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Bild 1: Ein Oszilloskope aus der Baureihe InfiniiVision X von Agilent, das über eine  Aktualisierungsrate von mehr als 1 Mio. Signalen/s verfügt.

Bild 1: Ein Oszilloskope aus der Baureihe InfiniiVision X von Agilent, das über eine Aktualisierungsrate von mehr als 1 Mio. Signalen/s verfügt.Agilent Technologies

In der Frühzeit der Digitaloszilloskope maß man die Aktualisierungsrate in „Punkten pro Sekunde“, die das Oszilloskop auf den Bildschirm zeichnete. Jeder Punkt war ein Sample des A/D-Wandlers. Je mehr Punkte auf dem Bildschirm aufleuchteten, desto mehr A/D-Samples verarbeitete das Gerät. Das stimmt natürlich, aber es ist nur die halbe Geschichte. Wenn das Oszilloskop einige Milliarden Samples pro Trigger erfasst und dann etliche zig Sekunden braucht, um sie auf dem Schirm darzustellen, wieviele Triggerereignisse hat der Anwender dann verpasst? Wartet das Testobjekt höflich darauf, dass das Oszilloskop fertig ist, bevor es den nächsten Glitch erzeugt? Sicherlich nicht.

Eine andere Maßzahl ist die Zahl der Triggerereignisse pro Sekunde, die das Oszilloskop auf den Schirm zeichnen kann. Ziel hierbei ist, nur so viele Samples pro Trigger anzuzeigen, dass das Gerät bereits dann das nächste Triggerereignis erfassen kann, wenn es am rechten Bildschirm angekommen ist. Man nennt die Zeit, in der ein Oszilloskop erfasste Daten anzeigt und deswegen in dieser Zeit keine weiteren Daten erfasst „Blindzeit“ oder „Totzeit“: Wie lange muss der Datenerfassungsteil des Geräts darauf warten, bis die Darstellung fertig ist? Hier ist natürlich kürzer besser. Wenn man allerdings aus Zeitgründen nur einige wenige Punkte pro Trigger auf den Bildschirm bringt, kann man sicher sein, dass sich der gesuchte Glitch in den Lücken zwischen den wenigen dargestellten Punkten verbirgt (Bild 2).

Bild 2: Der Weg des Signals vom Tastkopf bis zum Bildschirm des Oszilloskops. Zwei Signalanomalien werden nicht erkannt, weil sie während der Totzeit des Oszilloskops auftreten, also in der Zeit, in der das Gerät keine Daten erfasst.

Bild 2: Der Weg des Signals vom Tastkopf bis zum Bildschirm des Oszilloskops. Zwei Signalanomalien werden nicht erkannt, weil sie während der Totzeit des Oszilloskops auftreten, also in der Zeit, in der das Gerät keine Daten erfasst. Agilent Technologies

Was ist „Aktualisierungsrate“?

Allzu oft wird bei der Spezifikation von Oszilloskopen eine der beiden vorgenannten Definitionen in den Vordergrund gerückt und die andere unterschlagen. Die signaltreueste Darstellung ergibt sich aber dann, wenn eine hohe Zahl von Triggern pro Sekunde mit einer hohen Zahl von Punkten pro Messkurve einhergeht. Besser noch ist ein Oszilloskop, das diese Leistung immer und in jeder Betriebsart bietet.

Eine schnellstmögliche Darstellung der Pixel auf dem Bildschirm ist aber noch nicht alles. Alle modernen Oszilloskope arbeiten bei der Bildschirmdarstellung mit Hel­lig­keitsintensitäten. Heller dargestellte Teile des Signals auf dem Bildschirm zeigen an, wo sich das Signal statistisch häufiger befindet. Das Eingangs­signal ist nicht etwa eine Sammlung einzelner Samples – es ist eine kontinuierliche Kurve. Früher haben Digitaloszilloskope die Kurven als einzelne Punkte auf ihren Bildschirm gezeichnet; man sollte die Mess­kurven aber nicht als Einzelpunkte, sondern als miteinander verbundene Linie oder Vektoren darstellen. Heutige Oszilloskope sollten also als Vektorprozessoren konzipiert sein. Die Oszilloskope der neuen Familie InfiniiVision X von Agilent sind so gebaut. Daten werden als Linien verarbeitet und dargestellt, nicht als Einzelpunkte. Diese Linien sind unterschiedlich lang, sie verbinden aber Samples mit gleichem zeitlichen Abstand. Längere Vektoren stehen für eine größere Änderungsgeschwindigkeit, stehen also für Bereiche, in denen das Signal eine kürzere Zeit zugebracht hat. Daher sollte ein längerer Vektor entsprechend weniger hell dargestellt sein als ein kürzerer.

Bild 3: Erfassung seltener Glitches und von Signaljitter nach 1 s auf einem Oszilloskop der Agilent InfiniiVision 3000 X-Serie mit einer Aktualisierungsrate von mehr als 1 Mio. Signalen/s. Gleichzeitig ist es ein Beispiel für den Einsatz der Bildschirmhel

Bild 3: Erfassung seltener Glitches und von Signaljitter nach 1 s auf einem Oszilloskop der Agilent InfiniiVision 3000 X-Serie mit einer Aktualisierungsrate von mehr als 1 Mio. Signalen/s. Gleichzeitig ist es ein Beispiel für den Einsatz der BildschirmhelAgilent Technologies

Jeder Vektor hat somit eine spezifische Länge, einen spezifischen Ort und eine spezifische Helligkeit. Die genannten Oszilloskope können pro Sekunde mehr als eine Million Kurven zeichnen und mehr als zwei Milliarden Vektoren pro Sekunde (Bild 3).

Warum ist die Aktualisierungsrate wichtig?

Wenn man ein Signal misst, auf dem es einen Glitch gibt, so will man diesen als Ingenieur auch sehen. Häufig schaut man sich ein bestimmtes Signal auf einer Leiterplatte an und misst irgendetwas daran, vielleicht die Spannung bei High und Low oder die Flankensteilheit oder die Reserven im Timing. Automatische Messfunktionen und Marker sind in dieser Situation ein Segen. Das ist aber nicht alles: Ein Ingenieur schaut sich das Signal einfach an und erkennt daraus, wie „gut“ es ist, ohne dieses „gut“ quanti­fizieren zu können. Ist es stabil? Sind Störungen darauf? Ist es häufiger „high“ als „low“, und wenn ja, wieviel öfter? Erkennt man Störungen im Grundrauschen? Er analysiert das Signal im Kopf, fällt sein Urteil und geht dann zum nächsten Signal. An dieser Stelle ist die Aktualisierungsrate – die Übertragung der Information vom Tastkopf zum Bildschirm zum Kopf des Ingenieurs der entscheidende Faktor. Wenn das Oszilloskop die Information schlecht auf dem Bildschirm umsetzt, etwa einer langsamen Aktualisie­rungsrate wegen, ist es beim Debugging einen Großteil der Zeit blind. Außer der Wirkung der Totzeit fühlt sich ein Oszilloskop mit einer schnellen Aktualisierungsrate bei der Bedienung einfach besser an. Man bewegt eine Messkurve auf dem Bildschirm herum, ändert die Zeitablenkung oder sonst etwas – und das Bild auf dem Bildschirm folgt diesen Änderungen sofort. Bei manchen Oszilloskopen mit lang­samer Aktualisierungsrate braucht das Gerät etliche Sekunden, bis es die Änderung einer Einstellung auf dem Bildschirm zeigt. Da fragt sich der Ingenieur schon manchmal, ob sich das Gerät aufgehängt hat oder überhaupt noch weiter Daten erfasst.

Vorsicht mit speziellen Betriebsarten!

Manchmal möchte man bestimmte Eigenheiten eines Signals ausfiltern oder speziell betonen. Das erreicht man, indem man sein Oszilloskop in eine passende Betriebsart versetzt. Wenn man wirklich möchte, dass seltene Ereignisse heller dargestellt werden (und keines davon verpassen will, wenn das Oszilloskop Daten reduzieren muss), könnte man die Betriebsart „Spitzenwerterkennung“ einschalten. Wenn man wirklich die hochfrequente Überlagerung auf dem Signal nicht sehen möchte, sondern ver­fol­gen, wohin es strebt, könnte man die Betriebsart „Mittelung“ dazuschalten (manchmal „hochauf­lösende Betriebsart“ genannt).

Manchmal möchte man zur Bewertung eines Signals einige der Funktionen des Oszilloskops zur tiefer­gehenden Analyse dazuschalten (beispielsweise etwa auto­ma­tische Signalparameter-Mess­funk­tionen oder Maskentest). Möglicherweise hat man die Logikkanäle eines Mixed-Signal-Oszilloskops eingeschaltet, die zusätzlichen Kontext liefern oder dabei helfen, genau auf das zu triggern, was man sehen möchte.

Verschlechtern Spezialfunktionen die Aktualisierungsrate?

Anders gefragt: Wenn man solche Möglichkeiten einsetzt. wieviel Informationsübertragung verliert man im Vergleich zu der Angabe im Datenblatt, die nur für die in der Fußnote angegebene Betriebsart gilt?

Ein wirklich nützliches Gerät zur Visualisierung eines Signals ist eines, das stets seine Aufgabe erfüllt, für die es angeschafft wurde, unabhängig davon, wie es eingestellt ist. Das kann man nicht genug betonen. Eine Messfunktion, die man nicht anwendet (oder anwenden kann), wenn man ein Signal betrachtet, ist nutzlos. Sie schalten den tiefen Speicher ihres Oszilloskops aus, weil es mit ihm schnarchlangsam wird? Verlangsamt das Einschalten einer Messfunktion den Bildschirmaufbau ihres Oszilloskops bis zur Unbrauchbarkeit? Sind Kompromisse bezüglich der Leistung häufig, offensichtlich und nervig? Wenn der Anwender erst einmal weiß, dass sein Oszilloskop beim Debugging mit ihm durch dick und dünn geht, ist das sicher der Beginn einer langen und dauerhaften Freundschaft.

Peter Kasenbacher und Matt Holcomb

: Matt Holcomb ist Senior R&D Engineer bei Agilent Technologies im Technology Center Colorado Springs, USA. Peter Kasenbacher ist EMEA Product Line Manager für Oszilloskope bei Agilent Technologies in Böblingen, Deutschland.

(jj)

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