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Bild 1: Dieses kabellose Fetalmonitoringsystem kann selbst bei Drillingsschwangerschaften die Herztöne aller Föten synchronisiert erfassen, also mit derselben Impuls-Dichte.

Bild 1: Dieses kabellose Fetalmonitoringsystem kann selbst bei Drillingsschwangerschaften die Herztöne aller Föten synchronisiert erfassen, also mit derselben Impuls-Dichte. Philips

Medizintechnik und Forschung nutzen Ultraschall, also Schall oberhalb des menschlichen Hörfrequenzbereichs ab etwa 16 kHz, für Aufgaben wie Abstandsbestimmung und Objekterkennung, Füllstand- oder Durchflussmessungen über hochauflösende Materialprüfungen bis hin zur medizinischen Diagnostik und Therapie. Piezoelemente spielen hierbei häufig eine Schlüsselrolle, so auch bei einem neuen System zur kabellosen Überwachung von Mutter und Kind während Schwangerschaft und Geburt (Bild 1).

Das Erzeugen und Detektieren von Ultraschall ist die klassische Piezo-Anwendung, denn beim Anlegen einer Wechselspannung beginnt das Piezoelement zu schwingen. Durch Krafteinwirkung (mechanischen Druck) verlagern sich der positive und der negative Ladungswert – eine elektrische Spannung entsteht (direkter Piezoeffekt). Unter dem Einfluss eines elektrischen Feldes wiederum verändern sich die Abmessungen (inverser Piezoeffekt). Piezoelemente wandeln also mechanische in elektrische Energie um und umgekehrt, man spricht deshalb auch von Ultraschall-Wandlern.

Der Piezoeffekt beruht dabei ausschließlich auf Verschiebungen innerhalb des Kristallgitters des piezoelektrischen Elements. Es gibt keine mechanische Reibung und keinen Verschleiß im klassischen Sinne und die Sensibilität ist hoch. Bereits kleinste Deformationen erzeugen unmittelbar eine messbare Ladungsverschiebung. Umgekehrt bewirkt eine kleine elektrische Spannung eine sofortige Auslenkung. Piezoelemente lassen sich dadurch gleichzeitig als Sensor und Aktor nutzen, können also nicht nur Ultraschall erzeugen, sondern auch detektieren. Die kurzen Ansprechzeiten und die hohe Dynamik dieser Bewegungen kommen der Ultraschallerzeugung ebenfalls entgegen.

Bild 2: Bei Piezoelementen sind unterschiedliche Varianten realisierbar, die die Anpassung an die jeweilige Anwendung ermöglichen: zum Beispiel Rohre, Scheiben, Bieger, Scherelemente oder Translatoren.

Bild 2: Bei Piezoelementen sind unterschiedliche Varianten realisierbar, die die Anpassung an die jeweilige Anwendung ermöglichen: zum Beispiel Rohre, Scheiben, Bieger, Scherelemente oder Translatoren.PI

Außerdem lassen sich Piezoelemente gut an die jeweiligen Applikation anpassen, denn neben dem Material kann der Entwickler zwischen verschiedenen geometrischen Varianten und Resonanzfrequenzen wählen (Bild 2). Je nach Anwendung gilt es allerdings bei der Fertigung der Piezos hohe Qualitätsstandards zu erfüllen. Bei Ultraschall-Wandlern für Herzton-Wehenschreiber (Fetalmonitore oder CTGs), also der Überwachung der Herztöne eines ungeborenen Kindes, sind die Anforderungen besonders hoch.

Fetalmonitoring: identische Überwachung für bis zu drei Föten

Philips Medizin Systeme in Böblingen hat einen neuen drahtlos arbeitenden Wehenschreiber entwickelt (Bild 1). Mit seiner Hilfe lassen sich selbst bei Drillingsschwangerschaften die Herztöne aller Föten synchron erfassen, also mit derselben Impuls-Dichte. Alle Föten erhalten so die gleiche Überwachungsqualität: Sie werden jeweils mit 3000 Ultraschall-Impulspaketen pro Sekunde (Bursts) überwacht.

Bild 3: Innenleben des Ultraschall-Transducers. Sieben identische Piezoelemente sind symmetrisch angeordnet und arbeiten sowohl als Sender als auch Empfänger für Ultraschall.

Bild 3: Innenleben des Ultraschall-Transducers. Sieben identische Piezoelemente sind symmetrisch angeordnet und arbeiten sowohl als Sender als auch Empfänger für Ultraschall.Philips

Bild 3 zeigt das Innenleben des Ultraschall-Aufnehmers (Transducer): Sieben identische Piezoelemente sind symmetrisch angeordnet und arbeiten sowohl als Sender als auch Empfänger für den Ultraschall. Ein Signalverarbeitungsschritt trennt das empfangene Signal einerseits vom Träger ab, filtert es und gibt es akustisch wieder aus. Dies geschieht, um die Positionierung des Aufnehmers zu erleichtern. Eine weitere Stufe führt eine Gleichrichtung und Filterung des Signals sowie eine Reduzierung der Abtastfrequenz des Signals herbei.

Eine Autokorrelation ermittelt aus diesem Signal die fetale Herzfrequenz – idealerweise für jeden Herzschlag. Die Grundlage für diese aufwendigen Berechnungen liefert der sogenannte Dopplereffekt: Die Frequenzverschiebung zwischen abgestrahlter und am gleichen Piezowandler empfangener, reflektierter Wellenfront der Ultraschallwellen wird ausgewertet. Bewegte Strukturen, zum Beispiel durch die Bewegung des Herzmuskels des ungeborenen Kindes, verursachen die Reflexion. Der Herzschlag der Föten lässt sich auf diese Weise erkennen und überwachen.

Qualitätssicherung: Oberflächenreinheit und Klebung

Bei der Auswahl der eingesetzten Piezoelemente legte der Hersteller strenge Qualitätsanforderungen zugrunde: Nur wenn die Piezoelemente die geforderten Kriterien erfüllen, lassen sich die Ansteuerung des Transducers und die Algorithmen zur Auswertung optimal aufeinander abstimmen. Erst dadurch kommt man zu den genauen Ergebnissen, die die lückenlose Überwachung der bis zu drei Föten möglich machen. Wichtige Voraussetzungen sind die konstante Ultraschallperformance der Piezoelemente als Sender und Empfänger ebenso wie beispielsweise die Güte der Klebung. Diese muss einerseits möglichst fest sein, um die Ultraschallsignale optimal auf die Oberfläche zu leiten und in die auswertende Elektronik einzukoppeln, andererseits soll sie aber auch elastisch bleiben, um Stöße zu verkraften. Schließlich soll der Transducer im alltäglichen Klinikgebrauch auch einem versehentlichen Herunterfallen standhalten.

Als ideal für die Anwendung erweisen sich schließlich scheibenförmige Piezoelemente von PI Ceramic. Die Piezos „Made in Germany“ haben geringe Tolerierungen der für die Ultraschallperformance relevanten piezoelektrischen Parameter – wie der Resonanzfrequenz, der elektrischen Kapazität und der Kopplungskoeffizienten. Außerdem weisen die Piezoelemente eine hohe Oberflächenreinheit auf. Dadurch ermöglichen sie eine optimale, also feste und gleichzeitig elastische, Klebung. Der Transducer trägt bei einem Fall aus 1,5 m Höhe schlimmstenfalls kosmetische Schäden davon.

Konstante Ultraschallperformance

Im Fertigungsprozess kommt der Klebeverbindungsqualität eine kontinuierliche Überwachung durch entsprechende Messungen der Klebekraft zugute. PI Ceramic prüft bei der Produktion vor allem die Signalstärke, damit alle sieben Piezoelemente im fertigen Transducer auch wirklich mit identischer Signalstärke arbeiten und beim Empfangen der Signale ebenfalls gleich reagieren. Das Schallfeld vermisst der Hersteller räumlich mit einem Drei-Achsen-Messsystem, um es zu optimieren. Ziel ist es, ein gleichmäßiges, möglichst zylinderförmiges Schallfeld zu erhalten.

Bild 4: Horizontalschnitt durch das Schallfeld eines Transducers, der am Boden eines Wasserbeckens angebracht ist, aufgenommen mit einem hochempfindlichen Hydrophon in etwa 20 mm Abstand von der Transduceroberfläche.

Bild 4: Horizontalschnitt durch das Schallfeld eines Transducers, der am Boden eines Wasserbeckens angebracht ist, aufgenommen mit einem hochempfindlichen Hydrophon in etwa 20 mm Abstand von der Transduceroberfläche.Philips

Bild 4 und 5 zeigen einen Horizontalschnitt durch das Schallfeld sowie eine dreidimensionale Darstellung der Schallintensität; aufgenommen in einem Wassertank. Das Resultat der qualitätsorientierten Produktion ist eine möglichst homogene Ultraschallperformance des Transducers. Außerdem lässt sich eine immer ausreichende Eindringtiefe des Ultraschalls erreichen. Letzteres ist wichtig, da sich in fast allen Ländern der Trend zu Adipositas fortsetzt und der Ultraschall immer mehr Gewebe durchdringen muss. Gleichzeitig ist sichergestellt, dass der Energieeintrag ins Gewebe so gering wie möglich ist. Er liegt deutlich unter den von den entsprechenden Normen geforderten Werten.

Bild 5: Räumliche Darstellung des Schallfelds der Ultraschallsender. Die Signale der einzelnen Sender überlagern sich und führen zu einer Konzentration des Gesamtsignals.

Bild 5: Räumliche Darstellung des Schallfelds der Ultraschallsender. Die Signale der einzelnen Sender überlagern sich und führen zu einer Konzentration des Gesamtsignals.Philips

Es galt bei der Fertigung der Piezoelemente noch weitere applikationsspezifische Anforderungen zu berücksichtigen: So hat PI die Polaritätsmarkierungen der Piezoelemente auf Wunsch des Kunden so angebracht, dass sie auch bei der vor dem Einbau in die Transducer obligatorischen Reinigung nicht verwechselt werden. Die Piezoelemente zeigen bei dem neuen kabellosen Fetalmonitoringsystem damit nicht nur in technischer, sondern auch in praktischer Hinsicht ihre Stärke.

Eckdaten

Mit den Piezoelementen von PI hat Philips jetzt einen drahtlos arbeitenden Wehenschreiber entwickelt, mit dem sich auch bei Drillingsschwangerschaften die Herztöne aller Föten synchron erfassen lassen. Alle Föten lassen sich jeweils mit 3000 Ultraschall-Impulspaketen pro Sekunde (Bursts) überwachen. Dabei hat PI sieben identische Piezoelemente symmetrisch angeordnet, die sowohl als Sender als auch Empfänger für den Ultraschall arbeiten. Für die Grundlage der Berechnungen werden die Frequenzverschiebung zwischen abgestrahlter und am gleichen Piezowandler empfangener, reflektierter Wellenfront der Ultraschallwellen ausgewertet.

Dipl.-Phys. Birgit Schulze

arbeitet im Bereich Markt & Produkte bei Physik Instrumente in Karlsruhe.

Ellen-Christine Reiff

arbeitet für das Redaktionsbüro Stutensee.

(jck)

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