Viscom 05-X7056-II_einzeln

(Bild: Viscom)

Bei der Inspektion elektronischer Baugruppen reicht vor allem für Bauelemente mit verdeckten Lötstellen wie etwa BGA oder QFN die automatische optische Inspektion (AOI) nicht aus. Infrage kommen etwa Stichproben mit manuellem Röntgen (MXI), was allerdings nicht immer die optimale Lösung ist. Da, wo die Produktsicherheit eine besonders große Rolle spielt, insbesondere im Bereich Automotive, braucht man eine schnelle und vollständige Prüfung von Lötverbindungen. Dafür ist eine vollautomatische Inline-Röntgen-Lösung (AXI) gefordert, die ebenfalls die Geschwindigkeitsrandbedingungen erfüllt. Der Durchsatz wird bei solch einem System stark vom Handling der Prüfbaugruppen bestimmt, da ein Vollschutzgehäuse mit mechanischen Schleusen nötig ist.

Bei durchgebogenen Leiterplatten kann besonders bei der 3D-Röntgeninspektion auch eine automatische Höhenkorrektur erfolgen. Viscom

Bei durchgebogenen Leiterplatten kann besonders bei der 3D-Röntgeninspektion auch eine automatische Höhenkorrektur erfolgen. Viscom

Schnelle und präzise Wechsel

Eine durchdachte Lösung der Zu- und Abführung der Baugruppe kann die Zeit für den Baugruppenwechsel auf unter 4 s reduzieren. Dafür sorgt ein Hardwarekonzept, das mit mehreren Leiterplatten arbeitet, die sich gleichzeitig im System befinden können und in überlappenden Zeitscheiben bewegt werden. Die entsprechenden Wechsel der Baugruppe von Position zu Position können dabei wegen der verkürzten Wege der Baugruppe extrem schnell und präzise ablaufen. Die Reduktion der Handlingzeit reduziert die Leerzeit, die als Overhead nur für den Baugruppenwechsel benötigt wird.

 

Die reine Nutzzeit ist die eigentliche Analysezeit, in der Bilder aufgenommen und bewertet werden. Reduziert sich also die Handlingzeit von zum Beispiel früher typisch 10 bis 12 s auf 4 s bei einer reinen Analysezeit von weiteren 10 s, ergibt sich eine Gesamtdurchlaufzeit von 14 statt 20 s – ein stattlicher Gewinn von 30 Prozent! Ein Vergleich angebotener Systeme lohnt sich allein schon in dieser Hinsicht also auf jeden Fall. Die Optimierung der Analysezeit kann einen weiteren deutlichen Durchsatzgewinn bringen. Bei der Programmerstellung lässt sich die zeitaufwendige 3D-Inspektion auf diejenigen Bauteile beschränken, bei denen das wirklich notwendig ist. Überall sonst kommen dann schnellere orthogonale und geneigte Verfahren zum Einsatz.

Das gesamte Volumen eines Prüfobjekts (hier alle BGA-Balls) wird gespeichert und lässt sich mit einem speziellen Tool aus frei wählbaren Perspektiven anzeigen. Viscom

Das gesamte Volumen eines Prüfobjekts (hier alle BGA-Balls) wird gespeichert und lässt sich mit einem speziellen Tool aus frei wählbaren Perspektiven anzeigen. Viscom

3D-AXI-Hardware

Positiv auf die Analysezeit wirken sich zudem optimierte Lösungen für die schnelle Bildaufnahme aus. Hochwertige Linearmotoren, die dafür sorgen, dass Flachbilddetektoren auf einem Kreuztisch (xy-Tisch) schnell in verschiedene Positionen verfahren werden können, verkürzen erheblich die Bildaufnahmezeiten für variable geneigte Durchstrahlungen, besonders aber die Aufnahme mehrerer Ansichten für die 3D-Rückrechnung. Mit Hilfe der richtigen Einstellungen lassen sich Baugruppen aus vordefinierten Perspektiven auch im 3D-Bild optimal abbilden. Die Erfahrung zeigt beispielsweise, dass bei eher im Raster angeordneten Strukturen wie BGA-Balls unregelmäßige Anordnungen der Aufnahmepositionen zu empfehlen sind. Dadurch kann man aufgrund der Unterdrückung periodischer Strukturen Artefakte weitestgehend eliminieren und das 3D-Ergebnis der planaren Computertomografie (PCT) erheblich verbessern.

 

Im Rahmen der Entwicklung und der Revision eines AXI-Systems hat es sich in diesem Zusammenhang als sinnvoll erwiesen, den 3D-Prüfbereich insgesamt großzügig anzulegen, um dem späteren Nutzer volle Flexibilität bei der Auswahl der Aufnahmewinkel zu geben. Zusätzlich zu größeren Durchstrahlwinkeln und unterschiedlichen Perspektiven, die zu besseren 3D-Resultaten führen, können insgesamt größere Leiterplatten inspiziert werden. Für hohen Durchsatz ist der Einsatz eines Flachbilddetektors mit möglichst großem Bildfeld wichtig.

Einzelne Schicht aus einer 3D-Analyse: Ansicht im X-ray-Viewer von vVision nach Anwendung des FDK-Rückrechnungsverfahrens. Viscom

Einzelne Schicht aus einer 3D-Analyse: Ansicht im X-ray-Viewer von vVision nach Anwendung des FDK-Rückrechnungsverfahrens. Viscom

Viele nützliche Optionen

Die Verfahren der 3D-Rückrechnung bestimmen wesentlich die Qualität des 3D-Abbildes der aufgenommen Szene. Neben einfachen und schnellen Methoden wie dem Additionsverfahren ist bei der AXI von Viscom das FDK-Verfahren (Feldkamp, Davis, Kress) implementiert. Dirk Nülle, leitender Produktentwickler AXI von Viscom und für das neue 3D-AXI-System X7056-II verantwortlich, erläutert: „Dieses spezielle Verfahren der gefilterten Rückprojektion liefert insbesondere für BGAs bessere Schichtbildrekonstruktionen. Dafür ist es aber etwas rechenzeitaufwendiger.“ Zur benutzerfreundlicheren Darstellung, aber auch zur grundsätzlichen Bildverbesserung stehen darüber hinaus passende Hilfsmittel wie etwa Kontrastfilter oder die Möglichkeit der Grauwertanpassung (Gamma-Korrektur) bereit. Damit alle Ergebnisse auch bei durchgebogenen Leiterplatten einwandfrei sind, gibt es zudem die Möglichkeit, im automatischen Inspektionsablauf eine Höhenkorrektur vorzusehen. Dafür passt ein Tool die einzelnen Positionen der Inspektion entsprechend an. Das berechnete Durchbiegungsmodell der Baugruppe wird anschließend für jede Inspektionsmethode angewendet.

 

Die Software des Inspektionssystems sollte möglichst leicht handhabbar sein. Ein Beispiel: Der Bediener kann 3D-AXI-Aufnahmepositionen festlegen, hat dazu verschiedene Auflösungsstufen zur Auswahl und entscheidet sich jeweils für eine zur Anwendung und zur gewünschten Prüftiefe passende Anzahl von Ansichtspositionen. Später kann dann je nach Aufgabe zwischen diesen vordefinierten 3D-Kameras ausgewählt werden. Je nach Anwendung ist eher die Prüfqualität oder eher die Taktzeit entscheidender. „Nach unserer Erfahrung sind mindestens neun Ansichten notwendig, um 3D zu realisieren. Aber manchmal zeigt es sich doch, dass man mehr Aufnahmen braucht, je nach Abschattung und je nachdem, welche Bauteile auf gegenüberliegenden Positionen einer doppelseitig bestückten Leiterplatte zu finden sind“, so Dirk Nülle.

Aussagekräftige Ergebnisse

Teil- oder auch Gesamtvolumen eines mit 3D-AXI geprüften Objekts lassen sich heute relativ schnell und einfach am Bildschirm darstellen und mit der Maus oder am Touchscreen beliebig kippen, drehen und heranzoomen. Das Besondere gegenüber einer rein optischen Rekonstruktion: Man kann schichtweise ins Innere etwa von BGA-Balls blicken. Ist ein solches Tool an der Verifikationsstation eingerichtet, ergeben sich zusätzliche Möglichkeiten, Fehler übersichtlich zu klassifizieren und die Ursachenerforschung im Prozess anzugehen.

 

Die Möglichkeit, aus den mehreren zweidimensionalen Durchstrahlungen des Prüfobjekts aussagekräftige Volumeninformationen und daraus Einzelschichten zu berechnen, ist der wichtigste Vorteil der 3D-Technologie beim Röntgen elektronischer Baugruppen. Will man etwa bei einem QFN die Voids prüfen, auf der anderen Seite der beidseitig bestückten Leiterplatte befindet sich aber ein anderes Bauteil, etwa ein Chip, dann werden auf gewöhnlichen Röntgenbildern vermutlich nicht alle Lufteinschlüsse optimal sichtbar sein, da sich die Objekte auf dem Bild überlappen und gegenseitig verdecken. Die 3D-Rekonstruktion der Volumeneinheit in der 3D-Röntgenprüfung erlaubt eben genau die Trennung der maßgeblichen Schichten und ermöglicht damit sehr gut eine derartige Prüfung ohne störende Überlagerungen.

 

Da prinzipiell das gesamte Volumen der Szene durchstrahlt und damit auch dessen Struktur ermittelt werden kann, müssen die Schnitte nicht unbedingt ausschließlich horizontal erfolgen. So kann zum Beispiel eine vertikal herausgetrennte Schicht wichtige Informationen liefern, etwa dass ein BGA-Ball der äußeren Reihe nicht angebunden ist und ein Head-in-Pillow-Defekt (HiP) vorliegt. Bei einer beidseitig bestückten Leiterplatte wären nun die sich dort befindenden Bauteile beider Seiten zu sehen. Alle Schichtbilder, ob horizontal oder vertikal, können direkt in die Analyse weitergegeben werden. Voids etwa lassen sich nun einfach und einwandfrei bestimmen und klassifizieren.

Leiterplattenhandling in einer X7056-II mit 3D-AXI und 3D-AOI. Viscom

Leiterplattenhandling in einer X7056-II mit 3D-AXI und 3D-AOI. Viscom

Ausbalancierte Kombi-Lösung

Sind AXI und AOI in einem System integriert, ergeben sich zusätzliche Vorteile. Dann lassen sich besonders effektiv nicht nur die Anteile des orthogonalen, geneigten und 3D-Röntgens optimal aufeinander abstimmen, sondern unter Einbeziehung der optischen Prüfmethoden insgesamt auf ein Minimum reduzieren, was wiederum die Taktzeit der gesamten Inspektion weiter verbessert und – ein oft vernachlässigter Effekt – die Strahlenbelastung der einzelnen Bauteile senkt. Manche Kriterien, ganz offensichtlich zum Beispiel die OCR (optical character recognition), also die Klarschrifterkennung auf den Komponenten, müssen rein optisch durchgeführt werden, in anderen Fällen sind Merkmale sowohl optisch als auch röntgentechnisch erfassbar. Andere Effekte lassen sich wiederum nur rein mit Methoden der Röntgentechnik ermitteln.

 

In einem guten Kombisystem wechseln Leiterplatten fast gleichzeitig zwischen den beiden Inspektionsbereichen. Referenzmarkenkameras können schon mit der optischen Prüfung beginnen, bevor das Bleischott, das die beiden Prüfbereiche voneinander trennt, geschlossen ist. Mit nur einem einzigen System kann eine vollständige und schnelle Prüfabdeckung gewährleistet werden. Besteht der Verdacht, dass nach der optischen Inspektion noch verdeckte Fehler vorliegen, lässt sich automatisch ausschließlich für eben diese Fälle eine zusätzliche Röntgenprüfung starten, die hier im selben System abläuft.

 

Der Bedienkomfort eines solchen Kombi-Systems kann bis hin zur integrierten automatischen Prüfplanerstellung und der Verwendung eines Prüfsimulators gehen, wo der Anwender offline verschiedene Inspektionsszenarien, etwa mit größerer Gewichtung der Prüfqualität, der Kosten oder der Geschwindigkeit, durchspielen kann.

Viscom bietet eine breite Palette von Röntgensystemen an. Viscom

Viscom bietet eine breite Palette von Röntgensystemen an. Viscom

Zusammenspiel auch mit MXI

Die Röntgenergebnisse des Inspektionssystems lassen sich mit Hilfe einer Vernetzung in der Linie, zum Beispiel mit dem Viscom Quality Uplink, mit anderen Prüfresultaten (3D-SPI, 3D-AOI) verknüpfen und für Auswertungen intelligent zusammenführen. Das gilt übrigens nicht nur für Inline-Röntgen. Auch MXI-Systeme erweisen sich hier als echte Teamplayer. „Ich kann die Prüfergebnisse aus der Linie auf ein manuelles System übertragen und dort dann beispielsweise bei unklaren Fehlern oder für Stichproben detailliertere Prüfungen an den entsprechenden Positionen durchführen“, verdeutlicht Rolf Demitz, der als Geschäftsbereichsleiter von Viscom unter anderem die MXI-Entwicklungen im Unternehmen mitverantwortet. Nachklassifizierungssoftware lässt sich auf einem solchen System ebenfalls nutzen.

 

Trotz der immer schnelleren AXI-Lösungen bleibt das manuelle Röntgen ein wichtiger Bestandteil in der Elektronikfertigung. Sowohl reklamierte Baugruppen als auch neu entwickelte Prototypen lassen sich mittels MXI optimal ausprüfen. Der Linientakt wird dabei in der Regel nicht beachtet. Zwischen Röhre und schwenkbarem Detektor (Bildwandler) läuft beliebig lange die Prüfung ab. Das Objekt kommt auf den Drehteller eines Manipulators, den der Mitarbeiter mit einem Joystick vertikal verfahren kann. Die Ergebnisse überzeugen vor allem durch extrem hohe Detailerkennbarkeit, was auch 3D-Rekonstruktionen sowohl aus der rotativen als auch der planaren CT zugute kommt.

Leiterplatte im AOI-Bereich des Inspektionssystems X7056-II kurz vor dem Transport zum Röntgen. Viscom

Leiterplatte im AOI-Bereich des Inspektionssystems X7056-II kurz vor dem Transport zum Röntgen. Viscom

Inspektionslösungen

Aufgrund von Digitalisierung, Miniaturisierung und Smart Factory sowie hohen Anforderungen an den Durchsatz und die Prozesskontrolle gestalten sich die heutigen und künftigen Prüfaufgaben in der Elektronikindustrie in zunehmendem Maße komplexer. Viscom bietet hierzu mit den hochpräzisen Systemen AOI, AXI, SPI, CCI und MXI die passenden Lösungen. Vor allem die 3D-Inline-Inspektionssysteme sind für die Anforderungen an intelligente Vernetzung und Industrie 4.0 ausgelegt.

Natürlich kann man bestimmte Automatisierungen auch bereits mit einem manuellen System realisieren: Für Kleinserien lassen sich Positionslisten und Klassifikationen anlegen, damit nur die wirklich relevanten Stellen geprüft werden. Für die Programmerstellung kann der Bediener wie beim Inline-Röntgen CAD-Daten heranziehen und eine Serienprüfung mit vollautomatischer Auswertung starten. Denkbar ist auch ein an das System angeschlossenes Magazin, das es mit Hilfe eines passenden Handlingkonzepts ermöglicht, die Prüfung für eine bestimmte Zeit ohne weitere Eingriffe ganz selbstständig ablaufen zu lassen (Batchbetrieb). Sogar eine Anbindung an die Fertigungslinie ist im Prinzip möglich.

 

Breites Angebot für den Röntgen-Einsatz

Viscom bietet für das Röntgen elektronischer Baugruppen die volle Flexibilität. Überaus erfolgreich im Bereich MXI ist die X8011-II PCB. Für schwerere Bauteile bis zu 15 kg und einer Probengröße von bis zu 722 mm Durchmesser eignet sich sehr gut das technisch ansonsten ähnlich ausgestattete System X8068. In der Inline-Röntgeninspektion ist weltweit seit vielen Jahren die X7056RS im Einsatz. Ein großer Teil der Nutzer entschied sich hier beim Kauf für die zusätzliche Integration einer passenden optischen Inspektionslösung von Viscom.

 

Ebenfalls als Kombi-Option mit 3D-AXI und 3D-AOI ausgelegt ist die neue Version dieses Systems: die X7056-II mit dem innovativen Handlingkonzept xFastflow, das die Zu- und Abführung der Leiterplatten in unter 4 s schaffen kann. Die X7056-Serie bietet die Möglichkeit, die sogenannte „AOI-prepared“-Variante zu bestellen, sodass der Kunde ein AXI-System einsetzen kann, das später schnell und kostengünstig um die AOI-Funktion erweiterbar ist. Die X7056-II ist mit der Viscom-Software vVision erhältlich und bietet damit denselben Bedienkomfort, den das Unternehmen schon für seine AOI- sowie SPI- und CCI-Systeme realisiert hat, also auch für die Inspektion von Lotpaste und Schutzlackierungen auf elektronischen Baugruppen.

Productronica 2017: Halle A2, Stand 177

Olaf Szarlan

Marketing/Redaktion von Viscom

(mrc)

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