Si-Leistungs-MOSFETs und SiC-MOSFETs weisen eine vertikale Struktur auf, GaN-HEMTs eine laterale.

Bild 1: Si-Leistungs-MOSFETs und SiC-MOSFETs weisen eine vertikale Struktur auf, GaN-HEMTs eine laterale. (Bild: Infineon)

Aufgrund ihrer geringeren Schaltverluste und ihrer höheren Wärmeleitfähigkeit können GaN- und SiC-basierte Schaltkreise den Wirkungsgrad verbessern. Vor allem bei hohen Chiptemperaturen spielen diese neuen Technologien gegen Si-Schaltern voll aus. Bei Schaltnetzteilen kann das neben einem höheren Systemwirkungsgrad auch eine höhere Leistungsdichte mit sich bringen.

Si-Leistungs-MOSFETs und SiC-MOSFETs weisen eine vertikale Struktur auf, GaN-HEMTs eine laterale.

Bild 1: Si-Leistungs-MOSFETs und SiC-MOSFETs weisen eine vertikale Struktur auf, GaN-HEMTs eine laterale. Infineon

Für netzbasierte Anwendungen wie Leistungsfaktorkorrektur-Stufen (PFC, Power Factor Correction) und isolierte DC/DC-Spannungswandler haben sich in den letzten Jahren verschiedene neue Schaltungs-Topologien durchgesetzt. Um jedoch beurteilen zu können, ob GaN- oder SiC-Lösungen den Si-Schaltern in diesen Topologien tatsächlich etwas voraushaben, reicht der Blick ins Datenblatt nicht aus.

Strukturelle Unterschiede

Bild 2: Gütefaktoren von 600 V/650 V Si-, SiC- und GaN- Schalter.

Bild 2: Gütefaktoren von 600 V/650 V Si-, SiC- und GaN- Schalter. Infineon

Bild 3: Bei einer Temperatur von 25°C kehren sich die Verhältnisse hinsichtlich des normierten Einschaltwiderstands bei Si, SiC und GaN um.

Bild 3: Bei einer Temperatur von 25 °C kehren sich die Verhältnisse hinsichtlich des normierten Einschaltwiderstands bei Si, SiC und GaN um. Infineon

Bild 4: In der Totem-Pole-PFC-Topologie lässt sich auch mit herkömmlichen Si-Schaltern ein Wirkungsgrad von über 99 % erzielen.

Bild 4: In der Totem-Pole-PFC-Topologie lässt sich auch mit herkömmlichen Si-Schaltern ein Wirkungsgrad von über 99 Prozent erzielen. Infineon

Bild 5: Es hängt unter anderem von der Topologie ab, wie die beste Performance erreicht wird.

Bild 5: Es hängt unter anderem von der Topologie ab, wie die beste Performance erreicht wird. Infineon

Zu den unterschiedlichen Eigenschaften der Halbleitermaterialien kommen konstruktive Unterschiede der Schalter, was zu ganz unterschiedlichen Leistungsmerkmalen führt. So haben Si-Leistungs-MOSFETs und SiC-MOSFETs eine vertikale Struktur, dadurch fließt der Strom vertikal von der Oberfläche des Schalters zum Substrat an der Rückseite. GaN-HEMTs haben hingegen eine laterale Struktur, so dass der Strom hier horizontal fließt. Source, Gate und Drain gelangen über separate Metallanschlüsse an die Oberfläche (Bild 1). Zudem hat GaN eine weitgehend undotierte Kristallstruktur mit ganz geringen Verunreinigungen. Sie ist der Grund für die hohe Beweglichkeit der Elektronen – und für die Bezeichnung als HEMT (High Electron-Mobility Transistor).

Um ihre jeweiligen Durchlass- (RDS(on))- und Schaltverluste trotzdem vergleichen zu können, kommen häufig bestimmte Kenngrößen (figures of merit, FoM) zum Einsatz. Sie zeigen, dass SiC-MOSFETs hinsichtlich Drain-Source-Ladung (Qoss), Speicherladung (Qrr) und Gate-Ladung (Qg) besser abschneiden als vergleichbare Si-Leistungs-MOSFETs. Geht es um die in der Ausgangskapazität gespeicherte Energie (Eoss), punkten jedoch die Si-Schalter. Allerdings bieten in dieser Hinsicht GaN-HEMTs noch größere Vorteile. Um ihr Verhalten in der jeweiligen Schaltung wirklich beurteilen zu können, ist jedoch ein genauerer Blick nötig (Bild 2).

Verhalten bei höheren Temperaturen

Der Trend bei Schaltnetzteilen geht zu immer höherer Leistung bei immer geringeren Abmessungen. Das zieht in der Regel eine höhere Betriebstemperatur nach sich, die sich wiederum auch auf den Einschaltwiderstand (RDS(ON)) auswirkt. Dieser ist bei GaN-HEMTs weniger temperaturabhängig als bei Si-Schaltern, bei SiC-Schaltern noch geringer: Nimmt man Schalter mit identischem RDS(ON) bei 25 °C und erhöht die Temperatur auf 100 °C, liegt der  RDS(ON) von SiC-Schaltern um 26 % unter dem von GaN-HEMTs und um 32 % unter dem von Si-Leistungs-MOSFETs (Bild 3). Damit kann ein Si-Leistungs-MOSFET mit einem RDS(ON) von 70 mΩ bei Betriebstemperatur schlechtere FoMs haben als ein 100-mΩ-SiC-MOSFET. Das bedeutet, dass auch der Gesamtwirkungsgrad des Schaltnetzteils niedriger ausfällt.

Wirkungsgrad im Fokus

Bei Anwendungen, die eine kontinuierliche Stromversorgung gewährleisten müssen, stehen die Betriebskosten im Fokus. Um sie möglichst gering zu halten, ist der Wirkungsgrad entscheidend. Damit dieser möglichst hoch ausfällt, gilt es Topologie mit den besten Halbleitern zu kombinieren.

Bei einem 3-kW-Schaltnetzteil mit 48 V, das bei 50 Prozent Last einen Gesamtwirkungsgrad von 98 Prozent erreichen soll, muss dieser in der PFC-Stufe bei 99 Prozent liegen. Hierfür kommen in der Regel Totempole-Topologien zum Einsatz, das heißt Voll- oder Halbbrücken im Continuous Conduction Mode (CCM) oder im Triangular Current Mode (TCM), als Dual-Boost oder mit einer H4/H-Brücke. Kommen in einer CCM-Totempole-Topologie mit Vollbrücke GaN-Schalter zum Einsatz, erreichen sie einen Wirkungsgrad von 99,3 Prozent. Dieselbe Topologie mit Halbbrücke und GaN-Schalter benötigt zwar zwei Schalter weniger, ermöglicht mit einem Wirkungsgrad von etwa 98,8 Prozent jedoch kein Schaltnetzteil mit einem Gesamtwirkungsgrad von 98 Prozent. Noch geringer ist in derselben Topologie der Wirkungsgrad von SiC-Schaltern, der höchstens 98,6 Prozent erreicht (Bild 5).

Mit einem Si-Leistungs-MOSFET in TCM-Totempole-Topologie lässt sich hingegen ein Wirkungsgrad von über 99 Prozent erzielen. Das heißt, dass Silizium-Modelle den neuen Technologien trotz besserer Werte in den Datenblättern in manchen Topologien überlegen sein können. Allerdings ist die TCM-Totempole-PFC-Topologie sehr komplex was die Steuerung angeht und sorgt deshalb für höhere Systemkosten (Bild 4).

Der Wirkungsgrad der Hochvolt-DC/DC-Stufe muss mindestens 99,1 Prozent bei einer Last von 50 Prozent erreichen, um für das Schaltnetzteil die gewünschten 98 Prozent bei gleicher Last zu erzielen. Die einfachste Variante wäre hier eine Halbbrücken-LLC-Topologie. Mit ihr lässt sich jedoch kein Wirkungsgrad von über 97 Prozent bei 50 Prozent Last für das Schaltnetzteil realisieren.

Zweiphasig oder dreiphasig

Bild 6: Mit allen drei Technologien kann ein Wirkungsgrad von über 99 Prozent erreicht werden. Dabei spielt auch die Resonanzfrequenz eine Rolle.

Bild 6: Mit allen drei Technologien kann ein Wirkungsgrad von über 99 Prozent erreicht werden. Dabei spielt auch die Resonanzfrequenz eine Rolle. Infineon

Anders bei einer dreiphasigen interleaved Halbbrücken-LLC-Topologie, die den 98-Prozent-Spitzenwirkungsgrad bei 50 Prozent Last für das Schaltnetzteil definitiv liefert. Hier bringt der Einsatz von GaN- oder SiC-Schaltern jedoch keinerlei Vorteile gegenüber Si-Varianten. Die Umsetzung einer solchen Topologie ist jedoch nicht trivial, sie erfordert umfassende Kenntnisse zu magnetischen Bauelementen.

Wer dennoch GaN- oder SiC-Schalter nutzen möchte, zum Beispiel wegen deren Gehäuseoptionen, kann diese auch in zweiphasigen versetzten Voll- oder Halbbrücken-LLC-Topologien einsetzen. Die versetzte Anordnung der Schalter sorgt bei beiden Varianten dafür, dass sich die Wärme gut in der Applikation verteilt und keine Hotspots entstehen. Vorteile der Halbbrücken-Lösung sind die geringere Anzahl erforderlicher Komponenten und ein einfacherer Steuerungsansatz. Bei der Vollbrücke lässt sich hingegen der Rippelstrom besser korrigieren, die Wärmeverteilung ist noch etwas besser als bei der Halbbrücke.

Steht die Leistungsdichte im Vordergrund, muss die DC/DC-Hochspannungswandlerstufe mit einer höheren Schaltfrequenz arbeiten. Damit reduziert sich jedoch der Wirkungsgrad, und zwar am meisten bei Si-Schaltern, wenn die LLC-Resonanzfrequenz auf 300 kHz bezeihungsweise 500 kHz erhöht wird. Bei SiC-Schaltern sind die Verluste weniger hoch, die GaN-Technologie bietet sogar bei 500 kHz einen guten Wirkungsgrad (Bild 6)

Wie stark sich die Leistungsdichte letztendlich wirklich erhöhen lässt, hängt davon ab, wo sich Volumen einsparen lässt. Dies gelingt vor allem durch kleinere Transformatoren und Drosseln, Elektrolytkondensatoren und Leistungshalbleiter, sowie durch ein optimiertes Kühlkonzept. Bei einer Erhöhung der Resonanzfrequenz von 100 kHz auf 300 kHz lassen sich insgesamt maximal 30 Prozent des Volumens reduzieren.

Gerald Zipfel

Technischer Support bei Rutronik

Francesco Di Domenico

Leiter Anwendungstechnik bei Infineon Technologies

(aok)

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