Als Mitte der siebziger Jahre des letzten Jahrhunderts die ersten starrflexiblen Leiterplatten produziert wurden, geschah dies aus einem relativ simplen Beweggrund heraus: Man wollte mindestens zwei starre Baugruppen auf zuverlässige Art und Weise elektronisch miteinander verbinden (Bild 1). Doch die Vorteile, die sich daraus ergaben, erkannte man schnell: Zunächst noch hauptsächlich in der Großserie von Baugruppen erfolgreich, etablierte sich in den letzten zehn Jahren auch ein Markt für kleine und mittlere Stückzahlen von starrflexiblen Leiterplatten. Nicht nur die hierfür notwendigen Basismaterialien wurden bezahlbarer, auch die mittelständischen Leiterplattenhersteller wurden versierter in der Herstellung und Handhabung solcher Platinen.

Die starrflexible Leiterplatte avancierte zu einem Standardbestandteil in alltäglichen Produkten. MP3-Player oder Mobiltelefone wären gar nicht denkbar ohne sie. In Kraftfahrzeugen, medizinischen Geräten, Satelliten und vielen anderen Systemen erobern sie immer mehr Terrain, getrieben durch die fortschreitende 3D-Integration, den zunehmenden Kostendruck und die steigenden Zuverlässigkeitsaspekten. Geht es nach dem global agierenden Fachverband IPC, dann konnten die starrflexiblen Leiterplatten gemäß dem World PCB Production Report (2010) das größte Wachstum für sich verbuchen, mit steigender Tendenz

Die Konstruktion des Lagenaufbaus

Ein Mix aus starren und flexiblen Bereichen auf einer Leiterplatte wird dadurch erreicht, dass partiell keine Verklebung zwischen starren und flexiblen Basismaterialien erfolgt. Dies wird durch Aussparen der klebenden Medien mittels Stanzen, Lasern oder Fräsen erzielt. Während der Produktion müssen diese nicht verklebten Bereiche gedeckelt sein, damit keine schädigende Chemie eindringen kann, bzw. keine ungewollte Kupferabscheidung in diesen Bereichen stattfindet. Erst unmittelbar vor der Vereinzelung der Leiterplatten wird der nicht verklebte und somit flexible Bereich durch einen Niveaufräs- oder Laserprozess freigelegt.

Üblicherweise werden starrflexible Leiterplatten mit No- oder Low-Flow-Prepreg hergestellt. Dieses Prepreg bildet das klebende Medium zwischen den starren und den flexiblen Materialien. Der Grund für die Verwendung ist der Wunsch, den Harzfluss auf flexible Bereiche der Leiterplatte zu verhindern Bild 7. Durch ein stark reduziertes Fließverhalten während eines Laminationsprozesses wird eben dies erreicht. Leider führt dieses eingeschränkte Fließverhalten aber auch zu nachteiligen Effekten: So kann mit No/Low Flow Prepreg eine einwandfreie Harzverfüllung von Kupferstrukturen auf Innenlagen problematisch sein – insbesondere bei dickeren Kupferschichten. Harzmangel und Lufteinschlüsse können zu mangelnder thermischer Belastbarkeit, Delaminationen und unerwünschten Effekten bei Hochfrequenzschaltungen führen. Außerdem mangelt es an Materialvarianten, welche genau auf spezielle Anforderungen eingehen können.

Fertigungstechnologie: Know-how gefragt

Speziellere Anforderungen, wie sie bislang nur von komplexen, starren Leiterplatten abgefordert wurden, erweitern das Anforderungsprofil von starrflexiblen Substraten. Sie müssen einer mehrfachen Bestückung genauso standhalten wie auch etwaigen Reparaturlötungen. Überdies sind die Löttemperaturen aufgrund bleifreier Lote um 20 bis 40 K gestiegen. Dies hat beim Löten eine Verdoppelung des Gasdrucks in der Leiterplatte zur Folge. Außerdem werden immer höhere Einsatztemperaturen und Zyklenfestigkeiten gefordert. Der Einsatz entsprechend stabiler Basismaterialien erschwert die Produktion aufgrund von Füllstoffen im Material und anderem Fließverhalten von Klebern und Prepregs. Bild 2 zeigt eine typische Militäranwendung mit sechs separierten Flexkernen. Die verwendeten Basismaterialien sind flexibles und starres Polyimid. Typische Eigenschaften sind niedrige Z-Achsenausdehnung und hohe Temperaturbelastbarkeit.

Entsprechend gelten besondere Designregeln für starrflexible Varianten: So sind blind, buried und/oder stacked Via-Technologie und Plugging zu berücksichtigen wie wohl Leiterstrukturen von weniger als 75 µm. Kavitäten für versenkte Komponenten, Kantenmetallisierungen zur Entwärmung, Kontaktierung, EMV oder Verhinderung von Ausgasungen sind ebenfalls stark nachgefragt. Daher müssen sich Entwickler und Leiterplattenhersteller großen Herausforderungen stellen. Die unter Bild 3 und 4 gezeigte Leiterplatte ist ein Detektor für Gammastrahlen, der in einem Satelliten eingesetzt ist. Es besteht kein Zweifel, dass mehrstufige Kavitäten und Feinststrukturen von 50 µm Line/Pitch sich in den nächsten Jahren immer mehr etablieren werden.

Vor allem auf dem Hochfrequenzsektor erfordern steigende Taktraten bei der Datenübertragung oder Antennentechnik im mehrstelligen Gigahertzbereich gravierende Maßnahmen hinsichtlich Schaltungsdesign, Lagenaufbau und bei der Materialwahl. Impedanzdefinierte Leiter und kapazitive Spannungsversorgungslagen mit minimalen Isolationsabständen sind notwendig. Wenn das Design ausgereizt ist, lässt sich die Signalintegrität in starren und flexiblen Bereichen der Leiterplatte immer häufiger nur noch mit verlustärmeren Materialien wie PTFE (Polytetrafluorethylen), LCP (Liquid Crystal Polymer) oder keramisch gefüllten Materialien erreichen. Konventionelle Fertigungstechniken von starrflexiblen Leiterplatten können hierbei nur mehr zum Teil zum Einsatz kommen. Für die HF-Antenne in Bild 5 wurden ausschließlich verlustarme Materialien, wie LCP und keramisch gefüllte Substrate verwendet. Bild 6 zeigt den entsprechenden Lagenaufbau.

Ein weiterer Aspekt ist ein effizientes Wärmemanagement nicht nur für Hochfrequenzanwendung, sondern vor allem für die sich rasant etablierenden Power-LEDs. Die steigende Stromdichte führt oft zu Hot Spots auf den Leiterplatten. Intelligente Entwärmung und Wärmespreizung sind erforderlich. Thermovias mit überdurchschnittlich viel Kupfer in den Bohrungen, Dickkupferlagen, wärmeleitende Pasten und Metallkernleiterplatten, sogar thermisch leitfähige Basismaterialien und Prepregs sollen da für Abhilfe sorgen.

Herausforderungen an den Platinenhersteller

Um Kunden eine nahezu uneingeschränkte Materialwahl bezüglich des Lagenaufbaus zu ermöglichen und dies auch bei den klebenden Medien, muss also das traditionelle Fertigungsverfahren verändert werden. Eine Möglichkeit ist die Verwendung von dichtenden Einlegern, welche an die flexiblen Bereiche angepasst sind Bild 8. Bei diesem Fertigungsverfahren verlässt man sich nicht auf den geringen Harzfluss von No/Low Flow Prepreg, sondern man verwendet das vom Kunden ausgewählte klebende Medium, egal ob es stark fließt oder nicht. Die Bereiche, in denen Harz- oder Kleberfluss unerwünscht ist, werden mit einem temporär verwendeten Schutzmaterial versehen. Dies bedeutet zwar einen Mehraufwand, aber auf diese Weise lassen sich sehr homogene starrflexible Leiterplatten herstellen, bei denen das klebende Dielektrikum dem des starren Basismaterials entspricht und/oder ebenso wärmeleitend ist, hochfrequenztauglich, bzw. extremen Temperaturbelastungen gewachsen ist.

Starrflexible Leiterplatten sind eigentlich immer Hybride. Unterschiedliche Materialien mit unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten kommen hierbei zum Einsatz. Nahezu jeder Prozess während der Fertigung hat außerdem Einfluss auf die Dimension des dünnen Flexmaterials. Weil man aus diesen Gründen größere Toleranzen einkalkuliert, existieren heute oft noch spezielle Designregeln für starrflexible Leiterplatten.

Das besondere Fertigungsverfahren findet seinen Niederschlag auch im Maschinenpark: Spezielle Durchlaufmaschinen für flexible Laminate sind nötig, die möglichst wenig mechanischen und hydrodynamischen Stress auf das empfindliche Material ausüben. Auch die Mitarbeiter müssen im Umgang mit Flexmaterial geschult geübt sein. Überdies sind entsprechende Handlingshilfen und Lagerplätze nötig.

Überdies sind in der Aufbereitung der Daten weitere Vorsorgemaßnahmen erforderlich, wie etwa spezielle Kupferraster, die der Dimensionsstabilisierung dienen. Entsprechend ist die Materialdatenbank ausgelegt: Während der Produktion muss die Dimension der Basismaterialien ständig überwacht und konsequent in Datenbanken eingepflegt werden. Hierbei geht es auch um Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Materialien unter Berücksichtigung des Layouts. Erst wenn sich jahrelange Erfahrungswerte sinnvoll nutzen lassen, ist man in der Lage, schon vor Produktionsbeginn eines noch nie hergestellten Lagenaufbaus das Dimensionsverhalten der einzelnen Basismaterialien während der Produktion voraussehen zu können. Wenn beispielsweise erwartet wird, dass eine bestimmte Innenlage in X-Richtung um 120 µm schrumpft, dann wird das Leiterbild schon 120 µm größer aufbelichtet. Diese datenbankgestützte, intelligente Vorskalierung ist insbesondere bei der Produktion von Prototypen und kleineren Stückzahlen unabdingbar, um schon mit dem „First Shot“ qualitativ hochwertige Leiterplatten fristgerecht liefern zu können.

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Flexibles Design mit steigender Funktionsintegration

Immer öfter ist man durch neuartige Bauteile, aber auch durch den allgemeinen Leistungsdruck dazu gezwungen, die Leiterplatte in ein äußerst aktives Bestandteil der Baugruppe zu verwandeln. Signalintegrität durch definierte Rückstrompfade, breitbandige Entkopplung durch Nutzung von kapazitiven Spannungsversorgungslagen, EMV-Maßnahmen gegen interne und externe Störungen und strategische Entwärmung von Hot Spots müssen impliziert werden. Diese Situation setzt immer mehr Kompetenz in der Entwicklungsebene voraus, und auch auf den Leiterplattenhersteller kommen fertigungstechnische Herausforderungen zu – der Preis der Leiterplatte wird steigen. Teure Fehlkonstruktionen lassen sich künftig nur verhindern, wenn Schaltungsdesigns in enger Zusammenarbeit mit den Leiterplattenherstellern und unter Zuhilfenahme von virtueller Simulationstechnik entwickelt werden.

Christian Kalkmann, XXX von Ilfa Feinstleitertechnik

Christian Kalkmann ist als XXX bei Ilfa Feinstleitertechnik in Hannover beschäftigt

(mrc)

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ILFA Feinstleitertechnik GmbH

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