Modern semiconductor transistors, isolated on white

(Bild: Adobe Stock Fotos)

In den letzten Jahren wurden die um die Jahrtausendwende eingeführten grundlegenden Strukturmerkmale von Si-IGBTs wie Trench-Gate-Zellen und Feldstoppschichten weiter verbessert. Zur Reduzierung der Verluste im Durchlasszustand wurden beispielsweise die Zellabstände verringert.

Bei Leistungsschaltern ist es wichtig, dass die Verluste im Durchlass- und Sperrbetrieb minimal sind. Jedoch bestimmt der zeitliche Überlapp von Spannung und Strom am Schalter – und damit maßgeblich die für die Anwendung zulässigen Schaltflanken – die Schaltverluste. Die Verluste beim Ansteuern von Hochvoltschaltern sind deutlich kleiner als die Schaltverluste auf der Leistungsseite und werden hier vernachlässigt.

Bild 1: Schematischer, idealisierter Ein- und Ausschaltvorgang eines Si-IGBTs; parasitäre Effekte wurden hier vernachlässigt.

Bild 1: Schematischer, idealisierter Ein- und Ausschaltvorgang eines Si-IGBT; parasitäre Effekte sind hier vernachlässigt. Infineon

Bild 1 illustriert den harten Ein- und Ausschaltvorgang eines Leistungsschalters, bei dem parasitäre Effekte keine Berücksichtigung fanden. Die minimalen Schaltverluste lassen sich einfach durch das Integral über das Produkt aus Spannung und Strom am Schalter abschätzen. Ein idealer Schalter für eine Anwendung hat daher im Betrieb nur die von den zulässigen Schaltflanken vorgegebenen Verluste. Also ist eine weitere Reduzierung der Schaltverluste nur in dem Maß möglich, in dem die Anwendung steilere Schaltflanken zulässt. Diese Einschränkungen treffen unabhängig von der Art des Halbleiter-Leistungsschalters zu und sind für alle Substratmaterialien wie Silizium oder Halbleiter mit großem Bandabstand gültig.

Reale Si-IGBTs

Im Sperrspannungsbereich über 600 V kommen Si-IGBTs schon seit Jahrzehnten zum Einsatz. Kurz vor der Jahrtausendwende wurden wesentliche Innovationen eingeführt, die die Weiterentwicklung der IGBTs beeinflussten, beispielsweise die Kombination aus Trench-Gate-Zellen und vertikaler Optimierung durch die Nutzung von Feldstoppschichten. Diese Innovationen ermöglichten eine erhebliche Reduzierung der Schalt- und Durchlassverluste.

Bei Leistungshalbleitern gibt die Verlustleistung im Betrieb die in einer Anwendung benötigte Chipfläche und damit die Kosten des Halbleiterbauteils vor. Eine größere Chipfläche verbessert die Wärmeabfuhr vom Chip in die Umgebung, wenn die anderen thermischen Randbedingungen im Aufbau gleich sind. Damit ist eine Reduzierung der Kosten des Halbleiterschalters durch eine kleinere Chipfläche nur möglich, wenn die Verluste im Schalter geringer ausfallen. Da die Applikation die Schaltverluste maßgeblich mitbestimmt, konzentriert sich die Entwicklung auf die Reduzierung der Verluste im Durchlassbetrieb.

Optimierte, vertikale Struktur

Die Durchlasseigenschaften von IGBTs lassen sich verbessern, indem die zur Aufnahme der Sperrspannung nötige niedrig dotierte Zone (Driftzone) im Durchlassfall mit Elektronen und Löchern überschwemmt wird. Beim Übergang vom Durchlass- zum Sperrbetrieb verursacht das Entfernen dieser Überschwemmungsladung Schaltverluste, die sich mit Einführung der Zellen mit Trench-Gates deutlich reduzieren ließen. Die Optimierung der vertikalen Struktur – hauptsächlich durch Feldstoppschichten in Kombination mit schwachen Emittern auf der Kollektorseite – half bei der Verringerung von sowohl Durchlass- als auch Schaltverlusten. Daher sind Trench-Feldstopp-IGBTs heute auf dem Leistungshalbleitermarkt vorherrschend.

 

Wie sich die Durchlass- und Ausschaltverluste reduzieren lassen, erfahren Sie auf der nächsten Seite.

Reduzierung der Durchlassverluste

Bild 2: Vertikale Struktur und Ladungsträgerverteilung in einem IGBT mit schmalen Mesagebieten im Vergleich zu IGBTs mit planeren Zellen und klassischen Trench-Zellen.

Bild 2: Vertikale Struktur und Ladungsträgerverteilung in einem IGBT mit schmalen Mesagebieten im Vergleich zu IGBTs mit planeren Zellen und klassischen Trench-Zellen. Infineon

Bild 3: Vergleich des Durchlassspannungsabfalls eines IGBTs mit schmalen Mesagebieten (EDT2) und eines konventionellen Trench-Feldstopp-IGBT (IGBT3).

Bild 3: Vergleich des Durchlassspannungsabfalls eines IGBT mit schmalen Mesagebieten (EDT2) und eines konventionellen Trench-Feldstopp-IGBT (IGBT3). Infineon

Verbesserungen in den Fertigungsprozessen ermöglichten auch bei Leistungshalbleitern feinere Strukturen und damit Trench-Zellen mit kleineren Zellenabständen und schmalen Mesagebieten zwischen den Gate-Elektroden. Es ist beispielsweise möglich, die Ladungsträgerdichte unter der Emitter-Elektrode im Vergleich zu konventionellen Trench-Zellen weiter zu erhöhen (Bild 2). Dazu wird der Löcherabfluss aus der Überschwemmungsladung der Driftzone über das p-dotierte Body-Gebiet zur Emitter-Elektrode stärker behindert. Der große Ladungsträgerstau unter der Emitter-Elektrode führt dabei zu einem starken Anstieg der elektrischen Leitfähigkeit in der Driftzone und verbessert daher die Durchlassspannung im Vergleich zu klassischen IGBTs mit Trench-Zellen (Bild 3). Besonders bemerkenswert ist, dass die Nennspannung des IGBT mit schmalen Mesagebieten in Bild 3 mit 750 V sogar um 100 V höher ist als die des klassischen Trench-Feldstopp-IGBT, der zum Vergleich herangezogen wurde.

Der Ladungsträgergradient führt zu einem Elektronen-Diffusionsstrom durch die Driftzone, der zum Gesamtstrom beiträgt. Daher fallen der benötigte Anteil des Driftstroms und damit auch der Spannungsabfall in der Driftzone niedriger aus. Die kleinen Strukturen der Trench-Zellen lassen sich beispielsweise auch zur Anpassung der Kapazitäten zwischen Kollektor und Gate oder des Verhältnisses der Kollektor-Gate- und Kollektor-Emitter-Kapazitäten verwenden.

Reduzierung der Ausschaltverluste

Bild 4: Schematische Darstellung des Aufbaus vom elektrischen Feld und Ausräumen der verbliebenen Überschwemmungsladung beim Abschalten.

Bild 4: Schematische Darstellung des Aufbaus vom elektrischen Feld und Ausräumen der verbliebenen Überschwemmungsladung beim Abschalten. Infineon

Wenn ein IGBT ausgeschaltet wird, müssen die Elektronen und Löcher aus der überschwemmten Driftzone entfernt werden, um in der ausgeräumten, niedrig dotierten Drift-Region eine Raumladungszone (RLZ) aufzubauen. Das elektrische Feld in der Raumladungszone ermöglicht das Sperren der angelegten Spannung. Bild 4 zeigt die Bedingungen in einem IGBT mit schmalen Mesagebieten schematisch an einem beliebigen Zeitpunkt während des Ausschaltens. Die Überschwemmungsladung in der Driftzone ist hier bereits teilweise entfernt. Dabei fließen die Löcher durch die Raumladungszone zu den p-dotierten Bodys und schließlich zur Emitter-Elektrode ab. Die positive Ladung der Löcher, die sich durch das elektrische Feld in der Raumladungszone bewegen, verursacht dabei Schaltverluste.

Bild 4 zeigt, dass der Abbau der hohen Löcherkonzentration unter der Emitter-Elektrode bei IGBTs mit schmalen Mesagebieten bereits bei kleinen angelegten Sperrspannungen erfolgt. Die Schaltverluste von IGBTs mit schmalen Mesagebieten steigen im Vergleich zu konventionellen Trench-Feldstopp-IGBTs trotz der wesentlich verbesserten Durchlasseigenschaften nur leicht oder sogar überhaupt nicht an – in jedem Fall erfolgt eine Optimierung zwischen Durchlass- und Schaltverlusten.

Die Elektronen der Überschwemmungsladung fließen zur Kollektor-Elektrode auf der Rückseite durch die verbliebene, hoch leitfähige Überschwemmungsladung ab. Ihre Ladung fließt durch praktisch feldfreien Raum ab, sodass sie nur indirekt zu den Ausschaltverlusten beitragen, da sie zusätzliche Injektion von Löchern aus dem Rückseiten-Emitter verursachen.

Bild 5: Ausschaltverluste und Durchlassspannung an einem IGBT mit schmalen Mesagebieten (EDT2) im Vergleich zu einem konventionellen IGBT (IGBT3).

Bild 5: Ausschaltverluste und Durchlassspannung an einem IGBT mit schmalen Mesagebieten (EDT2) im Vergleich zu einem konventionellen IGBT (IGBT3). Infineon

Das Verhältnis zwischen Durchlass- und Ausschaltverlusten ist exemplarisch in Bild 5 dargestellt. Natürlich lässt sich auch beim konventionellen IGBT das Verhältnis zwischen Durchlass- und Schaltverlusten variieren, wenn auch in einem weniger günstigen Bereich. In Bild 4 ist erkennbar, dass schwächer p-dotierte Emitter zu einem niedrigeren Aufhängepunkt für die Überschussladungsdichte auf der Kollektor-Seite und damit zu niedrigeren Ausschaltverlusten führen. Begründet ist dies mit der Tatsache, dass beim Ausschalten weniger Löcher den verlustreichen Weg durch die Raumladungszone nehmen müssen.

Auf diese Art erlaubt das Konzept, IGBTs mit schmalen Mesagebieten an eine breite Palette von Zielanwendungen anzupassen, von der klassischen Antriebstechnik, über resonante Topologien bis zu schnell schaltenden Anwendungen, in denen heute hauptsächlich MOSFETs zum Einsatz kommen. Für Chip-Versionen mit niedriger Dichte der Überschwemmungsladung vor der Kollektor-Elektrode lassen sich Schaltverluste erreichen, die sich bei vergleichbaren Betriebsbedingungen sogar mit älteren Generationen von Superjunction-MOSFETs messen können.

 

Auf der nächsten Seite beschreibt der Beitrag, warum beim Ausschalten des IGBTs Stromflanken begrenzt werden müssen.

Stromflanke begrenzen

Beim Ausschalten eines IGBT muss eine Begrenzung der Stromflanke erfolgen, da in Kombination mit Streuinduktivitäten im Aufbau eine Überspannungsspitze auftritt. Diese Spannungsspitze darf die zulässige Sperrspannungsgrenze des verwendeten IGBT nicht übersteigen. Die Stromflanke beim Ausschalten hängt mit der Dichte der Überschussladung vor dem Kollektor und damit mit dem p-dotieren Emitter zusammen.

Wie in Bild 5 mit den beiden extremeren Designs ersichtlich, erhöhen sich die Ausschaltverluste zwischen den Konfigurationen mit dem schwachen und dem stark p-dotierten Emitter um ungefähr ein Drittel, während die Durchlassspannung beim gleichen Strom nur um ungefähr 0,1 V sinkt. Daher ist es für IGBTs mit schmalen Mesas besonders vorteilhaft, wenn die umgebenden Stromkreise, vor allem der DC-Zwischenkreis, das IGBT-Gehäuse und die Verdrahtung besonders niedrige Streuinduktivitäten aufweisen. Beim Ausschalten sind in diesen Fällen steilere Stromtransienten zulässig. Dies erlaubt die Auswahl eines IGBT mit schmalen Mesagebieten, der eine geringere Effizienz des rückseitigen p-dotierten Emitters und damit niedrigere Gesamtverluste hat.

Alle Si-IGBTs mit einer maximalen Dichte der Überschwemmungsladung unter der Emitter-Elektrode auf der Vorderseite des Chips haben eine leicht erhöhte Ausschalt-Verzögerung, in der die hohe Ladungsdichte unter der Emitter-Elektrode reduziert wird. Während dieser Ausschalt-Verzögerung treten keine wesentlichen Verluste auf, weil die Spannung am IGBT noch nahe der Sättigungsspannung ist. Diese Verzögerung tritt auch bei zukünftigen Bauelementen auf, die näher an der beschriebenen Grenze für IGBTs angesiedelt sind.

Einschaltverhalten

EckDaten

Fortschritte in der Halbleiterherstellung führten in den vergangenen Jahren auch bei Si-IGBTs zu verbesserten Durchlasseigenschaften. Die Durchlassleistungsfähigkeit aktueller Si-Bauelemente ist dabei noch immer weit von den Grenzen der Bauelementephysik und den Dimensionierungsregeln der Anwendung entfernt. In vielen Fällen zeigen Si-IGBTs ein schnelleres Schalten, als es gegenwärtige Anwendungen erlauben, oder lassen sich für Anwendungen weiterentwickeln, die wesentlich steilere Schaltflanken zulassen. Aktuelle IGBTs mit schmalen Mesagebieten lassen sich so spezifisch an eine große Bandbreite von Anwendungen anpassen. In Ausführungen für niedrige Schaltverluste sind sie in der Lage, konventionelle oder sogar langsamer schaltende Superjunction-MOSFETs zu ersetzen.

Bei harten Einschaltvorgängen bestimmen in vielen Fällen die Anforderungen des Schaltkreises und der Anwendung die maximale Steigung der Laststromänderung am IGBT (diC/dt). Dazu gehören die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) und die Vermeidung von übermäßigen Spannungsspitzen, verursacht durch die Stromflanke in Kombination mit parasitären Induktivitäten. Kommt der IGBT zum Beispiel in einer Brückenschaltung zum Einsatz, könnten zu hohe diC/dt-Werte zu einem Stromabriss der entsprechenden Freilaufdiode führen. Auch die Spannungsflanke während des Einschaltens (dvCE/dt) darf die durch die Anwendung definierten Grenzen nicht überschreiten.

Das Einschaltverhalten von IGBTs wird deshalb in vielen Fällen durch Gate-Widerstände abgebremst. Die langsameren Transienten von diC/dt und darauffolgend dvCE/dt gemäß der Kapazität der Kollektor-Gate-Rückwirkung führen allerdings zu erhöhten Einschaltverlusten. In Schaltnetzteilen, die schnelle Strom- und Spannungstransienten erlauben und bei denen niedrige Schaltverluste wichtig sind, werden aktuelle Si-IGBTs mit SiC-Schottky-Dioden kombiniert. Das vermeidet einen Teil der Schaltverluste, die gespeicherte Ladungen bipolarer Dioden verursachen.

Dr.-Ing. Anton Mauder

Entwicklung Hochvolt-Leistungshalbleiter bei Infineon Technologies

Dr. rer nat Frank Wolter

(Bild: Infineon)
Entwicklung Hochvolt-Leistungshalbleiter Automotive bei Infineon Technologies

(na)

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