Der CEO von Zollner Elektronik Johann Weber

„Wir werden die digitale Transformation in unseren Werken forcieren, um die Planung und Steuerung unserer Produktion zu verbessern und noch schneller auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können“, sagt der CEO von Zollner Elektronik , Johann Weber. Diese Lehre zieht er aus der Corona-Epidemie. (Bild: Zollner Elektronik)

all-electronics hat eine Umfrage bei einer Reihe von Elektronik-Unternehmen zum Thema Umgang mit der Corona-Krise gestartet. Die Unternehmen berichten, welche Maßnahmen sie ergriffen haben, wie sie sich auf das Hochfahren der Geschäftstätigkeit vorbereiten und was sie von der Politik erwarten. In diesem Übersichtsbeitrag fassen wir die wichtigsten Aussagen zusammen.

Wie haben Sie sich bzw. ihr Unternehmen mit den Corona-Einschränkungen arrangiert? Welche Maßnahmen wurden getroffen, um mit der Situation zurecht zu kommen?

Johann Weber: Bei der Zollner Elektronik AG beschäftigt sich schon seit Ende Januar eine bereichsübergreifende Taskforce mit der Corona-Krise (unser Standort in Taicang war zu dem Zeitpunkt von den Präventionsmaßnahmen der chinesischen Regierung betroffen). Ziel war es stets, die Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb so gering wie möglich zu halten – auch, als das Coronavirus begann, sich in Europa auszubreiten, hat sich dieses Ziel nicht verändert. die Sicherheit unserer Mitarbeiter und in den Werken weiterhin durchgängig handlungsfähig zu bleiben, hat höchste Priorität.

Hierzu werden unter anderem laufend die aktuellen Gegebenheiten und die länderspezifischen Vorgaben unserer Standorte überprüft und falls nötig kurzfristige Veränderungen vorgenommen.

Wie sieht die Exitstrategie aus, um zu einem ansatzweise „normalen“ Arbeitsalltag zurück zu kehren, und welchen Zeitraum planen Sie dafür ein?

Johann Weber: Wir haben uns schon zu Beginn der Corona-Krise die Frage gestellt: Welche Maßnahmen müssen wir ergreifen, damit wir den Betrieb weiterführen können und die Mitarbeiter gleichzeitig bestmöglich vor Ansteckung schützen? Für uns geht es jetzt darum, diese bereits definierten Maßnahmen weiterhin konsequent umzusetzen.

Wir haben beispielsweise Mitte März ein Zonenkonzept für unsere in- und ausländischen Werke eingeführt, dessen Auswirkungen als Erstes die Mitarbeiter im Hauptwerk in Zandt zu spüren bekamen. Sie konnten sich ab dem Zeitpunkt nicht mehr frei auf dem Werksgelände bewegen, sondern nur noch innerhalb ihrer Zone, von denen es sieben in Zandt gibt. So haben wir die Kontakte untereinander reduziert. Meetings und Besprechungen finden seitdem per Telefon oder Webkonferenz statt. Auch Mitarbeiter derselben Zone ziehen diese Kommunikationsmöglichkeiten dem direkten Kontakt vor. In der Kantine in Zandt können sich unsere Mitarbeiter seit Mitte März das Essen nur noch abholen; jede Zone hat ihre eigenen Abholzeiten. Überall gelten Abstands- und Hygieneregeln.

Wir haben die technischen Voraussetzungen für das Homeoffice sehr schnell ausgebaut, so konnten unsere Office-Mitarbeiter ihre Aufgaben auch angesichts von Schul- und Kitaschließungen, Ausgangsbeschränkungen und Ansteckungsgefahr weiterführen. Weil die Ansteckungsgefahr ja noch nicht gebannt ist, rechnen wir damit, dass viele Office-Mitarbeiter weiterhin im Homeoffice arbeiten.

Um die Produktionsmitarbeiter zu schützen, für die Homeoffice keine Option ist, haben wir die Schichtmodelle ausgeweitet, damit sich die einzelnen Schichtbelegschaften verkleinern und sich Mitarbeiter unterschiedlicher Schichten nicht mehr begegnen. Die Pausenzeiten der Produktionsmitarbeiter haben wir entsprechend aufgefächert.

Auf der Kundenseite treffen uns die Reisebeschränkungen natürlich sehr, denn der persönliche Kontakt ist in vielen Ländern noch wichtiger als in Deutschland und für uns als reiner Dienstleister, ohne eigens Produkt, essentiell. Wir versuchen, so viel wie möglich über Telefon- und Videokonferenzen aufzufangen und somit den Kontakt zum Kunden aufrecht zu erhalten.

Wie die generelle Entwicklung weitergeht ist abzuwarten, in dem derzeitigen sehr dynamischen Umfeld sind langfristige Planungen sehr schwierig geworden. Eine wirkliche Besserung der Gesamtsituation wird wahrscheinlich erst mit dem flächendeckenden Einsatz eines Impfstoffes möglich sein und dies wird noch eine längere Zeit dauern. Bis dahin werden wir weiterhin alle nötigen Maßnahmen einleiten und umsetzen um unsere Mitarbeiter zu schützen und als Unternehmen handlungsfähig zu bleiben.

Werden die Corona-bedingten Einschränkungen ihren Arbeitsalltag und-organisation auch nach Ende der Epidemie nachhaltig verändern?

Johann Weber: Ich denke schon, dass die Erfahrungen aus dieser Epidemie einen Einfluss auf unsere Zukunft haben werden.

Angesichts von ersten Covid-19-Verdachtsfällen in der Belegschaft sowie angesichts der Kita- und Schulschließungen in Bayern hat uns Homeoffice sehr geholfen, den Geschäftsbetrieb nahezu nahtlos fortzuführen. Wir haben rasch die technischen Möglichkeiten dafür geschaffen und gute Erfahrungen mit der Produktivität unserer Mitarbeiter im Homeoffice gemacht. Künftig werden wir unseren Mitarbeitern vermehrt die Möglichkeit geben, im Homeoffice zu arbeiten. Telefon- und Videokonferenzen werden wir zur internen Kommunikation in Zukunft ebenfalls stärker einsetzen. Auch für die Kontaktpflege mit Kunden und Geschäftspartnern und die Kundenakquise haben sich die digitalen Medien als gute Ergänzung zum persönlichen Gespräch erwiesen, das freilich unverzichtbar bleibt.

Wir werden unsere Produktionsabläufe noch stärker automatisieren als bisher, außerdem werden wir die digitale Transformation in unseren Werken forcieren, um die Planung und Steuerung unserer Produktion zu verbessern und noch schneller auf unvorhergesehene Ereignisse reagieren zu können. In unseren Werken weltweit werden wir die Prozesse weiter vereinheitlichen, damit wir einen Ausfall an der einen Stelle jederzeit durch verstärktes Engagement an einer anderen Stelle ausgleichen und so die Lieferkette aufrechterhalten können. Auch auf unsere Supply-Chain könnte die Corona-Krise Auswirkungen haben, da sich teilweise Abhängigkeiten von bestimmten Lieferanten oder Ländern gezeigt haben. Die zu intensive Globalisierung sollten wir noch mal überdenken.

Welche Unterstützung seitens der Politik würden Sie sich dabei wünschen bzw. welche Maßnahmen sind nötig, um wieder einen normalen Arbeitsalltag zu gewährleisten?

Johann Weber: Generell sind wir mit den bisherigen Entscheidungen und der Vorgehensweise der Politik zufrieden, denn es geht in erster Linie um das Wohl der Menschen und das muss im Fokus stehen. Die staatlichen Regelungen und Anweisungen müssen in Abstimmung mit Spezialisten kontinuierlich überdacht und bei Bedarf angepasst werden. In einer solchen Krise muss das Miteinander und nicht der Parteigedanke im Vordergrund stehen.

Die Unternehmen sind auch gefordert, ihre eigenen Konzepte umzusetzen, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten, zum Beispiel durch Flexibilität bei Schicht- und Arbeitszeitmodellen. Dazu sollten Gesetzesvorgaben wie die Bestimmungen zur Sonn- und Feiertagsarbeit gelockert werden.

Die flexible Regelung zur Kurzarbeit ist ein positives Zeichen, dennoch sollte eine Steigerung des Kurzarbeitergeldes von 60% auf 80% das Ziel sein.

Zur Stabilisierung der Unternehmen erwarten wir von der Politik staatliche Hilfen in Form von Steuererleichterungen und Krediten. Außerdem sollte es Förderungen für zukunftsweisende Investitionen geben, etwa in die digitale Transformation und deren Infrastruktur.

Damit wir unsere Arbeitswelt noch digitaler gestalten können, müssen die infrastrukturellen Voraussetzungen geschaffen bzw. verbessert werden. Wir brauchen ein stabiles Telekommunikationsnetz sowie 5G und eine größere Bandbreite, Feldstärke und eine höhere Leistungsfähigkeit, damit wir in Deutschland gegenüber anderen Ländern wieder aufholen können.

Neben der Globalisierung sollten wir aber auch wieder mehr über die Eigenständigkeit der deutschen / europäischen Wirtschaft nachdenken, um Situationen wie den Lieferengpässen, die sich jetzt beispielsweise bei Medikamenten und Schutzmasken ergeben haben, in Zukunft vorzubeugen.

Um das Vertrauen der Unternehmen und der Gesellschaft wieder zu erhalten bzw. zu stärken, sind große Anstrengungen seitens der Politik notwendig.

Welche Auswirkungen hat Ihrer Ansicht nach die Corona-Krise auf Start-ups?

Johann Weber: Ein Großteil der Start-ups wird große Probleme haben, da sie nicht auf finanzielle Rücklagen zurückgreifen können. Hier ist eine schnelle Unterstützung durch politische Hilfsprogramme dringend notwendig. Einige Start-ups sind derzeit aber auch im Vorteil: Sie können schnell Lösungen für die neuen Herausforderungen anbieten, da sie wesentlich flexibler reagieren können als die größeren Unternehmen. So kann mancher vielleicht diese Krise auch als Chance nutzen.

(gk)

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