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Für spezielle Einsatzgebiete sind anwendungsspezifische Steckverbindervarianten oft besser geeignet, als eine annähernd passende Standardverbindung aus dem Katalog.

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Bild 1: Kundenspezifische Leiterkartensteckverbinder mit Stanz- und Präzisionskontakten. Fischer Elektronik

Ein Faktor ist, dass man etwa bei Wahl einer kundenspezifischen Applikation (Bild 1) nicht nur einen Leiterkartensteckverbinder erhält, sondern auch die Beratungsqualität durch die Kompetenz des Herstellers. Beim Umsetzen der Vorgaben modifiziert der Hersteller die technischen Anforderungen und das Design des Steckverbinders; er schneidet es auf den Kunden passgenau zu.

Bei der Fertigung von Steckverbindern und auch bei anderen Baugruppen bestehen Unterschiede zwischen Standard-, modifizierten und kundenspezifischen Bausteinen.

Auf einen Blick

Verschiedene Gründe sprechen dafür, applikationsspezifische Steckverbinder dem Standard aus dem Katalog vorzuziehen. Kundenspezifische Steckverbinder besitzen Vorteile, die die am Anfang entstehenden hohen Entwicklungskosten ausgleichen können. Leiterkartensteckverbinder, die auf den Fertigungsprozess abgestimmt sind, können die Herstellungskosten der Baueinheiten oder Module verringern.

Standard-Leiterkartensteckverbinder

Standard-Leiterkartensteckverbinder bestehen aus gezogenen, gestanzten oder gedrehten Kontakten. Diese sind in einem formgebundenen Isolierkörper montiert. Standard-Stift- und Buchsenleisten sind für differierende Anforderungen der Kunden und auf verschiedene Marktbereiche ausgelegt. Eine vollständige Erfüllung des geforderten Profils an die Steckverbindung decken Standard-Leiterkartensteckverbinder nicht immer ab. Die Vorteile der Katalogvarianten sind die schnellen Lieferzeiten und der günstige Preis.

Den Standard modifizieren

Unter modifizierten Steckverbindern ist zu verstehen, dass der Hersteller das bestehende Standardprodukt entsprechend der Vorgaben des Kunden anpasst. Die Modifikationen, eine besondere Bestückung der Kontakte oder eine andere Positionierung der Kontakte in dem Isolierkörper weichen vom Standard geringfügig ab und benötigen keine besonderen Werkzeuge.

Weitere Modifikationen kann die Schichtstärke bei der Veredelung betreffen. Die Kontakte können aus Zinn oder Gold bestehen, sie können selektiv vergoldet oder in anderen Oberflächen entsprechend den Kundenvorgaben beschichtet sein. Die Anforderungen, die an den Steckverbinder im späteren Einsatzgebiet bestehen, bestimmen die Oberflächenbehandlung.

Leiterkartensteckverbinder zu modifizieren ist kurzfristig und ohne lange Lieferzeiten möglich. Das lässt sich für geringe Mengen ab einem Stück und für große Serien umsetzen. Wirtschaftlich betrachtet besteht die modifizierte Steckerleiste aus Standardartikeln, die der Hersteller in gleichen oder zusätzlichen Arbeitsgängen an die Anforderungen des Kunden anpasst.

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Bild 2: Achtpolige Stiftleiste mit 0,635 mm Vierkantkontakt auf einem Isolierkörper mit Positioniernoppen. Fischer Elektronik

Kundenwünsche erfüllen

Die kundenspezifischen Steckverbinder (Bild 2) sind vollständig auf die Anforderungen der Verbindung abgestimmt. Von der Planung bis zur Herstellung der Sondervariante muss ausreichend viel Zeit in der Planungsphase einberechnet werden. Neben der Konzeption und Realisierung von Form- und Stanzwerkzeugen benötigen auch die Entwicklungsphase und die Freigabeprüfung noch eine gewisse Zeit. Die Umsetzungsphase des Projektes variiert von Steckverbinder zu Steckverbinder; je nachdem wie spezifisch die Anforderungen des Kunden sind. Ein Pflichtenheft mit allen Kriterien für den Steckverbinder ist dabei für den Entwicklungsingenieur unabdingbar.

Kundenspezifische Kontakte

Zum Herstellen von Kontakten gibt es unterschiedliche Verfahren. Beim Entwicklungsstart sind Präzisionsstifte und -buchsen deutlich schneller zu fertigen als gestanzte Kontakten. Die Präzisionskontakte lassen sich durch geringe Werkzeugkosten und Zeitaufwand erstellen; mit High-Speed-Drehmaschinen erfolgt die Fertigung der Präzisionsstifte und -buchsen. Kundenspezifische Formen der Präzisionskontakte lassen sich schon im Fertigungsprozess berücksichtigen und herstellen.

Nach dem Drehen fügt man bei den Präzisionsbuchsen im zweiten Arbeitsgang die gestanzten Innenfedern (Clip) ein. Dabei wird der Clip direkt im Kopf der Hülse verpresst. Der Kontaktierungspunkt liegt im oberen Drittel des Einsteckbereiches. Dieser variiert durch die Form und Größe der Innenfeder.

Da der Buchsenkontakt aus zwei Bauteilen besteht, ergibt sich die Möglichkeit, beide Teile, Innenfeder und Hülse, unterschiedlich zu veredeln oder unterschiedliche Schichtstärken zu wählen. Dabei kann die Innenfeder eine höhere Goldauflage haben, dadurch sind höhere Steckzyklen möglich. Präzisionsbuchsenkontakte können durch die hohe Anzahl an Kontaktierungselementen an der Innenfeder (3-Finger, 4-Finger) unterschiedliche Formen von Stiftkontakten aufnehmen. Der Clip in der Präzisionsbuchse ist für rechteckige, quadratische und zylindrische Stifte geeignet.

Gabel- und Flachkontakte

Bei gestanzten Kontakten unterscheidet man zwischen Gabel- und Flachkontakten. Für beide Kontakte ist für die Fertigung ein Stanzwerkzeug notwendig. Vorteil ist, dass die Kontakte nicht nach dem Stanzen vom Streifen getrennt werden müssen. Dadurch lassen sie sich in der Bandgalvanik veredeln und eine selektive Veredelung (Lötbereich verzinnt und Steckbereich vergoldet) ist möglich. Die aufgetragene Menge vom teuren Rohstoff Gold kann man so verringern.

Im Gegensatz zu den Präzisionsbuchsen sind die gestanzten Kontakte nicht für alle Formen von Stiften geeignet, denn Gabelfedern und Flachkontakte nehmen nur quadratische oder rechteckige Querschnitte auf. Bei der Sonderanfertigung von gestanzten Kontakten besteht die Möglichkeit, vorab kleinere Mustermengen durch Drahterodieren oder Ätzen herzustellen. Dadurch lassen sich teure Werkzeugänderungen nach der ersten Abmusterung vermeiden.

Stiftkontakte

Als Gegenstecker zu den Buchsenkontakten eignen sich Stiftkontakte als Präzisionskontakte oder Flach- und Vierkantkontakte. Die Präzisionskontakte haben eine zylindrische Form, Flachkontakte eine rechteckige Form und Vierkantkontakte eine quadratische Form.

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Bild 3: Vierpolige Stiftleiste mit Präzisionskontakten zur THR-Lötung auf einem Isolierkörper mit breiter Fläche für die Ansaugung zur automatischen Bestückung. Fischer Elektronik

Bei der Sonderanfertigung ist wichtig zu definieren, welche Buchse der Gegenstecker ist; die Festlegung der Größe und Form des Stiftkontaktes erfolgt durch diese Vorgabe. Die Einbaulage auf der Leiterplatte und das Lötverfahren bestimmen die Ausführung des Kontaktes. Dabei unterscheidet man bei den Stiftkontakten zwischen gerade und abgewinkelt für THT-Technik oder stehend und liegend für SMD-Technik.

In den letzten Jahren findet sich vermehrt die THR-Technik (Bild 3) bei der Verlötung. Dabei ist die Lötseite des Kontaktes gerade und etwas kürzer als bei Kontakten für THT-Technik. Die Lötseite wird durch eine auf der Platine aufgetragene Paste durchgesteckt und im Reflow-Lötprozess verlötet. Diese Technik ist auch unter dem Namen Pin-in-Paste (PIP) bekannt.

Wahl des Isolierkörpers

Die Anwendungsbedingungen für die Isolierkörper von Leiterkartensteckverbindern sind anspruchsvoll – dieser Umstand wird sich auch nicht ändern. Das Bestücken der oberflächenmontierten Bauteile auf der Leiterkarte erfolgt automatisiert; die bestückte Leiterkarte wird im bleifreien Lötprozess kurzzeitig Temperaturen von bis zu 260 °C ausgesetzt.

Technische Kunststoffe wie PSU (Polysulfon) oder PC (Polycarbonat) erreichen allerdings beim Reflow-Lötprozess ihre Erweichungstemperatur. Die Isolierkörper der Steckverbinder schmelzen bei diesen hohen Temperaturen. Das bedeutet, dass Standard-Kunststoffmaterialien die hohen Anforderungen durch den Lötprozess (Heißdampf- oder Reflowlöten) nicht erfüllen können. Entsprechend des Einsatzgebietes eignen sich als Isolierwerkstoffe für die Leiterkartensteckverbinder hochleistungsthermoplaste Materialien wie LCP (liquid crystalline polymers) und PA4.6 (Polyamid 4.6). Hochleistungsthermoplaste zeichnen sich durch eine Dimensionsstabilität, gute Wärmeformbeständigkeit und ihre positiven mechanischen Eigenschaften aus.

Verpackung nach Maß

Die Designanpassung der Steckverbinder ist nur eine Möglichkeit eine Sonderanfertigung umzusetzen. Sie ist aber nicht nur am Produkt selbst zu finden, denn auch Verpackungsformen lassen sich nach Kundenwünschen gestalten. Die Lage des Produktes auf Gurt und Spule oder im Stangenmagazin kann als Standard- oder Sonderartikel spezifisch erfolgen. Der Verarbeitungsprozess, der folgt, bestimmt oftmals die Entscheidung.

Aus der Praxis

Ziel war, die Fertigungskapazität durch Automatisierung des Bestückungsprozesses zu erhöhen. Dazu erfolgte in der Steuerungseinheit der Pumpen eine manuelle Ausrichtung und Verlötetung der vier Einzelkontakte. Die vier Kontakte verbauten die Ingenieure in einem Isolierkörper im Raster 5,75 mm und verpackten sie im Blistergurt.

Die 4-polige Stiftleiste (Bild 3) wird in einem Arbeitsgang maschinell auf der Platine gesteckt und mit den anderen Bauteilen auf der Leiterkarte im Reflow-Lötverfahren gelötet. Die Entwicklungskosten brachte die automatisierte Fertigung schnell ein. Die Kontakte stehen im 90-Grad-Winkel zur Platine, dadurch verbesserte sich die Qualität im Fertigungsprozess. Schräg angelötete Kontakte gehören der Vergangenheit an.

Valentin Razmovski

ist als Entwicklungsingenieur bei Fischer Elektronik in Lüdenscheid tätig.

(rao)

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