Halbleiterhersteller können durch komplette Systemlösungen mit vorvalidierter Hard- und Software OEMs bei der Beschleunigung des Wandels hin zur Elektromobilität unterstützen.

Halbleiterhersteller können durch komplette Systemlösungen mit vorvalidierter Hard- und Software OEMs bei der Beschleunigung des Wandels hin zur Elektromobilität unterstützen. (Bild: NXP)

Die von Gartner prognostizierten Zahlen an Elektrofahrzeugen für sind nicht verwunderlich. Gesetzliche Anforderungen, staatliche Subventionen und nicht zuletzt immer bessere Reichweiten steigern die Beliebtheit von Elektrofahrzeugen bei Verbraucher*innen seit einigen Jahren. Ein Blick auf die aktuellen Wartezeiten zeigt: das Angebot kommt der Nachfrage kaum hinterher – Elektroautos sind im Massenmarkt angekommen.

Die Automobilhersteller haben keine Zeit zu verlieren. Sie müssen die Massenproduktion von E-Fahrzeugen hochfahren, dabei die Qualität auf hohem Niveau halten und gleichzeitig ihre Produkte weiterentwickeln, um mit dem Markt Schritt zu halten. Nur so können sie Käufer von konventionellen Antrieben weglocken und mit neuen, disruptiven Herstellern konkurrieren, die sich ebenfalls auf dem Markt etablieren. Diese Transformation ist ein Kraftakt für die gesamte Industrie – und Halbleiter spielen dabei eine wichtige Rolle.

Was können kluge E-Auto-Batterien leisten?

Zu den wichtigsten Wettbewerbsfaktoren für Elektroautos zählen die Reichweite und die Dauer des Ladevorgangs. Beides ist abhängig von der Fahrzeugbatterie und dem zugehörigen Batteriemanagementsystem (BMS).

Bild 1: Reichweite und Ladedauer gehören zu den wichtigsten Faktoren bei der Wahl eines Elektroautos.
Bild 1: Reichweite und Ladedauer gehören zu den wichtigsten Faktoren bei der Wahl eines Elektroautos. (Bild: NXP)

Die Batterie ist der teuerste Teil des Elektroautos und die Komponente, die den größten Spielraum für Differenzierung bietet. Eine größere Batterie erhöht die Reichweite des Fahrzeugs, ist jedoch auch teurer, wiegt mehr und nimmt mehr Platz ein. Das Ziel ist es daher, das Potenzial der vorhandenen Batterie besser zu nutzen. Dazu allerdings muss man ihre Grenzen genau verstehen. Eine mit der Cloud verbundene intelligente Batterie ist hier ein vielversprechendes Konzept. In der Cloud wird ein digitaler Zwilling der Batterie erstellt. Dieses Konzept kombiniert physikalische, maschinelle Lern- und KI-Algorithmen mit den Daten nicht nur eines einzelnen Fahrzeugs, sondern der gesamten Flotte.

Durch eine sinnvolle Analyse dieser Batteriedaten kann beispielsweise die Reichweitenvorhersage verbessert, passende Lade- und Fahrstrategien vorgeschlagen und eine vorausschauende Wartung durchgeführt werden. Damit verbessern sich der Wirkungsgrad und die Lebensdauer der Batterie. Sie kann auch die Ladezeiten beschleunigen – ein wichtiges Differenzierungsmerkmal –, eine einfache Restwertberechnung ermöglichen und die Betriebskosten senken.

Chipsätze für die intelligente Batterie

Halbleiterhersteller sind die Wegbereiter der intelligenten Batterie: Sie stellen die Chipsätze für die Datenerfassung, Kommunikation und Verarbeitung bereit. Die Daten müssen so erfasst werden, dass sie den Anforderungen der Batteriemodelle, der Datenaktualisierungsrate des Batteriesystems und den höchsten funktionalen Sicherheitsstandards entsprechen, selbst unter hohen Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) und Robustheit. Ihre Übertragung in die Cloud muss auf einer flexiblen und sicheren Verbindung basieren.

Panel-Diskussion: The Smart connected battery and the future of electrification

Jens Hinrichsen, EVP Advanced Analog bei NXP, spricht beim „The Future of the Car Summit 2022“ der Financial Times mit Imogen Pierce, Director Influence E-Mobility, und Hui Zhang, Group Vice President NIO, über intelligente, vernetzte Batterien und ihre Bedeutung für die Zukunft des elektrischen Fahrens.

Nur wenn alle Akteure der Wertschöpfungskette – Automobilhersteller, Systemintegratoren und Tier-1-Unternehmen, Batteriehersteller, Software- und Dienstleistungsanbieter sowie die Halbleiterhersteller – eng zusammenarbeiten, lässt sich das Potenzial der intelligenten Batterie voll ausschöpfen. Gemeinsam können sie ein effizientes Ökosystem aufbauen, um die Markteinführungszeit zu verkürzen und die Interoperabilität zu gewährleisten. Mit starken Partnerschaften lassen sich Dienstanbieter dazu ermutigen, neue Anwendungsfälle und Anwendungen zu schaffen.

Vorausschauendes Laden benötigt Interoperabilität

Neben der Batterie selbst sind es vor allem die Rahmenbedingungen der Ladeinfrastruktur und der BMS-Elektronik, die die Ladegeschwindigkeit beeinflussen. Bei der Entwicklung von Ladesystemen spielen neben der Geschwindigkeit auch die Sicherheit, die Zuverlässigkeit und die genaue Messung der Leistungsabgabe eine wichtige Rolle. Ziel ist es, dass die Fahrer*innen ein einfaches System vorfinden, das ihnen das Vertrauen gibt, es zu benutzen. Die Interoperabilität ist ein wichtiger Faktor, damit das Fahrzeug Ladegeräte verschiedener Anbieter nutzen kann und eine einfache und transparente Abrechnung möglich ist.

Die heutigen Gleichstrom-Schnellladegeräte benötigen in der Regel zwischen 30 und 45 Minuten, um die Batterie auf 80 Prozent zu laden. Das ist akzeptabel, aber immer noch nicht konkurrenzfähig zu einem kurzen Auftanken. Die Erhöhung der Ladegeschwindigkeit ist mit einigen technischen Herausforderungen verbunden, da die hohen Stromstärken aufgrund des Innenwiderstands des Ladekabels Wärme erzeugen und ab einem bestimmten Punkt eine Kühlung erfordern.

Von 400 V auf 800 V: Vorteile und Herausforderungen

Eine Alternative dazu ist die Erhöhung der Systemspannung des Elektrofahrzeugs von den heute üblichen 400 V auf 800 V. Mit der doppelten Batteriespannung kann das Aufladen bei gleicher Stromstärke theoretisch doppelt so schnell erfolgen, vielleicht sogar in nur 15 Minuten. Dabei bleiben die Kabel in Größe und Gewicht überschaubar. Es wird erwartet, dass sich 800 V bis 2025 auf dem Markt für Elektroautos durchsetzen wird. Durch die schnellere Aufladung könnten die Verbraucher*innen möglicherweise Autos mit geringerer Reichweite akzeptieren, die mit kleineren Batterien auskommen.

Die Umstellung auf 800 V bringt jedoch auch Probleme mit sich. Die höhere Spannung birgt ein größeres Risiko für elektrische Lichtbögen, so dass die Isolationsanforderungen strenger sind. Außerdem müssen die Komponenten im Umrichter des Fahrzeugs für 800 V ausgelegt sein. Im Vergleich zu einer 400-V-Architektur muss ein 800-V-BMS doppelt so viele Batteriezellen mit der gleichen Leistung überwachen, was wiederum höhere Anforderungen an die elektromagnetische Verträglichkeit stellt. Insgesamt erhöhen all diese Änderungen die Systemkosten – schnelleres Laden hat seinen Preis.

Technologien für Elektrifizierung und autonomes Fahren

Automobilhersteller stehen mit ihren Fahrzeugarchitekturen vor großen Herausforderungen, da diese immer komplexer und unübersichtlicher werden. Außerdem wollen sie ihre Innovationszyklen beschleunigen und intelligente Safety- und Funktionserweiterungen unterstützen. Diese Transformation ist ein Kraftakt für die gesamte Industrie – und Halbleiter spielen dabei eine wichtige Rolle.
(Bild: NXP)

Automobilhersteller stehen mit ihren Fahrzeugarchitekturen vor großen Herausforderungen, da diese immer komplexer und unübersichtlicher werden. Außerdem wollen sie ihre Innovationszyklen beschleunigen und intelligente Safety- und Funktionserweiterungen unterstützen. Diese Transformation ist ein Kraftakt für die gesamte Industrie – und Halbleiter spielen dabei eine wichtige Rolle.

Den Wandel zur Elektromobilität beschleunigen

Da sich in den nächsten Jahren so viele Veränderungen vollziehen werden, ist das Innovationstempo für die Automobilhersteller von entscheidender Bedeutung. Die Automobilindustrie hat traditionell lange Entwicklungszyklen und ist langsamer bei der Einführung neuer Technologien als der Verbrauchersektor. Um wettbewerbsfähig zu bleiben, müssen OEMs und Zulieferer die Zeit bis zur Markteinführung verkürzen und Wege finden, um die Produktentwicklung zu beschleunigen. Einige Unternehmen haben bereits gezeigt, dass sie bald in der Lage sein werden, ein neues Design in nur einem Jahr von der Idee bis zur Produktion zu bringen. Diese Art von komprimiertem Entwicklungszyklus wird in Zukunft häufiger vorkommen. Ein modularer Ansatz wie die MEB-Plattform von VW trägt schon heute dazu bei, die Kosten zu senken und die Entwicklung zu beschleunigen. VW hat das BMS von NXP in die MEB-Plattform integriert, um die Reichweite des Fahrzeugs zu erhöhen, die Langlebigkeit der Batterie zu verlängern und die Sicherheit zu verbessern.

Halbleiterhersteller können diese komprimierten Entwicklungszyklen und modularen Baukastensysteme unterstützen, indem sie nicht mehr nur Komponenten, sondern komplette Systemlösungen mit vorvalidierter Hard- und Software anbieten. Diese Lösungen sollten die Low-Level-Software und Middleware des vernetzten Fahrzeugs übernehmen, damit sich die Automobilhersteller auf die Wertschöpfung von Software auf Anwendungsebene konzentrieren können, und die Wiederverwendung von Software über mehrere Modelle hinweg erleichtern.

Mit solchen Lösungen können Halbleiterhersteller und ihre Ökosystempartner den Wandel in der Automobilindustrie unterstützen. So wird die Elektrifizierung von Fahrzeugen zu einer positiven Veränderung für Verbraucher*innen, die Verbesserungen für die Umwelt mit sich bringt und Autos, die sicherer, effizienter und einfach besser zu fahren sind.

Antonio Leone
(Bild: NXP)

Antonio Leone

ist Director Battery Management Strategy, Business Development & Ecosystems im Bereich Advanced Analog/Driver Energy bei NXP. Er verfügt über mehr als 30 Jahre Erfahrung in der Automobil-Halbleiterindustrie. Er hat einen Abschluss als Ingenieur in angewandter Physik von der Hochschule für angewandte Wissenschaften in München und einen MBA in General Management von der Universität Augsburg / Pittsburgh Katz Business School.

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NXP Semiconductors Germany GmbH

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