Wammes_FB_Thermal-Management_Bild01 (c) Wammes & Partner GmbH

Das Design muss das Thermal Management berücksichtigen, denn Strukturen im Display wie Ansteuerelektroniken oder Komponenten geben unterschiedliche Hitze ab und erzeugen einen Hot Spot auch im Mikrobereich. Damit sind Bereiche innerhalb beispielsweise eines kleinen Chips deutlich wärmer beziehungsweise kälter. Wird es dann an einigen Stellen zu heiß, kann das ganze Display Schaden nehmen. (Bild: Wammes)

Eckdaten

Bei Displays und Embedded-Systemen gehört das Thermal Management zu einem der wichtigsten Themenbereiche. Es geht nicht nur darum, dass Prozessoren oder Teile zu heiß werden. Auch Cold Spots sind ein Thema. Die Frage lautet, wie Temperatur ausgeglichen beziehungsweise die richtige Temperatur hergestellt werden kann. Erschwerend kommt hinzu, dass oft auch auf kleinstem Raum Temperaturextreme vermieden werden müssen.

Wird das Thermal Management nicht ausreichend berücksichtigt, kann es zu unterschiedlichen Folgeschäden kommen. Delamination von Klebungen und Optical Bonds, Kondensatbildung mit anschließender Kontamination durch Schädlinge wie echte Bugs, Schimmel oder Chemikalien wie Salze, Säuren, Lösemittel oder Reiniger sind einige Beispiele.

In Folge kommt es zu elektrischen Kurzschlüssen, zu Vergilbung, zur Versprödung respektive mechanischen oder chemischen Veränderung der Materialien wie zum Beispiel des optischen Films, der Light Guides, des Polfilters oder Klebers. Auch direkte mechanische und elektrische Ausfälle können auftreten, wenn die jeweiligen Materialien und Komponenten überstrapaziert werden. Meist sind es aber die langsamen Fehler, die erst nach einer ganzen Zeit auftreten und in nicht einfach zuordenbaren Situationen oder Konstellationen: Sie kommen und gehen sporadisch, unregelmäßig, manchmal schleichend schlimmer werdend, aber häufig aus heiterem Himmel und fast immer ohne erkennbaren Grund.

Überhitzung und Hot Spots

Das Problem ist, dass durch immer kleinere Margen immer mehr Hersteller auf Gesamtlösungen setzen und meist fertige Displays, Embedded-PCs oder Controller samt Stromversorgung in ein möglichst kompaktes Chassis packen. Ein vordergründiges Ergebnis sind häufig generelle Überhitzung und Hot Spots – und diese kommen äußerst selten alleine. Denn nicht nur das Display ist eine Heizung, ebenso alle elektrischen Komponenten, maßgeblich Netzteil oder Prozessor, sowie die oft vergessene Umgebungstemperatur samt Sonnenlicht. Die Packungsdichte gibt der Sache dann den Rest.

Nicht vergessen werden darf auch der Einsatzort. Heizungen im Inneren und Sonne im Freien paaren sich mit der fehlenden Möglichkeit überschüssige Wärme loszuwerden beziehungsweise zusätzlich benötigte Energie zum Aufwärmen bereitzustellen. Wird dann ein thermisches Problem erkannt, sind die Ansätze dieses zu beheben meist auch nur oberflächlich und selten wirklich an die Applikation angepasst. So fällt oft die erste Wahl auf einen oder mehrere Lüfter oder Kühlkörper, manchmal auch mit einer Drehzahlregelung. Wann, wie und wieviel Luft beziehungsweise Wärme wirklich zwischen welchen Wärmequellen und -senken tatsächlich transportiert werden muss und kann, ist in den allermeisten Fällen jedoch rein spekulativ oder wird nicht beachtet.

Folglich wird der Wunsch nach einer kostengünstigen One-fits-all-Lösung sehr groß. Tatsächlich stellt sich jedoch oft schnell heraus, dass ein wirklich funktionierendes und an unterschiedliche Anwendungen und Einbausituationen anpassbares Wärmemanagement etwas mehr kostet. Es zahlt sich jedoch um ein Vielfaches aus in puncto Betriebssicherheit und MTBF sowie einer deutlich kürzeren Down Time.

Technisch ausgereifte Lösungen

Das heißt in Bezug auf Total Cost of Ownership ist dann die technisch beste beziehungsweise ausgereifteste Lösung die kommerziell günstigste. Leider ist diese Denkweise aber immer weniger verbreitet, da jede einzelne Stufe der Wertschöpfung mittlerweile eine eigene, kostenoptimierte Entity ist. Diese kümmert sich typischerweise nicht um Belange der nachfolgenden Stufen in der Wertschöpfung – und damit auch nicht um den eigentlichen Betrieb. Schließlich wird ein solches präventives Denken in den seltensten Fällen bezahlt.

Bezahlt wird nur, was auf dem Papier steht. Dort stehen aber immer häufiger vermeintlich vergleichbare Kennzahlen, die eins zu eins und vorzugsweise auch linear miteinander vergleichbar sind oder es zumindest sein sollten. Solche einfachen Kennzahlen gibt es aber leider nicht wirklich. Schon gar nicht unter der One-fits-all-Maxime und erst recht nicht mit immer weiter wachsender technischer Komplexität, die mit jeder neuen Gerätegeneration zwangsläufig einhergeht.

Thema der nächsten Seite: Gutes, praktikables Thermal Management

Wammes_FB_Thermal-Management_Bild02 (c) Wammes

Eine massive Hitze hat das Display verbrannt. Zu erkennen ist schwarzer Ruß in der linken unteren Ecke. Das Integrationsdesign hat nicht funktioniert, weshalb zuerst das Edge Light, dann das ganze Display verbrannt ist. Wammes

Wammes_FB_Thermal-Management_Bild03 (c) Wammes

Dass falsche Energiedichte immer einen Brand verursachen kann, zeigt der geschmolzene, 1 bis 2 mm große Kondensator aus Keramik. Obwohl er so klein ist, gab es hohe Temperaturen durch Fehlfunktionen. Wammes

Ein gutes und praktikables Thermal Management beinhaltet daher nicht nur die summarische Auflistung der gesamten Abwärme aller Komponenten in einem System. Auch nicht, wenn zusätzlich die gesamte mögliche Abgabe dieser Menge an Abwärme prinzipiell möglich sein sollte. Es geht um alle Effekte, die durch ungeschicktes beziehungsweise nicht vorhandenes Thermal Mangement ausgelöst werden können. Beispielsweise bedeutet dies, dass auf Systemebene für alle Betriebs- und Anwendungssituationen sichergestellt ist, keine der verwendeten Komponenten zu keinem Zeitpunkt außerhalb der spezifizierten technischen Rahmenbedingungen zu betreiben. Es beinhaltet außerdem, dass zusätzlich zu keinem Zeitpunkt die resultierenden Situationen und Bedingungen für das jeweilige Display oder Embedded-System in unbekannte, nicht erlaubte oder technisch ungünstige Dimensionen driften.

Fallbeispiel Cold Spot

Um die beschriebene Überhitzung zu verhindern, müssen Verantwortliche auf Wissen, Know-how und präventives Handeln setzen. Auch Feuchtigkeit kann viele Schäden anrichten, die nicht wie etwa eine durchgeschmorte Stelle auf den ersten Blick zu erkennen sind. Im Gegensatz zu überhitzten Anzeigeeinheiten fällt der Schaden nicht sofort auf. Im Falle von Feuchtigkeit zum Beispiel haben auch Temperaturunterschiede Folgen: So bilden sich nicht nur Hot Spots mit Hitzeproblemen, sondern auch Cold Spots, an denen sich Kondensat bildet. Wenn das Temperatur-Delta eine gewisse Größe erreicht, abhängig von Luftfeuchte, Luftdruck und Kontamination, entsteht Kondenswasser innerhalb der Anzeigeeinheit beziehungsweise des Embedded-Systems und damit eventuelle Leitungsschäden, Kurzschlüsse oder parasitäre induktive oder kapazitive Effekte, die zum Beispiel auch ein Grund für Ghost Touches sein können. Cold Spots sind dabei nicht absolut, sondern relativ im Vergleich zur Umgebung zu verstehen: Bereits ein halbes Grad Temperaturunterschied kann genügen, um Taubildung anzuregen.

display driver pcb is completely overcoated by cristallized chemical residues

Wenn beim hermetischen Verschluss von Embedded-Systemen schon Schmutz und Feuchtigkeit eingedrungen ist, kann es im abgeschlossenen Raum reagieren. Wammes

Auch Trockenmittel im Gehäuse sind kein Allheilmittel, denn das Material sammelt ironischerweise Wasser auch dann noch weiter, wenn irgendwann die Wasserhaltekapazität überschritten ist. Infolge der elektrischen Leitfähigkeit von wässrigen Lösungen sind Kurzschlüsse ein häufiges Problem. Außerdem: Wasser ist durch die darin gelösten Substanzen auch chemisch aktiv. Es kann somit alkalisch oder sauer werden und Korrosion nicht nur an elektronischen Bauteilen verursachen. Da Wasser immer danach strebt, sich zu verteilen, können die Schäden auch an schwer einsehbaren Stellen entstehen.

Klaus Wammes

Geschäftsführer von Wammes & Partner

(neu)

Sie möchten gerne weiterlesen?