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Bild 1: Im Ford Mustang kommt ein EPS-System von Nexteer zum Einsatz.

Bild 1: Im Ford Mustang kommt ein EPS-System von Nexteer zum Einsatz.Nexteer

Sicherheitskritische Systeme wie Lenkung und Bremsen stellen besondere Herausforderungen an elektronische Plattformen. Der Bedarf an weiteren Funktionen, die Einhaltung neuer Sicherheitsstandards und Kompatibilität mit neuen Kommunikationsprotokollen erhöhen den Druck auf bestehende Elektronik-Architekturen. Um seine Systeme für die Zukunft zu rüsten, hat Nexteer Automotive, ein Tier-One, der sich auf elektrische Servolenkungen spezialisiert hat, eine neue, flexible Architektur entwickelt, die es gestattet, den Herausforderungen kostengünstig zu begegnen. Der integrierte Ansatz des Unternehmens für das komplette System ermöglicht auch die Optimierung der Größe und Kosten von Seltene-Erden-Magneten, die in bürstenlosen Gleichstrommotoren zum Einsatz kommen.

Die Entwicklung der dargestellten Architektur erfüllt die großen Herausforderungen der Fahrzeughersteller. Nachdem es vor kurzem zu sicherheitsbezogenen Rückrufaktionen kam, ist es wichtig, ISO 26262 einzuhalten, um nicht nur die Leistung sondern auch die Qualität des Entwicklungsprozesses nachzuweisen. Zusammen mit einer höheren Anzahl von elektrischen Funktionen, neuen Kommunikationsprotokollen und der Einführung der standardisierten Autosar-Software erhöht dies den Speicherbedarf sowie die Verarbeitungsgeschwindigkeit, die Lenkungssysteme benötigen.

Der konventionelle Ansatz zur Kostenminimierung bei der Serienproduktion besteht in der Erhöhung der Standardisierung, der Erhöhung der Volumina beim Kauf von Bauelementen und der Unterstützung von Investitionen in die effizientesten Produktionsverfahren. Minimale Komponenten-Diversität erhöht zudem die Qualität entlang der gesamten Lieferkette und sorgt für eine bessere Kontrollfähigkeit der Lagerbestände.

Steigende Diversität auf dem Automobilmarkt bedeutet jedoch immer, dass ein standardisiertes System für viele Anwendungen redundante Funktionen hat, die nur von bestimmten Kunden benötigt werden. Dies führt zu Überspezifizierung des Produkts und erschwert kostengünstiges Design.

Die alternative Strategie, die Nexteer entwickelt hat, ist ein Platt-formansatz auf Grundlage einer Baustein-Architektur. Das Steuergerät ist in eine Reihe einzelner Baugruppen untergliedert, beispielsweise CPU-Modul, Leistungsmodul, Sensorinterface und Relaismodul.

Durch die Baustein-Architektur werden Wiederholungsarbeiten beim Basisdesign neuer Anwendungen unnötig. Stattdessen wird das System aus erprobten, optimierten Modulen zusammengesetzt. Dieser Ansatz sorgt für detailliertes Wissen und hohe Erfahrungsstufen mit den einzelnen Modulen, ihren Fähigkeiten und Einschränkungen und der besten Optimierung. Die Design-Aktivitäten können sich stattdessen auf Kostenreduzierung, Steigerungen der Systemleistung und Designverbesserungen konzentrieren.

Bild 2: Nexteers neue Elektronik-Architektur erleichtert die  Integration der elektrischen Servolenkung in die Gesamt- Elektronikarchitektur  des Fahrzeugs.

Bild 2: Nexteers neue Elektronik-Architektur erleichtert die Integration der elektrischen Servolenkung in die Gesamt- Elektronikarchitektur des Fahrzeugs.Nexteer

In der Anwendung bedeutet Modulstrategie, dass alle Fahrzeuge, die ein Hersteller produziert, vom Stadtauto bis hin zum großen Geländewagen die meisten Teile der ECU-Hardware und Logik verwenden können und lediglich verschiedene Leistungsmodule einsetzen, um die unterschiedlichen Anforderungen an den Leistungsteil zu erfüllen. Alternativ können Fahrzeuge desselben Marktsektors von unterschiedlichen Herstellern mit derselben ECU-Hardware und verschiedenen Diagnosemodulen ausgestattet werden, um die jeweiligen Diagnoseanforderungen des Fahrzeugherstellers zu erfüllen.

Die Kompatibilität zwischen den Modulen bedeutet, dass jede der drei verschiedenen Motorsensortechnologien von Nexteer mit derselben ECU, demselben Drehmoment- und Positionssensor eingesetzt werden kann. Das Unternehmen hat bereits Lösungen vorgestellt, die den Lenkwinkelsensor überflüssig machen, der für Funktionen wie Stabilitätskontrolle und aktive Beleuchtung erforderlich ist. Die neue Architektur ist in der Lage, den absoluten Lenkwinkel auf Grundlage des EPS-Motorsensors allein darzustellen.

Die Baustein-Architektur kann auch unterschiedliche Spannungsquellen nutzen, so dass das Leistungsmodul bei hoher Ausgangsleistung mit 24 V laufen kann, während der Logikteil oder Sensor weiterhin  mit 12 V arbeitet. Auch die in Hybridfahrzeugen vorhandenen zahlreichen Spannungen kann das System direkt nutzen.

Nexteers Architektur ist vollständig skalierbar. Die Basisstufe bietet eine vereinfachte Plattform für ein kostengünstiges System für Klein(st)fahrzeuge. Flexibel lassen sich ausgefeiltere Funktionen für künftige Upgrades einfügen. Für Premium-Plattformen gestattet die modulare Architektur einen flexibleren Ansatz zur kundenspezifischen Anpassung der Features. Auf diese Weise wird ein breiteres Spektrum an Optionen geboten und ein Entwicklungsweg in die Zukunft ist möglich.

Die Architektur gestattet dem Unternehmen auch die Anpassung an die großen Preissteigerungen von Magneten auf Basis von Seltenen Erden. Da Nexteer nicht an ein festes Design für ECU, Motor oder Kugelumlaufmutter gebunden ist, kann das Unternehmen alle möglichen Parameter gleichzeitig optimieren. Da alle Bauteile im Unternehmen entwickelt werden, ermöglicht dies zusammen mit optimierten Motorsteuertechnologien und Algorithmen den geringsten Bedarf an Seltene-Erden-Magneten.

Mittelfristig bietet die Architektur eine Grundlage für Nexteers Elektronikdesigner, zusätzliche Funktionen in den Steuercontroller zu integrieren und die Systemgröße weiter verringern zu können. Ein Beispiel ist die Integration der Wegfahrsperre in ein EPS-System, das in die Lenksäule integriert ist. Durch Kombination

Bild 3: Hochintegrierte elektrische Servolenkungen müssen Sicherheitsanforderungen im doppelten Sinne erfüllen, nämlich sowohl in punkto Safety als auch in punkto Security.

Bild 3: Hochintegrierte elektrische Servolenkungen müssen Sicherheitsanforderungen im doppelten Sinne erfüllen, nämlich sowohl in punkto Safety als auch in punkto Security.Nexteer

der Wegfahrsperren-Spule und Verkabelung in einem Lenksäulen-EPS sowie der Leser-/Erregerkreisläufe in den EPS-Controller kann die geringere Anzahl von Bauelementen die Kosten und die Zuverlässigkeit der kombinierten Systeme verbessern. Die Sicherheits-Autorisierung im Rahmen der Wegfahrsperre erfolgt durch den EPS-Prozessor mit Codes, die per CAN-Bus an den EPS-Controller (PCM) gesendet werden.

Die Notwendigkeit, Systeme in immer kleineren Räumen unterzubringen,  erhöht den Bedarf an höherer Integration. Beispielsweise entwickelt Nexteer ein kompaktes Sensorsystem zur Ermittlung der Motorposition, bei dem die separate Sensorplatine durch Bauteile ersetzt wird, die direkt auf den Controller aufgelötet werden, während gleichzeitig ein besonders kleiner Sensormagnet zum Einsatz kommt.

Als sicherheitskritisches System und Schlüsselschnittstelle zwischen Fahrer und Fahrzeug ist die Lenkungssystem-Elektronik eines der wichtigsten Systeme jedes Fahrzeugs. Da Lenkungssysteme immer weiter mit anderen Systemen integriert werden, um Sicherheit und Leistung kontinuierlich zu steigern, erhöht sich auch ständig der Bedarf an zukunftssicheren und anpassbaren Architekturen.

Paul Poirel

: ist Automotive Chief Product Engineer für Europa bei Nexteer.

(av)

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