Bild 3: Anwendung von Conformal-Coating auf einem Speichermodul.

Bild 3: Anwendung von Conformal-Coating auf einem Speichermodul. (Bild: Smart Modular)

Intelligente Fabriken, automatisierte Maschinen, intelligente Gebäude, automatisierte landwirtschaftliche Geräte, vernetzte Transport- und Gesundheit-Anwendungen – sie alle sind Teil des ständig wachsenden Netzwerks des industriellen Internets der Dinge (IIoT). In den nächsten zehn Jahren löst das IIoT erhebliche Veränderungen in allen industriellen Sektoren der Wirtschaft aus. Nach Angaben einer Analyse des Weltwirtschaftsforums aus dem Jahre 2015 sollen diese Änderungen fast zwei Drittel des weltweiten Bruttoinlandsprodukts (Gross Domestic Product, GDP) ausmachen. Der weitverbreitete Einsatz von produktiveren, digital durch IIoT-Anwendungen unterstützten Mitarbeitern führt zu einer grundlegenden Veränderung der Zusammenarbeit zwischen Mensch und Maschine – von einem 24/7 Maschinenbetrieb in der Fertigung bis zu erheblichen Energie-Einsparungen in kommerziellen Gebäuden, gesteigerten Ernte-Ausbeuten aus kargen Agrarflächen und mehr.

Eck-Daten

Der zunehmend breitere Einsatz von IIoT-Anwendungen generiert immer größere Mengen an Daten. Um einen reibungslosen Betrieb der Geräte sicherstellen zu können, spielen daher zuverlässige Speichermodule, die neben Skalierbarkeit und geringen Latenzzeiten auch die erforderlichen Sicherheitsstandards für den Gebrauch in harten und störungsanfälligen Umgebungen erfüllen, eine immer wichtigere Rolle. Smart Modular erläutert in dem Beitrag unter anderem, welche Testverfahren hierbei zum Einsatz kommen und welche Möglichkeiten es gibt, die Speichermodule sicherer zu machen und vor Umwelteinflüssen zu schützen.

Die Menge der über IIoT-Anwendungen erzeugten Daten wächst heute exponentiell. Angetrieben von Neuentwicklungen im Bereich der Hardware und softwarebasierten Diensten sind IIoT-Daten besonders wichtig zur Erfassung und Analyse verschiedener Betriebsbedingungen. Wertvolle Einsichten lassen sich aus den gesammelten IIoT-Daten gewinnen. Mit ihnen können Firmen automatisiert Entscheidungen treffen und in Echtzeit reagieren. Firmen können diese Daten zudem zur besseren Unterstützung ihrer Mitarbeiter nutzen, die Arbeitsplatz-Sicherheit verbessern, die Produktivität steigern und die Arbeit interessanter gestalten. Weil IIoT-Systeme enorme Mengen an Datenspeicher benötigen, haben sich Speicherbausteine zu einer kritischen Komponente im IIoT-Netz entwickelt. Allerdings müssen im IIoT-verwendete Speicherbausteine besondere Funktionsmerkmale bieten, um sicherzustellen, dass sie zuverlässig arbeiten und die nötige Leistung unter allen Betriebsbedingungen bieten. Speicher für IIoT-Systeme müssen zuverlässig und robust, skalierbar und wartbar sein und hohe Leistung bei niedrigen Latenzzeiten bieten.

Umweltbelastungen und die Bedeutung von Tests

Bild 1: Silbersulfid-Ausfälle in schwefelhaltigen Arbeitsumgebungen sind die Hauptursache für Widerstands-Korrosion.

Bild 1: Silbersulfid-Ausfälle in schwefelhaltigen Arbeitsumgebungen sind die Hauptursache für Widerstands-Korrosion. Smart Modular

IIoT-Anwendungen arbeiten häufig unter harten Umweltbedingungen. Dies kann sich negativ auf die Funktion und die Lebensdauer von Speicherbausteinen auswirken. So können Speicherkomponenten, die im Freien in IIoT-Datenkommunikationsgeräten arbeiten, korrodieren und unter extremen Umweltbedingungen ausfallen. Vor allem Widerstände auf Speichermodulen können korrodieren, wenn sie aggressiven chemischen Substanzen in der Luft ausgesetzt sind. Fehler im Zusammenhang mit Silbersulfid in schwefelhaltigen Betriebsumgebungen erwiesen sich als Hauptursache für Widerstands-Korrosion. Als Folge führt das zum Ausfall der Speichermodule in IIoT-Anwendungen. Sulfurierung tritt auf, wenn Schwefel-Moleküle zwischen dem Schutzfilm der äußeren Elektrode zur inneren Elektrode wandern, wo sie in einer chemischen Reaktion Silber bilden. Zur Lösung dieses Problems tragen heute Anti-Sulfur-Widerstände (Anti-Sulfur-Resistor, ASR) auf Speichermodulen bei. Zur Vermeidung der Widerstands-Korrosion nutzen ASRs eine innere Elektrode aus Silber-Palladium (AgPd) anstelle von Silber (Ag) (siehe Bild 1).

Um zu ermitteln, ob Speichermodul-Rückläufer aus dem Feldeinsatz unter Silbersulfid-Problemen leiden, ist es nötig Funktionstests ausführen. Zusätzlich hilft es, die Widerstands-Anschlüsse abzutasten und unter großer Vergrößerung visuell zu inspizieren. Nur so lässt sich eine korrekte Funktion verifizieren.

Bild 2: Der Einsatz von Underfill-Materialien und Conformal-Coating dienen dem Schutz von Speichermodulen.

Bild 2: Der Einsatz von Underfill-Materialien und Conformal-Coating dienen dem Schutz von Speichermodulen. Smart Modular

Es müssen aber nicht alle Speichermodule ASRs enthalten. Um zu entscheiden, ob ASRs in einem Speichermodul Verwendung finden sollen, muss der Prüfer die Arbeitsbedingungen der Anwendung im Feld genau untersuchen. Allerdings haben zunehmende Beobachtungen von Schwefel-Kontaminierung in den letzten Jahren dazu geführt, dass ASRs immer öfter zum Einsatz kommen.

Underfill und Conformal Coating

Ein weiteres entscheidendes Element beim Schutz von Speichermodulen, die in harten IIoT-Betriebsumgebungen arbeiten müssen, ist der Einsatz von Underfill-Materialien und Conformal Coating. Diese gelangen nach der Bestückung auf das Speichermodul. Underfill und Conformal Coating bieten Schutz gegen Stoß, Vibration, Feuchtigkeit, Betauung und aggressive chemische Substanzen in der Luft. Das Underfill-Material ist hierbei unter alle BGA-Bausteine (Ball-Grid-Array) auf dem Modul (DRAM, Register und andere) zu injizieren. Als gängiges Underfill-Material für diesen Prozess dient Loctite 3593, ein schnell aushärtendes, leichtflüssiges Epoxidharz (Bild 2).

Der Prozess zum Aufbringen des Conformal Coatings schützt die Module vor Kurzschlüssen oder Leckströmen an kritischen Bauteilen, die durch Feuchtigkeit, Pilzbefall, Staub, Salznebel oder andere Verunreinigungen entstehen. Bei diesem Arbeitsschritt ist eine Beschichtung auf jedes Modul aufzusprühen. Das Beschichtungsmaterial besteht aus einem 25 bis 75 µm dicken Polymerfilm, der sich an die Topologie der Leiterplatte anschmiegt. Wichtige Kontaktflächen des Moduls wie etwa die Goldkontakt-Finger, gilt es vor der Beschichtung abzudecken. Anschließend durchlaufen die Module eine visuelle Inspektion unter UV-Licht und danach einen 30 Stunden dauernden Aushärteprozess. (Bild 3)

Bild 3: Anwendung von Conformal-Coating auf einem Speichermodul.

Bild 3: Anwendung von Conformal-Coating auf einem Speichermodul. Smart Modular

Der Polymerfilm sichert einen langfristig stabilen Oberflächen-Isolationswiderstand und gewährleistet damit die operationelle Integrität des Moduls. Underfill und Conformal Coating ermöglichen als Schutzlösungen eine deutliche Verbesserung der Zuverlässigkeit und gewährleisten eine lange und problemlose Betriebsdauer beim Einsatz auf IIoT-Speichermodulen. Bei Nutzung dieser Techniken müssen Wartungstechniker viel seltener vor Ort Speichermodule in IIoT-Geräten austauschen, was sehr kostspielig wäre und den Geschäftsbetrieb stören würde. (Bild 4)

Bild 4: Der Polymerfilm sichert einen langfristig stabilen Oberflächen-Isolationswiderstand.

Bild 4: Der Polymerfilm sichert einen langfristig stabilen Oberflächen-Isolationswiderstand. Smart Modular

Bei der Auswahl von Speichermodulen für IIoT-Anwendungen ist Temperatur ein weiterer wichtiger Faktor, den es zu berücksichtigen gilt. IIoT-Geräte müssen möglicherweise bei Temperaturen unter 0 °C oder in heißen Umgebungen mit geringem Luftdurchsatz starten und arbeiten. Dies ist eine gängige Anforderung im Transportwesen und bei landwirtschaftlichen Geräten, die rund um die Uhr und 365 Tage pro Jahr an beliebigen Orten in der Welt in Betrieb sind. Speicherbausteine für solche Umgebungen müssen einen strengen Temperatur-Selektionsprozess durchlaufen, um alle potenziell schwachen Bits zu eliminieren, die in Zukunft ausfallen könnten.

Ein rigoroser industrieller Speichermodul-Testprozess umfasst einen Kaltstart bei -40 °C sowie eine allmähliche Erhöhung der Betriebstemperatur auf bis zu +85 °C. Die Prüfung der Module muss bei einem hohen Auslastungsgrad (zum Beispiel 99 Prozent) erfolgen und bei einem gleichzeitigen Betrieb über den gesamten industriellen Temperaturbereich von -40 °C bis +85 °C. Dies geschieht unter Nutzung spezieller Test-Boards, auf denen die Speichermodule Temperaturvariationen ausgesetzt sind und gleichzeitig mit hoher Geschwindigkeit arbeiten. Die Testsoftware mit hoher Auslastung gewährleistet, dass alle Zellen in den DRAMs über den gesamten Temperaturzyklus einer umfassenden Belastung ausgesetzt sind. Die Datenerfassung erfolgt über einen 10 Stunden dauernden Testzyklus, sodass sich schwache Module anschließend aussortieren lassen. (Bild 5)

Unterscheidungen bei industriellen Speicherbausteinen

Bild 5: Übersicht des industriellen Speichermodul-Testprozesses bei Smart Modular Technologies.

Bild 5: Übersicht des industriellen Speichermodul-Testprozesses bei Smart Modular Technologies. Smart Modular

Es ist wichtig, zwischen industriellen Speichermodulen zu unterscheiden, die mit DRAMs in einer industriellen Temperaturklasse aufgebaut sind und solchen, die aus kommerziellen Bauteilen bestehen und anschließend einen strengen Test durchlaufen müssen. Anstatt separate, vorgeprüfte Komponenten mit industriellem Temperaturbereich zu nutzen, ist es vorteilhaft, alle passiven und aktiven Komponenten (das heißt EEPROM, Register und PLLs) gemeinsam zu prüfen. Dies gewährleistet eine umfassende Ausführung der Interaktionen und der Signal-Integrität von Speicherkomponenten, sodass sich alle Serial-Presence-Detect-Fehler, „Hänger“, Kernel Panics und „No-Boot“-Probleme entdecken und aussortieren lassen. Unter dem Strich ermöglicht dies eine sehr niedrige DPPM-Rate (Defective Parts per Million). Dabei kann schon ein einziges ECC-Ereignis in den Hitze- und Kälte-Testzyklen zum Ausfall des gesamten Speichermoduls führen. Kumulative Informationen, die auf der Basis der unterschiedlichen DRAM- und Die-Revision der verschiedenen Hersteller erfasst sind, lassen sich für eine statistische Evaluierung der DPPM-Raten und des Verhaltens im industriellen Temperaturbereich nutzen (Bild 6).

Skalierbarkeit und geringe Latenzzeiten

Bild 6: Typische Fehlerraten und ihre Häufigkeit.

Bild 6: Typische Fehlerraten und ihre Häufigkeit. Smart Modular

Neben guter Zuverlässigkeit müssen Speichermodule für IIoT-Anwendungen Skalierbarkeit, Wartbarkeit, gutes Leistungsverhalten und geringe Latenzzeiten bieten. Weil die Menge der von IIoT-Anwendungen erzeugten und erfassten Daten laufend zunimmt, müssen Speicherkapazität und Leistung eines Systems entsprechend mitwachsen können. Ist Flexibilität in einem IIoT-Systemdesign vorgesehen, so ermöglicht dies Speicher- und Leistungs-Upgrades, ohne gleich das ganze System austauschen zu müssen. Umstellungen der Modul-Geschwindigkeit bei DDR4 von DDR4-2133 auf 2400 und 2666 machten eine höhere Leistung möglich. Parallel dazu ist es möglich, Systeme mit größeren Speicherkapazitäten aufrüsten. Die typisch genutzten Speicherbauteile bei IIoT-Embedded-Systemen waren 8 GByte-DDR4-2133-ECC-SO-DIMMs, von denen dann die Migration auf DDR4-2666 mit 16 GByte und jetzt auf 32-GByte-SO-DIMMs erfolgte. IIoT-Systeme lassen sich bei der Nutzung des gleichen grundlegenden Systemdesigns für die Einstiegsklasse, die Mittelklasse und für den Einsatz in Großunternehmen konfigurieren (Bild 7).

Bild 7: Beispiel eines DDR4-Speicherplatine für den Einsatz in IIoT Embedded-Systemen.

Bild 7: Beispiel eines DDR4-Speicherplatine für den Einsatz in IIoT Embedded-Systemen. Smart Modul

Anstatt bei zunehmenden Betriebsumfang komplexe IIoT-Geräte zu ersetzen, besteht die Möglichkeit, diese mit Speichermodulen größerer Kapazität und höherer Geschwindigkeit zusammen mit leistungsfähigeren CPUs aufzurüsten. Treffen IIoT-Geräte im Feld auf unerwartete Probleme, so ist es vorteilhaft, wenn die Anwender den Speicher aufrüsten und das System damit besser an die Betriebsbedingungen anpassen können.

Zusammenfassung

Zuverlässiger Speicher ist entscheidend für IIoT-Anwendungen. Diese Anforderung wird zunehmend dringender, da zur Verbesserung des Betriebs und der Wirtschaftlichkeit in Großbetrieben immer mehr Daten gesammelt werden. Um die Zuverlässigkeit in einer IIoT-Anwendung zu sichern, müssen Speichermodule einen umfassenden Testprozess durchlaufen, der wichtige Parameter wie Temperatur, Datenrate, Auslastung und Zeit abdeckt. Harte Umweltbedingungen sollten bei der Entwicklung von IIoT-Anwendungen ebenfalls Berücksichtigung finden, um das Auftreten von Systemfehlern im Feld zu vermeiden oder zu verringern. Underfill und Conformal-Coating bieten ein Höchstmaß an Schutz vor den Risiken harter Umgebungen für Speichermodule in IIoT-Anwendungen. Darüber hinaus muss IIoT-Speicher skalierbar sein und zugleich auch hohe Leistung bieten. DDR-4-Module mit geringen Latenzzeiten bieten die nötigen charakteristischen Merkmale für die Anforderungen anspruchsvoller Anwendungen. Mit dem zunehmend breiteren Einsatz von IIoT-Anwendungen in Kernindustrien wie Landwirtschaft, Gesundheitswesen, Fertigung, Bauwesen und Transport entwickelt sich der Speicher zu einer immer wichtigeren Komponente der IIoT-Kernstruktur.

 

 

Arthur Sainio

(Bild: Smart Modular)
Leiter Produktmarketing bei Smart Modular Technologies

(aok)

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