Bild 1: Während den Wettkämpfen der Olympischen Spielen in Korea trugen die Skifahrer GNSS-Empfänger am Körper, welche ihre jeweilige Strecken-Position im Rennen mittels 5G-Technologie an die Server übermittelten.

Bild 1: Während den Wettkämpfen der Olympischen Spielen in Korea trugen die Skifahrer GNSS-Empfänger am Körper, welche ihre jeweilige Strecken-Position im Rennen mittels 5G-Technologie an die Server übermittelten. (Bild: Mouser Electronics)

Ein selbstfahrender Bus, navigiert mithilfe des 5G-Standards, diente den Zuschauern als Fortbewegungsmittel innerhalb des Alpensia-Resorts, wo zahlreiche Wettbewerbe während der Winterspiele stattfanden. Auf Bildschirmen in den Bussen konnten die Fahrgäste Liveübertragungen in 3D verfolgen, die dank drahtloser Verbindungen mit hoher Bandbreite übertragen wurden. Die Skifahrer auf den Strecken trugen GNSS-Empfänger, welche ihre jeweilige Position im Rennen an die Server übertrugen (Bild 1). Mithilfe von Daten aus Streckenüberprüfungen generierten Computer Live-Ansichten der Strecke aus Sicht der Skifahrer. Das Video wurde dann an jene Teilnehmer übertragen, die versuchsweise mit 5G-Handsets ausgestattet waren.

3GPP will mobile Kommunikation neu definieren

Bild 1: Während den Wettkämpfen der Olympischen Spielen in Korea trugen die Skifahrer GNSS-Empfänger am Körper, welche ihre jeweilige Strecken-Position im Rennen mittels 5G-Technologie an die Server übermittelten.

Bild 1: Während den Wettkämpfen der Olympischen Spielen in Korea trugen die Skifahrer GNSS-Empfänger am Körper, welche ihre jeweilige Strecken-Position im Rennen mittels 5G-Technologie an die Server übermittelten. Mouser Electronics

Auch wenn bei den 5G-Tests von Korea Telecom der Unterhaltungsaspekt im Mittelpunkt stand, verfügt der drahtlose Netzwerkstandard über das Potenzial als Fundament eines neuen Zweigs industrieller Anwendungen zu dienen. Die Präsentationen bei den Olympischen Winterspielen 2018 waren stark darauf ausgerichtet, die erheblichen Verbesserungen in der Bandbreite gegenüber 4G deutlich zu machen. Die globale Initiative 3GPP verfolgt mit der Entwicklung des 5G-Standards jedoch das Ziel, mobile Kommunikation neu zu definieren und sie für die industrielle Automatisierung und das Internet der Dinge besser nutzbar zu machen. Auch wenn die Bandbreite und der weitaus niedrigere Energiebedarf, der für jede Datenverbindung nötig ist, wichtige Aspekte sind, gibt es einen weiteren Faktor, der den Einsatz von 5G in industriellen Echtzeitanwendungen wie zum Beispiel in den Bereichen Prozessüberwachung, Fabrikautomatisierung, Robotersteuerung und Flottenmanagement vorantreibt. Dieser Faktor ist Latenz.

5G-Technologie löst Latenzprobleme

Vorhandene Drahtlosnetzwerke weisen Umlaufzeiten im Bereich von Hunderten von Millisekunden auf. Um den Durchsatz der aggregierten Daten zu verbessern, werden Nachrichten von verschiedenen Handsets und anderen mobilen Geräten verzahnt und gemeinsam verarbeitet. 5G verändert diese Vorgehensweise und ermöglicht die Beantwortung eingehender Nachrichten innerhalb einer einzigen Millisekunde. Die Reduzierung der Latenz in einem solchen Ausmaß bietet die Chance für eine deterministische Herangehensweise und eröffnet damit völlig neue Möglichkeiten in der industriellen Arena. So lassen sich Prozesse, die früher ausschließlich lokale Rechenressourcen erforderten, nun auch dezentral in geschäftskritischen Echtzeitsystemen verarbeiten.

Ein grundlegendes Problem der virtuellen Realität (VR) ist zum Beispiel die Verzögerung zwischen der Kopfbewegung des Nutzers und der anschließenden Anzeige des Bildes im Headset. Normalerweise können Menschen eine Motion-to-Photon-Latenz von bis zu 20 ms verkraften. Ist diese höher, stellen sich häufig Übelkeit und Kopfschmerzen ein.

Ein Vorteil der VR-Verarbeitung über Remote-Server besteht in der erheblichen Reduzierung des Stromverbrauchs und der störenden Wärme, die tragbare Geräte häufig im laufenden Betrieb erzeugen. Die virtuelle Realität profitiert in besonderem Maße von 5G-Technologie, weil sie die Latenz deutlich unter den Motion-to-Photon-Grenzwert bringen kann. Fortgeschrittene VR-Systeme geraten daher auch verstärkt in den Fokus der Industrie. Sie können beispielsweise die Fernsteuerung von Robotern ermöglichen, die bei Reparaturen an gefährlichen Standorten zum Einsatz kommen, also dort wo der Einsatz menschlicher Arbeitskräfte aus Sicherheitsgründen nicht vertretbar wäre.

Welchen Nutzen die 5G-Technologie bei Robotikanwendungen mit sich bringt und welche Rolle Edge-Computing und Cloudlets hierbei spielen, erfahren Sie auf der nächsten Seite des Artikels.

Der Nutzen von 5G in der Robotik

Bild 2: 3D-Brillen können bei industriellen Anwendungen zum Einsatz kommen, um die Planung und Verbesserung von Produktions- und Logistikprozessen besser zu steuern.

Bild 2: 3D-Brillen können bei industriellen Anwendungen zum Einsatz kommen, um die Planung und Verbesserung von Produktions- und Logistikprozessen besser zu steuern. AdobeStock_167250214

Robotikanwendungen mit größerer Bewegungsfreiheit haben mit einem ähnlichen Problem wie VR-Lösungen zu kämpfen (Bild 2). Zur Aufrechterhaltung der Stabilität tolerieren die Steuerungsalgorithmen nur geringe Verzögerungen. Für die relativ einfachen Einzelfunktionsroboter, die heutzutage in der Massenfertigung zum Einsatz kommen, stellt dies kein großes Problem dar. Allerdings entwickeln sich Roboter auch immer mehr zu „Cobotern“. Sie sind nicht länger in „Käfigen“ eingesperrt, sondern arbeiten eng mit Menschen und anderen Robotern zusammen und bewegen sich frei an ihrem Arbeitsplatz. Dazu benötigen sie anspruchsvollere Software, die die Welle rechenintensiver Technologien auf Basis von Deep Learning verinnerlicht.

Der Arbeitsbereich mobiler, batteriebetriebener Roboter beschränkt sich nicht mehr nur auf das Innere der Fabrik. Vielmehr erobern sie Branchen wie die Landwirtschaft und die Logistik, wo sie mit der Außenwelt in Berührung kommen. Deshalb ist ihr Stromverbrauch ein wesentliches Hindernis für die Nutzung der benötigten hochkomplexen Algorithmen. 5G-Drahtlosnetzwerke bieten die Möglichkeit, energieintensive Software auf Remote-Server auszulagern, die an zuverlässige Stromnetze angeschlossen sind. Das Ergebnis dieser Aufgabentrennung sind Roboter, die aus gemeinsamen Erfahrungen lernen können, ohne ihre Batterien in wenigen Minuten zu entladen.

Computing am Rande der Cloud

Heutzutage besteht die Möglichkeit, Edge-Computing-Server innerhalb eines Industrieparks zu installieren. Beispielsweise kann ein Minenbetreiber, der für den Materialtransport auf dem Gelände in großem Umfang autonome Fahrzeuge einsetzt, sein eigenes Mikrorechenzentrum nutzen. In vielen Fällen lassen sich zur Bereitstellung der Edge-Computing-Ressourcen cloudbasierte Shared-Services nutzen, die an einem externen Standort angeboten werden. Minen liegen häufig an abgelegenen Standorten; dennoch sind viele nah genug an Ballungszentren angesiedelt, sodass es sich für Dienstanbieter durchaus lohnt, eigene Edge-Computing-Ressourcen zu installieren und diese gegebenenfalls mit anderen landwirtschaftlichen und industriellen Nutzern zu teilen.

Computing am Rande der Cloud ist aber kein Ersatz für die zentralisierten Server als Grundlage der heutigen Netzwerkarchitektur, denn Bedarf an längerfristiger Planung dürfte es auch weiterhin geben. Dieser lässt sich durch eine zweite Software-Schicht abdecken, die auf maschinelles Lernen fokussiert ist. Die Übertragung der Anteile, die eine Echtzeit-Reaktion erfordern, erfolgt jedoch an die „Cloudlets“, welche zwischen Drahtlos-Knoten und den zentralen Cloud-Servern liegen.

Cloudlet-Computing

Eck-Daten

Mit seinem deterministischem Ansatz und stark reduziertem Energieverbrauch verfügt die 5G-Technologie über das Potential als Fundament eines neuen Zweiges der Industrie zu dienen. Der drahltlose Netzwerkstandard überzeugt mit sehr geringen Latenzen und könnte daher  industrielle Echtzeitanwendungen in den Bereichen:

  • Prozessüberwachung
  • Fabrikautomatisierung
  • Robotersteuerung
  • Flottenmanagement

weiter vorantreiben. Edge-Computing und Cloudlets spielen hierbei eine wichtige Rolle, da die  Anteile der Übertragung die eine Echtzeit-Reaktion erfordern an die „Cloudlets“ erfolgt, welche zwischen den Drahtlos-Knoten und den zentralen Cloud-Servern liegen.

Cloudlet-Computing erfordert einen neuen Ansatz im Hinblick auf das Serverdesign konventioneller Rechenzentren. Die Leistung spielt nach wie vor eine wichtige Rolle, darüber hinaus müssen die Server aber auch kompakt, zuverlässig und energieeffizient sein. Das Design der Rechenelemente wird wohl eher dem von Mobilfunk-Basisstationen ähneln als dem hochleistungsfähiger Server-Blades. Verfügbarer Platz sowie Kühlungs- und Wartungsmöglichkeiten dürften begrenzt sein. Einige kleinere Cloudlets lassen sich vielleicht zusammen mit Telekommunikationsausrüstung in Schaltschränken unterbringen, während andere zum leichten und schnellen Einsatz in Containern ihren Platz finden müssen.

Die für Cloudlets konzipierten Architekturen müssen für bestimmte Anwendungen wie beispielsweise maschinelles Lernen ausgiebig von Beschleunigungstechnologien Gebrauch machen. Beschleuniger bieten eine höhere Leistung pro Watt als Allzweck-Multicore-Prozessoren. Durch den Einsatz redundanter Knoten lässt sich weitestgehend ein ausfallsicherer Betrieb gewährleisten – eine wesentliche Herausforderung bleibt jedoch die Sicherheit. Physische Sicherheit ist für Cloudlets schwerer zu garantieren als für groß angelegte Rechenzentren. Lösungen zur Erkennung von Cyberangriffen und Manipulationsversuchen sind notwendig, damit die Systeme sofort reagieren können und Workloads an die nicht betroffenen Cloudlets in der Nähe übertragen, sofern Angreifer sich Zugriff auf die Hardware verschaffen konnten.

Alles eine Frage des Designs

Das Computerdesign spielt eine wichtige Rolle, wenn es darum geht, Schutz vor Angriffen über das Netzwerk zu bieten. Sehr unterschiedliche Anwendungen müssen nebeneinander in der Cloudlet-Hardware funktionieren, um eine hohe Ressourcenauslastung zu erzielen. Die Cloudlet-Systeme müssen hierbei sicherstellen, dass Anwendungen eines Knotens nicht in andere Knoten eingreifen und dadurch vertrauliche Daten abfangen oder den Betrieb stören. Technologien wie Virtualisierung und Software-Container erleichtern die Trennung von Anwendungen sowie die Überwachung des Verhaltens und ermöglichen es Administratoren, Cyberkriminelle abzuwehren. Zudem ist containerisierte Software leichter zu transportieren und an veränderte Ressourcenanforderungen anzupassen. Cloudlet-Betreiber können somit ihre Infrastruktur optimieren und vereinbarte Service Level garantieren.

Die 5G-Technologie stellt einen Meilenstein für die Zukunft von Cloud-Computing dar. Durch Verbesserungen der Hardware- und Softwaretechnologie können Cloudlets, die sich nah am Bedarfspunkt befinden, zur Realisierung einer neuen Generation von Echtzeitsystemen auf der Basis künstlicher Intelligenz beitragen und damit möglicherweise die nächste industrielle Revolution einläuten.

 

Mark Patrick

Supplier Marketing Manager bei Mouser Electronics

(aok)

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