Bild 1: Konventionelle Strommessung mit magnetischem Ringkern.

Bild 1: Konventionelle Strommessung mit magnetischem Ringkern. (Bild: Raztec/Pewatron)

Der konventionelle Ansatz für AC/DC-Stromsensoren oder Stromwandler besteht darin, einen weichmagnetischen ringförmigen Kern mit einem Luftspalt, um den stromführenden Leiter zu legen. Wenn Entwickler dann noch einen Magnetfeldsensor in diesen Luftspalt einbringen, so ist dessen Ausgangssignal proportional zum fließenden Strom (Bild 1). Zu beachten ist dabei: Wechselströme lassen sich mit den auf transformatorischer Technologie basierenden Stromwandlern messen, Gleichströme hingegen aber nicht.

Eckdaten

Die Strommesssonde von Raztec eignet sich für die Messung auch von sehr hohen Stromstärken und das bei kleiner Baugröße. Dafür kommt sie ohne den weit verbreiteten Ringkern aus. Sie bietet einen hohen Schutz gegenüber Störeinflüssen wie etwa hohe Temperaturen, Wasser, Vibration oder elektromagnetische Strahlung.

Dieses Messprinzip funktioniert gut bei Strömen bis zu etwa 1000 A. Über 1000 A wird der benötigte Sensor ziemlich voluminös und teuer: Je stärker der Strom, desto mehr muss sich der Querschnitt des Kerns vergrößern, um Sättigung zu vermeiden. Der Magnetkern erfüllt jedoch verschiedene Funktionen:

Der magnetische Fluss wird auf den Magnetfeldsensor fokussiert.

Der Sensor ist weniger empfindlich gegenüber magnetischen Streufeldern.

Der magnetische Fluss lässt sich sehr einfach durch zusätzliche Primärwicklungen verstärken.

Mit zunehmender Stromstärke ist der Kern jedoch weniger nützlich, vielmehr wird er eher zu einem Nachteil. Moderne Magnetfeldsensoren benötigen keinen starken magnetischen Fluss, um hohe Präzision zu erzielen, stattdessen beeinträchtigen Sättigungseffekte im Kern die Genauigkeit.

Ohne Ringkern sehen sich Entwickler dem bekannten Problem einer Signalverzerrung durch magnetische Streufelder gegenüber, die in der Regel von anderen Stromleitern in der Nähe herrühren sowie dem Einfluss des Erdmagnetfelds. Aber es existiert eine interessante Lösung für diese Probleme, die auf einer differenziellen Messung des Magnetfelds basiert.

Differenzielle Strommessung

Bild 1: Konventionelle Strommessung mit magnetischem Ringkern.

Bild 1: Konventionelle Strommessung mit magnetischem Ringkern. Raztec/Pewatron

Diese Technik eliminiert die Effekte gleichförmiger magnetischer Streufelder auf sehr einfache, aber wirkungsvolle Weise (Bild 2). In den Fällen, in denen die Streufelder nicht gleichförmig sind, können Entwickler oder Systemdesigner die beiden Sensoren möglichst nahe beieinander platzieren. Um die magnetische Feldstärke zu erhöhen, können sie die Stromschiene lokal etwas verjüngen. Diese lokale Einschnürung erhöht den Widerstand nur geringfügig.

Für die differenzielle Strommessung sieht der konventionelle Ansatz vor, auf beiden Seiten des Leiters jeweils einen Sensor anzubringen. Die Entwickler bei Raztec erkannten, dass es vorteilhaft wäre, den Strom innerhalb der Stromschiene zu messen, in dem man diese anbohrt oder sondiert. Daher rührt der Name Current Probe, zu Deutsch „Strommesssonde“ (Bild 3).

Sonde statt Wandler

Das Format der Sonde erlaubt eine erhebliche Reduktion von Größe und Gewicht des Sensors. Tatsächlich gilt sogar: je kleiner der Sensor, desto besser. Bild 4 zeigt den Größenunterschied gegenüber einem klassischen Durchstecksensor deutlich. Durch die einseitige Montage der Sonde vereinfacht sich der Stromabgriff erheblich. Der Sensor lässt sich im Prinzip sogar noch im Nachhinein anbringen, ohne die Stromschiene zu demontieren. Mit zunehmender Stromstärke erhöht sich auch der Querschnitt der Stromschiene, was bedeutet, dass sich der Magnetfluss nur wenig ändert. Deshalb kann die Strommesssonde auch bei stärkeren Strömen unverändert bleiben. Sie kann genauso gut 1000 A messen wie auch 25.000 A.

Bild 2: Strommessung ohne Ringkern.

Bild 2: Strommessung ohne Ringkern. Raztec/Pewatron

Aber auch Ingenieure kennen das Sprichwort: Es gibt keine Rose ohne Dornen. Die differenzielle Magnetfeldmessung ist nicht die perfekte Antwort, um die Effekte von Streufeldern zu eliminieren. Sie ist effektiv bei gleichförmigen Feldern wie dem Erdmagnetfeld. Aber die von benachbarten Stromleitern induzierten Felder sind in der Regel nicht gleichförmig. Glücklicherweise lassen sich diese Effekte jedoch oft vernachlässigen, da Magnetfeldsensoren gegenüber Feldern unempfindlich sind, die außerhalb ihrer Achse wirken. Positioniert man also die Stromsensoren so, dass die Streufelder nicht axial wirken, so lassen sich deren Auswirkungen minimieren. Entwickler können die Störsicherheit auch erhöhen, indem sie den Leiter verjüngen und damit das zu messende Magnetfeld und gleichzeitig den Sensorausgang stärken.

Besondere Herausforderungen

In einigen Anwendungen stellt die Befestigung der Sonde auf der Stromschiene eine Herausforderung dar. Es ist naheliegend, dass Entwickler keine leitfähigen Befestigungselemente für die Sonde verwenden dürfen. Aus diesem Grund liefert Raztec die Sensoren (Vertrieb über Pewatron) gleich mit Nylon-Schrauben, das entsprechende Gegenstück dazu wären Nylon-Muttern. Allerdings vertrauen nicht alle Ingenieure dieser Verbindung. Als Alternative oder Ergänzung integriert Raztec deshalb Hochtemperatur-Klebepads in die Sensoren. Eine weitere Alternativen wären dann noch die Arretierungen für Clips. Sattelklemmen sind eine andere mögliche Low-Tech-Lösung.

Eine weitere Herausforderung für Sensoren ohne Ringkern – und bis zu einem gewissen Grad für alle Stromsensoren – ist deren Empfindlichkeit gegenüber sich schnell ändernden elektrischen Feldern, wie sie etwa PWM-Hochspannungssignale erzeugten. Beim Design der Strommesssonde legten die Entwickler von Raztec deshalb einen großer Wert auf eine effektive elektrostatische Abschirmung der Elektronik. Alle empfindlichen Komponenten sind deshalb in einem faradayschen Käfig eingeschlossen.

Bild 3: Die Strommesssonde von Raztec.

Bild 3: Die Strommesssonde von Raztec. Raztec/Pewatron

Die hohe Temperatur stellt noch eine weitere Herausforderung dar: Um Kosten zu sparen, erfolgt die Auslegung von Stromschienen häufig so, dass sie sich im Betrieb erwärmen. Jedoch muss die Sonde auf diesen heißen Leitern platziert werden. Dies macht die Auswahl von Komponenten notwendig, die eine hohe Zuverlässigkeit und Stabilität bei hohen Temperaturen gewährleisten. Zudem wird die Sonde dann noch mit einer silikonbasierten Hochtemperaturkapsel ummantelt. Die Sonde ist für Temperaturen bis 125 °C spezifiziert, mit Temperaturspitzen bis 150 °C. Zusätzlich liefert die Verkapselung eine hermetische Versiegelung sowie Unempfindlichkeit gegenüber starken Vibrationen.

Bild 4: Größenvergleich mit einem konventionellen Stromsensor

Bild 4: Größenvergleich mit einem konventionellen Stromsensor. Raztec/Pewatron

Das Ausgangssignal der Sonde hängt von der Größe und Gestalt des Stromleiters ab, auf dem sie montiert ist. Deshalb kann Raztec für Kalibrierzwecke jeden Leiter nachbilden und jeden produzierten Sensor entsprechend kalibrieren. Das macht die Strommesssonde zu einem individuellen und kundenspezifisch programmierten und kalibrierten Strommessgerät.

Mögliche Anwendungen

Bild 5: Anwendungsbeispiel LKW-Hybridantrieb. Raztec/Pewatron

Bild 5: Anwendungsbeispiel LKW-Hybridantrieb. Raztec/Pewatron

Eine primäre Anwendung ist die Messung von Phasenströmen in Elektromotoren, speziell in Automotive-Umgebungen, wo die Platzverhältnisse stets kritisch sind. Auch ein geringes Gewicht ist wichtig, da die Fahrzeugmasse den Energieverbrauch unmittelbar beeinflusst. Die Strommesssonde eignet sich auch zur Überwachung von Lade- und Entladeströmen an Batterien zu Schutzzwecken oder zur Anzeige des Ladezustands. Hybrid-Fahrzeuge decken den gesamten Bereich der Strommessung ab – vom Motor über den Generator bis zur Batterie. Der LKW-Hybridantrieb von Wrightspeed ist hierfür ein Beispiel (siehe Bild 5), in dem an verschiedenen Positionen Stromsonden verbaut sind.

Warren Pettigrew

CTO von Raztec Sensors

Sebastiano Leggio

Produktmanager bei Pewatron

(prm)

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