Es geht um Wandlungsfähigkeit, Ressourceneffizienz und Ergonomie – das soll die künftige intelligente Fabrik der Zukunft zuwege bringen und dabei für einen fließenden Produktionsprozess sorgen. Auf dem Weg dorthin sind zwar noch einige Hürden zu nehmen, dennoch gibt es bereits erste Etappensiege. Industrie 4.0 ist in Teilen bereits mehr als eine kühne Vision. Die so genannte Smart Factory hat in Teilbereichen bereits Gestalt angenommen. Smarte Geräte wie Tablets oder Smartphones bereiten den Weg für eine smarte Fabrik, ist sich Erwin Beck, Leiter Produktmanagement von Asys sicher: „In zehn Jahren werden die Maschinen eine noch höhere Intelligenz haben und die Bedienkonzepte werden noch intuitiver sein.“ Ob es dann noch ein Tablet sein wird oder vielleicht eine Brille wie von Google angekündigt, bleibt abzuwarten. „Sicherlich werden wir nicht bei den jetzigen Tablets bleiben, sondern das Thema wird sich dramatisch weiterentwickeln“, prognostiziert Beck mit Blick auf Augmented Reality und wearable electronics.

Denkprozesse in Gang bringen

Mögliche Zukunftsszenarien in mögliche Produktionskonzepte umzusetzen ist eines der Alleinstellungsmerkmale der Unternehmensgruppe. Für Karin Walter, Director Corporate Identity der Asys Group, geht es vor allem darum, kontinuierlich die Fertigungsprozesse zu optimieren – etwa wie bei der jüngsten Idee, das Mobile Device an Asys Handlingmodulen einzusetzen. Weltweite wirtschaftliche Tendenzen werden genauso aufgegriffen, wie absehbare Trends in der Elektronikfertigung, erläutert sie: „In Deutschland müssen wir stets innovativ sein, um gegenüber Asien besser standzuhalten – da müssen wir einen Tick voraus sein.“ Dabei geht es insbesondere darum, innovative Denkprozesse und auch das Querdenken in Gang zu bringen. „Um Visionen zu haben, muss man mindestens zwei Schritte vorausschauen“, betont sie. Nur so sei es möglich, dass daraus Ideen hervorgehen. „Auf dem Weg, eine Idee in die Praxis umzusetzen, wird ein Netzwerk innerhalb des Unternehmens gegründet, in denen verschiedene Disziplinen aufeinander treffen. Durch dieses fachübergreifende Arbeiten können wir Synergieeffekte nutzen“, erläutert sie. Die interdisziplinäre Zusammenarbeit ermöglicht neue Betrachtungsweisen, die mitunter auch ein wenig an Science Fiction erinnern. Lässt sich die Idee sinnvoll konkretisieren, wird ein Kunde ins Boot geholt, um abzuschätzen, an welchen Stellschrauben noch zu drehen ist, damit daraus ein Optimierungstool für die Fertigungsprozesse werden kann.

„Für uns ist es wichtig, dass es nicht bei der Vision bleibt, sondern wir versuchen ein Produkt zu generieren, das uns, aber vor allem unsere Kunden voranbringt“, ergänzt Jürgen Lehner, Produktmanager Vego Handling von Asys. Der Faktor Zeit spiele da eine große Rolle: „Wir brüten nicht jahrelang an einer Idee, sondern treten mitunter auch mit Teillösungen auf den Markt.“ Diese Vorgehensweise verschafft Asys einen Wettbewerbsvorteil, denn die Teillösungen erfahren eine kontinuierliche Weiterentwicklung bis hin zum neuen Produkt, ist sich auch Werner Kreibl sicher. Ein Beispiel sei da die Connected-App, die auf der SMT Hybrid Packaging 2013 dem Fachpublikum vorgestellt wurde. „Das Messehighlight war viel mehr als nur eine Spielerei. Sie ermöglichte das Kommunizieren mit den Maschinen von Asys und lieferte nützliche Informationen wie Statusmeldungen oder Seriennummer der Anlage“, erinnert sich der Geschäftsführer der Asys Group. So hatten Besucher die Möglichkeit, sich mit den Maschinen zu „connecten“ und die erste Version der APP zu erleben – dazu genügte ein Smartphone. Ein zentraler Monitor zeigte dabei die Anzahl der verbundenen Geräte in Echtzeit an. „Die Entwicklung der Connected App war ein wichtiger Schritt in Richtung Industrie 4.0″, erläutert Kreibl.

Den Weg für Industrie 4.0 ebnen

Innovationen und neue Technologien werden zunehmend wichtiger im globalen Wettbewerb, besonders in der Automatisierung und in Deutschland als Produktionsstandort. Um den Ansprüchen des Marktes und den steigenden Herausforderungen gerecht zu werden, hat die Bundesregierung das Zukunftsprojekt „Industrie 4.0″ ins Leben gerufen. Die vierte industrielle Revolution ist geprägt von intelligenter Datenvernetzung und Kommunikation zwischen Mensch, Maschine und Ressourcen.

Autarke Zukunft

Der CEO-Roundtable während der Productronica 2013 brachte es ans Licht: In zehn bis 20 Jahren werden wir vernetzte Smart Factories haben, wo sich alle Maschinen untereinander verständigen können und wo der Rohling – also das entstehende Produkt – sagt, wo es in der Produktion lang geht. Der Mensch spielt weiterhin die zentrale Rolle, er wird allerdings mit Robotern kooperativ zusammenarbeiten. Der industrielle Weg dorthin ist indes evolutionär: Mit einem kurzen Blick in die Vergangenheit lässt sich ableiten, wie autark die Produktion künftig sein wird: Im Jahr 2000 hatten wir 1 Mrd. vernetzter PCs weltweit, im Jahr 2010 – also nur 10 Jahre später – befinden sich 10 Mrd. vernetzte Smartphones im Einsatz. Insofern ist davon auszugehen, dass man mit 50 Mrd. vernetzter Maschinen und Werkstücke im Jahr 2020 rechnen kann.

Bei diesem weitreichenden Thema ist eine riesige Welle in Bewegung geraten. Denn wenngleich der Begriff eher ein schwammiges Konstrukt ist – immerhin mangelt es noch an einheitlichen, international gültigen Standards, an konkreten Konzepten und an ausgereiften Ideen, wie die verschiedenen Vorstellungen in der Branche unter einen Hut zu bringen seien – möchte jeder daran partizipieren. Auch der gesellschaftliche Wandel spiele da eine erhebliche Rolle, ist Karin Walter überzeugt. Wie mobile Systeme weiterhin in rasanter Geschwindigkeit mit immer mehr Leistungsmerkmalen unser Leben beherrschen werden, ist eine zentrale Frage, die wiederum die Entwicklung von Industrie 4.0 befeuert. „Was ist machbar, was wird machbar sein und was wird dazu benötigt – darum dreht sich letztlich alles.“

Mehr Intelligenz, Effizienz und Produktivität sind hierbei die Kernthemen. Das lässt sich mit vorausschauendem Handeln erzielen, sprich: der Operator soll die gesamte Fertigungslinie im Überblick behalten und zwar von einem zentralen Punkt aus. Eine Reduzierung der Produktionsstillstandzeiten ist die Folge. Für Jürgen Lehner steht außer Frage, dass beim Bediener das größte Optimierungspotential schlummert: „Wenn der Bediener es einmal versäumt, rechtzeitig das Material nachzulegen, holt er diesen Zeitverlust in seiner gesamten Schicht nicht mehr auf.“ Mit einer technischen Verfügbarkeit von 99 Prozent stoßen die Anlagen und Maschinen an ihre Grenzen – noch mehr Optimierungspotential lässt sich da kaum mehr realisieren. „Das größte Optimierungspotential ist und bleibt daher der Bediener, der die Verantwortung über die Ablauforganisation und Materialverfügbarkeit an der Linie hat“ pflichtet ihm Erwin Beck bei.

Oberstes Gebot und Ziel: „Keep the line running“

Mit einem Klick mit einer ganzen Fertigungslinie kommunizieren: Die wegweisende Asys-Entwicklung sorgt für eine maximale Linienverfügbarkeit. Bei dem so genannten „Pulse Mobile Line Assist“ handelt es sich um ein Mobile -Konzept, bei dem der Anwender via Tablet einen zentralen Zugriff auf alle essenziellen Informationen und Funktionen hat, die er sonst nur stationär an der Anlage abrufen kann. Jene Informationen finden sich nun zentral und übersichtlich am mobilen Assistenzsystem wieder. Dabei stellt das Tablet die wesentlichen Informationen von allen Anlagen der Linie transparent zur Verfügung. So kann der Bediener bei Stillständen schnell reagieren und seine nächsten Tätigkeiten vorausschauend planen, betont Lehner: „Dabei ist das oberste Ziel „Keep the line running“ für störungsfreie Fertigungsprozesse.“ Damit ist die intelligente Vernetzung von Mensch und Maschine keine Zukunftsvision mehr. „Mit dem Assistenzsystem haben wir den Operator im Fokus“, bringt es Beck auf den Punkt und stellt den Vergleich mit einem Navigationssystem an: Man bekomme frühzeitig Staumeldungen angezeigt. Jene Frühwarnmeldungen erhält der Operator ebenfalls, um entsprechend eingreifen zu können: „Das System zeigt an, ob er Leiterplatten oder Lotpaste nachlegen muss, oder ob er hinten die Magazine entfernen muss. Dadurch kann sich der Operator auf seine wesentlichen Aufgaben konzentrieren.“

Und nicht nur das: Da sich der Bediener an seinem Tablet mit Name und Passwort einloggen muss, ist im System hinterlegt, auf welchen Level er sich befindet. Dadurch weiß das System auch, ob der Operator schon mit umfangreicher Erfahrung punkten kann oder ob es sich um einen weniger erfahrenen Bediener handelt. Entsprechend ist der Informationsfluss mit mehr oder eben weniger erläuternden Anleitungen und Hilfefunktionen geregelt. Potentielle Fehlerquellen lassen sich auf diese Weise minimieren und gleichzeitig die Linieneffizienz steigern.

Gesamte Linie im Blick

Via Tablet kann das Personal eine SMT-Linie überwachen und alle Handlingmodule steuern. Individuelle Bedienpanels an Vego-Modulen sind nicht mehr notwendig. Das Tool visualisiert die gesamte Linie grafisch und bietet eine komplette Übersicht über die Fertigungslinie. Dadurch lässt sich auf Signalleuchten verzichten: Nach Zeit und Priorität geordnet, zeigt eine priorisierte To-Do-Liste alle anstehenden Aufgaben, Warnungen und eventuelle Stillstände. Be- und Entladesysteme für Leiterplatten erkennen zum Beispiel ihren Füllstand und berechnen anhand des aktuellen Linientaktes den Zeitpunkt des nächsten Bedieneingriffs. So kann der Bediener bei Stillständen schnell reagieren und seine nächsten Tätigkeiten vorausschauend planen. Auf diese Weise lässt sich eine maximale Linienverfügbarkeit erreichen.

Die eigens konzipierte Software hat momentan vier wesentliche Features: Benutzerverwaltung, Operating, Monitoring und Unterstützung bei der Fehlerbehebung. Bei einem Störfall besteht die Möglichkeit über das Tablet das Wartungspersonal oder die Hotline von Asys zu benachrichtigen. Zur schnellen und einfachen Identifikation der einzelnen Module ist jede einzelne Anlage mit einem RFID-Tag ausgerüstet. Dieser wird mit dem Tablet kontaktlos ausgelesen, um eine eindeutige Verbindung aufzubauen. Dabei kommt die sogenannte NFC-Technik (Near Field Communication) zum Einsatz. Per Funktechnikerfolgt der kabellose Datenaustausch. Alle notwendigen Informationen wie zum Beispiel Maschinentyp, Seriennummer, Softwareversion und Logfile werden automatisch geladen und an vorher definierte E-Mail-Adressen mit einem Klick versendet. Optional ist es möglich, Bilder über die Tablet eigene Kamera oder Freitext einzufügen.

Der nächste Schritt ist die Implementierung einer Linienkonfiguration. Damit lässt sich eine Fertigungslinie intuitiv konfigurieren und später beliebig anpassen. Pulse – Mobile Line Assist bietet auch eine offene Schnittstelle für die Anbindung von Maschinen anderer Hersteller. Konkret ist die Umsetzung mit den Partnerunternehmen Fuiji, Kolb, Parmi, Rehm und Viscom bereits in Arbeit. Der aktuelle Stand wird auf dem Asys-Stand während SMT-Messe 2014 vorgestellt.

Am Puls der Fertigungslinie

Der Mobile-Line-Assistent „Pulse“ revolutioniert nicht nur die Überwachung und Bedienung von Fertigungslinien, sondern steht dem Menschen als intelligentes Assistenzsystem zur Seite. Die für den Bediener essenziellen Funktionen, die vorher nur stationär an der Anlage verfügbar waren, finden sich nun zentral und übersichtlich am mobilen Assistenzsystem wieder.

SMT Hybrid Packaging 2014: Halle 7, Stand 550

Marisa Robles Consée

ist freie Redakteurin Productronic

(mrc)

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