Jitter

Bild 8: Das Spektrum zeigt signifikante Frequenzanteile des Jitters bei 7,1 MHz, 20 MHz und 30,3 MHz. (Bild: Tektronix)

ECK-DATEN

Embedded Systeme beruhen auf stabilen und synchronisierten Taktsignalen, während Taktsignale mit falschen Amplituden und falschem Timing durchaus einen Einfluss auf die Zuverlässigkeit digitaler Schaltungen haben können. Rauschen und zeitliche Abweichungen oder Jitter auf Taktsignalen können zu einer Degradierung oder sogar zu einem vollständigen Ausfall der Systemperformanz führen. Dementsprechend ist die umfassende Charakterisierung des Taktsignals ein entscheidender Schritt für ein zuverlässiges Embedded-System-Design.

Zeitlicher Jitter ist ein unwillkommener Begleiter aller elektronischen Systeme, die zeitliche Informationen mithilfe von Spannungsübergängen umsetzen. Ein gewisser Jitter ist jedoch in jedem System unvermeidbar und geringe Beiträge haben keinen großen Einfluss auf die Systemperformanz. Dennoch müssen eingebettete Systeme dazu in der Lage sein auch außerhalb kontrollierter Laborbedingungen zu bestehen, denn bereits kleine Probleme können unter entsprechenden Bedingungen sehr groß werden. Als solches ist eine umfassende Charakterisierung der Amplituden- und Jitter-Stabilität von digitalen Taktsignalen zum zuverlässigen Betrieb von Systemen unter einem breiten Spektrum unterschiedlichster Randbedingungen ein unverzichtbares Muss.

Amplituden-Messung mit Oszilloskop

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Bild 1: Amplituden-Messung: der untere Signalpegel liegt in diesem Beispiel bei 750 mV und der obere Signalpegel bei 2,4 V. Tektronix

Die visuelle Prüfung der Signalamplitude ist der übliche Startpunkt bei der Evaluierung von Taktsignalen. Wie in Bild 1 zu sehen ist, lässt sich anhand der horizontalen und vertikalen Marken innerhalb des Rasters bestimmen, dass der untere Signalpegel in diesem Beispiel bei 750 mV liegt und der obere Signalpegel bei 2,4 V. Die Taktperiode beträgt in etwa 25 ns, was einer Taktfrequenz von 40 MHz entspricht. Die Messgenauigkeit mag für einige schnelle Tests zur Fehlersuche bereits ausreichend sein.

Präzisere Amplituden- und Timing-Messungen sind durch die Zoomfunktion auf einen einzelnen Taktzyklus und durch den Einsatz der Cursor möglich. Der Ausschnitt in Bild 2 zeigt eine signifikant höhere Messauflösung. Da die Messungen jedoch auf einem einzigen Taktzyklus aus der gesamten Kurvenform basieren, kann es bei zeitlich fluktuierenden Signalen zu Messfehlern kommen.

Ein weiterer Weg zu einer besseren Einsicht sind die automatisierten Messalgorithmen bei denen eine digitale Signalprozessierung auf die digitalisierten Kurvenformen zur Anwendung kommt. Bild 3 zeigt die prinzipielle Funktionsweise der Algorithmen. Wir sehen, dass die Top- und Base-Messung im Grunde genommen vergleichbar zu den vorherigen horizontalen Cursorn aus Bild 2 sind, jedoch eine höhere Auflösung aufweisen. Darüber hinaus ist die Peak-to-Peak-Messung gleich der Differenz zwischen der Maximum- und Minimum-Messung. Die Amplitudenmessung gleicht der Differenz zwischen Top- und Base-Messung. Diese Messwerte liefern eine gute Momentaufnahme, aber wie verhalten sich die Messwerte in Abhängigkeit der Zeit?

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Bild 2: Die Zoomfunktion bietet mehr Detailreichtum, ist bei starken Fluktuationen des Taktsignals in Abhängigkeit der Zeit jedoch unter Vorbehalt zu betrachten. Tektronix

Eine Herangehensweise den Verlauf der Messergebnisse über die Zeit darzustellen ist der Einsatz einer Ergebnistabelle, die die einzelnen Messwerte mit der entsprechenden Messwertstatistik anzeigt. Die Messwertstatistik wird wie in Bild 4 über alle Akquisitionen, beginnend von der ersten Akquisition bis zur aktuellen Akquisition gebildet. Dies ist hilfreich, um eine bessere Einsicht in die Signalstabilität über einen längeren Zeitraum zu erhalten. Zur Verifikation der Amplitudencharakteristik können Sie die akkumulierte Messwertstatistik mit den Spezifikationen aus den Datenblätter Ihrer Taktsignal-Treiber und -Komponenten vergleichen.

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Bild 3: Automatisierte Messungen unter Verwendung von digitaler Signalverarbeitung auf den digitalisierten Kurvenformen. Tektronix

  • Der Max-Wert aus der Maximum-Messung und der Min-Wert aus der Minimum-Messung liegen innerhalb des absoluten Eingangsspannungsbereiches aus der Spezifikation des Empfängers.
  • Der Min-Wert aus der Top-Messung ist größer als VOH,min aus der Spezifikation des Empfängers und VIH,min aus der Spezifikation des Treibers.
  • Der Max-Wert aus der Base-Messung ist kleiner als VOL,max aus der Spezifikation des Treibers und VIL,max aus der Spezifikation des Empfängers.

Frequenzstabilitäts-Messung

Analog dazu können die automatisierten Zeitmessungen dazu genutzt werden, schnelle und einfache horizontale Messungen durchzuführen. Der in den Messergebnissen dargestellte μ’-Wert auf der rechten Seite der Benutzeroberfläche in Bild 5 repräsentiert den mittleren Zeitmesswert für die aktuelle Akquisition. In diesem Beispiel liefert die Periodenmessung vergleichbare Ergebnisse zu den vorherigen Messungen mit den V-bar Cursorn, aber mit einer höheren Auflösung und schnellerer Updaterate.

Wie erwartet ist die Periodenmessung gleich der Summe aus der positiven und negativen Pulsbreitenmessung. Weiterhin ist die Frequenzmessung reziprok zur Periodenmessung. Zur Verifikation der Timingcharakteristika können Sie nun die Messergebnisse mit den Datenblättern der Empfängerkomponenten, welche von den Taktsignalen getrieben werden, vergleichen:

  • Die Max- und Min-Werte der Frequenzmessung liegen innerhalb des spezifizierten Taktfrequenzbereichs (fclock).
  • Der Min-Wert der postiven Pulsbreitenmessung ist größer als die minimal spezifizierte Pulsdauer tw (CLKhigh).
  • Der Min-Wert der negativen Pulsbreitenmessung ist größer als minimal spezifizierte Pulsdauer tw (CLKlow).

Die klassischen automatischen Zeitmessungen sind ein guter Startpunkt für die Jitter-Analyse, indem sie die spezifizierte Taktfrequenz verifizieren. Zusätzliche Messwertstatistik wie die minimale Frequenz und die maximale Frequenz liefern eine zusätzliche Sicherheit in Hinsicht auf die Kontinuität der Taktimpulse. Weiterhin gibt die Standardabweichung (σ) eine quantitative Beschreibung der Frequenzstabilität als Funktion der Zeit. Allerdings gibt die Statistik nur einen ersten Einblick in das Frequenzverhalten wieder.

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Bild 4: Messwertstatistiken sind nützlich zur Verifikation der Amplitudencharakteristik über einen längeren Zeitraum. Tektronix

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Bild 5: Die Frequenzstabilität kann mit der automatisierten Periodenmessung bestimmt werden. Tektronix

Um eine noch detailliertere Einsicht zu erhalten, wurde die Akquisitionsdauer der Messung auf 10 µs und damit gleichzeitig die Anzahl der gemessenen Taktzyklen in Bild 6 erhöht. Die zeitlich korrelierte Time-Trend-Anzeige in der unteren Hälfte des Bildschirms zeigt den zeitlichen Verlauf der Frequenzmessung über die gesamte Akquisition an. Diese Time-Trend-Anzeige eröffnet dem Anwender im Vergleich zur reinen Messwertstatistik ein besseres Verständnis über den zeitlichen Ablauf der Frequenzänderungen. Dennoch ist es auf diese Weise weiterhin schwierig zu bestimmen, ob die Änderungen zufälliger Natur sind oder von systematischen Einflussfaktoren wie beispielsweise benachbarten Störsignalen abstammen.

Weiterführende Hinweise zur Jitter-Messung

Das Histogramm über die Werte der Frequenzmessfunktion aus Bild 7 oben links deutet darauf hin, dass die Frequenzänderungen nicht vollständig zufällig wie bei einer Gaußschen Glockenkurve verteilt sind. Die Verteilung gibt Aufschluss darüber, ob es andere Signale geben könnte, die ein Crosstalk auf dem Taktsignal verursachen. Das Spektrum weist signifikante Frequenzanteile bei 7 MHz und 20 MHz auf. Diese Messungen sowie die Kenntnis über das Leiterplattendesign können zur Bestimmung der Fehlerursache der Frequenzschwankungen durchaus hilfreich sein. Trotzdem ist es schwer einzuschätzen, welche der potenziellen Fehlerursachen dominieren. Aus diesem Grund ist es notwendig, den Jitter in seine einzelnen Bestandteile zu zerlegen.

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Bild 6: Die Time-Trend-Anzeige eröffnet dem Anwender ein besseres Verständnis in den zeitlichen Ablauf der Frequenzänderungen. Tektronix

Erste Anhaltspunkte bei dem Aufspüren von Jitter sind der Time Interval Error (TIE) und die Phase-Noise-Messungen. Der TIE quantifiziert die zeitliche Änderung des Taktsignals gegenüber einem idealen Signal. Die Jitter-Analyseanwendungen bieten eine schnelle Analyse des 40-MHz-Taktsignals inklusive einer TIE-Analyse sowie eines Augendiagramms. Die Messergebnisse auf der rechten Seite des Bildschirms in Bild 8 zeigen die automatischen Messungen des TIE gegenüber einem idealen Signal an. Darüber hinaus ist die Zerlegung des zeitlichen Jitters in den Total Jitter (TJ), Random Jitter (RJ), Deterministic Jitter (DJ), Periodic Jitter (PJ), den Data-Dependent Jitter (DDJ) sowie der Duty Cycle Distortion (DCD) zu sehen.

Wie bereits anhand des Histogramms der Frequenzmessung aus Bild 7 abzusehen gewesen ist, gibt es auch in diesem Beispiel eine systematische Verzerrung des Taktsignales. Der deterministische Jitter ist deutlich höher als der zufällige Jitter, wobei der deterministische Jitter wiederum von der Duty Cycle Distortion dominiert wird. Das Spektrum im Bild mittig unten zeigt signifikante Frequenzanteile bei 7,1 MHz und 20 MHz sowie 30,3 MHz. In diesem Fall hat die benachbarte 7,1 MHz Clock mit unserem 40 MHz Taktsignal interferiert.

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Bild 8: Das Spektrum zeigt signifikante Frequenzanteile des Jitters bei 7,1 MHz, 20 MHz und 30,3 MHz. Tektronix

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Bild 7: Die Frequenzschwankungen sind nicht vollständig zufällig verteilt und deuten auf die Präsenz eines deterministischen Jitters hin. Tektronix

In dem nun folgenden Beispiel haben wir die gleiche Schaltung auf einer anderen Prototypen-Leiterplatte eingehender untersucht und eine unregelmäßig auftretende Fehlfunktion beobachten können. Jedoch gab es kein offensichtliches Problem bei der ersten Betrachtung des Taktsignals auf dem Oszilloskop. Eine Herangehensweise um einen besseren Einblick zu erhalten ist der Einsatz eines Akquisitionsmodus, der auf die Schnelle mehrere Millionen Taktzyklen aufzeichnen und auf dem Bildschirm überlagern kann. In diesem Modus kann auf einen Blick erkannt werden, dass es einige signifikante Frequenzanteile auf dem Taktsignal gibt, die einen Defekt der Leiterplatte nachweisen (Bild 9). Die breiten Frequenzschwankungen in Blau lassen sich durch die farbig abgestufte Darstellung in Abhängigkeit der Häufigkeitsverteilung als verhältnismäßig selten auftretende Abweichungen erkennen.

Da wir nun wissen, dass es diese Schwankungen gibt, können wir die Frequenzmessungen, wie in Bild 10 zu sehen ist, in einem Histogramm mit logarithmierte y-Achse dazu nutzen, die Frequenzschwankungen noch besser zu verstehen.

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Bild 10: Funktionen der Messwertstatistik helfen dabei, unregelmäßig auftretende Anomalien erst zu entdecken. Tektronix

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Bild 9: Die breiten Frequenzschwankungen in Blau deuten auf eine relativ geringere Auftrittswahrscheinlichkeit hin. Tektronix

Bemerken Sie, wie die logarithmierte Skalierung mehr Detailreichtum am unteren Ende der Skala aufschlüsselt. Erst nachdem wir weit über zehn Millionen Frequenzmessungen akkumuliert haben kommt die wahrlich nur selten auftretende Natur der Frequenzänderung zum Vorschein. Die Durchschnittsfrequenz ist extrem genau, jedoch driftet sie gelegentlich bis zu 35 MHz nach unten und bis zu 55 MHz nach oben ab. Ohne die gezeigten Techniken unter Zuhilfenahme der Messwertstatistik können solche unregelmäßig auftretenden Anomalien durchaus völlig unentdeckt bleiben.

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Bild 11: Weitere Analysen der Taktschaltung unter Verwendung der Pulsbreiten-Triggerung ergaben Aufschluss darüber, dass der PLL-Controller vereinzelt zurückgesetzt wurde. Tektronix

Mit dem Wissen über die gelegentlich abfallende Taktfrequenz können Sie die Pulsbreiten-Triggerung nun dazu nutzen, um diese Anomalien zu erfassen. Wie in Bild 11 abgebildet ist der Trigger auf Pulsbreiten größer als 14 ns gesetzt, was mehr als die nominellen 12,5 ns sind. Der Frequenzverlauf unten im Bild stellt die Auslenkungen der Frequenz ober- und unterhalb der idealen 40-MHz-Linie grafisch dar.

Weitere Analysen der Taktschaltung zeigten, dass der PLL-Controller vereinzelt zurückgesetzt wurde. Wenn dies geschah, verlor der VCO den eingerasteten Zustand und driftete augenblicklich von der richtigen Frequenz ab.

Lee Morgan

Market Development Manager, Tektronix UK

(jj)

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