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(Bild: Inpotron)

Eckdaten

In seinem Artikel stellt der Autor die Vor- und Nachteile von anwendungsspezifischen Stromversorgungen und Stromversorgungen von der Stange gegenüber. Und er kommt zu folgendem Ergebnis: Will ein System- oder Gerätehersteller nicht den risikoreichen und teuren Schritt wagen eigene Kapazitäten aufzubauen, führt letztlich kein Weg daran vorbei, sich von einem kompetenten Netzteil-Profi beraten zu lassen.

Kein Computerchip verträgt es, direkt an die Steckdose angeschlossen zu werden. Um das optimale energetische Wohlfühlklima für die empfindlichen elektronischen Anlagen sicherzustellen, sind komplexe Schaltungen und Subsysteme unverzichtbar.

Diese Feststellung mag zunächst banal klingen. Entwicklungsingenieure sind in der Regel seit ihrem Studium damit vertraut, dass sie bei ihren Anlagen selbstverständlich einen gewissen Aufwand für die Stromversorgung einkalkulieren müssen. Je nach Anwendung kann dieser Aufwand sogar sehr beträchtlich sein – in Umgebungen mit einem rauen elektronischen Klima ist beispielsweise sicherzustellen, dass über die Versorgungsleitungen keine Störimpulse in das

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Ein 250-W-Standardnetzteil. Inpotron

Gerät gelangen. Zudem muss für manche Anwendungen die Stromversorgung ausfallsicher ausgelegt sein, etwa durch eine Batteriepufferung oder durch Redundanz. Daher ist ein genauerer Blick auf das „Warum und Wie“ einer solchen Stromversorgungseinheit durchaus angebracht.

Streng genommen liegt die Stromversorgung überhaupt nicht im Interesse des Anwenders, des Endkunden eines Geräts oder einer Anlage: Sie trägt nichts zur Funktion des Produkts bei, jedenfalls nicht direkt. Ein Beispiel: Ein Auftraggeber spezifiziert gegenüber seinem Auftragnehmer eine Industriesteuerung. In der Beschreibung der zu verarbeitenden Signale und der daraus resultierenden Steuerungsaktivitäten taucht die Stromversorgung nicht auf. Sie ist dafür auch gar nicht relevant; der Kunde erwartet lediglich, dass das Produkt zuverlässig seinen Dienst verrichtet. Die Stromversorgung ist aus dieser Sicht zwar nötig, aber nicht Zweck des Produkts. Doch sie treibt die Kosten nach oben; zudem belegt sie Bauraum in dem zu entwickelnden Produkt. Und nicht nur das – sie belastet durch ihren Eigenverbrauch auch das Energiebudget der Anwendung, und als Konsequenz daraus werden Maßnahmen zur Abfuhr der erzeugten Wärme erforderlich. Weitere Nachteile für den Anwender ergeben sich durch die Neigung von Schaltnetzteilen zur Erzeugung hochfrequenter Störfelder. Obendrein weisen Stromversorgungseinheiten aufgrund ihrer besonderen thermischen Belastung eine statistisch erhöhte Ausfallrate auf. All diese Faktoren können sich auf die Gesamtbetriebskosten, die „Total Cost of Ownership“ auswirken.

Geräteentwickler und Projektmanager tun also gut daran, der Stromversorgungseinheit ihrer Anlage eine besondere Aufmerksamkeit zu widmen. Allerdings sehen viele Anbieter ihre Kernkompetenz eben gerade nicht in diesem Feld – Unternehmen, die sich mit hochkomplexen und ausgefeilten Anwendungen im harten Wettbewerb behaupten müssen, geben verständlicherweise dem Ausbau ihres Anwendungs-Know-hows den Vorzug gegenüber einer leidigen „Nebensächlichkeit“ wie der Stromversorgung. Schließlich, so die verbreitete und verständliche Einstellung, kann eine solche Baugruppe zugekauft werden. Der Markt für Stromversorgungen ist riesengroß und sehr ausdifferenziert; dem Anschein nach hält er passende Angebote für nahezu jeden Anwendungsfall bereit.

Kriterien zugekaufter Stromversorgungen

Dennoch lohnt es sich, die Frage der Stromversorgung einer näheren Prüfung zu unterziehen. Wie bei jedem Produkt von der Stange liegen auch bei zugekauften Stromversorgungen Kompromisslösungen in der Natur der Sache. Kriterien sind beispielsweise die Qualität des zugekauften Produkts im Zusammenspiel mit dem eigenen Anspruch. Ein weiteres Kriterium liegt im Systemnutzen der Stromversorgung für den Anwender: Lässt sich damit irgendeine der originär gewünschten Funktionen verbessern oder eine zusätzliche Funktion implementieren? Zu überlegen ist auch, ob und wie weit das eigene Design den räumlichen und thermischen Gegebenheiten einer zugekauften Stromversorgung untergeordnet werden soll. Dabei sind auch Aspekte wie EMV, Produktlebenszeit, Feldausfallquote und Lieferkonstanz zu berücksichtigen.

Alternative maßgeschneiderte Stromversorgungen

Eine Alternative zum Kauf von der Stange stellt eine maßgeschneiderte Stromversorgung dar. Dazu muss ein Geräteanbieter keineswegs unbedingt eine entsprechende materielle und personelle Entwicklungskapazität vorhalten – denkbar ist auch die Einschaltung eines qualifizierten Entwicklungs- und Fertigungsdienstleisters. Dieser ist in der Lage, eine sowohl im Hinblick auf die Kosten als auch auf die Leistung optimierte Stromversorgung zu erstellen. Dabei sollte der Systementwickler nicht nur den reinen Einkaufspreis im Blick behalten, sondern auch den Umstand berücksichtigen, dass eine an die Systemparameter ideal angepasste Stromversorgung auch ein Höchstmaß an Abgrenzungspotential zum Wettbewerber bietet.

Thema der nächsten Seite ist der sorgfältige Vergleich

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Inpotron

Valide Erkenntnisse bringt erst der sorgfältige Vergleich zwischen dem Einsatz eines Fertignetzteils vom Zulieferer und seinem maßgeschneiderten, funktional optimierten Pendant. Zu berücksichtigen sind dabei viele Parameter, die nicht auf den ersten Blick ins Auge stechen: Etwa Stückzahlen, Temperatur- und Platzverhältnisse und eventuell erforderliches Montagematerial. Bei einem anwendungsspezifisch entwickelten Netzteil sind die Kosten für die Entwicklung sowie gegebenenfalls für die EMV-Zulassung und die thermische Untersuchung in die Rechnung einzubeziehen.

Das sind Faktoren, die eine maßgeschneiderte Stromversorgung zunächst teurer erscheinen lassen. Dem ist allerdings der zusätzliche, aber nicht genutzte Leistungsüberschuss des zugekauften Netzgeräts gegenüberzustellen. Denn ein solches Gerät aus dem Massenmarkt wird nur in sehr seltenen Fällen für genau die verlangte Dimensionierung lieferbar sein, und bevor ein Entwickler eine unterdimensionierte Stromversorgung einbaut, nimmt er lieber die nächstgrößere Variante. Betriebssicherheit wird also gezwungenermaßen durch Überdimensionierung erkauft – eine Abwägung, die bei einem maßgeschneiderten Gerät entfällt. On top kommen noch einige Risikoaufschläge: Bei einem extern eingekauften Netzgerät kann es auch vorkommen, dass dieses während der Produktionszeit des projektierten Systems abgekündigt wird. Auch mit einem Komponentenwechsel oder einer Konstruktionsänderung während der Serie ist unter Umständen zu rechnen. Demgegenüber ist auch die Option für ein maßgeschneidertes Stromversorgungsgerät nicht völlig risikofrei, denn der Kunde bindet sich dabei an einen Single-Source-Lieferanten.

Hochwertige Systemausführung

Unter dem Strich werden sich in der Regel die Beschaffungskosten zwischen beiden Optionen, ausgedrückt in Euro und Cent, nicht allzu gravierend unterscheiden. Der Preisunterschied ist in der Regel zu gering, um daraus folgenschwere Beschaffungsentscheidungen für das Serienprodukt abzuleiten. Auf einer anderen Ebene jedoch wird die Verwendung eines kundenspezifischen Netzteils zu einem positiven Kundenerlebnis führen: Eine hochwertige Systemausführung führt zu einer höheren emotionalen Bindung des Kunden, als wenn Teile der Systeme mit Baugruppen in erkennbar minderwertigerer Qualität bestückt sind.

Aber das sind noch nicht alle Vorteile der kundenspezifischen Variante. Denn bei einer kundenspezifischen Lösung kann der Systemhersteller seinem Entwicklungs- und Fertigungsdienstleister gegenüber genau seine exakten Anforderungen verdeutlichen – beim Zukauf vorgefertigter Stromversorgungen geht das nicht. Auch dann nicht, wenn die Hersteller von Standardprodukten eine trendige Individualisierungsstrategie verkünden: In Wahrheit werden im Rahmen solcher Strategien meist lediglich zusätzliche Anschlussmöglichkeiten geschaffen und Zubehör angeboten; die Kernparameter ihrer Stromversorgungen bleiben unverändert.

Mit der Hilfe eines kompetenten Netzteil-Profis lässt sich die bestmögliche Lösung der Gesamtanforderungen erarbeiten. Denn wer als Systemanbieter seine Marktposition halten und verbessern will, benötigt eine kontinuierliche Innovation bei seinen Produkten. Diese aber ist nur mit einer anwendungsspezifischen Stromversorgung realisierbar.

Hermann Püthe

Geschäftsführender Gesellschafter Inpotron Schaltnetzteile

(neu)

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