Bild 1: Auch wenn es bei Stromnetzen einer Ablösung durch neuere Funk-Technologien kommen sollte, müssen die Nachfolgelösungen dennoch mit Equipment kommunizieren, das um einige Jahrzehnte älter ist.

Bild 1: Auch wenn es bei Stromnetzen zu einer Ablösung durch neuere Funk-Technologien kommen sollte, müssen die Nachfolgelösungen dennoch mit Equipment kommunizieren, das um einige Jahrzehnte älter ist. (Bild: TI)

Viele Bauteile eines Stromnetzes sind mittlerweile älter als 50 Jahre. Die meisten dieser ursprünglichen missionskritischen Anlagenteile funktionieren aber nach wie vor, sodass ein Austausch bisher nicht nötig war. Folglich ist das Sicherstellen der Interoperabilität die größte Herausforderung bei der Weiterentwicklung der Netze. Wie etwa lassen sich erprobte und bewährte Technologien wie RS-232 oder RS-485 in das Netz einbinden, während parallel die Umstellung auf aktuelle Ethernet-Technologien erfolgt und drahtlose Lösungen wie Sub-Gigahertz, Bluetooth und Wi-Fi zum Einsatz kommen?

eck-daten

Es ist wohl nur eine Frage der Zeit, bis digitale und IoT-basierte Stromnetze der Standard sind. Diese müssen dann jedoch mit den althergebrachten Protokollen und aktuellen leitungsgebundenen Technologien gleichermaßen zurechtkommen. Die heutigen Technologien können dann aber den älteren Anlagenteilen ein besseres Ressourcenmanagement ermöglichen. Wegen der hohen Lebensdauer älterer Komponenten dürfte die Umstellung aber noch mehrere Jahre oder Jahrzehnte dauern. Mit seinen Referenzdesigns möchte TI bereits heute ein Gerüst dafür liefern.

Während sich das Internet of Things (IoT) im Stromnetz weiterentwickelt, hat sich der Großteil der zugrundeliegenden Technologien zum Bau eines intelligenten Stromnetzes (Smart Grid) bestens etabliert – ob drahtlos oder leitungsgebunden. Was noch fehlt, ist ein Gerüst, das all dies zusammenhält.

Geschichte der Stromnetze

Die meisten heutigen Stromverteilungsnetze sind ein regelrechter Flickenteppich aus unterschiedlichen Technologien für die Überwachung, den Schutz und die Steuerung der wichtigsten Anlagenteile. Diese Einrichtungen wurden im Laufe der Jahre ständig erweitert, um mit dem Bedarf Schritt zu halten. Auch wenn neue Konnektivitäts-Technologien zum Einsatz kommen, müssen diese mit den vorhandenen Altanlagen interagieren können.

Die heutigen großen Netze wurden mit Methoden zusammengefügt, die sich auf regionaler Ebene bewährt haben. Die Norm IEC 61850 macht den Versuch, die Kommunikationsprotokolle für intelligente elektronische Einrichtungen in Umspannwerken und Schaltanlagen zu standardisieren. Als die Klein- und Großstädte expandierten, begann der Ausbau der Netzinfrastruktur mit ihren Überlandleitungen, Verteilleitungen und Umspannwerken, um Kraftwerke und Verbraucher zu verbinden. Die Anlagen in den Umspannwerken benötigten eine sichere und zuverlässige Methode, um untereinander zu kommunizieren, damit innerhalb eines Umspannwerks ein Informationsaustausch für Schutz- und Steuerungszwecke möglich war. Jahrzehntelang, nämlich bis in die 1990er Jahre, bewährte sich hier die leitungsgebundene Kommunikation per RS-232 und RS-485. Dann trat Ethernet mit seiner deutlich größeren Bandbreite auf den Plan und erreichte zunehmende Verbreitung. Während drahtlose Lösungen auf Störungsüberwachungs-Anlagen im Übertragungs- und Verteilbereich beschränkt blieben, hat der Umstieg auf die stromsparende drahtlose Anlagenüberwachung im Verteilnetz gerade erst begonnen.

Bild 1: Auch wenn es bei Stromnetzen einer Ablösung durch neuere Funk-Technologien kommen sollte, müssen die Nachfolgelösungen dennoch mit Equipment kommunizieren, das um einige Jahrzehnte älter ist.

Bild 1: Auch wenn es bei Stromnetzen zu einer Ablösung durch neuere Funk-Technologien kommen sollte, müssen die Nachfolgelösungen dennoch mit Equipment kommunizieren, das um einige Jahrzehnte älter ist. TI

Netzausrüstungen und Überwachungseinrichtungen waren für eine Lebensdauer von 20 bis 30 Jahren ausgelegt. Die althergebrachte Verkabelung ermöglicht aber nach wie vor zuverlässige Verbindungen, wenn Anlagen miteinander kommunizieren müssen. Obwohl drahtlose Technologien kostengünstiger zu integrieren wären, ergibt der Austausch einer kompletten Netzinfrastruktur, die zwar bereits Jahrzehnte alt ist, aber nach wie vor ihren Dienst tut, aus finanzieller Sicht keinen Sinn. Ganz abgesehen davon kommt bei allen drahtlosen Übertragungstechnologien unweigerlich das Thema Security, also der Schutz vor unbefugten Zugriffen, ins Spiel. Auch wenn es zu einer Ablösung durch neuere Funk-Technologien kommen sollte, müssen die Nachfolgelösungen dennoch mit Equipment kommunizieren, das um einige Jahrzehnte älter ist (Bild 1).

Anreize zum Bau eines Smart Grid

Aufgrund ihres europäischen Ursprungs ist die Norm IEC 61850 in den europäischen Ländern und Regionen, in denen europäische Hersteller ihre Anlagen vertreiben, stärker verbreitet. Auch wenn dieser globale Konnektivitäts-Standard die Konstruktion von Umspannwerken beeinflusst hat, was das Sammeln, Koordinieren und Übertragen von Daten angeht, bleiben doch Kompatibilitätseinschränkungen bestehen. Letztendlich ist jede Ergänzung zum Netz entsprechend der Ausgereiftheit der verfügbaren Technologie konstruiert. Ein Umspannwerk in einem älteren Stadtteil dürfte kaum Daten von den Anlagen einholen, ganz im Gegensatz zu einem neueren Umspannwerk in einem jüngeren Stadtteil, denn es gibt keine vorgeschriebene Norm. Beim Zusammenwachsen dieser Stromverteilungs-Netze stellt die Interoperabilität eine Herausforderung dar, weil die Verantwortlichen die zugrundeliegende Infrastruktur, die das Equipment eines Umspannwerks miteinander verbindet, unterschiedlich konstruiert haben.

Eine ähnliche Situation gibt es auch an anderer Stelle. Während die älteren Umspannwerke vielleicht nur über wenige Trennschalter, Transformatoren, Regler und andere Schutz- und Überwachungseinrichtungen verfügen, kommen mit neuen Leitungen auch neue Trennschalter und aktuelle Schutzrelais hinzu, die jedoch mit den vor 20 Jahren installierten Einrichtungen kommunizieren sollten. Es funktioniert zwar alles, aber eben auf unterschiedliche Weise. Hieraus resultiert der Anreiz und die Herausforderung zur Realisierung des Smart Grids und per IoT verbundener Netze, die ihre Daten je nach Bedarf herauf- und herabskalieren können.

Ein fortschrittliches Stromverteilnetz kann sich selbst reparieren, wenn es zu einer Störung kommt, und es ermöglicht Skalierbarkeit und Interoperabilität zwischen Netzeinrichtungen und Endgeräten. Ein solches Netz stellt Elektrizität zur Verfügung, und zwar im Idealfall aus möglichst vielen erneuerbaren Quellen sowie mit einem bidirektionalen Energiefluss. Ein Smart Grid zielt darauf ab, die Herausforderungen der traditionellen Netze zu überwinden und die Voraussetzungen für Überwachung, Auswertung, Steuerung und Kommunikation zu schaffen. Dies soll helfen, die Effizienz zu steigern, den Energieverbrauch und die Kosten zu senken und ein Maximum an Transparenz und Zuverlässigkeit zu erreichen. Das IoT-gestützte Stromverteilungsnetz geht hier sogar noch einen Schritt weiter und integriert eine größere Zahl von Sensoren mit geringem Strombedarf und drahtloser Kommunikationsknoten.

Dennoch ist die leitungsgebundene Technik unverzichtbar, denn sie bildet auch beim Smart Grid das Rückgrat der Technologie. Ungeachtet dessen spricht auch etwas dafür, die alte Technik zu ersetzen, egal wie funktionsfähig und zuverlässig sie noch sein mag (Bild 2).

Das Für und Wider leitungsgebundener Technologien

Bild 2: Auf die leitungsgebundene Technik kann nicht verzichtet werden, denn sie bildet auch das Rückgrat des Smart Grid.

Bild 2: Auf die leitungsgebundene Technik kann nicht verzichtet werden, denn sie bildet auch das Rückgrat des Smart Grid. TI

Die fest verdrahtete Netzinfrastruktur blickt auf eine lange Nutzungsdauer von 50 Jahren zurück. Es gibt sie aber immer noch, denn sie funktioniert und es würde übermäßig hohe Kapitalaufwendungen mit sich bringen, sie durch etwas Besseres zu ersetzen.

Viele ältere Kommunikationsprotokolle, Schaltungen und Verkabelungen lassen sich auch in den heutigen Netzen noch vorfinden. Das UART-Protokoll (Universal Asynchronous Receiver Transmitter) benötigt beispielsweise nur zwei Leitungen zum Übertragen von Daten zwischen verschiedenen Geräten. Das RS-232-Protokoll ist sogar 60 Jahre alt und war einstmals der einzige Standard für den Datenaustausch. Der RS-232-Standard definierte Spannungspegel, die für Immunität gegen Störbeeinflussungen sorgten und die Fehlerhäufigkeit beim Datenaustausch reduzierten. Noch heute ist diese Schnittstelle an den meisten Computern vorhanden.

RS-485 hat sich mittlerweile zu einem der vielseitigsten Kommunikations-Standards entwickelt und kommt in Datenerfassungs- und Steuerungsanwendungen, in denen mehrere Knoten miteinander kommunizieren müssen, vielfach zur Anwendung. Im Unterschied zur massebezogenen Signalisierung des RS-232-Standards ist die differenzielle Signalisierung von RS-485 unempfindlich gegenüber Störungen auf der Signalleitung, die sowohl die maximale Übertragungsdistanz als auch die Übertragungsrate einschränken.

Die Einführung des Profibus-Standards für die Feldbus-Kommunikation geht auf die Mitte der 1980er Jahre zurück. Nach wie vor ist Profibus eine der populärsten Technologien, wenn es um die Verbindung von Instrumenten geht.

Ungeachtet ihres Alters bieten diese Standards und Protokolle nach wie vor Vorteile, die sich teils aus ihrer Einfachheit und Zuverlässigkeit erklären, und zeichnen sich durch gute Schutzeigenschaften aus. Anders als aktuelle Ethernet- und Wi-Fi-Netze lassen sie sich nicht ohne weiteres hacken. Überdies sind sie kosteneffektiv, solange keine großen Datenmengen zu übertragen sind. Dies kann jedoch eine gravierende Restriktion darstellen, wenn es darum geht, die Flexibilität und Funktionalität des Stromnetzes zu verbessern. Die niedrigen Übertragungsraten und geringeren Bandbreiten öffnen die Tür zu Ethernet, das Datenraten im Bereich von Megabytes pro Sekunde unterstützt.

Das Ethernet MAC- und PHY-Interface unterstützt heute zwei Ports, was für Redundanz, größere Bandbreiten und Übertragungsraten sowie die Fähigkeit zum Nachrüsten zusätzlicher Funktionalität sorgt.

TI-Referenzdesigns für leitungsgebundene Technologien

TI hat Referenzdesigns entwickelt, die deutlich machen, wie sich eine bestimmte Kommunikationstechnologie so in die bestehenden Netzausrüstungen einbinden lässt, dass ihre Vorzüge maximal zur Geltung kommen. Gleichzeitig zeigen diese Modelle, wie sie mit anderen Technologien – darunter auch ältere Protokolle – kommunizieen.

Für die Protokolle RS-232 und RS-485 hat TI gleich mehrere Referenzdesigns zu bieten. Zum Beispiel stellt das Referenzdesign Isolated RS-232 with Integrated Signal and Power eine kompakte Lösung dar, die eine isolierte Gleichstromversorgung bereitstellt und die isolierte RS-232-Kommunikation unterstützt. Es besteht aus einem verstärkten Digitalisolator mit integrierter Stromversorgung, kombiniert mit einem RS-232-Kommunikations-Transceiver.

Für RS-485 gibt es zwei Referenzdesigns. Das Communication Module Reference Design for Functional Isolated RS-485, CAN and I2C Data Transmission ist ein kostengünstiges, effizientes Kommunikationsmodul für industrielle Systeme wie etwa Speicher-Banks, die nach isolierter Kommunikation und Stromversorgung verlangen. Das Design eignet sich unter anderem deshalb für Elektrizitätsnetze, weil es auf seine Fähigkeit zur betriebssicheren Datenübertragung in rauen Einsatzumgebungen geprüft ist. Bei dem Isolated-RS-485 with Integrated Signal and Power Reference-Design dagegen handelt es sich um eine kompakte Lösung mit der Fähigkeit zur Bereitstellung einer isolierten Gleichstromversorgung bei gleichzeitiger Unterstützung einer isolierten RS-485-Kommunikation. Es besteht aus einem verstärkten Digitalisolator mit integrierter Stromversorgung, kombiniert mit einem RS-485-Kommunikations-Transceiver.

Für Ethernet schafft das High Availability Seamless Redundancy Ethernet for Substation Automation Reference-Design ein Gerüst für latenzarme Netzwerk-Kommunikation für automatisiertes Equipment in Umspannwerken in Smart Grids und Verteilnetzen.

Bild 3: Drahtlose Konnektivität zur Überwachung und zum Schutz von Geräten in einer Schalteinrichtung.

Bild 3: Drahtlose Konnektivität zur Überwachung und zum Schutz von Geräten in einer Schalteinrichtung. TI

Natürlich ist Ethernet mit einigen Nachteilen der älteren Verkabelung behaftet. Techniker müssen nach wie vor Lichtwellenleiter vergraben, wie es früher auch bei Kupferkabeln notwendig war. Gräben auszuheben und Glasfaserkabel hineinzulegen, erfordert jedoch beträchtliche Kapitalaufwendungen, und so gehören zu einem zeitgemäßen Smart Grid auch drahtlose Technologien wie etwa Sub-Gigahertz, Bluetooth und Wi-Fi, die die leitungsgebundenen Technologien ergänzen (Bild 3).

Durch die drahtlose Kommunikation erhalten Netzwerke Redundanz und Selbstheilungsfähigkeit. Zur Auswahl stehen abhängig von der jeweiligen Anwendung Bluetooth Low Energy, Sub-Gigahertz und Wi-Fi, die jeweils unterschiedliche Eigenschaften bezüglich Übertragungsdistanz, Bandbreite, Stromverbrauch und Störempfindlichkeit aufweisen.

Das Grid-IoT-Reference-Design for Connecting Circuit Breakers and Sensors to Other Equipment Using Wi-Fi demonstriert das Einrichten eines Wi-Fi-Netzwerks, Schemata für den Datentransfer und Liegen größere Entfernungen zwischen den Ausrüstungen, sodass sich Übertragungsdistanzen von mehr als ein paar Kilometern ergeben, oder steht kein Wi-Fi-Netzwerk zur Verfügung, können Sub-Gigahertz und 2,4 GHz als Funkspektren genutzt werden. Das Grid-IoT-Reference-Design: Connecting Fault Indicators, Data Collector, Mini-RTU Using Sub-1 GHz RF von TI nutzt die Sub-Gigahertz-Funkkommunikation in einem Sternnetzwerk, das mehrere Sensorknoten mit einem Datensammler verbindet. Das Design ist für geringen Stromverbrauch und kurze Distanzen optimiert und nutzt einen Overhead Fault Passage Indicator und einen Datensammler.

Mit diesen drahtlosen Technologien kommt ein großes Maß an Flexibilität, gepaart mit Netz-Interoperabilität hinzu. Sie können beim bedarfsweisen, nahezu verzögerungsfreien Erfassen großer Datenmengen aus dem Netz dienen, sodass sich der Betriebszustand eines Anlagenteils besser überwachen lässt. Wi-Fi, Bluetooth Low Energy und Sub-Gigahertz gestatten ein zügigeres Deployment primärer und sekundärer Anlagenteile in einem Smart Grid ohne den Zeit- und Kostenaufwand, der bei aktuellen leitungsgebundenen Technologien wie Ethernet entstehen würde.

Amit Kumbasi

Autor
Systems Manager, Grid Infrastructure bei Texas Instruments

(aok)

Sie möchten gerne weiterlesen?

Unternehmen

Texas Instruments Deutschland GmbH

Haggertystraße 1
85356 Freising
Germany