Beispiel eines Lagenaufbaus für eine neue AiP-Plattform für mmWellen 5G.

Bild 2: Beispiel eines Lagenaufbaus für eine neue AiP-Plattform für mmWellen 5G. (1) Antennenregion. (2) Abschirmung. (3) Umverdrahtungslagen. (4) Komponentenlage. (5) Lage für das thermische Management. (Bild: Fraunhofer IZM)

Mit 5G wird derzeit die neue Mobilfunkgeneration entwickelt und eingeführt, die eine derartige Vernetzung überhaupt erst realisieren wird. Mit dem aktuellen LTE-Mobilfunkstandard lag der Fokus auf einer möglichst breitbandigen Übertragung von multimedialen Inhalten vom und zum Smartphone. Die 5G-Architektur der neuen Mobilfunkgeneration ist hier wesentlich komplexer und fokussiert im Wesentlichen auf die drei Anwendungsbereiche:

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Bild 1: Hybride Beamformingarchitektur für mmWellen bei 5G-Applikationen. FraunhoferIZM

  • Enhanced Mobile Broadband – mit einer erweiterten mobilen Breitbandverbindung, um Mobilgeräte mit möglichst hohen Datenraten bis zu 10 GBit/s zu versorgen,
  • Massive Machine Type Communication – um im Sinne des „Internets der Dinge“ (IoT) extrem viele Sensoren, Systeme und „Dinge“ auch mit sehr geringen Datenraten und niedrigem Energieverbrauch zu vernetzen und
  • Ultra-reliable and Low Latency – für hochzuverlässige mobile Vernetzungen mit geringen Latenzen (bis zu 1 ms) z.B. für die extrem schnelle Datenübertrag in der Industrieautomation (z.B. mobilen Robotern) oder für das autonome Fahren.

Aktuell werden weltweit enorme Anstrengungen unternommen, um die 5G-Netze aufzubauen. Den Start bildeten sogenannte 5G-Campusnetze. Das sind exklusive Mobilfunknetze für definierte lokale Gebiete (z.B. auf Werksgeländen großer Firmen), die die Frequenzen von 3,7 – 3,8 GHz nutzen und nur lokal funken dürfen. Zahlreiche Realisierungen bei Firmen (Osram, ZF, Audi oder Mercedes-Benz) oder Universitäten (5G-Industry Campus Europe) ermöglichen Tests und erste Anwendungen in den errichteten Campusnetzen. Die großen Mobilfunkbetreiber in Deutschland Telekom, Vodafone, Telefonica und 1&1-Drillisch sind indessen dabei, beginnend in Großstädten und Ballungsgebieten ihre 5G-Netze aufzubauen.

Noch offen bei 5G ist aber der Ausbau der Frequenzbereiche ab 24 GHz. Die Frequenzen werden in Zukunft anwendungsabhängig genutzt und nicht an einzelne Mobilfunkbetreiber vergeben. Mit den hohen Frequenzbereichen sind nur geringe Sendereichweiten möglich, so dass diese nur für sehr lokale Gebiete z.B. Firmenstandorte oder Hot Spots in Stadien, Flughäfen etc. genutzt werden können und eher für spezielle Anwendungen mit sehr vielen Nutzern geeignet sind. Für Datenraten von 10 GBit/s und mehr sind Bandbreiten von mindestens 100 MHz nötig. Im 5G-Bereich müssen hierfür die Frequenzbänder ab 24 GHz genutzt werden und die Übertragung im Millimeterwellenbereich (sog. mmWave) erfolgen. In der Entwicklung kommt hierbei den Systemintegrationstechnologien eine tragende Rolle zu, damit zukünftige 5G-Komponenten baukastenartig den flexiblen Aufbau von Netzinfrastrukturen unterstützen.

Noch sind hierbei aber längst nicht alle technologischen Herausforderungen gelöst. Nachfolgend sollen wichtige Anforderungen für das Packaging für mmWellen 5G skizziert und eine Packagingplattform sowie der Aufbau geeigneter Antennenstrukturen zur kosteneffizienten Bereitstellung von 5G-Komponenten vorgestellt werden.

Anforderungen an die Systemintegration

Aufgrund der höheren Antennendichte wird auch der Kostenfaktor eine entscheidende Rolle beim Aufbau des 5G-Netze spielen. Aus diesem Grund muss der Fokus bei der Systemintegration auch auf eine kostengünstige Herstellbarkeit gelegt werden. Neben den verwendeten Materialien für das Packaging müssen die Verbindungsstrukturen und die Prozesse für deren Realisierung möglichst kosteneffizient sein, ohne die Leistungsfähigkeit zu vernachlässigen. 5G-Packagingplattformen ermöglich hier eine hohe Flexibilität, da bei veränderten Anforderungen nicht eine komplette Neuentwicklung stattfinden muss. Diese Plattformen müssen folgende Eigenschaften aufweisen [4]:

  • Herstellbarkeit und Integration von breitbandigen mmWellen-Antennenarrays mit hohem Gewinn, um Antenna-in-Package-Plattformen (AiP) zu ermöglichen.
  • Elektromagnetische Verträglichkeit innerhalb des Systems.
  • Geringe Integrationsverluste, um eine hohe äquivalente isotrope Strahlungsleistung (englisch: equivalent isotropic radiated power – EIRP) zu erhalten.
  • Signalintegrität
  • Powerintegrität
  • Integration von Passiven mit hoher Güte für das Co-Design von aktiven mmWellen-Frontend Transceiverkomponenten.
  • Heterogene Integration

Für solche genannten Antenna-in-Package-Plattformen ist dabei die Skalierbarkeit eine weitere Schlüsselanforderung. Dies wird erreicht, indem zunächst grundlegende Antennenelemente entwickelt werden und diese dann in beide laterale Dimensionen angeordnet werden, so dass je nach Anforderungen neue Systeme erzeugt werden, die wiederum eine Vielzahl an Szenarien abdecken (Bild 1). Für die Skalierbarkeit müssen zudem insbesondere Fragestellungen der thermischen Zuverlässigkeit berücksichtigt werden [1].

Systemintegrations-Plattform für mmWellen 5G

Bild 2 zeigt ein Beispiel für den Aufbau einer Antenna-in-Package-Plattform für mmWellen 5G (vgl. auch [2] und [3]). Mit dem Aufbau werden die dargestellten Anforderungen an die Systemintegration erfüllt.

Beispiel eines Lagenaufbaus für eine neue AiP-Plattform für mmWellen 5G.

Bild 2: Beispiel eines Lagenaufbaus für eine neue AiP-Plattform für mmWellen 5G. (1) Antennenregion. (2) Abschirmung. (3) Umverdrahtungslagen. (4) Komponentenlage. (5) Lage für das thermische Management. Fraunhofer IZM

So sind die I/O Pins der Chips bei der Einbettung nach oben ausgerichtet, sodass möglichst kurze Pfade zur Antenne über die Umverdrahtungslagen realisiert werden können und zugleich ein guter thermischer Pfad durch thermische Vias oder einem Metallkern über die Rückseite des Moduls bereitgestellt werden kann. Passive Komponenten können entweder im Bereich der Umverdrahtungslagen integriert oder in die Komponentenlage neben den Chips angeordnet werden. Durch diese kurzen Abstände werden die parasitären Effekte der Verbindungselemente zwischen Komponenten und Chips minimiert.

Das Aufbaukonzept wird u.a. im EU-Projekt Serena [4] eingesetzt, wo ein 39 GHz-5G-mmWellen-AiP für Basisstationen entwickelt wird. Die Architektur des Systems entspricht dem hybriden Beamforming-Ansatz aus Bild 1, wobei ein Grundbaustein aus vier Antennen-Elementen besteht, die jeweils aus einem 1×2-Subarray bestehen (siehe Bild 3). Jedes einzelne dieser 1×2-Subarrays wird von einem GaN-basierten Transceiver der Firma Ommic angeregt. Zur Steuerung der Abstrahlung des Antennenarrays wird zusätzlich ein SiGe-Beamforming-Chip eingesetzt. Durch eine Skalierung mittels acht der AiP-Grundmodule wird hier das finale System, eine mmWellen NR-Basisstation realisiert.

Entwicklung von mmWellen Antennen

Die Entwicklung des 5G-mmWellen-Antennendesigns spielt für die spätere Funktionalität eine wesentliche Rolle. Bei der Entwicklung werden zunächst die zum Einsatz kommenden Materialen für die Antenne und Umverdrahtungslagen für den entsprechenden mmWellen-Bereich charakterisiert. Eine Methode diese relevanten Parameter zu erlangen, geschieht über planare Mikrostreifenresonatoren, die simuliert, hergestellt und vermessen werden. Aus diesen Messergebnissen lassen sich die Materialparameter extrahieren.

Nachdem die Materialien charakterisiert wurden, fließen diese Daten in das Antennendesign ein. Die Auslegung der Antenne erfolgt durch entsprechende Simulationen. Das optimierte Modell wird schließlich in Layoutdaten überführt, zur Herstellung von Teststrukturen bereitgestellt und schließlich in einer Antennenmesskammer vermessen. Bei den Teststrukturen des Serena Antennensubarrays [4] wurde hier ein Antennengewinn von 8,25 dB bei der Resonanzfrequenz 37,4 GHz erreicht. Um Diskrepanzen zwischen Simulation und Messung zu erklären, werden geometrische Vermessungen vorgenommen, um Herstellungstoleranzen zu identifizieren. In einer weiteren Optimierungsphase fließen diese Schwankungen mit ein, sodass ein robustes Antennendesign resultiert.

Perspektive 6G – die nächste Mobilfunkgeneration

Typischerweise liegen etwa 10 Jahre zwischen dem Beginn der Entwicklung und der Einführung einer neuen Mobilfunkgeneration. Obwohl derzeit das 5G-Netz aufgebaut wird, laufen bereits seit 2017 weltweit Vorlaufforschungen für die nachfolgende Mobilfunkgeneration 6G, die im Jahr 2030 eingeführt werden soll.

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Bild 3: Antennenarray des 5G mmWellen Moduls Fraunhofer IZM

Die Erwartungen an die weiterentwickelten, noch leistungsfähigeren Netzwerke gehen von einer gesteigerten Schnelligkeit über einen Echtzeitdatentransfer bis zu höchsten Zuverlässigkeiten für das Internet of Everything (IoE) aus. Des Weiteren rückt der massive Ausbau von Wireless Backhaul für die Mobilkommunikation in den Fokus. Andere Anwendungsszenarien finden sich in der verteilten künstlichen Intelligenz, der präzisen Lokalisierung und dem Echtzeittransfer von immensen Datenmengen, z.B. für das autonome Fahren, aber auch Roboterfernsteuerung und das parallele Streaming von unkomprimierten Videodaten für die Überwachung und Roboterchirurgie in der Telemedizin.

Für diese Szenarien bieten sich besonders Frequenzen über 100 GHz an, da hier die nötigen Bandbreiten für derartige Datenraten vorhanden sind. In dem angelaufenen BMBF-Projekt 6GKom wird u.a. Hardware für das D-Band (110-170 GHz) untersucht. Hier soll ein ultrabreitbandiges, miniaturisiertes, massives MIMO-Modul mit Beamformingfähigkeiten entwickelt werden, das für zukünftige Mobilfunkgenerationen eingesetzt werden kann.

Zusätzlich fließen in die Untersuchungen auch die Möglichkeiten einer Implementierung von Basisbandarchitekturen ein, die die parasitären Effekte der Terahertzregion berücksichtigen und kompensieren können. Letztendlich werden diese Module in der dafür konzipierten Testumgebung verifiziert.

Digitale Transformation

Die Mobilfunkgeneration 5G wird gern als Schlüssel der digitalen Transformation angesehen, um die Datenübertragung weiter zu steigern (bis 10 Gbit/s), die Vernetzung von IoT-Endgeräten zu realisieren und Echtzeitübertragungen, wie sie in Produktionsprozessen oder beim autonomen Fahren nötig sind zu verwirklichen. Vor allem die Industrie verbindet mit der 5G-Einführung große Hoffnungen, um die Effizienz in der Automatisierung bei Produktionsprozessen weiter zu steigern.

Während die Mobilfunkbetreiber bereits ihre 5G-Netze aufbauen, gibt es aber beim Ausbau der Frequenzbereiche ab 24 GHz noch umfangreiche Entwicklungsarbeit zu leisten. Kern der Entwicklungen sind hier u.a. Packaging-Plattformen, um 5G-Hardware-Komponenten bereitzustellen, die an unterschiedliche Anwendungsszenarien angepasst werden können.

Danksagung

Die Autoren danken den Mitarbeitern des Fraunhofer IZM und des Forschungsschwerpunktes Technologien der Mikroperipherik der TU Berlin (insbesondere Herrn Dr. Ivan Ndip und Herrn Michael Kaiser) für die Forschungsergebnisse und Technologiebeispiele, die in diesem Artikel Eingang gefunden haben. Gleiches gilt für die Förderer BMBF und der Europäischen Union, deren Projekte 6GKom und Serena [4] wichtige Teilentwicklungen ermöglichten.

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Literatur und Quellen:

[1]         Ndip, I., Lang K.-D.: “Roles and requirements of, electronic packaging in 5G”, 7th IEEE Electronics System-Integration Technology Conference 2018, Dresden, Germany

[2]         A. O. Ivan Ndip, „Module arrangement comprising embedded components and an integrated antenna, device comprising module arrangements, and method for manufacturing“. US Patent Application US20180191062A1.

[3]         A. O. Ivan Ndip, „Modulanordnung mit eingebetteten Komponenten und einer integrierten Antenne, Vorrichtung mit Modulanordnungen und Verfahren zur Herstellung“. European Patent Application EP3346548A

[4]         Ndip, I. et al: A Novel Packaging and System-Integration Platform with Integrated Antennas for Scalable, Low-Cost and High-Performance 5G mmWave Systems. IEEE 70th Electronic Components and Technology Conference, June 3 – June 30, 2020.

Prof. Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Klaus-Dieter Lang

Prof. Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Klaus-Dieter Lang, Institutsleiter des Fraunhofer IZM und Prof. an der TU-Berlin
Fraunhofer IZM

Dr.-Ing. Maik Hampicke

Fraunhofer IZM

(pg)

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