50600.jpg

In erster Linie bieten die Schutzlacke eine elektrische Isolierung auf der Baugruppe unter allen möglichen Umweltbedingungen. Sie sollen sowohl Schutz vor Feuchtigkeit als auch vor chemischen Einflüssen bieten. Auch Klimawechsel, mikrobiologische Belastungen und Verschmutzungen dürfen keinen Einfluss auf die mechanischen oder elektronischen Eigenschaften der Baugruppen haben – die Zuverlässigkeit der Schutzlackierungen muss gewährleistet sein. Nur so ist es möglich, die Funktion der Baugruppe dauerhaft abzusichern.

Im Allgemeinen lassen sich Schutzlacke in drei verschiedene Klassen unterteilen: Die Klasse 1 ist für allgemeine Anwendungen ausgelegt, während die Klasse 2 eine hohe Zuverlässigkeit erforderlich macht und Klasse 3 für Aerospace-Anwendungen zertifiziert ist. Auch gibt es Unterschiede in der Beschaffenheit der Schutzlackierungen. Die verschiedenen chemischen Zusammensetzungen sind auf die jeweiligen Anwendungen zugeschnitten.So gibt es Acrylschutzlacke (organische Lösungsmittel), Epoxi-Schutzlacke (Zweikomponenten), Urethan-Schutzlacke, Silikone und UV-härtende Lacke.

Schutzlacke und ihre Inspektion

Das Aufbringen des Schutzlacks ist meist der letzte Arbeitsgang im Zyklus einer Leiterplattenproduktion. Ähnlich zu vorangegangenen Fertigungsschritten, ist es notwendig, auch hier qualitätssichernde Maßnahmen zu treffen. Daher wird nach dem Lackieren die ordnungsgemäße Benetzung meist visuell geprüft. Da die optische Sichtkontrolle für hohe Stückzahlen ungeeignet ist, wurden so genannte automatische optische Schutzlack-Kontrollsysteme entwickelt. Sie ermöglichen die Prüfung der korrekten Benetzung inline im Takt einer Fertigungslinie.

Bild 1: Baugruppeninspektion zur Schutzlackkontrolle.

Bild 1: Baugruppeninspektion zur Schutzlackkontrolle.Göpel

Bevor man sich die Wirkungsweise eines optischen Inspektionssystems zur Schutzlackkontrolle näher betrachtet, gilt es zu berücksichtigen, dass es transparente und nicht-transparente Lacke gibt. Transparente Lacke sollten zwingend fluoreszierend sein, um der Kamera eine Auswertung zu erleichtern. Diese fluoreszierenden Beschichtungen werden mit einer UV-Beleuchtung angeregt und emittieren Licht im Blaubereich zwischen 400 nm und 470 nm. Die moderne Kameratechnik ist empfindlich für diesen Spektralbereich und in der Lage, kontrastreiche Bilder aufnehmen. In diesen Kamerabildern kann nun mittels Bildverarbeitung eine einfache Differenzierung zwischen hellem Lack und dunklem Leiterplattenhintergrund erfolgen. Ein Lackierfehler bildet sich so als dunkler Fleck im Kamerabild ab (Bild 1).

Wo und wo nicht – die saubere Abgrenzung ist wichtig

In vielen Fällen wird vom Leiterplattenhersteller ein Lackierplan erstellt, in dem definiert wird, an welchen Stellen der jeweiligen Baugruppen Schutzlack aufgetragen werden muss (Lackierbereiche) und wo keine Beschichtung sein darf (verbotene Bereiche). Beispielsweise dürfen Lacke dort nicht aufgetragen werden, wo die Baugruppe in deren späteren Einsatz elektrisch kontaktiert werden. Hier würden Lacke isolierend wirken und die Funktionsfähigkeit der Baugruppe beeinträchtigen oder gar unmöglich machen. Außerdem gibt es Stellen auf den Leiterplatten, wo Schutzlack aufgetragen werden darf, aber nicht muss (sogenannte „don‘t care areas“).

Spezielle Zeichenfunktionen im optischen Inspektionssystem ermöglichen dem Bediener die Definition der Prüfbereiche nach Vorgabe des Lackierplans. Nun lässt sich über eine Grauwertschwelle und die maximal erlaubte Größe eines Defektes definieren, was als Lackierfehler zu bewerten ist. Pseudofehler könnten durch Leiterplatten-Durchkontaktierungen (Vias), welche sich ebenfalls als dunkle Flecken darstellen, entstehen. Diese werden durch eine Algorithmik vorab gefiltert und so nicht als Fehler bewertet. Bei größeren Stellen auf einer Baugruppe, die später dunkel in der Bildverarbeitungssoftware angezeigt werden und auf mögliche Fehllackierungen schließen würden, kann es sich oftmals um dunkle Bauelemente oder größere Bohrungen handeln. Damit diese nicht als fehlerhaft angezeigt werden, bekommen derartige Stellen in den Voreinstellungen des Inspektionssystems den Status als „don‘t care areas“, in denen keine Bewertungen vorgenommen werden.

Prinzipiell ist bei der Schutzlackkontrolle auch das Fließverhalten der Beschichtung zu berücksichtigen. Da Lacke vor der Trocknung nicht statisch sind, können die Konturen an zu prüfenden Bereichen verschwimmen. Daher sollte innerhalb der Bildverarbeitungssoftware der Prüfbereich sinnvoll gewählt werden. Auch ist es sinnvoll, bereits beim Layout einer Baugruppe kleine „Gräben“ um den zu inspizierenden Bereich einzuplanen und bei der Produktion einzufräsen. Sie verhindern unerwünschtes Fließen des Lackes in nicht zu lackierende Bereiche.

Anforderungen an ein Inspektionssystem

Bild 2: TOM-In-Line zur automatisierten Schutzlackkontrolle.

Bild 2: TOM-In-Line zur automatisierten Schutzlackkontrolle.Göpel

Göpel Electronic ist schon seit einigen Jahren auf dem Gebiet der Schutzlackkontrolle tätig, entwickelt und produziert Prüfsysteme, die oftmals speziell für bestimmte Anwendungsfälle konzipiert werden (Bild 2). Eine an die Leiterplatte angepasste Pixelauflösung, die Inline-Fähigkeit des Inspektionssystems, flexible Prüfprogrammanpassungen sowie spezielle Prüffunktionen hinsichtlich Vorhandensein oder Nichtexistenz des Lackes sind Grundvoraussetzungen für ein modernes Prüfsystem. Separat schaltbare LEDs mit verschiedenen Farben wie weiß, rot, grün, blau oder UV, ein modularer Aufbau zur Steigerung der Flexibilität hinsichtlich wechselnder Prüfaufgaben oder verschiedene Kameravarianten und -auflösungen sind unabdingbare Anforderungen, um eine sichere und qualitativ hochwertige Bewertung von Schutzlacken vornehmen zu können.

Bild 3: Mit dem optischen Testsystem lässt sich auch die Selektivlötstellenkontrolle vornehmen.

Bild 3: Mit dem optischen Testsystem lässt sich auch die Selektivlötstellenkontrolle vornehmen.Göpel

Dabei sollte sich der Funktionsbereich des Inspektionssystems aber nicht nur auf die Bewertung beziehungsweise die Überprüfung von Schutzlacken beschränken. Mit dem TOM-In-Line bietet Göpel ein optisches Testsystem, mit dem sich darüber hinaus beispielsweise Selektivlötstellen (Bild 3) oder Displays überprüfen lassen. Durch ein großes Spektrum praxisnaher Prüffunktionen ist es zudem möglich, zahlreiche weitere Prüfaufgaben zügig zu lösen. So stehen unter anderem leistungsfähige Algorithmen zur Bauteil-Anwesenheitskontrolle, Kurzschlussinspektion, Farberkennung oder Klarschriftlesung bereit.

Als besonderes Bonbon ist eine Kombination mit dem elektrischen Test mittels Boundary Scan möglich, um auch die Funktion einer Baugruppe prüfen zu können. Dies hat den Vorteil, dass damit die Test- und Fehlerabdeckung um ein Vielfaches erhöht wird. Losgelöst von Gerätegestell und Transportsystem des TOM-In-Line lassen sich alle Einzelkomponenten wie Kamera, Beleuchtung und Software in bereits bestehende oder neue Systeme kundenspezifisch integrieren.

Ablauf der Lackprüfung

Im Falle der Schutzlackkontrolle wird vom Bediener innerhalb der Software ein Prüfbereich vorgeben, in dem sich zwingend Lack befinden muss. Über so genannte „don’t care areas“ ist es möglich, Bereiche zu definieren, in denen kein Lackauftrag zu prüfen ist. Dies können beispielsweise Durchkontaktierungen, leiterplattenspezifische Ausfräsungen oder Bauelemente sein. Nach der anschließenden Parametrierung der Prüffunktion, wobei bestimmte Grauwerte und maximale Defektgrößen hinterlegt werden, können die getätigten Einstellungen als Prüfablauf abgespeichert werden.

Stefan Meißner

ist zuständig für Public Relations bei Göpel Electronic.

(mrc)

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

GÖPEL electronic GmbH

Göschwitzer Straße 58/60
07745 Jena
Germany