Der RISC-V-Telemetrie-Controller LX7730 in einem 132-poligen Quad-Gehäuse

Der RISC-V-Telemetrie-Controller LX7730 in einem 132-poligen Quad-Gehäuse kommt im Ganymede-Laser-Altimeter in der für 2022 geplante ESA-Mission JUICE zum Einsatz. (Bild: Microchip)

Die weltweite Nachfrage nach Satelliten in niedriger Erdumlaufbahn steigt rasant. Gründe hierfür sind unterschiedliche Anforderungen wie ein schneller und erschwinglicher Internetzugang sowie für Bilddaten schnellere Wiederholungsraten mit einer höheren Auflösung. Die Satellitennutzlastsysteme, die Kommunikations- oder Bildgebungsfunktionen ausführen, werden immer ausgefeilter und leistungsfähiger und erfordern die Erfassung immer größerer Mengen von Telemetriedaten, um den sicheren und zuverlässigen Betrieb des Satelliten zu gewährleisten. Dafür sorgen mehrere große Boards, die viel Strom verbrauchen und Wärme erzeugen sowie eine Vielzahl diskreter Bauelemente zur Überwachung der Nutzlast. Strahlungsgehärtete Mixed-Signal-ICs, die den offenen RISC-V-Befehlssatz (Instruction Set Architecture, ISA) benutzen,  ermöglichen Berechnungen mit reduziertem Befehlssatz. Dies wiederum resultiert in einer Reduzierung der benötigten Bauelemente, spart Board-Fläche und senkt den Energieverbrauch der Systeme.

Wesentliche Telemetriefunktionen

Telemetrie ermöglicht die Zustandsüberwachung, Fehlererkennung, Isolierung und Wiederherstellung seitens der Satellitenbodenstation. Sie ermöglicht es dem Satelliten aber auch, die Auslastung der Nutzlastsysteme autonom zu steuern, um den Stromverbrauch und die Wärmeabfuhr zu regeln, um eine Überlastung zu vermeiden und die Lebensdauer des Satelliten zu erhalten.

Heute erfassen große I/O-Karten die Telemetriedaten, die mit diskreten Bauelementen wie analogen Multiplexern, A/D-Wandlern, Stromtreibern und Spannungsreferenzen bestückt sind. Diese Komponenten erfassen Daten in Bezug auf Spannungspegel und Stromverbrauch, Temperatur, mechanischer Beanspruchung, Druck und Magnetfeldstärke, die alle für die Überwachung der Nutzlast erforderlich sind. Diese I/O-Karten sind in der Regel sehr groß und belegen 77 bis 116 cm2 wertvollen Platz in jedem Nutzlastsystem. Komplexe Nutzlasten, wie digitale Kanalisierer für Kommunikationsanwendungen oder Signalverarbeitungssysteme für Bildgebungs- oder Radaranwendungen, basieren häufig auf einem Chassis und erfordern möglicherweise mehrere I/O-Karten für Telemetriezwecke. Telemetrie-I/O-Karten verbrauchen Strom und erzeugen Wärme und tragen erheblich zu den Kosten der Nutzlastsysteme bei. Darüber hinaus sind Leiterplatten, die auf diskreten Bauelementen basieren, nicht flexibel oder konfigurierbar.

Wenn Versagen keine Option ist – die Übersicht zur Elektronik im Weltraum

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(Bild: AdobeStock – anttoniart)

Der Weltraum ist eine Herausforderung für die Elektronik in Satelliten und Raumfahrtsysteme, insbesondere aufgrund der intensiven Strahlungsumgebung. In unserem Themenschwerpunkt erhalten Sie einen Blick auf die Möglichkeiten, die sich bieten, um die empfindlichen Schaltkreise zu schützen und wir beantworten weitere Fragen rund um das Thema.

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Größe, Kosten und Stromverbrauch senken

Aktuellste strahlungsgehärtete Mixed-Signal-ICs ermöglichen heute einen höheren Integrationsgrad, der die Anzahl der Bauelemente minimiert und den Platzbedarf dieser I/O-Karten verringert. Funktionen wie Multiplexer, Verstärker, Filter, ADCs und DACs wurden bisher mit einer Integration im kleinen Maßstab realisiert. Diskrete Bauelemente lassen sich heute hingegen in einem einzigen IC unterbringen. Dadurch ist es möglich, Daten von Sensoren zu lesen und zu verarbeiten, die wichtige Satellitenparameter überwachen, was den Platzbedarf auf dem Board erheblich reduziert. Für Satellitenhersteller gehen mit dieser Integration eine höhere Zuverlässigkeit aufgrund einer geringeren Bauteilanzahl sowie ein geringerer Zeit- und Kostenaufwand für das Screening, Testen und Qualifizieren dieser zahlreichen Komponenten einher, da dies nun mit einem Arbeitsgang und einem einzigen IC durchgeführt wird. Der Telemetrie-Controller LX7730 von Microsemi bietet diese Funktionen in einem kompakten 132-poligen Quad-Gehäuse und ist QML-qualifiziert für die Klassen Q und V, was den Anforderungen für anspruchsvolle Weltraumanwendungen entspricht.

Die Vorteile dieses Ansatzes zeigen sich in Anwendungen wie dem Ganymede-Laser-Altimeter (GALA), einem der wissenschaftlichen Instrumente, die an Bord der für 2022 geplanten Mission „Jupiter Icy Moon Explorer“ (JUICE) der Europäischen Weltraumorganisation (ESA) getestet werden. Dieses Abstandsmesssystem misst die Entfernung der Raumsonde zur Oberfläche der Jupiter-Eismonde Ganymede, Europa und Calisto. Dabei wird die Zeit berechnet, die ein Laserstrahl benötigt, um zur Oberfläche zu gelangen, reflektiert zu werden und zum Teleskop innerhalb des Instruments zurückzukehren. Hensoldt Optronics, Anbieter von Laser-Abstandsmesssystemen, entschied sich für den Telemetrie-Controller LX7730, um die Verarbeitung interner Daten wie Temperaturen, Spannungen und Versorgungsströme zu gewährleisten. Auf kleinem Raum nimmt der LX7730 aktiv an mehreren Regelkreisen teil, die für einen präzisen Laserbetrieb mit geringen elektromagnetischen Störungen (EMI) erforderlich sind. Regelmäßige Kalibrierungsverfahren reduzieren temperatur- und lebensdauerbedingte Abweichungen und stellen die erforderliche Genauigkeit der erfassten digitalisierten Werte sicher.

Flexible Verarbeitung mit RISC-V

Eck-Daten

Aktuellste Lösungen für die Erfassung von Telemetriedaten in Satellitenanwendungen, basierend auf strahlungsgehärteten, RISC-V-basierten ICs, vereinfachen die Datenerfassung und entlasten den Hauptprozessor. Gleichzeitig reduziert ein hoher Integrationsgrad der Mixed-Signal-Funktionen die Gesamtgröße und das Gewicht des Telemetrie-Protokollierungssubsystems, während sich gleichzeitig die Zuverlässigkeit erhöht. Damit sind drei kritische Anforderungen heutiger Satellitensysteme erfüllt.

Weitere Vorteile dieser Systemarchitektur ergeben sich aus der RISC-V-ISA, die eine kostengünstige und äußerst flexible Verarbeitung ermöglicht, die lokal zur Telemetriequelle ausführbar ist und Datenprotokollierung, Zustandsüberwachung und Laststeuerung autonom an der Nutzlast durchführt. Das zentrale Rechnersystem des Satelliten wird damit um die Telemetrieverwaltung entfernter Nutzlasten befreit. RISC-V ist eine offene ISA, deren Anweisungen ebenfalls eingefroren sind, was mehrere wesentliche Vorteile für die Raumfahrttechnik mit sich bringt. Da der Befehlssatz fest ist, ist jede für einen RISC-V-Core geschriebene Software auf jedem RISC-V-Baustein für immer ausführbar. Dies ist ideal für Weltraumanwendungen, bei denen eine Codebasis in vielen verschiedenen Programmen über Jahrzehnte hinweg mehrmals Verwendung finden kann.

Darüber hinaus ermöglicht die offene ISA die Entwicklung von Soft-CPUs, die auf die spezifischen Anforderungen der Anwender ausgelegt sind. Diese Soft-RISC-V-Cores können auch ihre RTL gemeinsam nutzen. Dies kann für Designs von Vorteil sein, bei denen eine Überprüfung erforderlich ist, um Vertrauen für sicherheitsbewusste Anwendungen zu schaffen. RISC-V-Prozessoren wurden bereits in strahlungstolerante FPGAs für Raumfahrtanwendungen integriert. Ein FPGA, das zur Implementierung eines RISC-V-Prozessors ausgelegt ist, kann in jeder Nutzlast für Telemetrieverarbeitung Einsatz finden, indem erstens das Lesen der Telemetriedaten vom Mixed-Signal-Telemetrie-Erfassungs-IC erfolgt, zweitens die Verarbeitung und Entscheidungsfindung mittels Daten vom Mixed-Signal-IC abgearbeitet wird und drittens Zustandsinformationen über das vorherrschende Befehlsbusprotokoll an den Zentralrechner des Satelliten gemeldet werden. FPGAs kommen häufig zum Einsatz, um Standard-Steuerbusse für die Raumfahrttechnik (Mil Std 1553, Spacewire und CAN-Bus) sowie nicht standardisierte Busprotokolle zu implementieren, die zum Satellitenintegrator gehören.

Telemetrie-Sammelsystem

Ein vollständiges Telemetrie-Sammelsystem lässt sich mit einem hochintegrierten IC und einem FPGA, der einen RISC-V-Prozessor integriert, umsetzen. Dieses System ist mit der „Six Sensor Demo“ von Microsemi demonstrierbar, die das eigene RTG4-FPGA in einer RISC-V-Umgebung verwendet, die über SPI mit dem LX7730-Telemetrie-Controller verbunden ist. Der Controller-IC erfasst Daten aus einem kleinen Netzwerk angeschlossener Sensoren und zeigt die Messwerte über eine grafische Benutzeroberfläche (GUI) auf einem Laptop an. Das FPGA sendet die Adress-, Daten- und Lese-/Schreib-Bits des SPI-Frames an den IC, der die ADC-Daten an das FPGA zurückgibt. Schließlich wendet das FPGA die notwendige Skalierung auf den ADC-Ausgang an und sendet die skalierten Daten über einen UART an die GUI.

Dorian Johnson

High-Reliability Product Line Marketing Manager bei Microsemi, einer Tochter von Microchip Technology

(na)

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