Sie sprechen von sich selbst als High Service Distributor. Wie definieren Sie das?

High Service ist für uns zum Beispiel eine telefonische Erreichbarkeit von 100 % ohne irgendwelche Warteansagen. Spätestens nach 20 Sekunden soll der Kunde direkt bei seinem Ansprechpartner landen. Das ist nach dem dritten Klingeln. Wir haben dabei eine Erfüllungsquote von 98,99 %. High Service ist für uns auch das Versprechen, dass der Kunde das Produkt auch am nächsten Tag bekommt. Und High Service auf die Produktschiene übertragen heißt, dass wir mit sehr bekannten und qualitativ hochwertigen Marken zusammenarbeiten. Denn es ist wichtig, dass wir unseren Kunden eine gute Produktqualität bieten.

Sie haben ein sehr großes Produktportfolio. Wo fängt das eigentlich an und wo hört das auf?

Es fängt an bei den historisch gewachsenen Produktsortimenten aus der Elektrik und Elektronik, das sind Widerstände und Kondensatoren. Es geht weiter bis in Richtung Automation, mit Sensorik und industrieller IT. Hier vernetzen sich die Welten. Unser Ziel ist es, noch mehr Produkte in die Auswahl zu nehmen, um dem Kunden die Möglichkeit zu geben, Substitute bei den Herstellern, aber auch technologische Substitute zu finden. Speziell gesprochen auf die Automation: ist es die elektrische Automation oder ist es die pneumatische Automation?

Auf wie viele Produkte kommen Sie zurzeit?

Zurzeit haben wir 500.000 Produkte online. Die gängigsten 100.000 Produkte finden sich in unserem gedruckten Katalog. Unser Produktmanagement, das europaweit verteilt ist, bringt jede Woche 400 neue Produkte in unser Sortiment ein.  Warum haben Sie noch den gedruckten Katalog? Ist das nicht ein wenig altmodisch? Für uns gilt das Prinzip Multichannel. Wir bieten dem Kunden den Kanal an, über den er mit uns in Kontakt treten will: die App auf dem Smartphone oder auf dem Tablet, die E-Mail, das Fax oder das Telefon. Möchte er aus dem Katalog bestellen oder einen individuellen Upload haben, hat er eine OCI-Punch-Out-Lösung. All diese Möglichkeiten haben wir im Angebot. Das ist der Grund, weshalb wir am Katalog festhalten. Sicherlich geht die Nachfrage zurück. Das ist etwas woran wir uns anpassen Aber es ist nicht unser Ziel, dem Kunden diesen Kanal zu entziehen.

Wo kommen Ihre Kunden hauptsächlich her?

Der Haupt-Anwendungsbereich unserer Kunden liegt im MRO (Maintenance, Repair and Operations), also im Ersatzteilbedarf. Wir bedienen aber auch den frühen Produktzyklus, das heißt Forschung und Entwicklung, Ausbildung. Und wir haben viele Kooperationen mit Universitäten, deren Projekte wir unterstützen. Hauptanwender ist jedoch der Instandhalter, auf ihn ist unser Service ausgelegt. Die kleinste Stückzahl ist 1 und die schnellste Lieferzeit ist der nächste Morgen. Das sind die Anforderungen unserer Kunden aus diesem Umfeld.  Wie ist Ihre Logistik dafür aufgestellt? Wie schaffen wir es, dass der Kunde das Gerät am nächsten Tag auf dem Tisch hat? Wir haben ein großes Logistikzentrum für Deutschland in Achim, bei Bremen. Dort haben wir unsere Produkte vorrätig und darüber stellen wir eine 98%ige Verfügbarkeit sicher. Das ist natürlich immer auch eine rückwärtige Betrachtung, gerade weil wir im Bereich der nichtplanbaren Bedarfe liefern.

Wenn etwas kaputt geht?

Der Kunde kann uns nicht sagen, was morgen kaputt geht. Ttrotzdem haben wir unsere Erfahrung, weil wir so viele Kunden bedienen. Allein hier in Deutschland haben wir 100.000 Kunden, europaweit 250.000. Es ist ein Erfahrungswert, welche Produkte da gebraucht werden. Wir halten sie vorrätig. Wir hören von vielen Kunden aus der Industrie: „Wenn ich es aus dem eigenen Kontor bestelle, dauert es fünf Tage. Wenn ich es bei euch bestelle, habe ich es am nächsten Tag auf dem Tisch.“ Unterm Strich geht es für uns darum, dem Kunden Zeit zu schaffen. Denn Zeit ist in der heutigen Arbeitswelt eines der wertvollsten Güter. Jeder versucht sich irgendwo zu optimieren, Zeit zu sparen. Genau mit diesem Ansatz wollen wir dem Kunden helfen. Um dann noch einmal auf Online zurückzukommen. Wie viel Umsatz oder wie viel Geschäft machen Sie über Online und wie viel noch über die klassischen Fax- und Telefonverkäufe? Bei den Neukunden kommen etwa 60 % der Bestellungen über den Webshop. Wir haben aber auch traditionell viele Kunden, die den Fax-Weg wählen. Insgesamt sind wir bei einem Web-Anteil von etwa 40 %, eCommerce-Lösungen eingeschlossen.

Wie sehen Sie da den Trend?

Unsere Absicht ist es, das Ganze in Richtung 70 % über alle Kunden zu entwickeln. Das heißt aber natürlich auch, weiterhin die alten Lösungen der Kunden zu unterstützen. Solange er ein Fax schicken und telefonisch bestellen möchte, kann er dies auch tun. Unsere Mitarbeiter freuen sich immer darauf.

Mal mit jemandem reden?

Ja, genau. Und das ist eben das Besondere. Wie bleiben wir in Kontakt mit den Menschen, obwohl alles im heutigen Zeitalter irgendwo automatisch läuft? Man will Zeit sparen. Trotzdem braucht man aber in bestimmten Situationen den Menschen dahinter. Wir sind auch noch klassisch mit dem Außendienst vor Ort. Es ist für uns wichtig, auch die Anforderungen der Kunden vor Ort kennenzulernen. Das heißt, wir besuchen ihn, wir helfen ihm bei der Lösungsfindung, wir stellen ihm neue Produkte und die Produktausweitungen vor. Der Gedanke dahinter ist, seine Beschaffungsprozesse zu verschlanken und ihm alles aus einer Hand zu bieten.

Wie macht das der Außendienst? Hat er Themenfelder, auf die er sich besonders fokussiert? 500.000 Produkte kann keiner im Kopf haben.

Wir haben bestimmte Themenfelder, die wir aus Kundensicht als wichtig erachten. Das sind Trends in der Automation oder in der Messtechnik. Hier wollen wir dem Kunden nahe bringen, wie sich das Sortiment verändert hat, damit er die richtige Auswahl treffen kann. Wir steuern unsere Aktivitäten über ein CRM-System. Darüber lernen wir, in welchen Bereichen der Kunde den Bedarf hat. Und das gibt dem Außendienst wiederum den richtigen Ansatz. Denn welcher Kunde möchte es schon, dass jemand kommt und ihm irgendetwas erzählt von irgendwelchen Produkten, die gar nichts mit seiner Anwendung zu tun haben?

Kommt es sehr häufig vor, dass Sie eine Expertise für oder gegen ein Produkt abgeben?

Wir fördern keine bestimmte Technologie, keine bestimmte Marke. Wir haben den Anspruch, dass wir neutral sind und dass wir eine breite Produktpalette an Substituten anbieten. Letztlich geht es um die Anwendung des Kunden. Wir haben zum Beispiel ausgebildete Mitarbeiter im Bereich der Thermographie, die der Kundenanforderung entsprechend entscheiden können, zum Beispiel welche Auflösung braucht denn der Kunde. Hat er Anforderungen an eine Speicherung der Daten, an ein Logging der Daten, einer Auswertung der Daten. Oder ist es wirklich nur ein erstes, simples kennenlernen. Und danach richtet sich die Empfehlung auch. Spielen die Kosten keine Rolle, ist das natürlich fantastisch für einen Verkäufer. Sagt er aber, ich habe hier ein bestimmtes Limit, das ich ausgeben darf, dann bewegt man sich in einer anderen Geräteklasse. Unser Anspruch ist es, immer die beste Lösung für ihn zu finden und herstellerneutral zu beraten.

Wie oft schulen Sie dafür Ihre Leute intern, wie oft sind diese beim Hersteller und informieren sich darüber?

Es ist wichtig, dass wir unsere technischen Berater mit den Herstellern zusammenbringen. Wir haben ein technisches Beraterteam, das in Spezialgebiete unterteilt ist. Keiner kann für sich in Anspruch nehmen, dass er alles kennt. Die Spezialisten gehen zu Herstellerschulungen. Die Hersteller kommen zu uns und schulen unser gesamtes Verkaufspersonal. Es ist wirklich keine Kunst, ein Paket aus einem Regal zu nehmen und zu verschicken. Die Kunst ist es, das richtige Gerät zu verkaufen und das innerhalb kürzester Zeit.

Was sind Ihre Trends für 2012 in der Messtechnik?

Heiß her geht es immer noch in der Thermographie. Wichtig ist für uns auch das Thema VDE; Schutz der elektrischen Einrichtung. Da ist noch extrem viel Aufklärungsarbeit notwendig.  Wo werden sich Ihrer Meinung nach Trends und Technologien verlagern? Wir sehen Bewegung im Re-Engineering. Nicht jede Produktionslinie wird komplett neu aufgesetzt, sondern sie wird immer wieder auf den modernen Stand gebracht. Gerade dafür haben wir vor einigen Jahren die industrielle IT aufgenommen. Das ist auf jeden Fall ein ganz wichtiger Trend.

Ich finde bei Distributoren immer spannend, dass es für den Kunden eigentlich nicht teurer werden darf.

Es gibt ein schönes Wort: preiswert. Übersetzt meine ich: was ist der Wert der Dienstleistung, einen einzelnen Widerstand aus dem Regal zu nehmen, zu verpacken, zu verschicken, und binnen 24 Stunden zu liefern? Den Preis dieser Dienstleistung können Sie natürlich nicht mit dem Stückpreis bei einer Großserien-Disposition vergleichen. Im MRO-Bereich zählt die Leistung. Wenn wir ein Stück im Karton verschicken, das am nächsten Tag auf dem Tisch liegt, dann ist das dem Kunden viel Wert und wir haben das getroffen, was er braucht. Der Kunde fängt dann nicht auch noch an über 3,50 Euro zu verhandeln. Er sagt, ich brauche den Schalter, schmeißt ihn in den Helikopter. Ich muss ihn in zwei Stunden hier haben, weil mir sonst jede Stunde 100.000 Euro verloren gehen. Das sind ganz andere Verhältnisse. Außerdem ist der Wert der Bauteile marginal im Vergleich zu dem, was das Einbauen und Wechseln tatsächlich kostet. Von daher ist es unerheblich, was die Teile kosten.

Haben Sie auch Extremfälle, wo Sie einen Eilboten mit dem Gerät in der Hand in den Flieger setzen?

Ja, auch solche Fälle haben wir schon gehabt. Das sind besondere Dinge, die dann auch besonders behandelt werden. Wir haben aber in unserem Angebot auch einen Eilkurierservice und Samstags-Zustellung.

Viele Produktionen laufen ja auch rund um die Uhr.

Wir haben rund um unser Lager hier in Deutschland oder auch in den anderen Ländern eine Abholmöglichkeit. Viele Kunden aus der Region kommen und holen sich ihre Produkte selbst ab. Wir haben einen Quick Carry Service und liefern in einem bestimmten Radius. Wir können einen Fahrer losschicken, der innerhalb von drei Stunden das Produkt zum Kunden bringt. Aber das sind Besonderheiten. Der Standard und Hauptteil ist wirklich die Lieferung heute bestellt, morgen auf dem Tisch.

Melanie Feldmann

: Redakteurin IEE

(mf)

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