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(Bild: Recom)

Eck-daten

All die intelligente Elektronik in Medizingeräten mit ihren smarten Features hat eines gemeinsam – sie benötigt eine Stromversorgung. Denn sobald sich das Gerät nicht mehr mit einzelnen Batterien versorgen lässt, kommen zwangsläufig AC/DC- und DC/DC-Wandler ins Spiel. Der Artikel gibt Tipps für die Wahl der richtigen Stromversorgung für den Medizinbereich.

Grundsätzlich erfüllen Wandler und Netzteile, die in medizinischen Anwendungen zum Einsatz kommen dieselbe Funktion wie jene, die in Haushalts- oder Industrieapplikationen eingesetzt werden: Sie sollen die Anwendung mit einer gewissen Spannung mit entsprechender Leistung versorgen. Nun könnte man versucht sein, eine günstige Stromversorgung mit Sicherheitszulassung aus dem Industriebereich einzusetzen. So verlockend dies auch erscheinen mag, so wird dies meist nicht die beste Wahl sein. Stromversorgungen, welche für den medizinischen Bereich entwickelt wurden, weisen unter anderem eine verstärkte Isolation auf und haben minimale Leck- und Ableitströme. Der komplexe Standard IEC 60601-1 „Medizinische elektrische Geräte; Teil 1: Allgemeine Festlegungen für die Sicherheit einschließlich der wesentlichen Leistungsmerkmale“ gibt hierfür klare Vorgaben und sorgt für Sicherheit.

Schutzmaßnahmen für Personal und Patient

Interventional X-ray System

Der Forschritt bei medizinischen Geräten war in den letzten 15 Jahren enorm. Recom

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Tabelle 1: Anforderungen an die Isolation in der Klasse bis 250 VAC sowie in der Klasse bis 43 VDC beziehungsweise 30 VAC (grau hinterlegt). Recom

Die erste Frage, die sich bei der Suche nach der geeigneten Stromversorgung stellt, ist ob die Applikation in direktem Kontakt mit dem Patienten stehen wird. Die Medizinnorm unterscheidet hier in Patienten- oder Bedienerschutz und definiert verschiedene Schutzmaßnahmen zur Verminderung des Risikos eines elektrischen Schlages (MOP – Means of protection).

Elektronische Geräte, die keinen direkten Kontakt zum Patienten haben und nur von Fachpersonal oder unterwiesenen Personen bedient

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Tabelle 2: Grenzwerte für die Ableitströme in den jeweiligen Kategorien. Recom

werden, fallen in die Kategorie (Means of operator protection). Hier gelten wesentlich geringere Schutzmaßnahmen, die im Wesentlichen denen der IEC 60950-1 (Einrichtungen der Informationstechnik – Sicherheit – Teil 1: Allgemeine Anforderungen) entsprechen.

Besteht zwischen Gerät und Patient allerdings ein direkter Kontakt, gelten für den Patientenschutz, (MOPP – Means of patient protection) insbesondere in Bezug auf die Isolation, wesentlich schärfere Anforderungen (siehe Tabelle 1). Um den Patienten vor der Gefahr eines elektrischen Schlags zu schützen, sind zwingend zwei Schutzmaßnahmen erforderlich.

Recom

Die drei Schutzklassen im Detail. Recom

Je enger der Kontakt zum Patienten ausfällt, desto geringer sind auch die zulässigen Ableitströme. Diese sind, je nach Einstufung des Anwendungsteils mit dem der Patient gegebenenfalls in Kontakt kommt, klassifiziert. Die drei Klassen sind im Kasten näher erläutert. Tabelle 2 zeigt die entsprechenden Grenzwerte für den Normalbetrieb (NC – Normal Conditions) als auch für den Fehlerfall (SFC – Single Fault Conditions).

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Tabelle 3: Änderungen der IEC60601-1-2 mit Relevanz für Stromversorgungen. Recom

Bei der Wahl der passenden Stromversorgung, sollte man auch den künftigen Einsatzort des Gerätes nicht außer Acht lassen. Soll die Applikation später in sehr hoch gelegenen Ländern, wie beispielsweise in Nepal oder in der Andenregion in Südamerika, oder in einem Rettungshubschrauber eingesetzt werden, so wird dies durch die Normen IEC 60950-1 oder IEC 60601-1 nicht ausreichend abgedeckt. Diese Normen berücksichtigen lediglich Höhenlagen bis 2000 m. Mit zunehmender Höhe nimmt nicht nur der Luftdruck ab, sondern auch die Isolationsfähigkeit der Luft. Dies muss in höheren Isolationsstrecken zwischen den Bauteilen berücksichtigt werden. Des Weiteren leidet mit der dünner werdenden Luft auch die Kühlung der Bauteile. Soll das Gerät in einer Höhe über 2000 m zum Einsatz kommen, muss im Herstellerdatenblatt geprüft werden, ob sich die gewählte Stromversorgung dafür eignet. Fehlt ein entsprechender Hinweis empfiehlt es sich, beim Hersteller nachzufragen.

EMV-Norm und einzuhaltende Grenzwerte

Störungen oder Funktionsbeeinträchtigungen durch Phänomene wie Funkstörungen oder elektromagnetische Beeinflussungen wären gerade bei wichtigen medizinischen Geräten fatal. Um diesen bestmöglich vorzubeugen, wurde Anfang 2014 die Neufassung der Ergänzungsnorm IEC 60601-1-2 „Medizinische elektrische Geräte – Teil 1-2: Allgemeine Festlegungen für die Sicherheit einschließlich der wesentlichen Leistungsmerkmale – Ergänzungsnorm: Elektromagnetische Verträglichkeit – Anforderungen und Prüfungen“ vorgestellt.

Eine Neuerung ist, dass die EMV-Grenzwerte nun nach dem Einsatzort des Gerätes unterschieden werden. Grundsätzlich gelten zwei verschiedene Einsatzgebiete:

  • Gewerbliche Einrichtungen der Gesundheitspflege (Professional Healthcare Enviroment)
  • Häuslicher Bereich (Home Healtcare Enviroment), hierzu zählen unter anderem auch Rettungsfahrzeuge

Für spezielle Einsatzorte wie beispielsweise Militär und Schwerindustrie gibt es Ausnahmeregelungen.

Dadurch müssen medizinische Geräte nicht mehr einheitlich Class A (nach CISPR 11 beziehungsweise. EN 55011) einhalten. Dies gilt nur noch für Geräte in gewerblichen Einrichtungen. Für den häuslichen Bereich spezifizierte Geräte müssen nun die strengere Class B erreichen.

Doch nicht nur bei den abgegebenen Störungen gibt es Änderungen, auch bei der Störfestigkeit wurde der Standard maßgeblich überarbeitet. Fast alle Grenzwerte aus der EN 61000-4-x-Reihe wurden verschärft. Die Details dazu können

entnommen werden. Die neuen verschärften Grenzwerte sind jedoch nur auf den ersten Blick schwerer zu erreichen als bei der 3rd Edition. Denn die 4th Edition erlaubt nun auch definierte Ausfälle (Performance Criterion B oder C) bei den unterschiedlichen Tests. Diese Ausfallkriterien müssen jedoch im Risk-Management berücksichtigt werden.

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Um die oben angesprochenen Forderungen, insbesondere in Bezug auf Isolation und Ableitströme, leichter realisieren zu können, bietet sich oft der kombinierte Einsatz von hochwertigen AC/DC-Medizinnetzteilen und nachgeschalteten DC/DC-Wandlern an. So ist es auch wesentlich einfacher, den vorgeschriebenen doppelten Patientenschutz (2 × MOP) zu realisieren.

Recom bietet ein breites Spektrum an medizinzertifizierten Produkten an. Neben DC/DC-Wandlern in der Leistungsklasse von 0,25 bis 15 W, sind außerdem AC/DC-Netzteile im Leistungsbereich bis 150 W erhältlich. Je nach Serie sind sie auch für kritische medizinische Anwendungen, die 2MOPP (250 Vrms) und BF- beziehungsweise CF-Rating voraussetzen, geeignet. Darüber hinaus sind sie neben EN/UL 60601-1 3rd Edition auch nach EN 60950-1 zertifiziert und kommen gemäß RoHS2- und Reach-Richtlinie ohne gefährliche Stoffe aus. Ihre Garantiezeit beträgt bis zu fünf Jahre.

Bianca Aichinger

Product Marketing Manager, Recom Power

(ah)

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