
Die Grundlage für eine weitgehende Elektrifizierung von Fahrzeugen ist eine benutzerfreundliche und zukunftssichere Ladeinfrastruktur. (Bild: Reev)
Kommunikation ist der Schlüssel dazu. Denn die größte Hürde auf dem Weg zu einer durchgängigen E-Mobilität ist nicht nur die Entwicklung von Elektrofahrzeugen selbst, sondern auch die Schaffung eines nahtlosen, interoperablen und sicheren Systems, das Fahrzeuge, Ladestationen und Energiequellen miteinander verbindet.

E-Mobility: Laden

Wo und wie lässt sich ein E-Auto aufladen? Welche Leistungselektronik steck in einer Ladesäule? Wie wird die Ladesäule intelligent? Halbleiter, Hochvolt-Komponenten, Stecker, Kabel, Wallboxen, Kommunikation, Infrastruktur, Standards, Services und mehr. Die Technologien dahinter finden Sie hier.
Die Automobilindustrie steht an einem Wendepunkt: Die Elektrifizierung von Fahrzeugen ist längst nicht mehr nur eine Randerscheinung, sondern der zentrale Antrieb für die Zukunft der Mobilität. Für Entwickler, die im Zentrum dieser Entwicklung stehen, gibt es eine große Aufgabe: die technischen Grundlagen für eine Ladeinfrastruktur zu schaffen, die ebenso benutzerfreundlich wie zukunftssicher ist.
Dieser Artikel beleuchtet die relevantesten Protokolle und Kommunikationsstandards im E-Mobilitätssektor und zeigt, wie Entwickler mit diesen Technologien die Ladeinfrastruktur von morgen gestalten können.
Ladeinfrastruktur-Kommunikation
Das Open Charge Point Protocol (OCPP) ist der De-facto-Standard für die Kommunikation zwischen Ladestationen (Charge Points, CPs) und den Charge Point Management Systemen (CPMS). Entwickelt von der Open Charge Alliance, ermöglicht OCPP die interoperable Kommunikation und damit den reibungslosen Betrieb von Ladestationen, unabhängig vom Hersteller oder Betreiber.
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Die Elektromobilität nimmt immer mehr Fahrt auf. Analysten erwarten bis 2025 europaweit einen elektrischen Marktanteil von 15 bis 20 Prozent. Doch was nützt eine große Vielfalt an E-Fahrzeugen, wenn sie nicht entsprechend und flächendeckend geladen werden können? Buchen Sie ein Ticket und informieren Sie sich auf der 5. ChargeTec vom 27. bis 28. Mai 2025 in München über die Bedeutung der Ladeinfrastruktur für die Umsetzung einer weitgehend CO2-neutralen Mobilität. Mit dem Code "82510120-AE15" sparen Sie zudem 15% auf den regulären Preis.
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Die aktuell sehr verbreitete Version, OCPP 1.6, bietet bereits umfassende Funktionen zur Steuerung und Überwachung von Ladestationen an, einschließlich Remote-Updates, Fehlerbehebung und Energie- bzw. Lastmanagement. Letzteres ist besonders hervorzuheben, da es für das Netz und die Energieverteilung entscheidend ist. Entwickler haben die Möglichkeit, mittels OCPP dynamische Laststeuerungsalgorithmen zu integrieren, die eine flexible Steuerung der Ladeleistung in Echtzeit ermöglichen, basierend auf der Netzbelastung und den spezifischen Anforderungen der EVs.
OCPP 2.0.1: Das Update für smarte Ladestationen
Doch die Zukunft liegt in OCPP 2.0.1, das eine deutlich erweiterte Funktionalität aufweist. Für Entwickler eröffnet dies neue Möglichkeiten, wie beispielsweise:
- Erweiterte Sicherheitsfeatures: OCPP 2.0.1 integriert Verschlüsselung und digitale Signaturen, um die Sicherheit der Kommunikation zwischen EV, Ladestation und Backend zu gewährleisten. Dies ist besonders relevant, da immer mehr Datenpunkte in der Ladeinfrastruktur ausgetauscht werden.
- Push-Notifications und verbesserte Fehlermeldungen: Eine tiefere Integration in das Flottenmanagement wird durch verbesserte Benachrichtigungsmechanismen und Fehlermeldungen ermöglicht, was die Verwaltung großer Ladeparks optimiert.
- Geräteinteroperabilität und Zukunftssicherheit: Die Erweiterung von OCPP erlaubt die Integration neuer Funktionen wie bidirektionales Laden (Vehicle-to-Grid, V2G), was eine Grundlage für zukünftige Geschäftsmodelle im Bereich Energiemanagement schaffen könnte.
Neben OCPP spielt das Open Charge Point Interface (OCPI) eine zentrale Rolle in der E-Mobilitätslandschaft. Während OCPP die Kommunikation zwischen Ladestation und Backend-Software regelt, ermöglicht OCPI den Datenaustausch zwischen Ladestellenbetreibern und E-Mobility Service Providern (EMSPs). Dies fördert die Interoperabilität und gewährleistet nahtlose Roaming-Funktionen, die für ein effizientes und kundenfreundliches Ladeerlebnis von zentraler Bedeutung sind.
Für Entwickler in der Automobilindustrie ist es unerlässlich, sich sowohl mit OCPP als auch mit OCPI intensiv zu beschäftigen. Gemeinsam bilden sie die Basis für die Implementierung moderner Ladefunktionen, die eine zentrale Rolle beim Betrieb und der Vernetzung von Ladeinfrastrukturen spielen.
ISO 15118 und die Zukunft des automatisierten Ladens
Während OCPP als Fundament dient, bietet ISO 15118 die Möglichkeit, das Ladeerlebnis für den Endnutzer grundlegend zu verbessern. Dieser Standard ist der Wegbereiter für Plug & Charge, wodurch die Vision eines vollständig automatisierten Ladevorgangs ohne zusätzliche Authentifizierungsmethoden wie RFID-Karten oder Apps realisiert werden kann.

Im Zentrum von ISO 15118 steht die Vehicle-to-Grid-Kommunikation (V2G), die es einem EV ermöglicht, direkt mit der Ladestation zu kommunizieren und dabei alle nötigen Informationen für Authentifizierung und Zahlung sicher auszutauschen.

Plug & Charge, das beispielsweise in einigen Tesla Superchargern bereits Realität ist, bietet:
- Vereinfachte Benutzererfahrung: Fahrerinnen und Fahrer müssen sich nicht mehr um Zahlungsdetails oder Authentifizierung kümmern. Das Fahrzeug übernimmt diese Aufgaben automatisch, was den Ladevorgang stark vereinfacht.
- Sicherheit durch digitale Zertifikate: ISO 15118 basiert auf einem Public-Key-Infrastructure (PKI)-System, bei dem sowohl das Fahrzeug als auch die Ladestation digitale Zertifikate austauschen, um eine sichere und manipulationsresistente Kommunikation zu gewährleisten.

Für Entwickler stellt ISO 15118 eine besondere Herausforderung dar, da sie sowohl die Integration der erforderlichen Hardware in die Fahrzeuge als auch die Implementierung der Softwareprotokolle für die V2G-Kommunikation sicherstellen müssen. Doch die Vorteile sind immens: Plug & Charge könnte sich als Standard durchsetzen und damit nicht nur die Benutzerfreundlichkeit steigern, sondern auch neue Geschäftsmodelle rund um Ladeinfrastrukturen ermöglichen.
Autocharge als Zwischenlösung
Obwohl ISO 15118 die Zukunft der Ladeinfrastruktur repräsentiert, gibt es für Entwickler eine alternative Technologie, die kurzfristig eine einfache Implementierung ermöglicht: Autocharge. Dieses Protokoll basiert auf der Identifizierung des Fahrzeugs über seine MAC-Adresse und ermöglicht so eine automatische Authentifizierung des Fahrzeugs, wenn es an eine Ladestation angeschlossen wird.
Die Vorteile von Autocharge:
- Einfachheit der Implementierung: Autocharge erfordert keine komplexe Zertifikatsinfrastruktur, was es für Hersteller und Betreiber schnell einsatzfähig macht.
- Breite Anwendung: Insbesondere für Fahrzeuge, die ISO 15118 nicht unterstützen, bietet Autocharge eine pragmatische Lösung, um den Ladeprozess zu vereinfachen.
Jedoch hat Autocharge auch Schwächen, vor allem in Bezug auf die Sicherheit, da die Authentifizierung auf einer unveränderbaren MAC-Adresse basiert, die potenziell anfällig für Spoofing ist – also das Vortäuschen einer falschen Identität. Dennoch kann es als Übergangslösung dienen, bis ISO 15118 breitere Akzeptanz findet.
Welche Rolle spielen Photovoltaik und Speicherlösungen?
Die wachsende Integration von erneuerbaren Energien in die Ladeinfrastruktur erfordert smarte Energiemanagementsysteme. Photovoltaikanlagen (PV) und Batteriespeicher bieten die Möglichkeit, E-Fahrzeuge umweltfreundlich und kostenoptimiert zu laden.
Für Entwickler ergeben sich hier spannende Möglichkeiten:
- PV-Integration und Lastmanagement: Durch die Integration von PV-Anlagen und Batterien in das lokale oder cloudbasierte Energiemanagementsystem (EMS) können Ladepunkte intelligent gesteuert werden, um den Eigenverbrauch der erzeugten Energie zu maximieren und die Netzlast zu minimieren. Protokolle wie Modbus TCP ermöglichen die Kommunikation zwischen den Ladepunkten und den Energiequellen, um den Ladeprozess auf die Verfügbarkeit von PV-Strom abzustimmen.
- CO2-Optimierung und Smart Charging: Darüber hinaus können EMS-Systeme so konfiguriert werden, dass der Ladevorgang automatisch CO2-optimiert durchgeführt wird, indem er bevorzugt zu Zeiten stattfindet, in denen erneuerbare Energien im Netz verfügbar sind oder lokale PV-Anlagen maximalen Strom liefern. Hier kommt die Integration von OCPP 2.0.1 und ISO 15118 zum Tragen, da sie die notwendige Schnittstelle zur Steuerung des Ladeverhaltens bieten.
Die Mobilitätsarchitektur von morgen
Für Entwickler in der Automobil- und Ladeinfrastrukturbranche sind diese Technologien entscheidend, um die Mobilität der Zukunft zu gestalten. OCPP bietet die notwendige Flexibilität und Skalierbarkeit, während ISO 15118 die nahtlose Ladeerfahrung und zukünftige Energiemanagementfunktionen ermöglicht. Autocharge mag kurzfristig eine Lösung bieten, doch langfristig wird die Integration von ISO 15118 und V2G entscheidend sein. Die Einbindung von Photovoltaik und Batteriespeichern wird schließlich eine CO2-optimierte Ladeinfrastruktur ermöglichen.
Entwickler haben heute die Möglichkeit, nicht nur die Fahrzeuge, sondern auch das Ökosystem zu gestalten, das die breite Akzeptanz der E-Mobilität ermöglicht. Die Wahl der richtigen Kommunikationsstandards und Protokolle sind dabei die Schlüssel zur Schaffung eines nachhaltigen, effizienten und nutzerfreundlichen Mobilitätssystems. (bs)