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Auf einen Blick

Um Performance und Ausfallsicherheit integrierter Schaltkreise zu verbessern, sind transiente thermische Analysen im Submikron-Bereich zum Auffinden von zeitlichen thermischen Anomalien äußerst wichtig. Der Artikel vergleicht die gängige Infrarotmethodik mit der TTI-Methode (Thermoreflectance Thermal Imaging). Diese nutzt die Veränderung der Reflexionseigenschaften von Materialien bei Temperaturänderungen. Bei der TTI-Methode handelt es sich um eine der robustesten und sensitivsten Methoden für das Messen von transienten Vollfeldtemperaturprofilen bei moderatem Preis.

Thermoreflectance Imaging nutzt die Veränderung der Reflexionseigenschaften von Materialien bei Temperaturänderungen. Eine Lichtquelle beleuchtet den zu messenden Bereich und aus der Änderung des vom Messobjekt reflektierten Lichts wird anschließend die Temperatur bestimmt. Der Reflexionskoeffizient ändert sich mit der Temperatur und wird Thermoreflectance Coefficient genannt. Für die meisten Wellenlängen ist dieser Koeffizient ungleich Null, sodass das zurückgeworfene Licht die Änderung der Reflektanz angibt. Die im Vergleich zur Infrarotmethodik kürzere Wellenlänge verbessert die räumliche Auflösung des Temperaturbildes um das Zehnfache. Für eine sehr genaue Spitzentemperaturmessung ist das unerlässlich.

Bild 1: Messaufbau beim Thermoreflectance Imaging.

Bild 1: Messaufbau beim Thermoreflectance Imaging. BSW Testsystems & Consulting

Bild 1 zeigt das Setup für das hochauflösende TTI (Thermoreflectance Thermal Imaging). Es besteht aus einer CCD-Kamera für sichtbares Licht mit LED-Beleuchtung, das durch ein Mikroskop auf das Messobjekt fokussiert wird. Das zum CCD reflektierte Licht wird dann mithilfe der Sanjview 2.0, einer von Microsanj entwickelten flexiblen und nutzerfreundlichen Software, analysiert. Die Methodik des Messaufbaus und der Berechnung erlaubt auch transiente Messungen. Microsanj ist Lieferant für hochauflösende transiente Temperaturmesssysteme für kommerzielle Kunden und Forschungseinrichtungen. Europäischer Distributor und Partner für die Thermal-Thermoreflectance-Imaging-Systeme ist BSW Testsystems & Consulting.

Anwendungen, Applikationen und Grenzen

Geeignet ist das Thermoreflectance Thermal Imaging für eine Vielzahl von Messobjekten wie High-Power-Si- und GaN-Transistoren, ESD Protection Devices, Siliziumphotonen-Devices, LEDs und Solarzellen. Angewendet werden die Microsanj-Systeme bei der Detektion von Hotspots, beim Effektivitätstest von Kühlkörpern und bei der Darstellung von Erwärmungsprozessen. Man erreicht eine räumliche Auflösung kleiner 300 nm, eine zeitliche Auflösung von bis zu 800 ps und eine Temperaturauflösung von kleiner 0,5 °C.

Einen ausführlichen Vergleich der Thermoreflectance (TTI), der Infrared (IR), Near Infrared Emission (EMMI) und der Optical Beam Induced Resistance Change (OBIRCH) Imaging zeigt eine Application-Note von Microsanj. In diesem Artikel soll ein kurzer Vergleich der Eigenschaften der TTI und der IR genügen (Tabelle 1).

Tabelle 1: Thermoreflexion und Infrarot im Vergleich.

Tabelle 1: Thermoreflexion und Infrarot im Vergleich.BSW Testsysteme & Consulting

Die Aufnahme des zurückgeworfenen Lichtes in der CCD-Kamera, kombiniert mit der digitalen Signalverarbeitung und fortschrittlichen Softwarealgorithmen, gibt Entwicklern ein vielseitiges Tool für die non-invasive thermische Analyse. Die bessere Visualisierung und eindeutige Erkenntnisse bezüglich der Temperaturverhältnisse durch die TTI-Methode tragen entscheidend dazu bei, eine bessere Performance bei höherer Ausfallsicherheit zu erreichen.

Zeitliche Auflösung

Die TTI-Methode hat die höchste zeitliche Auflösung für Temperaturmessungen in Vollfeldbildern. So ermöglicht beispielsweise das Mircosanj-System NT210A/NT310A eine Auflösung von 100 ns in einem Megapixelbild, mit dem neuesten System NT410A werden sogar 800 ps Auflösung erreicht. Die Vollfeldauflösung von Infrarotsystemen ist limitiert auf die Framerate, welche im Bereich von 10 ms liegt. Bei Bildern geringer Auflösung kann mit einer IR-Kamera 1 ms erreicht werden, sofern bei der Bildauswertung ein Pixel-Binning (Zusammenfassung mehrerer Pixel) angewendet wird.

Das Portfolio von Microsanj besteht aus vier Produktlinien. Für jede Anwendung stehen skalierbare Systeme zur Verfügung.

Das Portfolio von Microsanj besteht aus vier Produktlinien. Für jede Anwendung stehen skalierbare Systeme zur Verfügung.BSW Testsysteme & Consulting

Räumliche Auflösung

Die durch die Beugung des Lichts limitierte räumliche Auflösung für die TTI-Methode beträgt 300 bis 600 nm bei einer Beleuchtung mit Wellenlängen im sichtbaren Bereich und 1 µm für die IR-nahe Beleuchtung um 1,0 bis 1,5 µm Beleuchtungswellenlänge, wie sie bei Through-The-Substrate-Systemen genutzt wird. Das ist eine um Faktor drei bis zehn bessere räumliche Auflösung im Vergleich zu IR-Mikroskopen basierend auf INSB.

Aufheizung des Messobjekts

Anders als gängige Infrarotsysteme kann die TTI-Methode für eine gute Temperaturauflösung bei Raumtemperatur oder leicht darüber durchgeführt werden, sofern ein Overdrive des Chips notwendig ist. Ebenso wurde die TTI-Methodik bereits bei kryogenischen Temperaturen unterhalb 5 °K durchgeführt. Mit den TTI-Systemen lassen sich Reflexion, Emission und Temperaturbild in einem Arbeitsgang generieren und übereinander legen. SB-IR-Kameras erstellen nur das Temperaturbild und Emissionsmikroskope mit InGaAS-Kameras können nur Emissionen im Bereich 0,5 bis 1,8 µm erfassen.

Transientes Thermal Imaging

Bild 2: Dargestellt wird der Unterschied in der räumlichen Auflösung zwischen der Infrarotmethode und der Methode nach dem TTI.

Bild 2: Dargestellt wird der Unterschied in der räumlichen Auflösung zwischen der Infrarotmethode und der Methode nach dem TTI.BSW Testsystems & Consulting

Eine neue Dimension kommt dem TTI bei transienten Systemen zu. Durch Pulsen des Messobjektes mit geringem Duty Cycle ist die Gesamterhitzung auf den aktiven Bereich des Messobjektes konzentriert, sodass Hotspots viel leichter identifiziert werden. Heutige Chips haben komplexe, stark variierende Belastungen bei unterschiedlichen, zeitlich synchronisierten Signalen. Das thermische Verhalten ist in der frühen Entwicklungsphase unbekannt und wird deshalb normalerweise beim Entwerfen des Layouts nicht berücksichtigt. Die transiente TTI adressiert dieses Problem, da sie zeitabhängige Temperaturprofile erhebt. Bei der TTI-Methode handelt es sich um eine der robustesten und sensitivsten Methoden für das Messen von transienten Vollfeldtemperaturprofilen bei moderatem Preis. Sie kann als ein zusätzliches Tool gesehen werden, das konventionelle IR- und EMMI-Systeme in vielen Applikationen signifikant übertrifft.

Beispiele für Messergebnisse

Bild 2 verdeutlicht den Unterschied in der räumlichen Auflösung zwischen der Infrarotmethode und der Methode nach dem TTI. Beide Bilder zeigen die ungleichmäßige Aufheizung des Chips. Bei der Thermoreflectance-Methode ist zu erkennen, dass sie wegen ihrer deutlich besseren Auflösung ein detaillierteres Bild liefert.

Bild 3: Vergleich eines Messobjekts bei einem hohen Vergrößerungsfaktor.

Bild 3: Vergleich eines Messobjekts bei einem hohen Vergrößerungsfaktor. BSW Testsystems & Consulting

Bild 3 zeigt den Vergleich eines Messobjektes bei einem hohen Vergrößerungsfaktor. Unter Anwendung einer AC-Messung und pulsierender Betriebsspannung können viel mehr Spitzentemperaturen exakt lokalisiert werden. Das Thermoreflectance-Bild veranschaulicht die Temperaturspitzen auf der Oberfläche der 4 µm breiten Leiterbahn des Microheaters. Ein noch größer verstärktes Bild ist in Bild 4 zu sehen. Hier wird ein Hotspot-Defekt in einem Multifinger-MOSFET sichtbar gemacht. Durch die in der Software anwählbare Überlagerung des optischen und des thermischen Bildes wird der Ort dieses 1,4 µm kleinen Defekts präzise dargestellt.

Bild 4: Ein noch stärker vergrößertes Bild. Hier wird ein Hotspot-Defekt in einem Multifinger- MOSFET sichtbar gemacht.

Bild 4: Ein noch stärker vergrößertes Bild. Hier wird ein Hotspot-Defekt in einem Multifinger- MOSFET sichtbar gemacht. BSW Testsystems & Consulting

Temperaturverhalten

In diesem Beispiel (siehe Bild 5) wird ein GaN-High-Electron-Mobility-Transistor (HEMT) mit einer Kanallänge von 5 μm und einer Gate-Breite von 150 μm untersucht. Das transiente Temperaturverhalten ist zu sehen, wenn ein mit 800 ps gepulster Laser mit 440 nm Wellenlänge als Beleuchtungsquelle dient. Gezeigt wird die transiente Antwort für die Gate- und Drainmetalle auf die 300 ns Rechtecksignale als BIAS. Die vier transienten Thermoreflectance-Thermal-Imaging-Bilder der Kanalregion zeigen das Verhalten nach 15, 25, 50 und 100 ns nach der ansteigenden Flanke des Stimulus. Jedes der Bilder wurde nach einem Averaging über zehn Minuten aufgenommen. Die Auflösung für die Ergebniszeit beträgt 5 ns.

Die Bilder zeigen, dass die Selbsterhitzung im aktiven Kanal innerhalb der ersten 50 ns beginnt. Die transiente thermische Analyse im Submikron-Bereich ist daher bei den komplexen Chipstrukturen für eine Auffindung von zeitlichen thermischen Anomalien extrem wichtig, um die Performance und die Ausfallsicherheit zu verbessern.

Bild 5: Die vier transienten Thermoreflectance-Thermal-Imaging-Bilder der Kanalregion zeigen das Verhalten nach 15, 25, 50 und 100 ns nach der ansteigenden Flanke des Stimulus.

Bild 5: Die vier transienten Thermoreflectance-Thermal-Imaging-Bilder der Kanalregion zeigen das Verhalten nach 15, 25, 50 und 100 ns nach der ansteigenden Flanke des Stimulus.BSW Testsystems & Consulting

Ulf Lutzke

Bereich HF-Technik bei BSW Testsystems & Consulting.

(ah)

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bsw TestSystems & Consulting AG

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