Die Forderung nach Bürokratieabbau mag etwas abgedroschen klingen. Nämlich so, als wollten diejenigen, die sie erheben, den Behörden den Schwarzen Peter zuschieben. Doch davon kann keine Rede sein. Denn die Regulierungsdichte hat in letzter Zeit deutlich zugenommen. Hinzu kommen regulatorische Inkonsistenzen oder Doppelregulierungen. Für viele Unternehmen stellen die jedoch eine kaum zu bewältigende Herausforderung dar. Das gilt insbesondere dann, wenn die Widersprüche so groß sind, dass Unternehmen die Anforderungen des einen Gesetzes nicht erfüllen können, ohne gegen die eines anderen zu verstoßen. Das mag absurd klingen, ist aber durchaus möglich.
Beispiel Data Act
Nehmen wir als Beispiel den Data Act mit seinem „Access by design“-Prinzip und vergleichen ihn mit der DSGVO mit ihrem „Privacy by design“-Ansatz. Nach dem Data Act müsste man große Datenmengen so einfach wie möglich zugänglich machen. Damit würde man aber der DSGVO mit ihrem Gebot der Datensparsamkeit widersprechen.
Nun hat der Schutz personenbezogener Daten sicherlich seine Berechtigung. Gleiches gilt natürlich für das Recht des Einzelnen auf informationelle Selbstbestimmung. Beides darf in seinem Kern nicht zur Disposition stehen. Darüber besteht kein Zweifel.
Andererseits haben aber auch der Austausch und die Nutzung von Daten einen Wert, der über ein rein kommerzielles Interesse hinausgeht. Denn sie ermöglichen neue Technologien und Innovationen. Mit anderen Worten: Sie sind eine Voraussetzung des Fortschritts. Dies gilt insbesondere für die datengetriebene Elektro- und Digitalindustrie. Daher bedarf es einer Neujustierung, mit der das grundsätzliche Verbotsprinzip der DSGVO überwunden wird.
Beispiele wie das oben genannte sind besonders drastisch. Die Regelungen müssen sich aber( nicht unbedingt völlig widersprechen. Manchmal fehlt es nur an der Abstimmung. So kommt es immer wieder zu dysfunktionalen Wechselwirkungen. Damit sind jedoch Unklarheiten vorprogrammiert.
ZVEI-Gastkommentar: Was der ZVEI dazu sagt
Der ZVEI vertritt als einer der größten deutschen Industrieverbände die wirtschafts-, technologie- und umweltpolitischen Interessen der deutschen Elektroindustrie und Digitalindustrie. Rund 870.000 Beschäftigte arbeiten in der Elektronikindustrie und erwirtschaften so einem Gesamtumsatz von etwa 181 Milliarden Euro, was sie zum zweitgrößten Industriezweig Deutschlands macht. Verschiedene Arbeitsgruppen arbeiten im ZVEI an der Umsetzung verschiedener Anliegen. Was das für Anliegen sind:
- Gastkommentar: Software und globale Herausforderungen
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- Kommentar: Automotive-Halbleiter – Neues ZVEI Fact Sheet
Gesetze kommen sich in die Quere
Was soll etwa gelten, wenn sich der Cyber Resilience Act (CRA) und die EU-Ökode-signverordnung (ESPR) regulatorisch in die Quere kommen? Auch das kann vergleichsweise einfach geschehen. Denn der CRA gibt vor, dass Sicherheitslücken über Sicherheitsupdates zu schließen sind. Das klingt zunächst einmal naheliegend und nachvollziehbar. Nur dürfte es gemäß ESPR eben nicht zu Einbußen in Sachen Leistung kommen.
Genau da aber liegt nicht selten das Problem. Zum Beispiel bei einem Handy. Denn Updates fallen in ziemlich kurzen Intervallen über den gesamten Lebenszyklus eines Produktes an. Sie müssen dort aufgespielt und verarbeitet werden. Das beansprucht Speicherplatz und Rechenleistung. Kurzum: Es kann hier eben sehr wohl zu spürbaren Beeinträchtigungen kommen.
Deshalb wäre es in diesem Zusammenhang sehr sinnvoll, für Produkte, die sowohl unter die Vorgaben des CRA als auch die der ESPR fallen, eine neue Formulierung im ESPR zu finden. In Betracht käme hier etwa ein Wording, das dem Schließen von Sicherheitslücken in der Weise Vorrang einräumt, als dass es die Einschränkung von Funktionalitäten und Leistung ermöglicht, um dem übergeordneten Anspruch der Sicherheit genügen zu können.
Save the date: 29. Automobil-Elektronik Kongress
Am 24. und 25. Juni 2025 findet zum 29. Mal der Internationale Automobil-Elektronik Kongress (AEK) in Ludwigsburg statt. Dieser Netzwerkkongress ist bereits seit vielen Jahren der Treffpunkt für die Top-Entscheider der Elektro-/Elektronik-Branche und bringt nun zusätzlich die Automotive-Verantwortlichen und die relevanten High-Level-Manager der Tech-Industrie zusammen, um gemeinsam das ganzheitliche Kundenerlebnis zu ermöglichen, das für die Fahrzeuge der Zukunft benötigt wird. Trotz dieser stark zunehmenden Internationalisierung wird der Automobil-Elektronik Kongress von den Teilnehmern immer noch als eine Art "automobiles Familientreffen" bezeichnet.
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Der Blick auf das große Ganze fehlt
Die beiden Beispiele verdeutlichen die Crux der Materie. Regulierungen haben oftmals das richtige Ziel. Nicht selten fehlt aber der Blick auf das große Ganze und die Wechselwirkungen mit anderen Gesetzgebungen. Bedauerlicherweise kommt es daher oft zu Regulierungsspitzen, die einzelne Unternehmen oder Produktgruppen besonders hart treffen. Das bremst nicht nur die Betroffenen, sondern natürlich auch deren Innovationskraft massiv.
Die zunehmende Regulierungsdichte und inkonsistente Vorgaben erschweren Unternehmen die Einhaltung von Gesetzen und können zu erheblichen Widersprüchen führen. Eine bessere Abstimmung der Regulierungen ist dringend notwendig. Umso mehr brauchen wir einen flankierenden Bürokratieabbau. Die gute Nachricht: Für viele Probleme gibt es praktikable Lösungen!
Weitere Informationen zu diesem Thema stellt der ZVEI hier bereit.