Der mittelständische Maschinenbauer Essemtec bildet mit seinem Portfolio fast die gesamte Prozesskette entlang der SMT-Linie ab und vermag auf diese Weise neben Maschinen und Prozessen vor allem Know-how aus einer Hand anzubieten. Das Angebotsspektrum reicht dabei über Drucker, Dispenser und Bestücker bis hin zu Öfen, Lager- und Handlingsystemen.

Den diesjährigen Themenschwerpunkt legte das Unternehmen auf Dispensen und 3D-MIDs. Die Besucher aus der Schweiz als auch aus Deutschland und Österreich erwartete ein Einblick in die neuesten Produktionstechnologien und Maschinen, sowie spannende Vorträge von Fachleuten aus der Wirtschaft.

Thixotropie ist nicht gleich Scherverdünnung

Die Anzahl der Anwendungen für Jetventile wächst schnell, besonders bei der LED-Herstellung und -Verarbeitung. Jürgen Städtler, Geschäftsführer von Vermes Microdispensing (ein Unternehmen der Essemtec-Gruppe), kennt den Grund für diese Entwicklung: „Das Vergießen von LEDs mit gefüllten Medien erfordert eine Flexibilität, Präzision und Geschwindigkeit, die heute nur von Piezo-Jetventilen erreicht wird“, erklärt er. Vermes bietet zwei verschiedene Ventilarten an, die sich in der Art der Krafteinleitung auf das Medium unterscheiden. Bei hochviskosen Flüssigkeiten muss die Kraft des Piezos direkt auf das Medium übertragen werden. Diese Ventile werden als „normally open“ (stromlos geöffnet) bezeichnet. Für dünnflüssige Medien hingegen kommen Ventile zum Einsatz, die „normally closed“ also stromlos geschlossen sind.

Um das richtige Ventil, die richtige Düse, den richtigen Ventilstössel und die richtige Ansteuerung auswählen zu können, muss der Prozessingenieur die Rheologie des Mediums, die Anwendung und die geplante Taktzeit genau kennen. Zur Rheologie gehören viele Eigenschaften des Mediums: Die Viskosität, die Fadenbildung, die Temperatur oder die Füllstoffe, um nur einige zu nennen. Der Prozessspezialist unterscheidet auch zwischen der Scherverdünnung (kein erneuter Strukturaufbau in Ruhe) und der Thixotropie (mit erneutem Strukturaufbau in Ruhe).

Der Geschwindigkeit von Jetventilen sind Grenzen gesetzt, bedingt durch die Eigenerwärmung des Piezos. Dosierfrequenzen von 500 Hz sind schon sehr hoch und 1000 Hz nur kurzzeitig realisierbar. Um die geforderten Taktzeiten erreichen zu können hilft oft nur die jahrelange Erfahrung der Spezialisten von Vermes. Derzeit arbeitet das Unternehmen an einer neuartigen Technologie, die höhere Frequenzen und Dosierkräfte erlaubt, mit einer verbesserten Genauigkeit aufwartet und zudem auch lotpastentauglich ist. An der Optimierung des Medienkompressionsverfahrens wird ebenfalls gearbeitet.

Die Flaggschiffe von Essemtec

Wer kennt sie nicht, die beiden Flaggschiffe von Essemtec? Scorpion und Paraquda dürften wohl zu den wichtigsten Entwicklungen des Unternehmens in der jüngsten Zeit gehören. Beide Automaten nähern sich in ihrem jeweiligen Aktionsradius der eierlegenden Wollmichsau zügig an. Ganz besonders trifft dies für Paraquda zu. Der Bestückungsautomat ist für die hochflexible SMD-Fertigung mit hohem Durchsatz konzipiert. Mit vier Bestückungsachsen verarbeitet der Automat bis 15000 BE/h, wobei das Bauteilspektrum von der Baugröße 01005 bis hin zu Komponenten mit den Abmaßen 80 mm x 70 mm mit einer Höhe von bis zu 25 mm reichen. Bis zu 240 Feeder-Positionen kann Paraquda aufnehmen. Gleichzeitig ist der Automat Chip-, Finepitch-, Spezialbestücker und Dispenser in einem. Immerhin lassen sich zwei Dosierventile integrieren. Die Bedienung und Programmierung mit der intuitiv zu bedienenden ePlace-Benutzeroberfläche, runden die Vorzüge sinnvoll ab. Paraquda eignet sich daher auch für das Nachdispensen von Paste, den Klebstoffauftrag oder für den Prototypenbau. Beispielsweise lässt sich mit der Paraquda auch eine so genannte „PiP“- Bestückung (Pin in Paste) vornehmen.

Jetventile lassen sich, neben vielen anderen Ventilarten, auch auf dem Dosiersystem Scorpion, aber auch Paraquda einsetzen. Diese Maschinen verfügen über ein neuartiges Schnellwechsel-System für Dosierventile und sind dank höherer Geschwindigkeit und Genauigkeit auf zukünftige Anwendungen vorbereitet. Eine reine Dosiermaschine wie Scorpion lässt sich für alle Arten von Punkt-, Linien- und Kurvendosieranwendung einsetzen. Automatische Höhen-, Viskositäts- und Nadelkalibrierung sind darum integriert. Scorpion ermöglicht ein hochpräzises Dispensen mit bis zu 100.000 Dosierpunkten/h und das mit einer Genauigkeit von 51μm (3σ). Diese außergewöhnliche Leistung und Präzision wird durch die Maschinenplattform Paraquda erreicht, auf der Scopion aufsetzt. Der Automat ist mit bis zu vier Ventilen ausrüstbar und als Stand-alone oder für In-line-Betrieb tauglich.

LDS-Technologie für MID

Über die spannende Entwicklung im Bereich der MIDs (Moulded Interconnected Devices) informierte Dirk Bäcker, Sales Manager Europa von LPKF Laser & Electronics. Die LDS-Direktstrukturierung, die von LPKF entwickelte Technologie zur Herstellung von 3D-MIDs, wird längst nicht mehr nur für Prototypen verwendet. Mittlerweile hat LPKF drei LDS-Systeme am Markt: Während Fusion3D 1100 für das Prototyping konzipiert ist, dient MicroLine3D 160i für die High-Mix-Produktion und die Fusion3D 6300 für die hochvolumige Serienproduktion. Bis zum vierten Quartal des Geschäftsjahres 2011 konnte das Unternehmen weltweit 226 Systeme installieren mit klaren Marktverhältnissen. Dominiert in Europa MicroLine3D 160i so ist es in China die Fusion3D 1100. Nach Branchen segmentiert, wandern die LDS-Systeme mit 83 Prozent hauptsächlich in den Kommunikationsmarkt und da weitestgehend für Antennentechnik. Weit abgeschlagen kamen 8 Prozent des 2011 generierten LDS-Umsatzes aus der Automobilindustrie, weitere 4 Prozent steuerte die Medizintechnik und 3 Prozent der Bereich des Micro-Packagings bei. Schließlich resultierten 2 Prozent des LDS-Umsatzes aus der Sicherheitstechnik.

Die Idee ist bestechend einfach. Das Werkstück besteht aus LDS-Polymer oder wird mit einem LDS-Lack besprüht. Mit dem Laser werden die Stellen des Werkstücks aufgeraut respektive aktiviert, an denen leitende Flächen entstehen sollen. Auf die aktivierten Stellen wird anschließend chemisch Kupfer aufgetragen. Die Rauheit der Oberfläche stellt dabei eine sehr gute Haftung von Kupfer und Werkstück sicher. Eine Layout-Änderung lässt sich jederzeit mit der entsprechenden Umprogrammierung der Laser vornehmen, was den Prozess recht flexibel macht.

Allerdings schafft 3D-MID auch neue Designregeln: Es gibt bereits eine Vielzahl von LDS-Polymeren für die unterschiedlichsten Anwendungen. Auch lötbare Hochtemperatur-Thermoplaste sind darunter und es ist sogar möglich, Durchkontaktierungen zu realisieren. Dazu kann der Laser die benötigten Löcher selbst brennen, oder er aktiviert die Oberfläche in der Bohrung. Layouter müssen sich allerdings mit ein paar neuen Designregeln vertraut machen. So sollten Leiterbahnen für die LDS-Technologie nicht mehr eckig verlaufen. Besser ist ein kurviges Layout, das der Laser mit kontinuierlicher Geschwindigkeit abfahren kann. Zudem gilt die 70°-Regel: Eine senkrechte Fläche (90°) ist ungeeignet, eine 70° geneigte Fläche hingegen kann der Laser aktivieren, ohne dass das Werkstück gedreht werden muss.

Hydra: Standardmaschine für dreidimensionales Dispensen und Bestücken

LDS-Technik alleine macht eine Baugruppe noch nicht aus. Das dreidimensionale Bestücken hat Essemtec mit seiner Hydra verwirklicht. Geht es nach Florian Schildein, Marketing- und Verkaufsleiter von Essemtec, handelt es sich hierbei um den weltweit ersten Bestückautomaten, der in 3D bestücken und auch dispensen kann. Dafür hat sich das Unternehmen das Know-how von Robotik-Hersteller Kuka geholt. Seit 2011 auf dem Markt ist Hydra eine Kombination eines Paraquda-Bestückungsautomaten mit einem sechsachsigen Roboter. Hydra dosiert und bestückt in fast allen beliebigen Ebenen, doch die Bedienung unterscheidet sich nur wenig von der eines normalen Bestückungsautomaten.

Der vierfach-Bestückungskopf kann im 3D-Modus bis zu 2500 BE/h platzieren, im 2D-Modus sogar bis zu 7000 BE/h. Die Maschine ist inlinefähig und schnell umrüstbar und kann deshalb sowohl für die Serienfertigung als auch für Kleinserien und Muster eingesetzt werden. Hydra erlaubt auf einer Maschine die Kombination von Dosierprozessen (Kleber und/oder Paste), wie auch die Bestückung aller heute verfügbaren SMD-Bauteile und Komponenten.

Dreidimensional in die Zukunft

Automotive, Telekommunikation, Medizin, Konsumgüter – in allen wichtigen Märkten sind dreidimensionale Schaltungsträger zu finden. Dabei nimmt die Laser-Direktstrukturierung einen besonderen Platz ein: Sie hat ganz wesentlich zum Erfolg der innovativen Technologie beigetragen. Hand in Hand gehen 3D-Bestückautomaten, die zudem auch dispensen können.

Marisa Robles Consée

Marisa Robles Consée ist freie Redakteurin Productronic

(mrc)

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Essemtec AG

Mosenstrasse 20
6287 Aesch/LU
Switzerland