Neben den grundlegenden Maßnahmen bei Entwicklung, Konstruktion und den Produktionsmethoden eines Produktes ist am Ende des Prozesses ein zuverlässiger Schutz der elektronischen Baugruppen vor mechanischen und umgebungsbedingten Einwirkungen durch einen Schutzüberzug immer wichtiger. Ziel der Beschichtung ist die Reduzierung von Korrosion und deren Folgeschäden sowie die daraus resultierende Verbesserung von Lebensdauer, Funktionssicherheit und Zuverlässigkeit der Endprodukte. Der Schutz gegen Feuchtigkeit und Betauung sowie chemische Verunreinigungen verhindert Kurzschlüsse und Leckströme sowie Spannungsüberschläge und Entladungen. Beim Baugruppendesign können engere Leiterbahnführung und höhere Leistungen realisiert werden. Whisker- und Dendritenwachstum sowie Elektromigration werden verhindert und die Ermüdung von Lötverbindungen reduziert.

Bevorzugte Anwendungsgebiete sind alle Industriezweige, wo hohe Zuverlässigkeit bei kritischen Umgebungsbedingungen gefordert ist. Richtlinien zur Bewertung von Schutzbeschichtungen finden sich in den Normen IEC 61086, IEC60464, IPC CC 830 und IPC HDBK-830. Neben dem bisher bekannten Verguss kompletter Baugruppen oder der Beschichtung von Leiterplatten mit relativ großen Schichtstärken kommt der Dünnfilmbeschichtung oder Conformal Coating eine immer größere Bedeutung zu.

Die Effektivität der Beschichtung lässt sich durch eine vorherige gründliche Reinigung der Baugruppen von allen Verunreinigungen wesentlich verbessern. Ausfälle beschichteter Baugruppen sind fast immer auf Verunreinigungen auf der Leiterplatte und Bauteilen zurückzuführen. Dies können neben Stäuben mit ionischen Bestandteilen oder Fingerabdrücken mit fett- oder säurehaltigen Rückständen vor allem Stoffe wie Harze, Aktivatoren aus Flussmittelrückständen vom Lötprozess oder auf Bauelementeoberflächen Rückstände von Formtrennmitteln sein. Diese Verunreinigungen verschlechtern die Haftung der Beschichtung und fördern Delamination. Unter der Beschichtung eingeschlossene ionische Rückstände führen in Verbindung mit Feuchtigkeit zu Migration (wichtig ist die Dampfdurchlässigkeit der Materialien) und fördern langfristig den Ausfall einer Baugruppe.

Speziell gestaltete Düsen begrenzen die Form des Sprühstrahls

Neben der Materialwahl stellt insbesondere die Auftragstechnik eine große Fehlerquelle dar. So ist zu klären, wie schnell, mit welcher Technik und Ausrüstung sich das Material auftragen lässt und wie es ausgehärtet wird. Ein weiterer Aspekt ist, welche Ausrüstung eine gleichmäßige, reproduzierbare Schichtdicke und Konturenschärfe sicherstellt. Neben den meist für Kleinserien gebräuchlichen Auftragsverfahren wie Streichen oder manuelles Aufsprühen mit Sprühpistolen oder Sprühdosen ist im Großserienbereich das Tauchverfahren und die Beschichtung mit Robotersystemen verbreitet.

Pfiffige Ingenieure des Herstellers TTNS haben sogenannte Spray-Guns entwickelt. Diese Sprühköpfe ermöglichen linienförmige Sprühvorhänge mit präziser Randbegrenzung ohne Sprühnebel oder spiralförmige Spühmuster. Diese Technologie, bei der das Medium nicht durch Druckluftbeimischung zerstäubt wird – deswegen keine Sprühnebel – ermöglicht eine Materialeinsparung von 40 bis 60 Prozent gegenüber herkömmlichen Sprühtechniken. Zur Anwendung kommen diese besonderen Sprühköpfe im Beschichtungssystem TCM45A. Das System verarbeitet alle gängigen Materialien wie Acryl, Silikon, Urethan, Epoxy und Rubber Resin. In Kombination mit Sprühköpfen ist es möglich, zusätzlich zum Auftrag hochviskoser Medien auch Nadeldosierköpfe zu montieren.

Fehler sicher erkennen

Was sich einfach anhört, ist alles andere als trivial: Schutzlack drauf und durch ist bei den immer komplexer werdenden elektronischen Baugruppen alles andere als sinnvoll. Aber selbst wenn man sich an die Vorgaben hält, kann es zu Fehlern in der Beschichtung von bestückten Leiterplatten kommen. Eine kleine Auswahl der häufigsten Fehler, und wie man sie erkennt und vor allem: behebt.

Blasen, Krater, Schaumbildung: Blasen enstehen durch eingeschlossene Lufttaschen unter der Beschichtung. Dringen die Lufteinschlüsse bei niedriger Viskosität des Lackes an die Oberfläche und zerplatzen, entstehen kraterförmige Fehlstellen. Ursachen sind entweder zu dicker Nassauftrag, zu viskoses Material oder Luft unter Bauteilen, die bei fortschreitender Aushärtung entweicht. Dies kann durch moderate Temperaturprofile beim Aushärten vermieden werden. Zu hoher Druck beim Sprühen kann zur Schaumbildung führen.

Orangenhaut, Runzeln: Dieser Fehler ist anhand einer matten, unregelmäßigen Oberfläche charakterisiert, Zu großer Abstand beim Sprühen führt zum Auftrag teilweise bereits „trockenen“ Materials. Bei schnell härtendem Material können falsche Temperaturprofile zu einem ähnlichen Fehlerbild führen.

Fadenbildung: Speziell bei schnell trocknenden Lacken (Acryllacke) zu beobachten. Abhilfe kann die Reduzierung des Sprühabstandes und der Zerstäubungsluft oder Zugabe von mehr Verdünnung schaffen.

Mangelnde Haftung, Ablösung: Wie bereits beschrieben ist die Hauptursache in Verunreinigungen der Baugruppe vor dem Beschichten zu finden. Trennmittel auf Bauelementegehäusen, Fingerabdrücke, schlecht gehärteter Lötstopplack, silikonhaltige Kleber zur Bauteilebefestigung, Flußmittelreste sind die häufigsten Ursachen. Auch Feuchtigkeit in der Baugruppe oder Umgebung führen zu dem Fehlerbild.

Für die in hiesigen Fertigungsstätten häufig notwendigen Produktwechsel ist eine einfache, bedienerfreundliche Programmiermöglichkeit unerlässlich. Dies lässt sich beispielsweise durch vorprogrammierte Arbeitsparameter vereinfachen. Für unterschiedliche Beschichtungsmaterialien und Beschichtungsdicken bieten die Maschinenhersteller Bibliotheken, in denen die jeweils relevanten Parameter bereits definiert sind. Für die Programmierung der zu beschichtenden Bereiche wird ein Bild der Leiterplatte erzeugt und anhand dieser graphischen Daten lassen sich sehr einfach mittels Mausfunktionen die einzelnen Beschichtungsbereiche festlegen. Alternativ kann dies auch durch Eingabe von Koordinaten erfolgen.

Zur Realisierung einer kompletten Beschichtungsstraße gehören neben Handlingseinrichtungen die Trocken- oder Härteöfen. Wichtig ist dabei ein detailliert regelbares Temperaturprofil, um Blasenbildung des Beschichtungsmaterials zu vermeiden. Eine interessante Lösung im Vergleich zu den bisher üblichen, sehr großen Durchlauföfen stellt die Eco99 von TTNS dar, da sie komplette Leiterplattenmagazine befördern kann. Bei Durchlaufzeiten von maximal sechs Minuten pro Magazin lässt sich ein recht hoher Durchsatz erreichen. Das ausgeklügelte Konvektionssystem und eine spezielle Wärmeisolation halbieren den Energieverbrauch gegenüber sonst üblichen, mehrere Meter langen Härteeinrichtungen. Die kompakten Grundmaße von 1,1 mm x 2,4 mm sparen zusätzlich Ressourcen.

Vermeiden und Erkennen von Beschichtungsfehlern

Aufgrund der dünnen Schichtstärke und der Transparenz der Beschichtung ist es nicht so einfach möglich, Fehlstellen zu erkennen. Abhilfe kann hier fluoreszierendes Material schaffen, das unter UV-Beleuchtung die beschichteten Flächen sichtbar macht. Auch eingefärbte Schutzlacke sind hier hilfreich. Neben der Beurteilung durch das Auge können mittlerweile Automatische Optische Inspektionssysteme, insbesondere bei hohem Durchsatz, zum Einsatz kommen

Wichtig ist neben der Vermeidung von Fehlstellen überhaupt eine möglichst gleichmäßige Schichtdicke in allen Bereichen. Allerdings ist die Messung der Schichtdicke auf einer komplexen Baugruppe nahezu unmöglich. Aus diesem Grund konzentriert man sich üblicherweise darauf, vor Beginn der Produktion auf einem planen Substrat die gewünschte Schichtstärke durch praktische Tests zu ermitteln und die zugehörigen Arbeitsparameter festzulegen. Das einfachste Hilfsmittel ist ein Messkamm mit unterschiedlich hohen Aussparungen, der über die „nasse“ Beschichtung geführt wird. Auch Schichtdickenmessgeräte wie das Positest, die bei ausgehärteten Beschichtungen verwendet werden, sind gebräuchlich. Eine Sammlung von Teststreifen mit unterschiedlichen Beschichtungsstärken und den zugehörigen Prozessparametern sind sehr hilfreich.

Nur gut aufgebrachter Schutz schützt gut

Aufgrund der Komplexität des Zusammenwirkens von Baugruppeneigenschaft, der Auswahl des Beschichtungsmaterials, Auftragsverfahren und Aushärte- bzw. Trocknungsparametern ist es für zufriedenstellende Ergebnisse unerlässlich, dass sich Baugruppenhersteller mit den Experten der Materialseite, Reinigungsverfahren und Ausrüstungsherstellern austauschen, um für das jeweilige Endprodukt die optimale Lösung zu finden.

Gerhard Reusch

ist Geschäftsführer von Multi-Components

(mrc)

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Multi-Components GmbH Fertigungssysteme für die Elektronikindustrie

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