server zur Speicherung übertragen. Die Software zur Darstellung der Vorhersage-Modelle besteht aus einer Server- und einer Clientanwendung. Die Serveranwendung ruft mittels SQL-Query die Daten ab und verarbeitet diese: In Summe sind das die Minuten-Werte von rund 2000 Sensoren aus insgesamt 20 Maschinen über eine Zeitspanne zwischen einem und sieben Tagen.
Nach der Aufbereitung und Analyse dieser Daten auf dem Server, stehen die Ergebnisse im Netzwerk zur Verfügung. Die Client-Anwendung (HMI-Software) greift auf diese Netzwerkdaten zu und bereit sie in einer Grafik auf. Die visualisierten Daten nutzt der Bediener, um anschließend manuell Einstellungen an der Maschine durchzuführen.
Das System hält nicht nur die Rohdaten für die Visualisierung vor; historische Sensordaten und Informationen der Qualitätsdatenüberwachung stehen ebenfalls zur Verfügung, um anhand statistischer Informationen Vorhersagen zu treffen. Dazu greift die Software auf Daten zurück. Die Abrufe sind wiederum zwischen zwei Monaten und bis zu einem Jahr einstellbar. Hierbei werden die Sensordaten entsprechend der zugehörigen Produktqualität markiert: Die Algorithmen unterscheiden dabei zwischen Sensordaten, die während der fehlerhaften Produktion aufgezeichnet wurden (Klasse 2) und jenen, die während der fehlerfreien Produktion aufgezeichnet wurden (Klasse 1).
Im ersten Schritt werden die gemessenen Sensoren einzeln ausgewertet, um gegebenenfalls signifikante Zusammenhänge zwischen einzelnen Sensorwerten und fehlerhaften Produktionszyklen erkennen zu können. Anhand dieser Auswertungen ist es jedoch schwierig aus einzelnen Sensorwerten Rückschlüsse auf fehlerhafte Produktionszyklen zu ziehen. Der Grund: Bei allen Sensoren liegen auch Normalwerte außerhalb der Konfidenz-Bereiche.

Auf Seite 2 geht es weiter es mit der Anomalie-Erkennung per Projektion

Anomalie-Erkennung per Projektion

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Die Klassifizierung der Daten aus den Maschinensensoren und den separaten Qualitätsmesssystemen per Treebagger bringt bei Mondi Gronau die geringsten Fehlerraten. Mondi Group, Mathworks

Als erster multivariater Ansatz zur Anomalie-Erkennung werden die hochdimensionalen Sensordaten mit Hilfe nichtlinearer Projektionsmethoden auf 2D projiziert. Dabei fließen auch die Qualitätsstati der jeweiligen Daten mit ein, das heißt Daten aus fehlerfreien Projektionszyklen (grün) und Daten aus fehlerhaften Produktionszyklen (rot) werden in jeweils unterschiedliche Bereiche projiziert. Die Projektion zukünftig gemessener Sensormessungen kann somit ein erster Indikator für den Maschinenzustand sein.
Diese univariaten Auswertungen und Projektionen sind für belastbare Aussagen zum Maschinenstatus nicht ausreichend. Darum wurden verschiedene Klassifizierungs-Methoden aus dem Machine Learning angewendet. Anhand der pro Minute vorliegenden Sensordaten soll eine Vorhersage getroffen werden, ob die Maschine sich in einem Fehlerzustand befindet oder nicht. Die Grundlage dazu bilden pro Maschine drei Monate historische Daten. Davon werden jeweils 60 % der Daten zum Trainieren genutzt, die restlichen 40 % zur Evaluierung der Methoden. Die Aufteilung erfolgt jeweils zufällig. Insgesamt wurden vier Methoden aus der Statistics and Machine Learning Toolbox und der Neural Network Toolbox von MathWorks getestet:

  • Nearest Neighbour-Klassifizierung,
  • Entscheidungsbäume,
  • Neuronale Netzwerke sowie
  • Naive Bayes-Klassifizierung

Entscheidungsbäume liefern die genauesten Vorhersagen

Bei den Entscheidungsbäumen wurde ein Ensemble-Lernalgorithmus (bootstrapping aggregation) verwendet, um die Sensitivität dieser Technik abzufangen. Pro Maschine wurden die verschiedenen Methoden auf die Trainingsdaten (60%) angewendet und anhand des Evaluierungs-Datensatzes (40%) die Rate der fehlerhaften Klassifizierung berechnet.

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Anomalie-Erkennung mit Hilfe nichtlinearer Projektionsmethoden. Daten aus fehlerfreien Projektionszyklen (grün) und Daten aus fehlerhaften Produktionszyklen (rot) werden in jeweils unterschiedliche Bereiche projiziert (rechts unten). Die Projektion künftig gemessener Sensorwerte kann somit ein erster Indikator für den Maschinenzustand sein. Mondi Group, Mathworks

Für alle Maschinen und alle bisher getesteten Datensätze lieferten die Ensemble-basierten Entscheidungsbäume (Treebagger) die besten Vorhersagegenauigkeiten, konkret: zwischen 99 % und 90 %.
Die erstellten und ausgewählten Vorhersage-Modelle werden jeweils mit den aktuellen Sensordaten der Maschine gespeist, um den Maschinenzustand vorherzusagen. Diese Vorhersage fließt als Farb-Ampel und eine entsprechende Textmeldung in die HMI-Applikation ein. Bei Vorhersage eines Fehlerzustands fordert die Software den Bediener auf, die Maschine zu stoppen, um unnötige Fehlproduktion zu vermeiden.
Die Vorhersagemodelle sind zentral als Dateien abgelegt und werden regelmäßig – unabhängig von der Hauptanwendung – automatisch aktualisiert: Ein Matlab-Programm holt sich dazu die Daten aller Maschinen der letzten drei Monate aus der Datenbank, trainiert damit neue Modelle und vergleicht deren Vorhersagegüte mit den bisherigen Modellen. Anschließend sendet die Software die Ergebnisse automatisch per Mail als Bericht an den Verantwortlichen und ersetzt die alten durch die verbesserten Modelle.

Fernziel: automatische Rückkopplung mit der Maschine

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Abgleich historischer Sensordaten mit der Produktqualität: Pro Sensor ist das Konfidenzintervall um den Mittelwert mit absoluten Maximal- und Minimalwerten abgebildet. Bei zwei Sensoren unterscheiden sich die sehr engen Konfidenzintervalle nur geringfügig. Mondi Group, Mathworks

Der Ansatz des HMI basiert auf statischen Daten zur Gewinnung der Empfehlungen. Ein statischer Zustand kann allerdings bedeuten, dass bei einer Warnung der Zustand (Fehlproduktion oder Störung) bereits erreicht wurde. Abhilfe soll künftig ein dynamischer Ansatz schaffen, der eine frühere Vorhersage möglicher Fehler ermöglicht. Mittels dynamischer Trajektorien können mehrere sukzessive Zeitpunkte simultan in die Bewertung der Vorhersage einfließen. Dies verbessert die Früherkennung.
Für einen ganzheitlichen Ansatz und zur Vermeidung menschlicher Fehler ist das langfristige Ziel, eine automatische Rückgabe der Daten in die Steuerung. Eine autonome Maschine kann dann ihre Parameter selbstständig anpassen und sorgt damit für weitere Entlastung des Anlagenpersonals.

Dr. Michael Kohlert

Head of Information Management & Automation bei Mondi Gronau

Dr. Sarah Drewes

Senior Consultant bei The MathWorks in Ismaning

(sk)

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