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Nach dem Walzen kommt die Aluminiumfolie in die Schneidmaschine. (Bild: Achenbach Buschhütten)

Roger Feist, Ingenieur für Automatisierungstechnik bei Achenbach, kümmert sich seit etwa drei Jahren um die Digitalisierung der Walzwerke und Schneidmaschinen. „Unsere Kunden, aber auch wir, wollen die Produktionsschritte genauer nachvollziehen und beispielsweise Daten aus dem Folienwalzwerk mit der Schneidmaschine und der Rückmeldung des Kunden korrelieren.“ Die Fertigung soll also transparenter werden. Vor drei Jahren, 2014, war dies der Wunsch von Roger Feist und seinem Team. Heute haben sie dieses Ziel zusammen mit ihren Partnern Scitis, Google und Bachmann electronic weitgehend geschafft: Die entsprechende Lösung – ‚Achenbach Optilink‘ genannt – läuft seit mehreren Monaten im Testbetrieb bei einem Kunden.

Eck-Daten

Der Maschinenbauer Achenbach Buschhütten hat mit seinen Technik-Partnern ein leistungsfähiges Portal zur Speicherung von Produktionsdaten in einer Cloud aufgebaut.

Dazu liefert der Maschinenbauer den Anlagenbetreibern einen Basissatz an Tools zur Analyse der Maschinendaten; darüber hinaus kann der Betreiber auch selbst Analysen erstellen und durchführen.

Achenbach Buschhütten vertraut bei den Cloud-Dienstleistern auf einen der großen Anbieter (Google), die einen hohen Sicherheitsstandard bieten können.

Im nächsten Schritt arbeitet man daran, aus den Maschinendaten mittels Künstlicher Intelligenz wie ‚unsupervised machine learning‘ einen weitergehenden Nutzen für die Maschinenbetreiber zu schaffen.

Im Anlagenbetrieb werden alle Daten der Bachmann-Steuerung M1 via OPC UA einem kleinen Ein-Platinen-Rechner zur Verfügung gestellt, der die Informationen dann abonnieren kann und in einem Cloud-Speicher ablegt. Ein Zugriff von der Cloud auf die Maschine ist nicht möglich. Feist erklärt: „Unser Sicherheitskonzept garantiert, dass Daten nur auf Verbindungen übertragen werden, die aus dem Maschinennetzwerk heraus aufgebaut werden. Die Maschinensteuerung ist aus dem Internet also weder sichtbar noch ansprechbar.“ Der Maschinenbetreiber hat also die alleinige Hoheit darüber, welche Daten in die Cloud übertragen werden und welche nicht.

Rund drei Gigabyte an Daten können da an einem Tag pro Maschine zusammenkommen – im Wesentlichen sind es OPC-UA- und SQL-Daten. Und weil in der Cloud praktisch unbegrenzt Speicherplatz genutzt werden kann, müssen die Maschinendaten aus Platzgründen Daten niemals gelöscht werden. Feist: „Weder unser Kunde noch wir können heute sagen, welche Fragen wir an die Daten zukünftig haben werden. Erst wenn konkrete Probleme mit einem bestimmten Material auftreten oder ein Kunde mit Ausfällen eines bestimmten Teilsystems kämpft, wissen wir, welche Daten relevant sind, um das Problem zu lösen. Würden diese im Vorfeld nicht gespeichert oder aus Speicherplatzgründen zu früh gelöscht werden, fällt eine Problemlösung oft deutlich schwerer.“

Etwa einen halben Arbeitstag dauert es, eine Maschine mit Achenbach Optilink zur Übertragung und Speicherung der Maschinendaten auszurüsten; das hängt nicht zuletzt auch davon ab, welche Hardware in der jeweiligen Maschine verbaut ist. „Die Bachmann-Steuerungen haben hier einige sehr nützliche Eigenschaften, die die Installation unseres Systems vereinfachen“, lobt der Ingenieur.

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Die einzelnen Schritte zur Optimierung des Produktionsprozesses in einem Aluminium-Folienwalzwerk mit Achenbach Optilink. Achenbach Buschhütten

Maschinenbetreiber sind rege interessiert

Über ein Web-Interface kann der Walzwerk-Betreiber den aktuellen Zustand seiner Maschinen abfragen. Achenbach liefert dem Kunden einen Basissatz an Analysetools, aber darüber hinaus kann der Betreiber auch selbst Analysen erstellen und durchführen. „Seit einigen Wochen vermarkten wir Optilink als Add-on für unsere Kunden“, berichtet Feist. Das System stößt auf reges Interesse. Die chinesischen Kunden müssen allerdings noch auf die Anbindung warten, weil Google-Dienste dort gesperrt sind. „Aber wir arbeiten bereits an einer Lösung“, bekundet Feist zuversichtlich.

Achenbach Buschhütten hat mit seinen Technik-Partnern ein leistungsfähiges Portal zur Analyse von Produktionsdaten aufgebaut. Für die Datenspeicherung liefert der Internet-Gigant Google die Cloud-Technologie und der Partner Scitis hat das Wissen über die Technik aus dem Silicon-Valley mit in das Projekt gebracht. „Alle Daten liegen auf europäischen Servern“, erklärt Feist. Hatte er nie ein ungutes Gefühl in Bezug auf Cloud-Dienste? „Das Bauchgefühl stimmt in diesem Falle nicht“, ist er überzeugt. Feist hält die Datenzentren der großen Cloud-Anbieter für sicherer als die IT-Systeme der allermeisten mittelständischen Unternehmen: „Bei den großen Cloud-Anbietern wird ein enormer Aufwand getrieben, um höchsten Sicherheitsstandards zu genügen. Und dabei werden die zahlreichen Maßnahmen transparent dargestellt und von unabhängigen Stellen zertifiziert. Mehr als 700 Mitarbeiter kümmern sich bei Google um die IT-Security.“ Weiterhin gibt er zu bedenken: „Wenn ein Angreifer die Mittel hätte, um Google erfolgreich anzugreifen, dann könnte er vermutlich auch in fast jedes klassische Unternehmensnetzwerk eindringen und dort ebenso Daten stehlen, manipulieren oder zerstören.“

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Übersicht über die Optilink-Datenschnittstellen zur Produktionsoptimierung von Aluminium-Folienwalzwerken Achenbach Buschhütten

Künstliche Intelligenz ist der nächste Schritt

Achenbach Buschhütten will den Walzwerksbetreibern noch mehr Möglichkeiten eröffnen, die Maschinendaten zu ihrem Vorteil zu nutzen: Künstliche Intelligenz lautet das Stichwort – also mehr als das von Google stark promotete ‚deep learning‘. Achenbach setzt in vielen Lösungsansätzen auf das ‚unsupervised machine learning‘ (unüberwachtes Lernen). Die Idee dahinter: Das System versucht, in den Maschinendaten Muster zu erkennen, die vom strukturlosen Rauschen abweichen. Im Idealfall sind die Muster typisch für ein bestimmtes Problem. Dann kann das System eine Handlungsempfehlung an den Betreiber abgeben – beispielsweise die Bestellung eines Ersatzteils. „An diesen und ähnlichen Applikationen arbeiten wir derzeit mit unseren Partnern“, berichtet Feist. Auf diese Art und Weise will Achenbach seinen Vorsprung bei den neuen Möglichkeiten zur Verbesserung der Maschinenleistung nicht nur halten, sondern weiter ausbauen. Derzeit sammelt Optilink die Daten einzelner Maschinen (Walzwerke). Die übergreifende Prozessanalyse unter Einbindung anderer Einzelanlagen wie der verfahrenstechnischen Anlagen (z. B. Walzölfiltration, Abluftreinigung) und der Folienschneidmaschinen steht als nächstes Ziel auf der Agenda.

Das Unternehmen Achenbach Buschhütten

Der Walzwerkbauer aus dem Siegerland ist ein wahres Urgestein unter den deutschen Unternehmen: 1452 gründeten die drei Brüder Busch eine Eisenhütte – ein großer Eisenhammer war lange ihr Arbeitswerkzeug. Das Unternehmen wurde 1846 zur Walzengießerei, begann mit dem Bau eines ersten Walzwerkes für Eisenbleche und 1888 mit dem Bau von Walzwerken. 1911 baute das Unternehmen das erste Aluminium-Walzwerk und spezialisierte sich ab den 1950er Jahren ganz auf Folienwalzwerke für Nichteisenmetalle. Die Automatisierung hielt Ende der 1970er Jahre Einzug in den Walzwerkbau. Folienschneidmaschinen komplettieren das Produktprogramm seit 2006. Das Unternehmen ist in Familienbesitz und wird von den Eigentümern geführt.

Robert Weber

ist freier Journalist für Bachmann electronic in Feldkirch, Österreich

(dw)

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Bachmann electronic GmbH

Kreuzäckerweg 33
6800 Feldkirch
Austria