Bild 1: Ein OPV in CMOS-Technologie hat nur bei geringer Bandbreite einen niedrigen Stromverbrauch. Für hohe Geschwindigkeiten sind Bipolarverstärker daher besser geeignet.

Bild 1: Ein OPV in CMOS-Technologie hat nur bei geringer Bandbreite einen niedrigen Stromverbrauch. Für hohe Geschwindigkeiten sind Bipolarverstärker daher besser geeignet. (Bild: Microchip)

Bipolartransistoren wurden in den späten 1940er Jahren in den Bell Laboratories erfunden. Bipolar bedeutet dabei, dass der Betrieb sowohl Elektronen als auch Löcher benötigt. Diese Transistoren waren für viele Jahrzehnte das IC-Design der Wahl und sind auch aktuell noch in Gebrauch.

Complementary Metal-Oxide Semiconductors (CMOS) kamen in den 1960er Jahren auf den Markt und galten als stromsparende Digitallogik-Alternative zur Transistor-Transistor-Logik (TTL). Im Gegensatz verbraucht ein Transistor in CMOS-Technologie nur dann Strom, wenn er den Schaltzustand verändert – daher auch der geringe Stromverbrauch. BiCMOS-Transistoren kombinieren CMOS- und Bipolar-Technologien in einem Baustein. Dadurch können Chipentwickler die Vorteile beider Technologien gezielt nutzen. Bis vor wenigen Jahren war die Kombination von bipolar und CMOS in einem nahtlosen Prozess nicht sehr zuverlässig und sehr teuer, weshalb BiCMOS-Transitoren nur für bestimmte Anwendungen – auch für OPVs – zum Einsatz kamen, bei denen die Vorteile der Technologie die zusätzlichen Prozesskosten auswogen.

Jede der genannten Prozesstechnologien hat Vor- und Nachteile wenn es um die Entwicklung von Operationsverstärkern geht. Im Folgenden beschreibt der Beitrag diese Kompromisse und was sie für die tatsächlichen Eigenschaften des Verstärkers bedeuten.

Stromverbrauch

Bild 1: Ein OPV in CMOS-Technologie hat nur bei geringer Bandbreite einen niedrigen Stromverbrauch. Für hohe Geschwindigkeiten sind Bipolarverstärker daher besser geeignet.

Bild 1: Ein OPV in CMOS-Technologie hat nur bei geringer Bandbreite einen niedrigen Stromverbrauch. Für hohe Geschwindigkeiten sind Bipolarverstärker daher besser geeignet. Microchip

Der Vorteil des geringen Stromverbrauchs bei CMOS-OPVs gilt jedoch nur für langsamere Verstärker. Nimmt die Bandbreite zu, steigt der Strombedarf eines CMOS-Verstärkers erheblich an und erreicht bald einen höheren Wert als ein vergleichbarer bipolarer Verstärker. Wegen des exponenziell ansteigenden Stroms, der bei einem CMOS-OPV erforderlich ist, um hohe Geschwindigkeiten zu erreichen, sind Bipolarverstärker besser für Anwendungen mit hoher Bandbreite und schneller Spannungsanstiegsrate geeignet.

Für Anwendungen mit geringerer Bandbreite bieten CMOS-Verstärker weiterhin Vorteile hinsichtlich des Stromverbrauchs. Der stromsparende CMOS-Operationsverstärker MCP6041 von Microchip bietet beispielsweise einen Ruhestrom von nur 600 nA und ein Verstärkungs-Bandbreite-Produkt von 14 kHz.

Rauschwerte

Bild 2: Im CMOS-Transistor findet der Stromfluss nahe der Silizium-Oberfläche statt und reagiert stark auf oberflächennahe Defekte im Kristall. Dies ist der Grund für das hohe, niederfrequente Rauschen bei CMOS-OPVs.

Bild 2: Im CMOS-Transistor findet der Stromfluss nahe der Silizium-Oberfläche statt und reagiert stark auf oberflächennahe Defekte im Kristall. Dies ist der Grund für das hohe, niederfrequente Rauschen bei CMOS-OPVs. Microchip

In Bezug auf Flicker oder 1/f-Rauschen weisen CMOS-Transistoren ein höheres niederfrequentes Rauschen auf als Bipolartransistoren. Bei niedrigen Frequenzen entsteht dieses Rauschen vor allem durch Unregelmäßigkeiten im Leitungsweg und durch Rauschen aufgrund von Bias-Strömen innerhalb der Transistoren. In einem Bipolartransistor ist der Leitungsweg innerhalb des Siliziums vergraben. Bei einem CMOS-Transistor findet der Stromfluss jedoch nahe der Oberfläche statt, wodurch er anfällig für oberflächennahe Defekte im Siliziumkristall ist, was das niederfrequente Rauschen erhöht. Bei höheren Frequenzen ist das 1/f-Rauschen vernachlässigbar klein, da hier das weiße Rauschen aus anderen Quellen dominiert. CMOS-Transistoren bieten eine niedrigere Transkonduktanz (Gegenwirkleitwert) im Vergleich zu Bipolartransistoren ähnlicher Größe, was zu einem höheren Breitbandrauschen führt. Generell bieten bipolare Operationsverstärker einen Vorteil gegenüber CMOS – gerade wenn es um die Rauschwerte geht.

Spannungsoffset

Eine weitere wichtige Verstärkerspezifikation ist die Eingangsoffsetspannung. Dabei handelt es sich um die Spannungsdifferenz des Verstärkers zwischen invertierendem und nicht invertierendem Eingang. Diese Fehlerspannung kann von einigen mV bis in den mV-Bereich variieren und hängt stark davon ab, wie gut sich die Eingangstransistoren anpassen lassen.

Bipolartransistoren bieten hier eine deutlich bessere Anpassung, was zu niedrigeren Offsetspannungen führt. Einige Hersteller kompensieren diese Fehlanpassung durch Lasertrimmung, Sicherungen oder sogar EPROMs. Diese Techniken können die Leistungsfähigkeit eines Verstärkers unabhängig von der Prozesstechnologie erheblich verbessern. Eine bessere Anpassung führt auch zu einer geringeren, temperaturbedingten Spannungs-Offset-Drift über der Temperatur, was ebenfalls eine wichtige Überlegung in vielen Anwendungen ist.

Gehäuseoptionen

Der Ruf, den CMOS als kostengünstigere Technologie hat, lässt sich hauptsächlich auf geringere Waferkosten zurückführen, die sich durch die Serienfertigung von CMOS-Logik-ICs ergeben. Trotz der niedrigeren Waferkosten nehmen CMOS-Transistoren ab einer bestimmten Strombelastbarkeit mehr Siliziumfläche ein als Bipolartransistoren, was zu einem größeren Chip führt. Dadurch lassen sich auch weniger Chips pro Wafer herstellen, was den Kostenvorteil der CMOS-Transistoren zunichtemacht und die Kostenstruktur beider Technologievarianten angleicht.

Ein größerer Chip begrenzt auch die Gehäusevarianten des Herstellers. Dies kann eine erhebliche Einschränkung sein, da Entwickler stets damit beschäftigt sind, mehr Leistungsfähigkeit und Funktionalität in immer kleineren Gehäusen unterzubringen. Verschiedene Gehäusearten, wie Ball Grid Array (BGA) und Leadless-Typen (ohne Anschlüsse) adressieren diese Forderungen.

Eingangs-Bias-Strom

Eck-Daten

Bei der Entscheidung für den richtigen Operationsverstärker kann der Systementwickler zunächst eine Auswahl treffen, welche Prozesstechnologie sich für die konkrete Anwendung am besten eignet: OPVs in CMOS-, Bipolar- oder BiCMOS-Technologie. Der Beitrag von Microchip gibt einen umfassenden Überblick über die Vor- und Nachteile dieser Herstellungstechnologien und beleuchtet dabei konkret Stromverbrauch, Rauschwerte, Spannungsoffset, Preis- und Gehäusefragen sowie den Eingangs-Bias-Strom und gibt abhängig von der konkreten Anwendung Empfehlungen für die OPV-Auswahl.

In allen Verstärkern kommt ein Eingangs-Bias-Strom zum Einsatz, also die Menge an Strom (von einigen pA bis in den dreistelligen nA-Bereich), die in die Eingänge fließt, um die Eingangstransistoren vorzuspannen (Biasing). Dieser Strom lässt sich auch als Leckstrom interpretieren, wird jedoch als Bias-Strom bezeichnet, wenn er an den Eingängen eines Verstärkers anliegt.

Operationsverstärker mit einer CMOS-Eingangsstufe besitzen einen geringeren Bias-Strom als jene mit bipolaren Eingangstransistoren (meist etwa 1 pA), während in Bipolartransistoren ein um Größenordnungen höherer Bias-Strom fließt. Der Eingangswiderstand der Schaltung wandelt den Bias-Strom in eine Spannung um und führt zu einer Fehlerspannung am Ausgang des Verstärkers. Je weniger Bias-Strom fließt, desto besser – CMOS-Verstärker bieten hier also einen deutlichen Vorteil.

Die Qual der Wahl beim OPV

Welche Technologie sich nun für den Operationsverstärker am besten eignet, wird auch in Zukunft noch Gegenstand heftiger Diskussionen bleiben. Bipolar-Verstärker sind schon lange am Markt etabliert, aber die Vorteile  von CMOS-OPVs sind in einigen Punkten nicht von der Hand zu weisen. BiCMOS-Prozesse für Operationsverstärker sind noch relativ neu am Markt, aber die Hybridtechnologie vereint das Beste aus beiden Welten – hohe Leistungsfähigkeit zu einem Preis, der immer wettbewerbsfähiger wird. Am Ende lautet die Antwort auf die Frage nach der passenden Prozesstechnologie: „Es kommt auf die Anwendung an“.

Entwickler müssen die Funktion des OPV in ihrem System bewerten und festlegen, welche Spezifikationen im konkreten Anwendungsfall entscheidend sind. Bei Anschluss an einen hochohmigen Sensor, zum Beispiel an ein Thermoelement mit passivem Filter, ist es ausschlaggebend, die Bias-Ströme minimal zu halten. Hier ist ein Verstärker mit einer CMOS-Eingangsstufe die beste Wahl. Ist andererseits ein schneller Verstärker mit hoher Verstärkung notwendig, kann ein bipolarer OPV die beste Leistungsfähigkeit bei niedrigstem Ruhestrom bieten. Kein universeller Verstärker und keine Prozesstechnologie adressieren alle Anwendungen, in denen Operationsverstärker zum Einsatz kommen – der Grund, weshalb Hersteller nach wie vor OPVs auf Basis unterschiedlicher Technologien anbieten.

Kevin Tretter

Product Marketing Manager bei Microchip

(na)

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