Die Industrialisierung war gerade in vollem Gange, als die Brüder Heinrich und Wilhelm Heraeus ihren ehemaligen Schulfreund Richard Küch 1890 als wissenschaftlichen Mitarbeiter ins vom Vater übernommene Unternehmen holten. Unter Idealbedingungen konnte er mit seinen Mitarbeitern in viele Richtungen forschen, entwickeln und Kontakte zwischen Heraeus und der wissenschaftlichen Welt knüpfen.
eckdaten
Kluger Kopf Küch
Dr. Richard Küch (30.08.1860 bis 03.06.1915) war von 1890 bis 1915 Chefentwickler beim Familienunternehmen Heraeus und die Ideen des Chemikers und Physikers waren entscheidend für den Erfolg und das Wachstum des Unternehmens zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Zu seinen Erfindungen zählen unter anderem die künstliche Höhensonne, keramische Farben, Quarzglas und Platintemperatursensoren. Auch heute noch sind seine Entwicklungen in Industrie und Alltag anzutreffen, etwa in Form von Ultraviolett-Strahlern zur umweltfreundlichen Entkeimung von Trinkwasser. Und ohne sein blasenfreies Quarzglas gäbe es vielleicht nicht einmal schnelles Internet, denn Lichtleitfasern für die Telekommunikation bestehen aus Quarzglas.
Die erfolgreiche Entwicklung der ehemaligen „Erste Deutsche Platinschmelze W.C. Heraeus“ zu einem vielseitig aufgestellten Technologieunternehmen konnte Richard Küch damals vermutlich nur erahnen, aber es würde ihn wohl mit Stolz erfüllen. Auf dem Werksgelände von Heraeus in Hanau erinnert heute das nach ihm benannte Konferenz- und Besucherzentrum.
Mit Richard Küch startet die Blütezeit
Wie Heraeus entscheidend für Küch war, waren auch dessen Erfindungen entscheidend für den Erfolg und das Wachstum des Unternehmens. Das erste Patent erhielt Heraeus im Jahr 1891 auf die von ihm entwickelte Vergoldung von Platinblech. Ab 1896 optimierte Heraeus edelmetallhaltige keramische Farben wie Glanzgold, Glanzplatin oder Poliergold. Im Jahr 1899 gelang es Küch, blasenfreies Quarzglas von höchster Reinheit herzustellen. Das von ihm entwickelte Verfahren, Bergkristall im Knallgasgebläse zu schmelzen, führte zur Gründung der Heraeus Quarzschmelze. 1904 war die Quecksilberdampf-Quarzglaslampe fertig, die unter dem Namen „Künstliche Höhensonne – Original Hanau“ zur Marktführerschaft kam.
Seine Entwicklungen finden noch heute Einsatz, etwa Platinlegierungen für die chemische Industrie oder Katalysatornetze aus Platin zur Herstellung von Düngemitteln. Hochreines Quarzglas in Form von Lichtleitfasern ermöglicht heute das Internet sowie als Prozessmaterial die Herstellung immer kleinerer Mikrochips. Von Richard Küch stammt auch das normierte Platin-Widerstandsthermometer (1906). Mit seinem Verfahren werden heute Temperaturmessungen durchgeführt, beispielsweise im Motor oder im Abgasstrang von PKWs oder im Backofen.
Heraeus heute: gut vernetzt und flexibel
In der Zeit nach Richard Küch haben die Entwickler bei Heraeus intensiv weiter an neuen Zukunftstechnologien gearbeitet. Genannt seien stellvertretend die Physiker Wilhelm Rohn (Entwicklung der Vacuumschmelztechnik) und Konrad Ruthardt (Leiter Physikalisches Laboratorium und Entwicklung von Edelmetalllegierungen für elektrische Kontakte). Auch heute forscht, entwickelt und patentiert Heraeus mehr denn je an den Grenzbereichen der Materialwissenschaft.
Jede Entwicklergeneration vermehrt diese Vielfalt, denn der Pioniergeist aus der Wende zum 20. Jahrhundert ist im Familienunternehmen geblieben. Galt Küch seinerzeit mehr als einzelnes Entwicklergenie, das überwiegend von Hanau aus agieren konnte, haben sich heute die Maßstäbe in der Schaffung von Innovationen allerdings stark verschoben.
Standortunabhängige Entwicklung
Die neue Entwicklergeneration muss eine hohe Bereitschaft zur Flexibilität und Mobilität zeigen, denn die Entwicklung findet nicht mehr nur in Hanau statt, sondern je nach Thema auch an Standorten in Asien und in den USA. Entwickler müssen interdisziplinär in Teams für eine begrenzte Zeitdauer zusammenarbeiten, um dann in neuen Teams an anderen Orten ein neues Projekt oder Themenfeld zu beginnen.
Heute ist der Technologiekonzern Heraeus weltweit tätig und beschäftigt sich mit Themen wie Umwelt, Energie, Gesundheit, Mobilität und industrielle Anwendungen. Das Portfolio reicht von Komponenten bis zu abgestimmten Materialsystemen, die in vielfältigen Industrien zum Einsatz kommen, darunter Stahl, Elektronik, Chemie, Automotive und Telekommunikation.
SMT Hybrid Packaging 2016: Halle 6, Stand 205
(mou)