Die Messzange K 55 ist besonders für den Einsatz bei beengten Raumverhältnissen geeignet.

Die Messzange K 55 ist besonders für den Einsatz bei beengten Raumverhältnissen geeignet.Ottmar Schnepp

Messungen mit Ungenauigkeiten von weniger als 1 % im Niederohmbereich (Milli- und Mikroohm) mit hohen Auflösungen, sind mit der Zweidraht-Messmethode nicht mehr möglich. Hier wird die Spannung nicht direkt am Prüfling, sondern über der Spannungsquelle bzw. über der Summe aller im Messkreis liegenden Widerstände gemessen. Der Widerstand der Zuleitung und der Kontaktwiderstand sind aber bei Messungen von niederohmigen Prüflingen nicht zu vernachlässigen. Der Physiker Professor William Thomson, auch als Lord Kelvin bekannt, entwickelte bereits 1876 die Vierleiter-Messmethode für genaue Milliohm-Messungen.

Kontaktierung des Prüflings

Die technische Entwicklung erfordert eine stetige Anpassung an die Anforderung der Kontaktierung der Prüflinge. Diese wichtige Schnittstelle zwischen Messgerät und Prüfling wird häufig von Messgeräte-Herstellern nicht ausreichend unterstützt und von den Anwendern zu gering bewertet. Obwohl gerade hier über eine richtige Messung entschieden wird. Qualität und reproduzierbares Messergebnis entscheiden letztlich, ob ein Produkt verkaufbar ist und den hohen erwarteten Qualitätsanforderungen entspricht. Der Anwender muss also der Kontaktierung des Prüflings mehr Beachtung schenken und einen größeren Aufwand für eine produktgerechte Auswahl betreiben.

Die Kontaktierung erfolgt meist als Punkt-Messung mit Zangen, Tastern, Steckern oder Adaptern. Beide Messstellen berühren mit zwei Kontakten den Prüfling. Ein konstanter Messstrom (+I, -I), der im Messgerät erzeugt wird und über separate Zuleitungen zum Prüfling gelangt, durchfließt diesen. An gleicher Kontaktierstelle wird die Spannung (+U, -U) mit einer eigenen Leitung abgegriffen. Diese Spannung ist direkt proportional zu dem Widerstand des Prüflings. Da der eingespeiste Strom konstant und der Innenwiderstand des Spannungsmessers sehr hoch ist, wird der Widerstand der Zuleitungen und der Kontaktübergänge kompensiert. Fehlerraten bis 0,01 % sind erreichbar.

Auf die Kontaktierung kommt es an

Bei der Vierdraht- oder Kelvin-Messung werden die Zuleitungswiderstände der Messleitungen und die Übergangswiderstände an den Messstellen zwischen Prüfling und Messgerät kompensiert. Für den Einsatz bei der Messung von kleinen Kapazitäts- oder Induktivitätswerten gilt das gleiche Prinzip. Nur eine einwandfreie Kontaktierung des Prüflings garantiert eine qualitativ hochwertige und reproduzierbare Messung.

Es können elektronische Bauelemente wie Widerstände, Induktivitäten, Kapazitäten und Kontakte aller Art gemessen werden. Sowohl an Standard- als auch an SMD-Bauelementen kann mit entsprechenden Messanordnungen gearbeitet werden. Zum optimalen Messen von Präzisionswiderständen, Wicklungswiderständen von Drähten, Spulen, Drosseln, Transformatoren, bei Schutzleiter-Prüfungen, elektrischen Prüfungen von Steckverbindern und Relais sind oft besondere Formen von Zangen, Tastern, Steckern oder Adaptern notwendig.

Als Anschluss-Stecker an die Messgeräte kommen Rundstecker von diversen Herstellern, farblich gekennzeichnete 4 mm Bananenstecker oder BNC-Stecker zum Einsatz. Die Anschluss-Stecker werden durch den am Eingang des Messgeräts bzw. der Messbrücke vorhandenen Buchsen bestimmt und können entsprechend konfektioniert werden.

Zuleitungskabel

Je nach Eingangsstecker, Messart und der zu messenden Objekte werden die entsprechenden Zuleitungskabel ausgewählt. Zum Einsatz kommen hier Koaxial-, Twistet Pair- oder feindrähtige Litzen-Kabel. Die Länge der Zuleitungskabel (bis zu 10 m) ist nicht kritisch, da das Kelvin-Messverfahren die physikalischen Werte der Messleitung kompensiert und so den Messwert nicht beeinflusst.

Mit Vierdraht- oder Kelvin-Eingängen ausgestattete Geräte sind: Tisch- oder Labor-Multimeter, Widerstandsmessgeräte, Präzisions-Milli- bzw. Mikro-Ohmmeter, LCR-Messgeräte oder -Messbrücken mit Software, Bus- und PC-Ansteuerung und -Auswertung. Bei Hand-Multimetern findet man diese Technologie nur selten. Angewandt wird diese Messmethode in der Produktion, Qualitätsprüfung und -Kontrolle, Eingangskontrolle, Forschung, Entwicklung, zur Erfüllung von anspruchsvollen Aufgaben beim Designen und zur Charakterisierung von passiven Bauteilen, dielektrischen Materialien, Fertigungstests usw. Vor allem dann, wenn die parasitären Widerstände, Induktivitäten und Kapazitäten nicht mehr vernachlässigbar klein gegenüber dem zu messenden Prüfling sind.

Messfehler Thermospannungen

Messfehler, die trotz Kelvin-Messmethode dennoch auftreten können, sind Thermospannungen. Hervorgerufen durch Temperaturdifferenzen zwischen den einzelnen Kontaktierungspunkten vom Messeingang bis zum Prüfling. Diese können bei den meist sehr kleinen zu messenden Spannungen erhebliche Messfehler verursachen. Durch eine angeglichene Kontaktstellen-Temperatur oder durch eine entsprechende Materialpaarung mit geringen Thermospannungen kann das vermieden werden.

Vierdraht- oder Kelvin-Messzubehör

Für die optimale Anpassung und Kontaktierung der Prüflinge entwickelt, fertigt und vertreibt die Firma Ottmar Schnepp Vierdraht- oder Kelvin-Messzubehör.

Beginnend bei der K 90, einer universellen Messzange zum Messen von Bauteilen, Widerständen an Kontakten, Spulen, Verbindungen im Niederohmbereich, mit Milliohm-Metern, Induktivitäten und Kapazitäten mittels LCR- Messgeräten und –Messbrücken (Bild 1).

Die gerade einmal 7 g leichte patentierte Messzange K 55 ist für den Einsatz bei beengten Raumverhältnissen, in kleinen Gehäusen, bei kleinen filigranen Prüflingen mit dünnen bzw. dünnsten Spulen- und Anschlussdrähten geeignet (Bild 2).

Die ebenfalls patentierte K 181 ist eine große Kelvin-Messzange und besonders für den Einsatz im Starkstrombereich, großen Transformatoren oder Drosseln, Starkstromkabeln, Stromseilen und Stromschienen geeignet. Für die Messung des Innenwiderstands von Batterien und der Adaption an Polschuhen, weist diese Zange folgende Vorzüge auf: Hohe Kontaktkräfte, adaptive, formschlüssige Kontaktausführung, robuste und griffsichere Zangenkonstruktion. Prüflingsquerschnitte von 800 … 1000 mm² sind möglich.

Mit dem Kelvin-Taster KP 100, einem kleinen handlichen Griff-stück mit federnden, wählbaren Kontaktspitzen wird eine tastende Kontaktierung erreicht. Die feinen Kontaktstifte durchstoßen jede Schmutz- und Oxidschicht der Kontaktstelle und gewährleisten sichere, reproduzierbare Messungen an Leiterbahnen auf Leiterplatten oder ähnlich, Anschluss-Pins von ICs, Bauelementen, Relais, Schaltern, Widerstandsbahnen von Potentiometern, leitenden Beschichtungen, Durchgangswiderständen kleinster, feinmechanischen Kontaktteile, Kontaktierung in engstem Einbauraum und Gehäusen.

Die KP 200, eine handliche, griffsichere Kelvin-Sonde mit federnden, wählbaren Kontaktspitzen erreicht ebenfalls eine tastende Kontaktierung (Bild 3). Die stabilen und robusten Kontakte durchstoßen jede Schmutz- oder Oxidschicht der Kontaktstelle und gewährleisten sichere, reproduzierbare Messungen an Motoren, Transformatoren, Sammelschienen, massiven, verschmutzten und oxidierten Kontaktteilen.

Micro-Kelvin-Clips

Mit Micro-Kelvin-Clips lassen sich feinste Drähtchen oder IC-Beinchen mit einem Pin Abstand von 0,2 bis 2,5 mm umfassen. Die Hartvergoldung der winzigen Drahtklammer sorgt für einen extrem niedrigen Übergangswiderstand. Ein dünnes, isoliertes Metallröhrchen verhindert Kurzschluss und führt die vergoldeten Greifer an den Kontakt. Greifer und Anschlusskabel sind in diversen Farben lieferbar und erleichtern so eine genaue Zuordnung der Kontakte.

Selbstverständlich können kundenspezifische Kelvin-Messleitungen, auch für OEMs, angefertigt werden. Dazu benötigt die Firma Schnepp Angaben zu Steckverbinder, Kabeltypen und -Längen und Art der gewünschten Kelvin-Kontaktierung.

Horst Ponkratz

: Horst Ponkratz ist Radio- und Fernsehtechniker-Meister in Heusenstamm und freier Mitarbeiter der Firma Ottmar Schnepp Elektronische Bauteile, Neudenau.

(jj)

Sie möchten gerne weiterlesen?