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(Bild: Wolf Produktionssysteme)

Bild 1: Der Nietkopf für das Warmverstemmen von Kunststoffen ist in der Regel linsenförmig.

Bild 1: Der Nietkopf für das Warmverstemmen von Kunststoffen ist in der Regel linsenförmig. Wolf Produktionssysteme

Warmverstemmen thermoplastischer Kunststoffe ist heute ein gängiger Prozess. Im Prinzip handelt es sich um ein Nietverfahren, bei dem der Niet Bestandteil eines Fügepartners ist. Dieser Fügepartner aus Kunststoff weist in der Regel Dome auf, die zum Nietkopf umgeformt werden (Bild 1). Es entsteht eine formschlüssige, unlösbare Verbindung. Dabei verursacht dieses Verfahren deutlich weniger Material- und Fertigungskosten als andere Methoden.

Warmverstemmen findet häufig Anwendung in mechatronischen Produkten wie Sensoren und Aktoren. Meist sind Leiterplatten oder metallische Teile mit Kunststoffen zu verbinden; es lassen sich aber auch unterschiedliche Kunstoffarten fügen. Derzeit sind drei prinzipielle Warmverstemmverfahren marktgängig.

Dauerbeheizt oder Temperaturprofil

Im einfachsten Fall formt ein heißer Stempel einen Nietkopf und der Stempel fügt dem Kunststoff Wärme zu. Der Kunststoff wird an der Oberfläche weich und passt sich der Form des Nietkopfes an – ein Nietkopf entsteht. Sobald der Nietstempel abhebt, können sich die zusammengedrückten Fügepartner wieder entspannen. Nach dem Erkalten des Nietkopfes kann Spiel auftreten. Das Spiel zwischen den Fügepartnern lässt sich durch Abkühlen des Stempels vermeiden. Er drückt so lange an, bis die Schmelztemperatur des Thermoplasts unterschritten ist. In Fertigungsanlagen erfordert dies einen Stempel, der sich sehr schnell abkühlen und auch wieder aufheizen lässt.

Bild 2: Typische Rissbildung an den Nietköpfen beim Warmverstemmen (Champignon-Effekt).

Bild 2: Typische Rissbildung an den Nietköpfen beim Warmverstemmen (Champignon-Effekt). Wolf Produktionssysteme

Die Werkstoffanalyse der so ausgebildeten Nietköpfe zeigt allerdings erhebliche innere, von außen nicht sichtbare Risse (Bild 2). Die systematische Entstehung dieser Risse ist als Champignon-Effekt bekannt und vermindert die Festigkeit, insbesondere die Dauerfestigkeit bei dynamischen Beanspruchungen, erheblich.

Warmverstemmen von Kunststoffen 2.0

Das von Wolf Produktionssysteme entwickelte Verfahren zum Vernieten von Kunststoffen eignet sich besonders für Anwendungen, die hohe Festigkeit erfordern. Dabei ermöglicht die rechteckige Form der Nietköpfe den Einsatz zweiteiliger, volumenflexibler Nietstempel. Durch eine gegebenenfalls mehrstufige Vorwärmung ist das Verfahren auch für Taktzeiten unter 8 s einsetzbar.

Kalter Stempel mit Vorwärmung

Bild 3: Beim Vorwärmen mit Heißluft ist die Taktzeit ist für die Massenproduktion zu hoch.

Bild 3: Beim Vorwärmen mit Heißluft ist die Taktzeit ist für die Massenproduktion zu hoch. Wolf Produktionssysteme

Bei diesem Verfahren wärmt Heißluft den Werkstoff soweit vor, dass dieser sich anschließend durch einen kalten Stempel umformen lässt (Bild 3). Dieses Verfahren reduziert den gefürchteten Champignon-Effekt weitgehend, jedoch nicht vollständig. Ein Nachteil ist die wesentlich längere Prozessdauer, da der Vorwärmvorgang mehr als 16 s benötigt. Darüber hinaus lässt sich Heißluft nicht ausreichend lokal einbringen, sodass die ganze Baugruppe erwärmt wird.

Alle drei Verfahren haben den Nachteil, dass der Nietkopf bei zu wenig beziehungsweise zu viel Material unterschiedlich ausfällt. So bildet sich etwa kein vollständiger Nietkopf aus oder zu viel ausgetriebenes Material führt zu Materialresten, die in der Baugruppe als vagabundierende Partikel zu Funktionsstörungen führen (Bild 4).

Volumenflexibler Nietstempel

Bild 4: Das Nietwerkzeug hat zu viel Material verdrängt. Es besteht die Gefahr vagabundierender Partikel.

Bild 4: Das Nietwerkzeug hat zu viel Material verdrängt. Es besteht die Gefahr vagabundierender Partikel. Wolf Produktionssysteme

Wolf Produktionssysteme hat ein Verfahren entwickelt, das die bekannten Nachteile vermeidet. Die klassische Form des Nietkopfes hat einen runden beziehungsweise linsenförmigen Querschnitt. Aufwändige Analysen der Wolf-Experten haben indes ergeben, dass eine rechteckige Form die Rissbildung vermindert und im Fallbeispiel eine über 50 % höhere Festigkeit aufweist (Bild 5). Diese rechteckige Form ermöglicht den Einsatz eines zweiteiligen Nietstempels, der das umgeformte Volumen anpassen kann. Dadurch bildet sich immer ein optimaler, weitgehend rissfreier Nietkopf aus, auch wenn die Abmessungen der Teile schwanken.

Bild 5: Schliffbild eines rechtwinkligen Nietkopfes. Weder Risse noch Materialüberschuss sind erkennbar. Wolf Produktionssysteme

Bild 5: Schliffbild eines rechtwinkligen Nietkopfes. Weder Risse noch Materialüberschuss sind erkennbar. Wolf Produktionssysteme

Um Taktzeiten unter 8 s zu erreichen, lässt sich die Vorwärmung in mehrere Stationen aufteilen. Die zur Vorwärmung der Nietstelle verwendete temperaturgeregelte Heißluft hat einen vergleichsweise hohen Druck und gelangt so durch sehr feine Kanäle exakt auf die Nietstelle, die Temperaturbelastung für die Umgebung ist gering. Ein Pyrometer misst berührungslos die Vorwärmtemperatur, die exakt einzuhalten ist.

Typische Probleme beim Warmverstemmen

  • Die Verbindung ist nicht exakt formschlüssig. Das zu befestigende Teil hat noch Spiel.
  • Es bildet sich kein vollständiger Nietkopf aus.
  • Zu viel ausgetriebenes Material kann als vagabundierende Partikel zu Funktionsstörungen in der Baugruppe führen.
  • Der Nietkopf weist Risse auf, die insbesondere die Dauerfestigkeit erheblich vermindern.

Dr. Ernst Wolf

Timo Bachofer

Nico Reinheimer

(mou)

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