
Toyota steht im Rampenlicht, nachdem sensible Fahrdaten ohne Zustimmung an Versicherungen weitergegeben wurden. Diese Enthüllung wirft Fragen über den Umgang mit persönlichen Informationen und Datenschutz in der Branche auf. (Bild: speed300 – Adobe Stock)
Die Automobilindustrie sammelt immer umfangreichere Daten über Fahrverhalten und Fahrzeugnutzung. Ein aktueller Fall zeigt, wie wertvoll diese Informationen sind – und wie problematisch ihr Missbrauch werden kann.
Sammelklage gegen Toyota wegen unbefugter Datenweitergabe
Eine neue Sammelklage in Texas wirft Toyota und seinem Telematik-Dienstleister Connected Analytic Services (CAS) vor, ohne Zustimmung der Fahrzeughalter sensible Fahrdaten zu sammeln und an die Versicherungsgesellschaft Progressive weiterzugeben. Die Klage, die diese Woche eingereicht wurde, könnte weitreichende Folgen für den Umgang mit Fahrzeugdaten haben.
Laut Klageschrift hat Toyota umfangreiche Fahrzeugdaten gesammelt, darunter:
-
Standortdaten
-
Geschwindigkeitsinformationen
-
Fahrtrichtung
-
Brems- und Ausweichmanöver
-
Kurvenfahrverhalten
Diese Daten wurden anschließend an Progressive für deren Snapshot-Programm weitergegeben – ein System, das Fahrverhalten analysiert und zur Kalkulation von Versicherungsprämien nutzt.
Der konkrete Fall: Unfreiwillige Datenweitergabe
Der Kläger Philip Siefke aus Florida hatte 2021 einen neuen Toyota RAV4 XLE erworben, der mit Telematik-Technologie ausgestattet war. Als er im Januar 2025 eine Versicherungspolice bei Progressive abschließen wollte und dabei das Snapshot-Programm ablehnte, erschien überraschend ein Hinweis: Progressive verfügte bereits über seine Fahrdaten.
Alles Infos zur Konferenz Automotive Software Strategy
Am 19. und 20. Mai 2026 findet in München die 6. Konferenz Automotive Software Strategy statt. Zu den Themen zählen unter anderem das Software-Defined Architectures, intelligentes Datensammeln sowie Safety&Security.
Weitere Informationen zur Automotive Software Strategy finden Sie hier.
Ein Kundendienstmitarbeiter von Progressive erklärte Siefke, dass der Versicherer diese Daten über die in seinem RAV4 installierte Tracking-Technologie erhalten hatte. Als Siefke bei Toyota nachfragte, teilte man ihm mit, er habe sich unwissentlich für eine Testphase zur Weitergabe seiner Fahrdaten angemeldet und hätte aktiv widersprechen müssen.
Bei weiteren Nachforschungen erfuhr Siefke, dass Progressive die Daten von CAS erhält, einem Datenaggregatoren, der Telematik- und Fahrzeugdaten an Versicherungsunternehmen liefert. CAS ist ein Tochterunternehmen von Toyota Insurance Management Solutions (TIMS).
Widerspruch zu offiziellen Aussagen
Besonders brisant: In einer Toyota-Pressemitteilung von 2022, die die Partnerschaft mit CAS ankündigte, hieß es ausdrücklich: "Telematikdaten und Fahrerinformationen werden nur auf ausdrücklichen Wunsch und Anweisung von Toyota-Kunden weitergegeben."
Die Klage behauptet, dass Toyota und CAS trotz dieser Zusicherungen und Datenschutzversprechen illegale Datenweitergaben praktizieren. Die Kläger argumentieren, dass die betroffenen Fahrzeughalter durch diese unerlaubte Datensammlung und -weitergabe konkrete Schäden erlitten haben, darunter Wertminderung ihrer persönlichen Fahrdaten, Verletzung ihrer Datenschutzrechte sowie erhöhtes Risiko künftigen Datenmissbrauchs
Kein Einzelfall: Der Trend zur umfassenden Datensammlung
Der Fall Toyota ist kein Einzelfall. Mehrere Automobilhersteller und Versicherungen stehen wegen ähnlicher Praktiken in der Kritik. Im August 2023 reichte der texanische Generalstaatsanwalt eine Klage gegen General Motors ein, weil der Konzern in über 14 Millionen Fahrzeugen Technologie verbaut haben soll, die Fahrverhalten aufzeichnet und diese Daten ohne Zustimmung an Dritte verkauft.
Auch gegen Allstate und dessen Tochterunternehmen Arity läuft ein Verfahren. Hier geht es um ein Software Development Kit (SDK), das in Apps wie GasBuddy und Life360 eingebettet wurde und umfangreiche Nutzerdaten sammelte – ohne ausreichende Information oder Zustimmung der Betroffenen.
Datenüberwachung: Zwischen Innovation und Grenzüberschreitung
Die zunehmende Vernetzung von Fahrzeugen ermöglicht innovative Geschäftsmodelle und kann durchaus Vorteile bieten:
-
Versicherungen können individuelle Tarife basierend auf tatsächlichem Fahrverhalten anbieten
-
Verkehrssicherheit kann durch Analyse von Fahrdaten verbessert werden
-
Fahrzeughersteller können ihre Produkte basierend auf Nutzungsdaten optimieren
Doch der aktuelle Fall zeigt die Schattenseite: Wenn Daten ohne Wissen und Zustimmung der Betroffenen gesammelt und weitergegeben werden, entsteht ein massives Datenschutzproblem.
Ford sorgte kürzlich mit einem Patentantrag für Aufsehen, der ein System beschreibt, das Gespräche im Fahrzeug überwachen und darauf basierend personalisierte Werbung einblenden könnte. Auch wenn Ford betont, dass nicht jedes Patent in die Praxis umgesetzt wird, zeigt dies die Richtung, in die sich die Branche entwickelt.
Save the date: 29. Automobil-Elektronik Kongress

Am 24. und 25. Juni 2025 findet zum 29. Mal der Internationale Automobil-Elektronik Kongress (AEK) in Ludwigsburg statt. Dieser Netzwerkkongress ist bereits seit vielen Jahren der Treffpunkt für die Top-Entscheider der Elektro-/Elektronik-Branche und bringt nun zusätzlich die Automotive-Verantwortlichen und die relevanten High-Level-Manager der Tech-Industrie zusammen, um gemeinsam das ganzheitliche Kundenerlebnis zu ermöglichen, das für die Fahrzeuge der Zukunft benötigt wird. Trotz dieser stark zunehmenden Internationalisierung wird der Automobil-Elektronik Kongress von den Teilnehmern immer noch als eine Art "automobiles Familientreffen" bezeichnet.
Sichern Sie sich Ihr(e) Konferenzticket(s) für den 29. Automobil-Elektronik Kongress (AEK) im Jahr 2025! Folgen Sie außerdem dem LinkedIn-Kanal des AEK und #AEK_live.
Konsequenzen für die Branche
Die Sammelklage gegen Toyota fordert Schadensersatz für die Betroffenen sowie ein Verbot der weiteren Sammlung von Standort- und Fahrzeugdaten ohne ausdrückliche Zustimmung. Sollte die Klage erfolgreich sein, könnte dies weitreichende Auswirkungen auf die gesamte Automobilindustrie haben:
-
Strengere Transparenzanforderungen bei der Datensammlung
-
Notwendigkeit expliziter Zustimmung (Opt-in statt Opt-out)
-
Höhere Anforderungen an Datensicherheit und -schutz
-
Potenzielle Einschränkungen bei der Monetarisierung von Fahrzeugdaten
Autobranche muss Balance zwischen Innovation und Datenschutz finden
Der Fall Toyota unterstreicht, wie wichtig klare Regeln und Transparenz bei der Nutzung von Fahrzeugdaten sind. Unternehmen, die Verbraucherdaten verwenden, müssen nicht nur den gesetzlichen Rahmen einhalten, sondern auch das Vertrauen der Verbraucher gewinnen und bewahren.
Die Zukunft der Mobilitätsdaten liegt in einer verantwortungsbewussten Nutzung und einem ethischen Umgang mit persönlichen Informationen. Automobilhersteller und Versicherungen müssen eine Balance finden zwischen innovativen, datengetriebenen Geschäftsmodellen und dem Schutz der Privatsphäre ihrer Kunden.
Für Verbraucher bedeutet dies: Genau hinschauen, welche Daten gesammelt werden, wofür sie verwendet werden und wer Zugriff darauf hat. Denn wie der Fall Toyota zeigt, können selbst vermeintlich harmlose Fahrzeugfunktionen weitreichende Konsequenzen für die Privatsphäre haben.
Der Autor: Dr. Martin Large

Aus dem Schoß einer Lehrerfamilie entsprungen (Vater, Großvater, Bruder und Onkel), war es Martin Large schon immer ein Anliegen, Wissen an andere aufzubereiten und zu vermitteln. Ob in der Schule oder im (Biologie)-Studium, er versuchte immer, seine Mitmenschen mitzunehmen und ihr Leben angenehmer zu gestalten. Diese Leidenschaft kann er nun als Redakteur ausleben. Zudem kümmert er sich um die Themen SEO und alles was dazu gehört bei all-electronics.de.