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Mit der Kombination von Drehzahl- und Stillstandsüberwachung adressiert DINA den Markt für komplexere Maschinen. (Bild: Redaktion IEE)

Auf die Schnelle

  • sichere Drehzahlüberwachung ohne separate Sensorik bis PLe
  • Stillstands- und Drehzahlwächter in einem Modul ­integriert
  • Acht Sicherheitsfunktionen für Antriebe verfügbar
  • Vier einstellbare Überwachungsbereiche von 0 bis 600 Hz
  • Konfigurierbar über USB
  • parametrierbare Quittierung
  • unterstützt Betriebsarten Stillstand, Einricht-, halb- und automatischer Betrieb

Herr Najib, letztes Jahr konnten Sie mit Ihren Mitarbeitern auf ein 30-jähriges Bestehen anstoßen. Wie hat sich der Markt verändert seit Unternehmensgründung?

Dirar Najib: Der Markt hat sich in zweierlei Hinsicht verändert: Der Bedarf an Maschinen-Sicherheit ist gestiegen und Sicherheitstechnik ist nicht mehr ein Nice-to-have, sondern Standard geworden. Dadurch haben über die Jahre viele weitere Firmen diesen Markt für sich entdeckt. Das macht es für Dina nicht schwieriger, sondern interessanter. Denn es hat dazu geführt, dass wir neue intelligente Lösungen bei uns im Haus entwickelt haben, die die gestiegenen Sicherheitsbedürfnisse an Maschinen und Anlagen erfüllen.

Ihre Firma gilt als einer der Pioniere in Sachen Antriebsüberwachung.

Dirar Najib: Im Jahre 1984, bevor überhaupt irgendjemand von Sicherheitstechnik gesprochen hat, hatten nur die Berufsgenossenschaften die Vorstellung, dass irgendetwas kommen muss, das Unfälle wenigstens minimiert oder sogar verhindert. Damals kam ich mit der ersten sicheren Drehzahlüberwachung auf den Markt, was von den Berufsgenossenschaften Eisen und Metall in Mainz sehr begrüßt und für ihren Bereich freigegeben wurde. Es gab ja noch gar keine Zertifizierung. Diese Technologie haben wir weiterentwickelt, damit mehrere Antriebe an einer Maschine mit nur einem Produkt überwacht werden konnten. Später brachte dann ein namhafter Hersteller die erste integrierte Lösung auf den Markt. Das hat uns sehr geholfen.

Wie das denn?

Lothar Bauknecht: Die Kunden haben nach Lösungen gefragt, die einfacher handzuhaben sind und auch für die Nachrüstung von Maschinen im Einsatz in Frage kommen. Diese beiden Aspekte – Handhabung und Retrofit sind der Grund, weshalb es immer einen Markt für nicht integrierte Sicherheitstechnik geben wird. Denn diese Produkte sind unabhängig von der Maschinen­steuerung.

Und was bedeutet das für die Zukunft von DINA?

Lothar Bauknecht: Wir wollen immer mehr Softwarelösungen in der Hardware integrieren, um die steigenden Bedürfnisse des Marktes bedienen zu können. Unsere Hardware-Produkte werden mit immer mehr Ein- und Ausgängen versehen, damit sie zukünftig als sichere Steuerungen eingesetzt werden können. In Zukunft wollen wir mehr sichere Bussysteme unterstützen, etwa I/O-Link Safety, Profisafe oder Schnittstellen wie BiSS.

Dirar Najib: Dazu investieren wir viel in unsere Entwicklung, angefangen mit der Verstärkung des Teams. Das zusätzliche Personal gibt neuen Input und Know-how, um die bestehenden und zukünftigen Produkte leistungsfähiger und anwendungsfreundlicher zu machen. Parallel dazu veranstalten wir Schulungen und Technologieworkshops und bauen unser Partnernetzwerk aus.

In diesem Jahr waren Sie zum ersten Mal auf der automatica in München. Als Highlight haben Sie die nun vollständige Produktfamilie Safeone vorgestellt, die Antriebe sensorlos überwacht. Was gehört alles zu dieser Baureihe?

Sicher – mit Brief und Siegel

Sensorloser Drehzahlwächter mit TÜV: Rechtzeitig zur automatica erhielt der sensorlose Drehzahlwächter DN3PD1 das TÜV-Zertifikat und damit die Serienfreigabe. Damit kann je nach Bedarf und ­ohne zusätzlichen Näherungsschalter oder inkrementelle Messsysteme ein ­Geschwindigkeitsbereich (SSR), eine ­reduzierte Geschwindigkeit (SLS) oder eine Maximalgeschwindigkeit (SSM) überwacht werden – und das bis Performance Level e. Interessant ist der sensorlose Drehzahlwächter besonders für Antriebe ohne Feedbacksystem, da nicht zusätzlich in einen Drehgeber für die Drehzahlüberwachung investiert werden muss. Der DN3PD1 wird per Drucktaster konfiguriert, über den sich eine obere und eine untere Geschwindigkeitsgrenze parametrieren lassen. Die Diagnose erfolgt über die zweifarbige LED und Meldeausgänge. Aktuell arbeitet Dina an der Entwicklung des kombinierten Drehzahl- und Stillstandwächters (DN3PDS1), der je nach angewählter Betriebsart mehrere Drehzahlgrenzen überwachen kann.

Dirar Najib: Das Modell zur Stillstandsüberwachung gibt es schon länger, das ist eine der wichtigsten Funktionen überhaupt, denn bei einer offenen Schutztür oder Abdeckung einer Gefahrenquelle darf kein Antrieb laufen. Ergo muss der Stillstand zwingend überwacht werden. Die Stillstandswächter verkaufen wir nicht nur seit Jahren erfolgreich unter unserem eigenen Namen, sondern auch als OEM-Version.

Lothar Bauknecht: Bei offener Schutztür muss ein Antrieb bewegt werden können. Meist erfolgt dies mit sicher reduzierter Geschwindigkeit. Deshalb haben wir im letzten Jahr das Modell für sensorlose Drehzahlüberwachung Safeone DN3PD1 auf den Markt gebracht. Mit dem auf der automatica gezeigten Prototypen Safeone DN3PDS1 kombinieren wir nun beides in einem Gerät, das alles sicher überwacht – Stillstand und mehrere Drehzahlbereiche.

Ist das Kombigerät nicht längst überfällig gewesen?

Dirar Najib: Die Entwicklung des Drehzahlwächters war nicht so einfach, weil die Antriebe sehr unterschiedlich sind hinsichtlich ihrer elektrischen Signale. Das erschwert die sicherheitsgerichtete Auswertung der Drehzahlbereiche. Deswegen testen wir unsere Geräte mit vielen Antrieben, um die Parameter entsprechend anzupassen – bei uns im Labor aber auch bei Kunden im Feldtest. Eine Herausforderung sind natürlich die Motorspannungen bis zu 600 V. Die sind regelrecht verseucht mit allen möglichen Störsignalen und Oberwellen. Aber Herr Bauknecht und sein Team haben alle damit verbundenen Probleme gelöst.

Wo liegen denn die Knackpunkte?

Lothar Bauknecht: Startet oder bremst ein Antrieb moderat, dann sind die Schwierigkeiten nicht ganz so groß, die Überwachung von dynamischen Abläufen oder eine schnelle Richtungsumkehr dagegen anspruchsvoll. Aber wir haben bei unserem Drehzahlwächter ein paar Funktionen nachgezogen, um auch solche Applikationen abzudecken.

Wie viele Drehzahlbereiche sich überwachen lassen und welche Sicherheitsfunktionen realisierbar sind auf Seite 2

Wie viele Drehzahlbereiche lassen sich denn überwachen?

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Wir erfassen Drehzahl und Stillstand sensorlos bis PLe Redaktion IEE

Dirar Najib: Bei einer Maschine, egal welcher Art, gibt es bis zu vier Betriebsarten: Stillstand, Einricht-, halb- und automatischer Betrieb. Bei den Betriebsarten Einrichten und Halbautomatik ist nach den Normen eine sichere Geschwindigkeitsüberwachung unerlässlich, da der Bediener sich in der unmittelbareren Gefahr befindet.

Lothar Bauknecht: Mit dem Drehzahlwächter können wir jetzt auch einen geregelten Stillstand überwachen, was mit dem reinen Stillstandwächter nicht möglich ist. Bei dem sind wir davon abhängig, dass der Antrieb abschaltet und wir die EMK messen können. Beim Safeone DN3PDS1 messen wir dagegen beides: Frequenzen und EMK.

Worin besteht konkret der Unterschied zwischen den Geräten

Lothar Bauknecht: Der reine Stillstandswächter misst die EMK vom Motor. Läuft der Motor, schaltet der Stillstandswächter immer ab. Der Drehzahlwächter DN3PD1 misst nicht die EMK, sondern die Umrichterfrequenz. Trudelt der Motor aus, kann der Drehzahlwächter das nicht erfassen, der Stillstandswächter schon, da jeder Motor bei Rotation eine EMK erzeugt. Das Kombimodul, das wir nun entwickeln, erfasst sowohl die EMK als auch die Umrichterfrequenz.

Welche Sicherheitsfunktionen sind denn realisierbar?

Dirar Najib: Wir bedienen mit dem Kombi-Produkt die verschiedensten Sicherheitsfunktionen.

  • SOS Safe Operating Speed
  • SS1 Safe Stop 1
  • SS2 Safe Stop 2
  • SLS Safe Limited Speed
  • SSR Safe Speed Range
  • SSM Safe Speed Monitor
  • SDI Safe Direction
  • STO Safe Torque OFF

Mit welchen Toleranzen arbeitet die sichere Drehzahlüberwachung?

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Das Kombimodul erfasst die EMK und die Umrichter­frequenz. Redaktion IEE

Lothar Bauknecht: Wir messen die Umrichterfrequenz mit einer Genauigkeit kleiner 1 Prozent. Die Motordrehzahl ist wegen des Schlupfes aber geringer, außer bei Synchronmotoren. Das muss der Anwender einkalkulieren.

Welche Motortypen lassen sich denn generell überwachen?

Lothar Bauknecht: Alle Motoren, die mit Wechsel- oder Drehstrom beziehungsweise durch Umrichter angetrieben werden.

Und wie schnell schaltet das Gerät ab?

Lothar Bauknecht: Das hängt von der überwachten Frequenz ab, bei der das Gerät abschalten soll. Bei 100 Hz liegen wir im Bereich von 30 Millisekunden. Bei 10 Hz liegen wir bei rund 100 Millisekunden.

Wie schätzen Sie den Marktbedarf des Kombigeräts ein?

Dirar Najib: Die Anwendungsbereiche für Stillstand und Drehzahl sind unterschiedlich. Stillstandsüberwachung setzen wir dort ein, wo klassischerweise eine Tür so lange zugehalten oder verriegelt sein muss, bis der Antrieb, oft eine Spindel, steht. Erst danach darf die Tür freigegeben werden. Der Drehzahlwächter überwacht den Einrichtbetrieb mit reduzierter Geschwindigkeit. Bei einfachen Maschinen gibt es diese Betriebsart eher selten, erst bei den etwas komplexeren Maschinen. Dementsprechend unterscheiden sich die Zielmärkte. Das Kombigerät adressiert komplexere Maschinen mit mehreren Betriebsarten, die verschiedene reduzierte Geschwindigkeiten benötigen.

Lothar Bauknecht: s gibt auch viele Applikationen, bei denen Stillstand Gefahr bedeutet, bei Lüftungen oder Trockenöfen beispielsweise. Bei solchen Applikationen muss sichergestellt sein, dass die Materialien konstant durch den Ofen fahren. Andernfalls könnten die Produkte zu heiß werden und Feuer fangen.

Denken Sie darüber nach, die Funktion als sicheres Modul für Umrichter-Anbieter zu entwickeln. Das würde die Verdrahtung doch deutlich reduzieren?

Dirar Najib: Solche Anfragen gibt es immer wieder. Wir hatten schon viele Gespräche mit potenziellen Kunden, die das in ihren Antrieb einbauen wollten. Aber bis jetzt ist es immer nur bei Kontakten geblieben. Wenn wir etwas entwickeln, dann wollen wir es auch produzieren. Das ist meine Philosophie, mit der wir bis jetzt immer erfolgreich waren.

Spüren Sie die wirtschaftliche Entwicklung im Maschinen- und Anlagenbau und den verstärkten Einsatz von Motion Control und Servotechnik? Das müsste ihr Geschäft doch beflügeln?

Dirar Najib: Unsere Umsätze steigen seit Jahren kontinuierlich, manchmal überdurchschnittlich, manchmal weniger. Letztes Jahr hatten wir einen super Auftragseingang mit plus 35 %. Das liegt einerseits am Markt an sich, unserem steigenden Bekanntheitsgrad und an der Gewinnung neuer Kunden.

Lothar Bauknecht: Unser Markt verändert sich über die Jahre. Ein Teil der Überwachungsfunktionen wandert in die Antriebe, einige Sicherheitsfunktionen gehen in die Steuerungen. Unsere  Lösungen sind jedoch flexibler und zu jeder Zeit in der Maschine integrierbar

Ist mit dem Kombigerät und seinen vielen Safety-Funktionen die Entwicklung ausgereizt?

Lothar Bauknecht: In Bezug auf den Komfort und die Bedienung gibt es immer Luft nach oben. Beim Safeone DN3PD1 haben wir vor, auch eine Funkverbindung zu realisieren, damit man bequem per Laptop die Parameter aufspielen oder auch abrufen kann. Über das zugehörige Tool sieht der Anwender die Parameter im Überblick oder kann den gleichen Parametersatz einfach auf verschiedene Maschinen aufspielen.

Wird es den Drehzahl/Stillstandswächter auch in einer Version für das modulare System SL Vario geben?

Dirar Najib: Die Entwicklung dieser Technologie bleibt nie stehen, allein schon durch die unterschiedlichen Anforderungen, die unsere Kunden stellen. Deshalb gab es die Überlegung von Anfang an, die sensorlose Antriebsüberwachung auch für unser modulares System Safeline Vario weiter zu entwickeln. Die einzige Herausforderung, die ich sehe, sind die hohen Motorspannungen und deren Oberwellen, die wir an die Sicherheits-Steuerung und deren 24-V-Signalebene heranführen. Wir arbeiten schon länger an einer Lösung, wie man das sicher realisieren kann.

Das Interview führte Chefredakteur Stefan Kuppinger

(sk)

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