Die rein mechanisch arbeitende Zuhaltung an den Türen besteht aus Edelstahl und ist daher extrem robust. ­Zudem muss sie nicht extra ver­kabelt werden.

Die rein mechanisch arbeitende Zuhaltung an den Türen besteht aus Edelstahl und ist daher extrem robust. ­Zudem muss sie nicht extra ver­kabelt werden. (Bild: Dold und Söhne)

Das Dachdecken mit Tonziegeln auf Steildächern ist eine alte Technik, die bereits im antiken Rom vor über 2000 Jahren gängig war. Heute gebräuchliche ­Strang- oder Pressdachziegel werden industriell gefertigt und sind in Mitteleuropa bei Wohngebäuden die am häufigsten verwendete Dachaußenhaut. Einer der Marktführer für aus Ton gebrannte Dachziegel ist das Unternehmen Creaton. In seinem Werk in Wertingen produziert das inzwischen zur Etex-Gruppe gehörende Unternehmen jährlich rund 20 Millionen Pressdachziegel.

Auf die SChnelle

  • Sicherheitsschalter- und Schlüsseltransfersystem ­sichert Produktion von ­Dachziegeln
  • System kombiniert Sicherheitsschalter, Zuhaltung, Schlüsseltransfer und Befehlsfunktionen und lässt sich ­modular ausbauen
  • Antriebe lassen sich gezielt mit Zustimmschalter manuell bedienen

75.000 Tonnen Rohmaterial pro Jahr

Dachziegelproduktion bei Creaton

Rund 16 Millionen Dachziegel produziert Creaton pro ­Jahr in seinem Werk in Wertingen. Dold und Söhne

Zur Produktion der Dachziegel verwendet das Unternehmen natürliche Rohstoffe: Ton und Lehm wird in einem bestimmten Mischungsverhältnis verarbeitet. „Unser Rohmaterial stammt aus verschiedenen ­ firmeneigenen Gruben in der Umgebung“, berichtet Ferdinand Kanefzky, Werksleiter für die Standorte Wertingen und Roggden. Insgesamt landen 75 000 Tonnen Rohmaterial pro Jahr in der Materialaufbereitung. Dort werden die Rohstoffe über ­Förderbänder in einen Kollergang transportiert, mit tonnenschweren Läufern zermahlen und durch ­Roste gepresst. Beim Zerkleinern wird das Rohmaterial zusätzlich homogen vermischt. Auf den Kollergang folgen zwei Walzwerke, in denen das Material durch einen 1,2 bzw. 0,7 mm breiten Spalt gefördert und dabei weiter zerkleinert wird. Nachdem das fertige Material noch rund drei Wochen im Sumpfhaus reifen muss, gelangt es zu den Pressanlagen, die es voll­automatisch in die richtige Form bringen. Nach dem Trocknen kommen die Rohlinge in den Brennofen.

Absicherung von Türen zu den ­Aufbereitungsanlagen

Wolfgang Schülein, Leiter der Instandhaltung bei Creaton, bei der Entnahme eines Schlüssels an der Leitwarte.

Wolfgang Schülein, Leiter der Instandhaltung bei Creaton, bei der Entnahme eines Schlüssels an der Leitwarte. Dold und Söhne

In der Fertigung sind rund 50 Mitarbeiter in den ­verschiedenen Bereichen teilweise im Zwei-Schicht-Betrieb tätig. Trockner und Brennofen laufen an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr. Im vollautomatischen Betrieb hat immer ein Mitarbeiter Bereitschaftsdienst, der bei einer Störung benachrichtigt wird. „Selbstverständlich wollen wir die geforderte Produktionsleistung immer erfüllen“, so der Werksleiter: „Dabei hat aber die Sicherheit der Mitarbeiter stets oberste Priorität.“ Gerade in der Materialauf­bereitung hat das Unternehmen in den vergangenen Monaten viel in die Sicherheit investiert. So sichern Zäune den Zugang zu sämtlichen Anlagenteilen. Die von den schnell laufenden Förderbändern, den tonnenschweren Läufern im Kollergang und den Walzen ausgehenden Gefahren wurden so sicher gebannt. Für Reinigungs- und Wartungsarbeiten gibt es mehrere Türen und Tore, die teilweise groß genug für den Zugang mit einer Kehrmaschine oder einem Gabelstapler sind. In den meisten Fällen bedient ein einzelner Mitarbeiter die Anlage. Deswegen scheidet die Überwachung durch einen Kollegen zur erhöhten Sicherheit aus. Daher hat Creaton die Zugänge so gesichert, dass der Mitarbeiter nur dann Zugang erhält, wenn die Maschine steht.

Zugangsfreigabe von der Sicherheits-SPS

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Ein Loto-Modul (Log Out Tag Out) an der Tür verhindert, dass diese geschlossen wird, wenn sich noch ein Mitarbeiter an der Anlage befindet. Dold und Söhne

Bei der entsprechenden Sicherheitstechnik hat sich das Unternehmen für ein System von Dold & Söhne ­entschieden: Das Sicherheitsschalter- und Schlüssel­transfersystem Safemaster STS kombiniert die ­Vorteile von Sicherheitsschalter, Zuhaltung, Schlüsseltransfer und Befehlsfunktionen und lässt sich modular ausbauen. Angebunden ist das Schlüsseltransfersystem in der Leitwarte der Materialaufbereitung an eine Sicherheits-SPS. Möchte ein Mitarbeiter Zugang zu einer der Türen erhalten, muss er diesen zunächst über die Benutzerschnittstelle der Steuerung anfordern – er kann den Schlüssel allerdings erst entnehmen, wenn die Maschine steht. „Gerade die großen Antriebe der Walzwerke haben eine Nachlaufzeit von teilweise über 30 Sekunden“, erklärt F. Kanefzky. Mit dem Schlüssel kann der Mitarbeiter dann die entsprechende Tür öffnen. Wenn er alle Arbeiten innerhalb des Schutzbereichs erledigt hat, schließt er die Tür wieder, entnimmt den Schlüssel und steckt ihn wieder in das zentrale System an der Leitwarte. Erst dann lässt sich die Anlage wieder einschalten.

Antriebe per Zustimmschalter manuell bedienen

Mit dem Zustimmtaster der Safemaster W ­Serie meldet sich der Mitarbeiter über Funk an und kann dann einzelne Antriebe gezielt anschalten.

Mit dem Zustimmtaster der Safemaster W ­Serie meldet sich der Mitarbeiter über Funk an und kann dann einzelne Antriebe gezielt anschalten. Dold und Söhne

Die Zäune und die Absicherung der Türen und Tore haben auch Nachteile, wie Wolfgang Schülein berichtet: „Bei Reparaturen und Wartungen an der Anlage können die Antriebe nicht gestartet werden. Dies ist aber manchmal ­notwendig, um etwa zu überprüfen, ob alles richtig funktioniert.“ Für ­solche Fälle ­wurde ein kabelloser ­Zustimmtaster aus der Serie ­Safemaster W in das Sicherheitskonzept integriert. Das System besteht aus einem Hand­sender und einem Funk-Sicherheits­schalt­gerät, das ebenfalls an die Sicherheits-SPS ­angebunden wird. Mit dem Zustimm­taster ­meldet sich der Mitarbeiter über Funk an und kann dann ­einzelne Antriebe gezielt anschalten. Welcher Antrieb ausgewählt ist, erkennt er auf dem ­Display. Da es einen Totmanntaster ­sowie einen Paniktaster kombiniert, ist das System besonders sicher: Lässt der Mitarbeiter den Taster los, schaltet der A­ntrieb ­sofort ab; Gleiches ­passiert, wenn er den ­Taster komplett durchdrückt. Dabei stellt die Festlegung einer Startzone per Infrarot ­sicher, dass sich nur Antriebe im direkten ­Umfeld des Bedieners über das Funksystem einschalten lassen. „Die Gesamtanlage kann mit dem ­Zustimmtaster nicht in Betrieb ­genommen ­werden“, betont W. Schülein, „sondern immer nur ein einzelner Antrieb, ­etwa ein Förderband.“

Auch ein Schutz gegen versehentliches Einsperren eines Mitarbeiters ist im Safemaster STS integriert. Dazu ist an den Türen eine Loto-Funktion (Log Out Tag Out) vorgesehen: Jeder Mitarbeiter hängt beim Betreten der Anlage sein persönliches Vorhängeschloss in das Lototo-Modul am STS-System ein. Dies verhindert ein versehentliches Schließen der Tür und ein mögliches Starten der Maschine. „Das ist vor allem deswegen wichtig, da die Anlage unübersichtlich ist und nicht komplett von der Leitwarte aus eingesehen werden kann“, erklärt Wolfgang Schülein, Leiter der Instandhaltung bei Creaton.

Robustes System ohne Kabelziehen

Einer der Vorteile von Safemaster STS ist die hohe Robustheit, wie Schülein betont: „Die Komponenten bestehen aus Edelstahl und sind dadurch sehr robust – eine ideale Lösung also für die rauen Umgebungsbedingungen in unserer Materialaufbereitung.“ In diesem Bereich der ­Tondachziegelproduktion ist es durch das Ausgangsmaterial sowohl staubig als auch feucht.

Die Installation des Systems und die Anbindung an die Sicherheits-SPS hat das Team aus der Instandhaltung in Eigenregie realisiert. Besonders hilfreich war dabei, dass die elektrotechnische Anbindung nur an einer Stelle erfolgen muss. Die Verriegelungen an den Türen arbeiten rein mechanisch. „Das hat die Installation für uns stark vereinfacht“, sagt W. Schülein, „da zu den Türen keine Kabel gezogen werden mussten.“

Auch Mitarbeiter ins Boot geholt

Das installierte System mit der Türzuhaltung über das Safemaster STS ist von der zuständigen Berufs­genossenschaft abgenommen. „Sämtliche Sicherheitsmaßnahmen im Werk besprechen wir in unserem Arbeitssicherheits-Ausschuss“, sagt F. Kanefzky. In ­diesem sind neben den ausgebildeten Sicherheitsfachkräften auch der Betriebsrat, die Schichtführer und ­Mitglieder der Berufsgenossenschaft vertreten. „Bei der Planung der Sicherheitseinrichtungen für die Materialaufbereitung war es uns besonders wichtig, dass auch die Mitarbeiter, die täglich an der Anlage arbeiten, mit ins Boot geholt wurden“, betont der Werksleiter. Denn nur wenn die Mitarbeiter mit dem System zufrieden sind, können sie auch optimal damit arbeiten. Wenn Sicherheitsvorkehrungen zu sehr bei den gewohnten täglichen Tätigkeiten behindern, sinkt nicht nur die Produktivität, sondern Mitarbeiter sind dann eher versucht, die Systeme zu manipulieren.

Im Video: Safemaster STS

Dr. Jörg Lantzsch

freier Journalist in Wiesbaden

(ml)

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