city scape and network connection concept

city scape and network connection concept (Bild: Witthaya @ AdobeStock)

Bei Smart Cities geht es im Prinzip um die intelligente Erfassung – vorzugsweise in Echtzeit – von Datenpunkten von Millionen und Abermillionen entfernter Sensoren. Es wird heute viel darüber diskutiert, wie sich Smart Cities realisieren lassen und wie den Herausforderungen der groß angelegten Verarbeitung der gesammelten Daten zu begegnen ist. Sie bilden die Grundlage dafür, intelligente Erkenntnisse über Smart Cities zu liefern. Tatsächlich ist die Verarbeitung dieser Informationen nicht das vorrangige Problem, das einer Lösung bedarf, um die Smart City von morgen zu realisieren. Das eigentliche Ausgangsproblem ist auf den ersten Blick nicht so offensichtlich und betrifft die Art der Remote-Sensoren selbst.

Bild 1: Die SOTB-Technologie lässt sich – parallel zur herkömmlichen Technologie – in Teilen des Chipdesigns einsetzen, die einen sehr geringen Stromverbrauch fordern.

Bild 1: Die SOTB-Technologie lässt sich – parallel zur herkömmlichen Technologie – in Teilen des Chipdesigns einsetzen, die einen sehr geringen Stromverbrauch fordern. Renesas

Im Idealfall sind diese Sensoren intelligente Geräte, die in einem drahtlosen Netzwerk verbunden sind und eine lokale Verarbeitung durchführen können, um das Volumen der übertragenen Daten zu reduzieren. Sind sie batteriebetrieben, dann stellt sich die Frage, wie es um das Batteriemanagement und die damit verbundenen Kosten für den Austausch steht. Damit sind nicht nur die Herstellungskosten der Batterie, sondern auch die noch höheren Kosten für das Servicepersonal verbunden, die sie ersetzen müssen. Falls die Sensoren nicht batteriebetrieben sind, sind sie dann mit dem Netzwerk verbunden? Dies würde wiederum erhebliche Vorab-Installationskosten und potenzielle Zuverlässigkeitsprobleme mit sich bringen. Werden Daten über ein drahtloses Netzwerk gesammelt, dann sollte die Stromversorgung auch drahtlos sein. Wünschenswert wäre zudem, dass der Sensor ebenfalls wartungsfrei ist – also ohne Batterien auskommt.

Vorteile der SOTB-Prozesstechnologie

Die einzig wirkliche und auch kosteneffiziente Lösung hierfür ist das Energy Harvesting. Es nimmt die Energie aus der unmittelbaren Umgebung der Sensoren auf und verwaltet sie, damit sowohl der Sensor als auch die Funkschnittstelle zuverlässig arbeiten können. Für die meisten Anwendungen war dies bisher äußerst schwierig umzusetzen, insbesondere wenn eine lokale Verarbeitung erforderlich ist, da die aus der Umgebung verfügbare Energiemenge in der Regel extrem gering ist.

Dies wird sich nun mit einer neuen Generation von stromsparenden Embedded-Controllern ändern, die auf der neuen SOTB-Prozesstechnologie (Silicon on Thin Buried Oxide) von Renesas basieren. Bausteine auf der Basis des SOTB-Prozesses weisen einen deutlich niedrigeren Aktiv- und Standby-Stromverbrauch im Vergleich zur herkömmlichen Bulk-Silizium-Technologie auf. SOTB ermöglicht die Herstellung von Low-Power-Bausteinen, die eine höhere CPU-Leistung und größere On-Chip-Speicher mit extrem niedrigem Stromverbrauch vereinen. Dies macht SOTB ideal für die Entwicklung von Lösungen für intelligente Sensoren, die sich mit typischen Quellen für das Energy Harvesting betreiben lassen. Die Prozesstechnologie ermöglicht hohe Verarbeitungsleistung für die lokale Verarbeitung, große Speicher für komplexe Anwendungen und Protokollstacks sowie große SRAMs für die lokale Datenspeicherung.

Erstmals kommt dieser neue Prozess bei der R7F0E017-Familie von Renesas zum Einsatz. Diese Embedded Controller können eine aktive Leistungsaufnahme von 20 µA/MHz bei einem Betrieb mit bis zu 32 MHz und einen Leckstrom von bis zu 150 nA im Deep-Standby-Modus erreichen. Die bemerkenswerten Zahlen gelten für einen Baustein mit 1,5 MByte On-Chip-Flash und 256 kByte On-Chip-SRAM.

Hybride Siliziumstruktur

Bild 2: Ein Vorteil der SOTB-Technologie ist der komplett Dotierstoff-freie Kanal. Mit aktueller Prozesstechnik ist dei Gate-Struktur äußerst zuverlässig reproduzierbar.

Bild 2: Ein Vorteil der SOTB-Technologie ist der komplett Dotierstoff-freie Kanal. Mit aktueller Prozesstechnik ist die Gate-Struktur äußerst zuverlässig reproduzierbar. Renesas

Bild 3: Mit einer negativen Back-Bias-Spannung lassen sich die Schaltschwellen jedes Gates manipulieren und besonders niedrige Leckströme erreichen.

Bild 3: Mit einer negativen Back-Bias-Spannung lassen sich die Schaltschwellen jedes Gates manipulieren und besonders niedrige Leckströme erreichen. Renesas

Einer der großen Durchbrüche in der Entwicklung dieser Technologie ist die hybride Siliziumstruktur. Damit lassen sich die Vorteile des SOTB-Prozesses und der bestehenden Standard-Bulk-Siliziumtechnologie auf dem gleichen Design kombinieren. Das bedeutet, dass die neue SOTB-Technologie in Teilen des Chipdesigns einsetzbar ist, die einen extrem geringen Stromverbrauch erfordern. Gleichzeitig lässt sich weiterhin Standard-Siliziumtechnologie für Funktionen wie den I/O-Ring und analoge Komponenten ebenso wie Embedded-Flash-Speicher nutzen. Infolgedessen weisen die Bausteine ähnliche elektrische Eigenschaften wie bestehende Mikrocontroller auf. Bild 1 veranschaulicht einen vereinfachten Querschnitt des SOTB-Gates.

Bild 2 zeigt einige der Vorteile der SOTB-Gate-Struktur. In einem traditionellen Bulk-Silizium-Gate-Design wird während des Herstellungsprozesses der Kanal mit Dotieratomen versetzt, sodass er bei Bedarf leitend wird. Die Anzahl der in injizierten Atome ist sehr schwer präzise zu kontrollieren, sodass die Eigenschaften variabel sind.  Dies gilt insbesondere bei kleineren Siliziumgeometrien, da in diesem Fall die Anzahl der beteiligten Atome extrem klein ist. Infolge ergibt sich eine signifikante Variabilität in der Anzahl der Dotieratome in jeder Struktur, was wiederum zu einer signifikanten Variabilität in den Schalteigenschaften innerhalb des Bausteins führt.

SOTB ist ein dotierfreies Kanaldesign. Die extrem dünne Isolierschicht steuert die Eigenschaften der Gate-Struktur, die unter Verwendung aktueller Prozesstechnik sehr gut steuerbar und somit über den gesamten Baustein äußerst zuverlässig reproduzierbar ist. Die Variation zwischen den einzelnen Gates fällt viel geringer aus als bei traditionellen Bulk-Silikon-Gate-Designs. Diese Reduzierung der Variation zwischen den Gates auf einem SOTB-Device ermöglicht es, die Betriebsspannung und damit die Energie zum Schalten des Gates stark zu verringern.

Back-Bias für niedrigen Leckstrom

Bild 3 zeigt einen weiteren Vorteil der SOTB-Technologie. Es besteht die Möglichkeit, eine negative Back-Bias-Spannung an jeden Transistor anzulegen. Dies ermöglicht es, die Schaltschwellen jedes Gates auf dem Baustein zu manipulieren, entweder einzeln oder über den gesamten Baustein. Bild 3 zeigt außerdem einen Vergleich zwischen einem SOTB-Device und einem Baustein, der mit einem Standard-Silizium-Bulk-Prozess hergestellt wurde. Die rote Linie markiert den Bereich der Schalteigenschaften für einen typischen Baustein, der auf einem Silizium-Bulk-Prozess implementiert ist. Hier ist die Variation der Schaltschwelle von einer Million einzelnen Transistoren auf einem Testchip zu sehen. Das Diagramm verdeutlicht, dass die besten Transistoren bei etwa 0,3 V schalten, während aufgrund der inhärenten Variabilität des Prozesses die schwächsten Gates irgendwo im Bereich von 0,7 V schalten. Um den Betrieb jedes Gates auf dem Baustein zu gewährleisten, ist mit Spannungen deutlich über 1,0 V zu arbeiten. Dies hat natürlich einen direkten Einfluss auf den Stromverbrauch des Bausteins.

Die blaue Linie in Bild 3 zeigt die Eigenschaften des SOTB-Gates sowie die enorme Reduzierung der Variabilität und den engen Bereich des Schaltverhaltens, der mit diesem Prozess erzielbar ist. Bausteine, die auf dem SOTB-Prozess basieren, arbeiten sicher mit wesentlich niedrigeren Spannungen und gewährleisten, dass jedes Gate korrekt funktioniert. Das reduziert den Wert des aktiven Stromverbrauchs erheblich. Die grüne Linie in Bild 3 zeigt das Ergebnis mit angelegtem Back-Bias. Hier lassen sich Gates einzeln in einen extrem niedrigen Leckstromzustand versetzen, was den Ruhestrom stark reduziert.

Bild 4: Der erste Baustein in SOTB-Technologie kombiniert einen Cortex-M0 -Core mit hoher Peripherieintegration und viel Flash-Speicher und On-Chip-RAM.

Bild 4: Der erste Baustein in SOTB-Technologie kombiniert einen Cortex-M0+-Core mit hoher Peripherieintegration und viel Flash-Speicher und On-Chip-RAM. Renesas

Renesas hat nun die Entwicklung des ersten Mikrocontrollers mit dem SOTB-Prozess abgeschlossen. Der Einsatz des SOTB-Prozesses ermöglicht es, einen Baustein mit einer Kombination aus Leistung, Integrierbarkeit und niedrigem Stromverbrauch zu entwickeln. Der erste Baustein kombiniert einen Cortex-M0+-Core mit bis zu 64 MHz mit einem hohen Grad an Peripherieintegration und bis zu 1,5 MByte Flash und 256 kByte On-Chip-SRAM. Bild 4 zeigt ein Blockdiagramm des Bausteins.

Energy Harvesting Controller

Der integrierte Energy-Harvesting-Controller ermöglicht den Energiegewinn aus unterschiedlichen Quellen und steuert gleichzeitig einen Akku oder Supercap.

Bild 5: Der integrierte Energy Harvesting Controller ermöglicht den Energiegewinn aus unterschiedlichen Quellen und steuert gleichzeitig einen Akku oder Supercap. Renesas

Renesas hat diesen neuen Baustein entwickelt, um Energie aus der Umgebung für den Betrieb einzusetzen. Der R7F0E017 verfügt über einen Energy Harvesting Controller (EHC). Dieser ermöglicht es, Energie aus einer Vielzahl verschiedener Energiequellen zu gewinnen, während der Baustein gleichzeitig eine externe wiederaufladbare Batterie oder einen Superkondensator automatisch steuern kann (Bild 5). Der EHC kann auch externe Devices wie Funk und Sensoren mit Strom versorgen, sodass diese auch mit gewonnener Energie arbeiten können. Dies ermöglicht die Entwicklung eines kompletten Sensorsystems.

Eine der größten Herausforderungen mit jedem Embedded-Baustein in Energy-Harvesting-Anwendungen ist der Einschaltstrom. Hierbei handelt es sich um den Strom, den der Baustein beim ersten Einschalten benötigt und der typischerweise recht hoch ist. Das Risiko besteht hierbei darin, dass er die meisten typischen Energiequellen für die Energiegewinnung übersteigt, was dazu führt, dass der Baustein nicht richtig funktioniert. Der EHC wurde speziell entwickelt, um dieser Herausforderung zu begegnen. Er handhabt die kleinen verfügbaren Energiemengen, um einen sicheren und zuverlässigen Start des Mikrocontrollers aus Niedrigstromquellen zu ermöglichen, die nur 5 µA Strom liefern. Damit lassen sich erstmals echte Energy-Harvesting-Anwendungen umsetzen.

Mit der richtigen Schaltung für die Energieauslegung ermöglicht der Energy Harvesting Controller den Betrieb dieser Bausteine mit einer Vielzahl von Energiequellen, darunter Solarzellen, Vibrationsharvester, thermische Harvester und vieles mehr. Die Entwicklung der SOTB-Technologie wird eine neue Reihe von intelligenten, kommunizierenden Sensoren ermöglichen, die ideal sind, um die für Smart Cities wichtigen Daten bereitzustellen. Diese Bausteine lassen sich ohne Batterien oder externe Stromversorgung betreiben, indem sie einfach ihren gesamten Energiebedarf aus der Umgebung beziehen.

Graeme Clark

(Bild: Renesas)
Principle Engineer bei Renesas Electronics

(na)

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