Der gesamte Aufbau des Testsystems für elektronische Steuerungen aus Tisch, Adapter und Schutzhaube ist prüflingsspezifisch und lässt sich einfach austauschen. Der Funktionstester steht direkt dahinter.

Der gesamte Aufbau des Testsystems für elektronische Steuerungen aus Tisch, Adapter und Schutzhaube ist prüflingsspezifisch und lässt sich einfach austauschen. Der Funktionstester steht direkt dahinter.Alle Bilder Rohde & Schwarz

Liebherr-Elektronik fertigt in Lindau Elektronikkomponenten und -systeme für den Einsatz in Baumaschinen, in der Luftfahrtindustrie und in der Verkehrstechnik. Die dort hergestellten Elektronikkomponenten werden überwiegend in die Baumaschinen des Unternehmens eingebaut, aber auch an Kunden außerhalb der Liebherr-Gruppe verkauft. Die neue Fertigungslinie für Kompakt-Steuerungen umfasst eine SMD-Bestückungslinie mit nachfolgender AOI und In-Circuit-Test mit möglicher Nachbestückung von THT-Bauteilen. Sie ist nach dem Poka-Yoke-Prinzip realisiert, um von Beginn an für eine fehlerfreie Produktion zu sorgen. Sie ist kennzeichnet durch eine hohe Testqualität, eine kurze Taktzeit und eine schnelle Umrüstmöglichkeit für unterschiedliche Produkte.

In dieser eigenständigen Fertigungsinsel werden die Leiterplatten in Aluminium-Druckguss-Gehäuse (IP6K9K) eingebaut (Bild 2). Anschließend erfolgen eine Dichtigkeitsprüfung und ein Funktionstest. Der Transport der Steuerungen innerhalb der Fertigungsinsel erfolgt auf Warenträgern, die vom Bedienpersonal manuell von einer Prozessstation zur nächsten geschoben werden.

Funktionstest für alle Gerätefunktionen

Die Compact Control Unit verfügt über zahlreiche Schnittstellen, wie CAN, Ethernet, analoge und digitale Ein-/Ausgänge, Frequenzeingänge, Widerstandseingänge und PWM-Ausgänge (Pulsweitenmodulation) zur Ansteuerung von Aktoren. Beim Funktionstest werden alle Funktionen des Geräts angesprochen und geprüft. Zudem erfolgen Spannungs-, Strom-, Frequenz- und Widerstandsmessungen. Um die Testzeit zu verkürzen, laufen verschiedene Einzeltests parallel auf dem Testsystem ab. Eingesetzt wird hierfür das Testsystem CompactTSVP von Rohde & Schwarz, das in die Fertigungsinsel fest integriert ist (Bild 1).

In einer eigenständigen Fertigungsinsel werden bei Liebherr Elektronik in Lindau die Steuerungen (Leiterplatten) in ein Aluminium-Druckguss-Gehäuse (IP6K9K) eingebaut; erst danach folgen eine Dichtigkeitsprüfung und ein Funktionstest.

In einer eigenständigen Fertigungsinsel werden bei Liebherr Elektronik in Lindau die Steuerungen (Leiterplatten) in ein Aluminium-Druckguss-Gehäuse (IP6K9K) eingebaut; erst danach folgen eine Dichtigkeitsprüfung und ein Funktionstest.

Kris Metzger, Testentwicklungsingenieur bei der Liebherr-Elektronik, beschreibt die Anforderungen: „Für den Funktionstest haben wir ein sehr flexibles und modulares System gesucht. Mit diesem wollen wir neben digitalen Tests auch Strom/Spannung einspeisen und messen sowie Widerstände und andere Lasten anlegen.“ Außerdem, so Metzger: „Wichtig war für uns, dass wir innerhalb der Taktrate der Fertigungslinie von vier Minuten bleiben.“

Damit die Prüflinge unter realen Bedingungen geprüft werden können, ist eine Lastbox direkt an den Tester angeschlossen (Bild 3). Diese enthält neben einer Codierschaltung zur Identifikation des richtigen Adapters verschiedene Lasten sowie weitere für die Tests benötigte Hilfsschaltungen. Die Lastbox ist mit dem prüflingsspezifischen Testadapter verbunden, der zur Kontaktierung des Prüfobjekts dient. Der Adapter verfügt über eine Schutzhaube, die vor dem Testablauf geschlossen werden muss (Bild 4). So wird die Sicherheit des Bedienpersonals gewährleistet. Um eine schnelle Umrüstung auf ein anderes Produkt zu ermöglichen, ist der Adapter auf einem Rolltisch montiert. Dadurch lässt sich die gesamte Einheit einfach und innerhalb kürzester Zeit austauschen.

Die am Funktionstester angeschlossene Lastbox enthält unter anderem verschiedene Original-Lasten wie Injektoren, sodass der Funktionstest unter realitätsnahen Bedingungen ablaufen kann.

Die am Funktionstester angeschlossene Lastbox enthält unter anderem verschiedene Original-Lasten wie Injektoren, sodass der Funktionstest unter realitätsnahen Bedingungen ablaufen kann.

An der Teststation liest der Bediener mit einem Handscanner den Barcode des Produktionsauftrags ein. Anhand der darin enthaltenen Daten wird dann das korrekte Testprogramm aufgerufen. Der Adapter kontaktiert den Prüfling automatisch, sobald der Warenträger richtig eingelegt ist und die Haube vom Bediener geschlossen wurde. Der Test startet selbstständig und die Seriennummer des Prüflings wird durch einen automatischen Scanner eingelesen. Nach Ablauf der Prüfung wird die Sicherheitshaube wieder geöffnet und das Testobjekt freigegeben. Der Funktionstester steuert den gesamten Testablauf, während für die Sicherheitsfunktionen eine zusätzliche Sicherheits-SPS vorhanden ist.

Gleiche Testsysteme in der Produktion und Entwicklung

Mittlerweile setzt Liebherr-Elektronik in der Fertigung drei R&S CompactTSVP-Testsysteme ein, die weitgehend identisch konfiguriert sind. Von diesen drei Funktionstestern befindet sich einer in der Fertigungsinsel, einer wird zur Entwicklung der Testprogramme genutzt und einer für besondere Aufgaben außerhalb der Linie. Die Entwicklungsabteilungen von Liebherr in Lindau und in Bulle in der Schweiz verfügen über zusätzliche Tester. Sie werden in einer weitgehend ähnlichen Konfiguration für Entwicklungs-, Inbetriebnahme- und Verifikationstests verwendet. Dadurch lassen sich einzelne Testsequenzen aus der Entwicklung auch in der Produktion nutzen. Das spart Zeit bei der Erstellung der Testprogramme.

Unter der geschlossenen Schutzhaube ist die zu prüfende Kompakt-Steuerung auf dem Warenträger gut zu erkennen.

Unter der geschlossenen Schutzhaube ist die zu prüfende Kompakt-Steuerung auf dem Warenträger gut zu erkennen.

Liebherr-Elektronik hat im Jahr 2013 den ersten Funktionstester von Rohde & Schwarz in Betrieb genommen. Zu den Gründen dafür sagt Metzger: „Wir haben uns aus mehreren Gründen für eine Zusammenarbeit mit Rohde & Schwarz entschieden. Ein wichtiger Punkt waren die Funktionalität und flexible Erweiterbarkeit des CompactTSVP. Die Systeme lassen sich entsprechend den jeweiligen Anforderungen beliebig konfigurieren. Durch die dynamischen Verschaltungsmöglichkeiten können beispielsweise der Aufbau und die Verdrahtung der prüflingsspezifischen Lastboxen sehr einfach gehalten werden.“ Dirk Lunkewitz, Leiter Fertigungsdienstleistungen im Werk Memmingen von Rohde & Schwarz, ergänzt: „Der CompactTSVP ist eine sehr offene und flexible Plattform, die sich nicht nur für verschiedene Aufgaben konfigurieren, sondern auch jederzeit anpassen lässt, wenn sich die Anforderungen ändern. Damit ist dies die ideale Lösung für Liebherr.“ Laut Metzger war die Technik jedoch nicht allein entscheidend, auch die Beratung während der gemeinsamen Konzepterstellung spielte „eine wichtige Rolle“.

Inzwischen wird der Tester für die Prüfung von mehreren unterschiedlichen Steuerungen bei Liebherr eingesetzt. Testprogramme für zwei weitere Produkte sind derzeit in Arbeit. Der Funktionstester wird vorwiegend für komplexe Aufgaben genutzt. Da die bestehende Fertigungslinie voraussichtlich bald an ihre Kapazitätsgrenze stoßen wird, ist bereits eine zusätzliche Linie mit einem noch höheren Automatisierungsgrad in Planung.

Auf einen Blick

Liebherr-Elektronik hat seine neue Fertigungslinie für Kompakt-Steuerungen mit der fest integrierten Teststation CompactTSVP von Rohde & Schwarz ausgerüstet, die alle Gerätefunktionen testet. Zudem erfolgen Spannungs-, Strom-, Frequenz- und Widerstandsmessungen. Dabei muss die Taktfrequenz von 4 Minuten eingehalten werden. Um diese Testzeit einhalten zu können, laufen verschiedene Einzeltests parallel auf dem Testsystem ab.

Winfried Schindler

ist im Vertrieb Fertigungsdienstleistungen bei Rohde & Schwarz Messgerätebau tätig.

(dw)

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