Konzeptgrafik von Power Grasp. Das BMBF geförderte Forschungsprojekt hatte zum Ziel, eine aktive Orthese mit weicher Mechanik für Arm und Hand zu entwickeln. PowerGrasp

Konzeptgrafik von Power Grasp. Das BMBF geförderte Forschungsprojekt hatte zum Ziel, eine aktive Orthese mit weicher Mechanik für Arm und Hand zu entwickeln. (Bild: PowerGrasp)

Unter der Federführung von Würth Elektronik (CBT) arbeiteten verschiedene Wirtschaftsunternehmen mit universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen zusammen. Das im Jahr 2015 gestartete und vom Bundesforschungsministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt Power Grasp mit der Kennziffer 16SV7131K war auf drei Jahre angelegt und wurde jetzt erfolgreich abgeschlossen. „Ziel dieses Projekts war es, eine aktive Orthese mit weicher Mechanik für Arm und Hand zu entwickeln, um die Unterstützung von Arbeitskräften jeden Alters bei händischen, muskoskelettalen und belastenden Tätigkeiten zu erreichen“, erläutert Dr. Jan Kostelnik, Leiter von Forschung und Entwicklung bei Würth Elektronik CBT.

Verbundkoordinator war das Unternehmen Würth Elektronik CBT und das Fraunhofer-Institut für Produktionsanlagen und Konstruktionstechnik IPK. „Die Würth Elektronik CBT war als Technologiepartner für die technische Umsetzung der Sensorik sowie die Entwicklung und Herstellung von Elektronik verantwortlich“, erklärt Dr. Jan Kostelnik. Partner waren die Evangelische Hochschule Nürnberg, Schunk, das Textilforschungsinstitut Thüringen-Vogtland (TITV), die Universität der Künste Berlin (UdK), die Warm X, das Reha-Zentrum Lübben und Volkswagen (assoziierter Partner) sowie weitere Beteiligte aus Industrie und Handwerk.

Softrobotische Orthese zum Anziehen

Im Straßenbau, in der Altenpflege oder der Logistik sind die Arbeitsabläufe so individuell, dass die Technik dem Menschen die körperliche Belastung nur schwer abnehmen kann. Könnte der Handwerker, die Pflegekraft oder der Transportarbeiter ein entlastendes Unterstützungssystem in Form einer Orthese tragen, die seine Kraft verstärkt, so würde die Arbeit leichter und weniger gesundheitsgefährdend. Rückenbeschwerden sind in Deutschland einer der häufigsten Gründe der Arbeitsunfähigkeit. Auch das Karpaltunnelsyndrom und die Epikondylitis des Ellenbogens („Tennis-Ellenbogen“) sind auf dem Vormarsch. Hauptursache für diese Erkrankungen sind sich immer wiederholende Bewegungen. Viele Arbeitgeber wollen deshalb ihre Arbeitskräfte vor Belastungen durch schweres Heben und nicht ergonomischen Bewegungen schützen. Bei der Prävention leisten Exoskelette wertvolle Dienste. Als Kraftverstärker beim Heben und Tragen oder als entlastende Stütze bei langem Stehen werden sie künftig zunehmend Arbeitende bei ihrer Tätigkeit unterstützen. Sämtliche verfügbare Modelle eint aber ein Problem: Prinzip bedingt unterstützen sie alle Bewegungen des Trägers – auch nicht ergonomische.

Exoskelette oder Assistenzroboter benötigen für eine Interaktion mit dem Menschen eine Mensch-Maschine-Schnittstelle. Sensoren ermöglichen den Einsatz von aktiven, geregelten Unterstützungsmechanismen. Für körpernahe Unterstützungssysteme und in der Soft-Robotik ist es daher erforderlich, „Soft-Sensorik“-Systeme zu entwickeln. Würth Elektronik CBT schafft hierbei neue Möglichkeiten in der Konstruktion und Anwendung durch dehnbare Leiterplatten, der Twinflex-Stretch-Technik. Die biegeschlaffen, biokompatiblen Leiterplatten passen sich der Körperform an. Eine Integration in Textilien ist möglich. Im Forschungsprojekt war ein Netzwerk aus Sensoren mit Twinflex-Stretch-Leiterplatten im Einsatz. Die Smart-Sens-X-Sensorknoten erfassen beispielsweise die Position des Menschen mit MEMS-Inertialsensoren und stellt die Daten über drahtlose oder kabelgebundene Schnittstellen zur Verfügung. Das System aus Sensoren und Auswerteeinheit heißt bei Würth Elektronik CBT Q.mod.

Die biegeschlaffen, biokompatiblen Leiterplattentechnologie Twinflex-Stretch passt sich der Körperform an und lässt sich in Textilien integrieren. Würth Elektronik CBT

Die biegeschlaffen, biokompatiblen Leiterplattentechnologie Twinflex-Stretch passt sich der Körperform an und lässt sich in Textilien integrieren. Würth Elektronik CBT

Zudem untersuchten die Forscher modernste Textilien, in die gleichermaßen elektronische Bauteile sowie kraftverstärkende pneumatische, also luftbetriebene, Antriebselemente eingebaut werden können. Das Ergebnis ist eine softrobotische Orthese zum Anziehen. Weitere Arbeiten beschäftigten sich mit smarten Materialien beispielsweise zur Erfassung der Muskelaktivität. Mithilfe von Algorithmen kann Muskelermüdung erkannt und bei Bedarf die Unterstützung angepasst werden. „Durch die Arbeiten im Projekt Power Grasp sind wir wesentliche Schritte vorangekommen. Neben der Erforschung und Umsetzung eines mobilen softrobotischen Hand-Arm-Schulter-Unterstützungssystems für Überkopfarbeiten, konnten wir die Miniaturisierung der Elektronik und Pneumatik durch den Einsatz von den flexiblen und dehnbaren Twinflex-Stretch- Leiterplatten ermöglichen“, fasst Dr. Jan Kostelnik von Würth Elektronik CBT zusammen.

Das Sensormodul Smart SensX IMU erfasst beispielsweise die Position des Menschen mit MEMS-Inertialsensoren und stellt die Daten über drahtlose oder kabelgebundene Schnittstellen zur Verfügung. Würth Elektronik CBT

Das Sensormodul Smart SensX IMU erfasst beispielsweise die Position des Menschen mit MEMS-Inertialsensoren und stellt die Daten über drahtlose oder kabelgebundene Schnittstellen zur Verfügung. Würth Elektronik CBT

Grundsätzlich wird die Technik auch ältere und Menschen mit Behinderung im Alltag unterstützen können. Langfristig arbeiten die Projektpartner darauf hin, ein Ganzkörper-Exoskelett/Suit, also einen Anzug zur Kraftunterstützung aller Bewegungen, zu entwickeln. Im Laufe des Jahres werden die Demonstratoren der Öffentlichkeit auf verschiedenen Messen und Konferenzen vorgestellt. Viele der im Projekt entwickelten Einzelkomponenten werden zu Innovationen bei Robotik, Sensorik, tragbarer Elektronik und der Mensch-Maschine-Interaktion sowie in weiteren Gebieten der Sensor und Elektronik gestützten Anwendungen führen.

Marisa Robles

Chefredakteurin Productronic, nach Unterlagen von Würth

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