Baugruppen nach der Fertigung zu prüfen ist leider ein Muss und nur über Prüfadapter möglich. In den frühen Tagen der Elektronik hatte man Baugruppen in Europaformat, Doppeleuropaformat und bei Großfirmen in Deutschland wurden Leiterplatten auch in einem eigenen Format mit einem oder mehreren Steckern entwickelt. Zurzeit des reinen Funktionstests konnte man die Kontaktierung des Prüflings über die Steckerleiste beziehungsweise die Steckerleisten vornehmen, später machte es der In-Circuit-Test notwendig, jede Leiterbahn mindestens einmal zu kontaktieren. Heute werden über 90 Prozent der Baugruppen kaum mit Steckerleisten, sondern vielmehr mit einzelnen Verdrahtungen, also Kleinsteckern kontaktiert. Dazu sind die Leiterbahnen mithilfe gefederter Kontaktstifte zu kontaktieren. Viele Branchen, etwa der Automobilbereich, erlauben keine Instandsetzung von Baugruppen, sondern zwingen den Hersteller, fehlerhafte Exemplare auszumustern. Dadurch sind Prüfungen zwingend, die für die Baugruppe ein Optimum an Sicherheit ergeben, zum Beispiel dass keine Kurzschlüsse von Leiterbahnen existieren und dass jedes Bauteil im richtigen Wert an der richtigen Stelle und in der richtigen Richtung vorhanden ist, um anschließend im Funktionstest möglichst die höchste Funktionssicherheit der Baugruppe zu gewährleisten.

Prüfende Adapter

Es gibt in Deutschland einige Firmen, die sich auf die Erstellung von Prüfadaptern für die verschiedenen Testsystemhersteller spezialisiert haben und für deren Systeme und den jeweiligen Prüfling die Adaptions- und Testlösung erarbeiten. Reinhardt System- und Messelectronic etwa bietet ein Rundumpaket an, welches das automatische Testsystem, den Flachbaugruppenadapter und das Adaptererstellungscenter umspannt. Dieses Paket reduziert den Adaptionspreis und macht es möglich, auch für kleinere Baugruppenserien wirtschaftliche Adaptionen zu erstellen – auch für den In-Circuit-Test. Für die verschiedenen Anforderungen sind die Prüfadapter in unterschiedlichen Größen (Nutzflächen: 95 mm x 95 mm, 191,5 mm x 172 mm, 360 mm x 230 mm und 670 mm x 462 mm) erhältlich. Das Adaptionskonzept ermöglicht auch eine beidseitige Kontaktierung.

Jeder Entwickler sollte sich jedoch darüber im Klaren sein, dass sich bei einer beidseitigen Kontaktierung mit gefederten Kontaktstiften die Adaptionskosten enorm erhöhen, ja verdoppeln, da für die Kontaktierung zwei Träger für die gefederten Kontaktstifte (Nadelbett) mit zusätzlichen Führungen und aufwändigerer Verdrahtung zu erstellen sind. Die eigentliche Adaption besteht aus einer 8 mm starken Kunststoffplatte aus FR4- oder CEM1-Compositematerial mit Übergabesteckern und Beschlägen, die je nach Größe typisch 120 Euro netto kostet. Diese Platte wird an den Punkten, wo der Leiterbahnkontakt hergestellt wird, gebohrt und dann werden die Stifte eingesetzt. Wir haben dafür in unserem Produktspektrum ein Adaptererstellungscenter mit einer Genauigkeit von 10 bis 20 µm. Es erstellt die Bohrungen für die gefederten Kontaktstifte mit Hülse und setzt in einem zweiten Prozess vollautomatisch die Kontaktstifte mit einem Setzwerkzeug. Die Daten für das Adaptererstellungscenter können aus den Gerberdaten der Baugruppen errechnet werden.

Gefederte Kontaktstifte

Diese Berechnungssoftware ist beim In-Circuit-Funktionstestsystem ATS-KMFT 670 im Grundpaket enthalten. Mittels der ATSGERB-Software liest man die Daten ein und nimmt dann die Berechnung der Prüfpunkte vor. Die Software bietet auch die Möglichkeit, über die D-Codes die jeweiligen Testpunkte vorzuwählen, zu platzieren und damit ein Bohrprogramm zu erstellen, um danach die Platte zu bohren und die Kontaktstifte zu setzen. In dieser Software wird dann auch festgelegt, ob man einen spitzen Kontaktstift (Speer oder Dolch) oder einen Kontaktstift mit Krone verwendet. Die gefederten Kontaktstifte sind weltweit von rund 30 Herstellern erhältlich, jeder von ihnen hat eine Auswahl von mehreren tausend.

Die langjährige Erfahrung bei Reinhardt hat allerdings gezeigt, dass zu mehr als 95 Prozent zwei Kopfformen des 100-mil-Kontaktstifts ausreichen, und zwar dem Speer- oder Kronenkopf. Auch in den Fällen, wo ein 75-mil-Kontaktstift oder ein 50-mil-Kontaktstift unumgänglich sind, herrschen diese beiden Kopfformen vor. Wenn platzmäßig möglich, sollte der 100-mil-Kontaktstift bevorzugt werden, da er der kostengünstigste, langlebigste Kontaktstift ist. Mit dem Adaptererstellungscenter AAE-CNC 2 lassen sich zurzeit Kontaktstifte mit 100 mil und 75 mil automatisch eindrücken. Zur Kontaktübergabe dienen VG-Leisten DIN 41612, die den Vorteil haben, dass sie sehr günstig zu beschaffen sind. Des Weiteren finden sich sowohl im Testsystem als auch in den Adaptern und Adapterschubladen Opferstecker, sodass bei Zerstörung nur zwei Schrauben zu lösen sind, um Tester und Prüfadapter in wenigen Minuten wieder einsatzfähig zu machen. Die Steckersysteme mit dem Pylon-Stecker sind um ein Vielfaches teurer und garantieren auch kein unendliches Leben.

Die richtige Positionierung

Weil die zu prüfende Baugruppe nicht nur auf den Kontaktstiften liegen kann, ist sie auch in die richtige Position zu bringen. Dafür sind gefederte Präzisionsfangstifte mit einer Führungstoleranz von rund 30 µm vorgesehen, die möglichst mit vier Bohrungen den Prüfling in der richtigen Position halten. Falls diese Führungsbohrungen nicht vorhanden sind, stehen Führungsecken oder Führungskanten zur Verfügung, um die zu prüfende Baugruppe optimal zu führen. Führungsleitbleche erleichtern das korrekte Einlegen der elektronischen Flachbaugruppe und reduzieren so die Handlingszeit.

Um die zu testende Baugruppe mittels der Führungsstifte respektive Führungsecken auf die gefederten Kontaktstifte zu drücken, gehört zur Grundausstattung jedes Adapters ein Universalniederhalter, der je nach Bedarf und Baugruppengröße justiert wird. Durch die Verwendung einer weiteren Kunststoffplatte mit einer Dicke von 8 mm ist es auch möglich, Niederhalter fest zu positionieren und in der Tiefe einzustellen, um dann Andruckkontaktierungen durchzuführen. Die Andruckplatte lässt sich beliebig wechseln und für jeden neuen Prüfling neu erstellen. Da diese Testadapter für beidseitige Kontaktierungen konstruiert sind, ist es ebenfalls möglich, die oberen Adapterplatten auch mit Kontaktstiften zu besetzen und damit die Oberseite der zu testenden Baugruppe zu kontaktieren. Wieder können Niederhalter Verwendung finden, die den Druck herstellen und durch Eindrehen der Kunststoffschrauben (Niederhalter) die optimalen Kontaktpositionen wählen.

Eine kapazitive Messung stellt sicher, ob gerade bei Beam-Lead-ICs, Ball-Grid-Arrays oder Flip Chip-ICs eine Kontaktierung erfolgt ist. Bei den Testsystemen von Reinhardt lassen sich diese Fehler grafisch darstellen und das eben auch bei BGAs oder Flip-Chips. Danach folgt der Polaritätstest meist von Aluminium-Elkos, aber auch von Tantal-Elkos, wobei eine weitere kapazitive Probe die Polarisierung erkennt.

Mithilfe des Adaptererstellungscenters lassen sich innerhalb von 2 bis 4 h die Gerberdaten bearbeiten, der Adapter bohren, die Kontaktstifte setzen und eventuell Ausfräsungen vornehmen. Das Verbinden mit den Teststeckern des Prüfgerätes erfolgt nur durch das Verdrahten eines freien Wire-Wrap-Drahtes von vorgewrappten Steckern mit einem beliebigen Kontaktstift. Über eine Suchprobe wird der fertig verdrahtete Adapter nach Vorgabe der Software des Testsystems grafisch auf dem Bildschirm angezeigt. Der Operator muss dazu nur diesen Stift berühren, damit das Testsystem und seine Software die Verdrahtung exakt erkennt. Aufgrund der Führung durch das Testsystem dauert diese Zuordnung der Kontaktstifte bei einem Prüfadapter mit etwa 300 Kontaktstiften typisch 20 min. Nachdem für den Funktionstest nur noch die Betriebsspannungen, Steuerspannungen und Steuersignale angelegt werden müssen – im Allgemeinen handelt es sich dabei typisch um 25 Verbindungen – können diese gezielt verdrahtet und so der Adapter auch für den Funktionstest vorverdrahtet werden.

Schnell adaptiert

Die Erstellung von Prüfadaptern ist bei Testsystemen von Reinhardt typischerweise in einem Arbeitstag möglich und kann von kundeneigenen Prüftechnikern selbst durchgeführt werden. So können in kurzer Zeit und zu vergleichsweise geringen Kosten Adapter für die Fertigung zur Verfügung stehen.

Peter Reinhardt

ist Inhaber und Geschäftsführer von Reinhardt System- und Messelectronic.

(mrc)

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