Beim Auftragen von Schutzlacken geht es darum, dass die Kanten und Metalloberflächen ausreichend abgedeckt werden, ohne dass das Material an den anderen Stellen zu dick aufgetragen wird.

(Bild: Electrolube)

Zu Beginn der Designphase muss erst einmal der erwartete Betriebstemperaturbereich für die Platine festgelegt werden, also die obere und untere Grenze. Wenn dieser beispielsweise größer als 150 bis 160 °C ist, ist höchstwahrscheinlich ein Silikon-Schutzlack erforderlich anstatt eines Lacks aus Acryl oder Polyurethan. Außerdem sind kurzzeitige Übertemperaturen mit zu beachten, denn thermische Schocks oder thermische Wechselbelastungen können zur Rissbildung führen und die Schutzeigenschaften des Lacks beeinträchtigen.

Dann stellt sich die Frage, welcher Grad an chemischer Beständigkeit erforderlich ist. Acrylmaterialien sind zwar bestens für die Nacharbeitung geeignet, sie sind aber auch empfindlich gegenüber Lösungsmitteln. Polyurethane hingegen bieten eine höhere chemische Beständigkeit, sind im Nachhinein aber schlechter bearbeitbar. Zudem ist zu prüfen, ob der Lack möglicherweise einer erhitzten Lösung mit potenziellen Schadstoffen ausgesetzt wird, was deren Fähigkeit, als Lösungsmittel zu wirken, erhöht.

Desweiteren ist zu prüfen, welcher Grad des Korrosionsschutzes erforderlich ist. Feuchtigkeit wird meistens erst dann zu einem Problem, wenn Kondensation auftritt. In diesem Fall sind die Dicke und Abdeckung des Schutzlacks wichtig. Dabei ist zu beachten, dass eine dickere Lackschicht zwar einen besseren Schutz in Umgebungen mit Kondenswasser oder Salzsprühnebel oder Schadgas bietet, aber eine Zieldicke von über 50 µm bei thermischem Schock oder thermischer Belastung schnell reißt.

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Die allgemeine Sauberkeit des Untergrunds und Rückstände beeinträchtigen die Leistung des Schutzlacks. Electrolube

Bedeutung der Auftragungsmethode

Oft kann ein gut aufgetragenes, aber schlechtes Material genauso gut oder sogar besser sein als ein Material mit guten Eigenschaften, das sich aber schlecht auftragen lässt. Beim Auftragen von Schutzlacken müssen die scharfen Kanten und Metalloberflächen ausreichend abgedeckt werden, ohne dass das Material an den anderen Stellen zu dick aufgetragen wird. Natürlich lassen sich einige Materialien „leichter“ auftragen als andere, aber am Ende zählt für die Leistung von flüssig aufgetragenen Lacken nur, wie gut sie sich auftragen lassen.

Bei der Auswahl eines Schutzlacks sollte der Designer beachten, dass die im Herstellerdatenblatt aufgeführten Werte normalerweise für frisch ausgehärtete Lacke bei Raumtemperatur gelten. Deshalb ist es wichtig zu wissen, wie sich das Verhalten von Materialien mit Temperaturänderungen im Laufe der Zeit verändert. Kurzzeitige Übertemperaturen müssen auch berücksichtigt werden.

Das Platinenlayout vereinfachen

Werden Steckverbinder und Komponenten, die nicht lackiert werden müssen, an einer Kante der Baugruppe angeordnet, wird das Auftragen des Schutzlacks vereinfacht. Zudem ist es empfehlenswert, große Felder mit diskreten Bauteilen zu vermeiden, da diese aufgrund der hohen Kapillarkräfte schwierig zu beschichten sind. Auch hohe Komponenten stellen eine Herausforderung dar, da sogenannte Schattenbereiche entstehen und Lackspritzer zur Folge haben. Hier ist eine sinnvolle Platzierung der Komponenten zu beachten, also welche Art Komponenten lackiert werden sollen und welche nicht. Die technische Zeichnung sollte diese Komponenten nicht nur kennzeichnen, sondern auch die Toleranz für diesen freizuhaltenden Bereich angeben. Unklare Angaben in den technischen Zeichnungen sind zu vermeiden. Dies gilt besonders in den Bereichen um die Anschlüsse.

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Die härteste Prüfung für einen Schutzlack stellt der Betrieb der Baugruppe unter feuchten Bedingungen dar. Electrolube

Als nächstes ist darauf zu achten, welche Herstellungsverfahren nach dem Auftragen und Aushärten des Schutzlackes noch durchgeführt werden. Andere Materialien wie Wärmeleitpasten/-kitte und Chemikalien zum Nacharbeiten/Reparieren beeinträchtigen die Integrität und Gesamtleistung eines Schutzlacks. Auch ist bei der Auswahl von Klebstoffen darauf zu achten, dass diese mit den ausgewählten Beschichtungsmaterialien und -prozessen kompatibel sind. Auch die allgemeine Sauberkeit des Untergrunds und Rückstände beeinträchtigen die Leistung des Schutzlacks, wie etwa Aushärtemechanismen, Haftungseigenschaften oder unter dem Schutzlack eingeschlossene leitende/ionische Materialien. Auch können korrosive Rückstände die Leiterbahnen miteinander verbinden und im Laufe der Zeit zu Ausfällen führen.

Eine zu dicke Lackschicht führt zum Einschluss von Lösemitteln und lässt den Lack nicht vollständig aushärten, was zur Rissbildung im Lack während des Aushärtens führt, sei es durch Temperaturänderungen oder mechanische Stößen und Schwingungen. Auch die Möglichkeit der Nachbearbeitung eines Schutzlacks ist ein wesentlicher Punkt bei der Auswahl des Lacks, besonders wenn von den Leiterplatten eine lange Betriebsdauer verlangt wird, wie in Baugruppen für das Militär oder Luft- und Raumfahrtanwendungen. Ein schwer nachzubearbeitender Lack sorgt nicht nur für zeitraubende Reparaturen und Upgrades, sondern macht das Produkt auch teurer und komplexer.

Alles dreht um die Aushärtung

Folgende Aushärtemechanismen werden für die wichtigsten Schutzlackmaterialien angewendet: Trocknen, durch Oxidation, Feuchtigkeit, Wärme, chemisch oder mit UV. Welche Methode letztendlich verwendet wird, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie die Leistungsanforderungen der Anwendung und physische Einschränkungen, einschließlich der maximal erlaubten Aushärtetemperatur und der für das Aushärten verfügbaren Zeit. Besonders die Aushärtezeit variiert stark von Anwendung zu Anwendung. Beispielsweise dauert die Aushärtung durch Oxidation lang, oft viele Stunden bei 80 bis 90 °C, um die optimalen Eigenschaften zu entwickeln. UV-aushärtbare Materialien, wie die UVCL-Reihe von Electrolube, härten innerhalb von Sekunden aus, wenn sie UV-Strahlung mit der richtigen Wellenlänge und Intensität ausgesetzt werden.

Schutzlacke können aus den unterschiedlichsten Gründen versagen, einige treten häufiger und andere weniger häufig auf. Die Hauptgründe für das Versagen sind auf eine schlechte Auswahl und/oder Auftragung oder auf eine unzureichende Oberflächenvorbereitung zurückzuführen oder chemische Aktivität unter dem Lack. Eine zu kurze Aushärtungszeit, eine schlechte Abdeckung, eine unzureichende Dicke oder eine unerwartete Interaktion mit einem anderen Verfahrensmaterial führen mittelfristig zu Ausfällen, ebenso wie korrosive Rückstände.

Schutz gegen Kondensation

Die härteste Prüfung für einen Schutzlack stellt der Betrieb der Baugruppe unter feuchten Bedingungen dar. Wasser mit löslichen Unreinheiten ist elektrisch leitfähig und führt letztendlich zu Kurzschlüssen an der Oberfläche der Leiterplatte, falls der Lack Schwachstellen aufweist. Um unter diesen Bedingungen Schutz zu bieten, müssen die Metallflächen der Leiterplatte zu 100 Prozent fehlerfrei abgedeckt werden und dies ist sowohl für das Material als auch für den Auftragungsprozess eine echte Herausforderung. Die neue Schutzlackklasse „2K“ ermöglicht eine größere Dicke und optimale Anwendungsabdeckung, was wiederum zu einem höheren Schutzniveau führt. Die Zweikomponenten-Materialien von Electrolube haben sich in Tests bewährt, einschließlich in Kondenswasserprüfungen und beim Eintauchen in Salzwasser in eingeschaltetem Zustand.

Typische Probleme an einer selektiven Beschichtungsanlage

Selektive Beschichtungsmaschinen tragen in Streifen Beschichtungsmaterial auf und können auf Anforderung starten und anhalten. Die Lackstreifen können so aufgetragen werden, dass ein Beschichtungsmuster entsteht und Bereiche wie Schalter, Anschlüsse und Testpunkte ausgelassen werden. Die Breite der Beschichtungsstreifen liegt normalerweise im Bereich 8 bis 15 mm. Wenn der zu beschichtende Bereich kleiner als 8 mm breit ist, ist ein weiterer Dosierungsschritt erforderlich, was aber die Taktzeit verlangsamt. Aufgrund der Kombination der X-/Y-Positionsgenauigkeit der Maschine, der Materialflussdynamik und der Komponententopografie, sind 2 bis 3 mm für einen wiederholbaren Beschichtungsprozess möglich, die nicht beschichtet werden sollen. Beschichtungs- und Freihaltebereiche, die nur 2 bis 3 mm voneinander entfernt liegen, erfordern einen Dosierungsschritt, der die Taktzeit verlängert.

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Selektive Beschichtungsmaschinen tragen die Lackstreifen so auf, dass ein Beschichtungsmuster entsteht und Bereiche wie Schalter, Anschlüsse und Testpunkte ausgelassen werden. Electrolube

Solider und zuverlässiger Lackierprozess

Wenn Design und Produktion zusammenarbeiten, führt dies meist zum Erfolg. Mit den angeführten Maßnahmen lassen sich mögliche Fertigungskatastrophen verhindern, sowohl beim Schutzlack als auch in anderen Produktionsbereichen. Deshalb ist es wichtig, das richtige Material auszuwählen und für den korrekten Auftragung und die Aushärtung zu sorgen. Zudem sollte man die Komponenten auf Interaktionen mit anderen Prozesschemikalien prüfen und die Baugruppe vor der Beschichtung reinigen und trocknen – für einen zuverlässigen Prozess für die elektronische Baugruppe.

Phil Kinner

(Bild: Electrolube)
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(hw)

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