Eine App lebt von stringent gepflegten  Datenbeständen.

Eine App lebt von stringent gepflegten Datenbeständen.IPF

Wir hatten uns lange vor dem eigentlichen Projektstart Gedanken über eine Sensor-App gemacht, anfangs noch ohne konkreten Vorstellungen, was der Nutzen sein sollte und unsicher, ob die Kunden ein derartiges Angebot überhaupt annehmen würden“, erinnert sich Christian Fiebach, Assistent der Geschäftsleitung von IPF Electronic. Mit dem Hype um die Einsatzmöglichkeiten von Smartphones zur Informationsbeschaffung wurden die Überlegungen dann im November 2010 konkret.

Wenn man nicht mehr weiter weiß…

Christian Fiebach: „Bei einer App-Entwicklung darf man  die Seiteneffekte nicht unterschätzen.“

Christian Fiebach: „Bei einer App-Entwicklung darf man die Seiteneffekte nicht unterschätzen.“IPF

Eine Arbeitsgruppe klärte, welche Informationen in der ersten App-Version zur Verfügung stehen sollten. „Es gab jede Menge Ideen, Anregungen und Wünsche“, so Fiebach. Doch gerade in den Entwicklungsanfängen waren vor allem die damals vorhandenen Strukturen zur Datenvorhaltung die limitierenden Faktoren, die zunächst die Funktionalitäten der App einschränken. „Im ersten Schritt war es daher am Effektivsten auf das bestehende ERP-System aufzusetzen“, reflektiert Fiebach.

Mit der Version 1.0 der Sensor-App sollten Kunden zunächst wichtige Informationen wie Betriebsanleitungen und technische Details zu den Produkten zur Verfügung stehen: „Wenn jemand beispielweise vor einer Maschine steht und Detailinfos zu einem unserer Sensoren sucht, ist es wohl einfacher, diese Daten direkt am Ort des Geschehens durch Eingabe einer Artikelnummer über das Smart-Phone abzurufen, anstatt im Büro die Unterlagen zu suchen und in Ordnern zu wälzen.“

Ganz auf den Use-Case Service-Einsatz vor Ort ausgerichtet, sollte die App zudem durch eine Ampelfunktion die aktuelle Verfügbarkeit der gesuchten Produkte zeigen. Als eine zeitgemäße Form einer effizienten Kommunikation betrachtete man bei IPF Electronic die Möglichkeit, über die Postleitzahl direkt Kontakt zu einem Ansprechpartner in der Nähe herstellen zu können. Darüber hinaus komplettieren eine Newsfunktion und der Link auf die Homepage die App-Funktionen.

Nicht alles ist sofort realisierbar

Wichtig bei der Entwicklung war die Performance der App, da bei der Suche nach Produkten relativ viele Daten übertragen werden.

Wichtig bei der Entwicklung war die Performance der App, da bei der Suche nach Produkten relativ viele Daten übertragen werden.IPF

In einem Pflichtenheft wurden diese Funktionen für die Programmierung zusammengefasst und die einzelnen Projektschritte sowie die Verantwortlichkeiten festgelegt. Wichtig war vor allem die Performance der App, da bei der Produkt­suche relativ viele Daten übertragen werden. Trotz der großen Anzahl an Produkten muss der Export der Informationen auf ein Smartphone oder Tablet sowie der Datenabgleich ohne lange Ladezeiten erfolgen. „In dieser Hinsicht ist es aus meiner Sicht nur ratsam, die Programmierung einer App externen Spezialisten zu überlassen“, betont Fiebach. Zumal das Know-how für App-Programmierung nicht ad hoc im eigenen Haus aufgebaut werden kann – ganz zu schweigen vom Aufwand.

Daten sind das A und O, um eine App mit Informationen zu versorgen. „Nahezu alles dreht sich um die Art und Weise der eigenen Datenverarbeitung“, weiß Fiebach heute nur zu gut. Im Verlauf des Projekts hat das Team feststellen müssen, dass im Unternehmen einige Daten nicht in der erforderlichen Form und Struktur vorlagen, um problemlos weitere, spezifische Funktionen realisieren zu können. Ausschließlich auf deren Umsetzung zu fokussieren und dabei die Datenverarbeitung entsprechend umzukrempeln, wäre aber falsch gewesen. Dazu Fiebach: „Neue Datenstrukturen machen nur Sinn, wenn sie auch an anderen Stellen im Unternehmen zu Verbesserungen führen, etwa indem sie die Personalressourcen positiv beeinflussen, Arbeitsprozesse effizienter gestalten oder mehr Flexibilität schaffen.“

Datenerfassung neu aufgesetzt

Christian Fiebach: „Strukturierte Prozesse und Daten sind das  A und 0 einer App-Implementierung.“

Christian Fiebach: „Strukturierte Prozesse und Daten sind das A und 0 einer App-Implementierung.“IPF

Vor diesem Hintergrund wurde den Projektverantwortlichen bewusst, dass man das Thema Datenerfassung und Datenvorhaltung auf ein neues Level heben muss, wenn das App-Angebot weiterentwickelt und ausgebaut werden soll. Neue Datenstrukturen bieten nicht nur Vorteile für die interne Organisation, sie verbessern auch die Kommunikation mit den Kunden, die via Smartphone oder Tablet wesentlich schneller und gezielter an interessante Informationen gelangen. Wesentlich für die Bereitstellung solcher Informationen über eine App ist vor allem ­Datenkonsistenz. „Beispielsweise haben wir die Erstellung der zahlreichen Produktdatenblätter für unsere Kataloge unter die Lupe genommen, die bis dato mehrere Spezialisten an verschiedenen Stellen im Haus erstellten und pflegten“, präzisiert Fiebach. Das Ergebnis: Individualismus bei der Erstellung und Aktualisierung von Datenblättern in Bezug auf Fachtermini und Schreibweise etwa von metrischen Einheiten oder Temperaturen und weiterer Parameter. In Broschüren und Katalogen konkurrierten zum Beispiel ‚Schaltabstand‘ respektive ‚Arbeitsabstand‘, oder ‚Versorgungsspannung‘, mit ‚Betriebsspannung‘ oder einfach nur ‚Spannung‘, sowie ‚Temperatur‘, mit ‚Umgebungstemperatur‘ und ‚Betriebstemperatur‘. Hinzu kommen weitere abweichende Schreibweisen: 10° C anstatt 10 °C, 30mm anstatt 30 mm, 10Hz anstatt 10 Hz, oder auch 250 VAC und AV 250 V. Einfach gesagt: „Der Faktor Mensch wirkt sich mitunter negativ auf die Datenkonsistenz aus, was einen entsprechenden Kontroll- und Korrekturaufwand bedeutet“, resümiert Fiebach.

Bei IPF sorgen inzwischen einheitliche, verbindliche Schreibkonventionen für Datenkonsistenz, die allein im Hinblick auf die Integration einer Suchfunktion in einer App die Trefferquote steigern. „Die Entwicklung der App führte uns fast zwangsläufig zu einer neuen Strategie bei der Planung und Produktion von Katalogen, Broschüren und der Pflege der Produktdaten“, so Fiebach.

Funktionalität der ersten Stunde: Durch Eingabe der Postleitzahl erhält der Nutzer die Kontaktdaten zu einem IPF-Spezialisten in seiner Nähe.

Funktionalität der ersten Stunde: Durch Eingabe der Postleitzahl erhält der Nutzer die Kontaktdaten zu einem IPF-Spezialisten in seiner Nähe.IPF

Die Konsequenz: Die Kataloge werden auf Basis einer Datenbank mit stringenten Vorschriften erstellt. Eingabevariationen werden mittels Pulldown-Menus vermieden, die alle ­zulässigen Eingaben vorhalten. Weitere Fehler bei Produktbeschreibungen verhindern Master-Fließtexte, die mit Platzhaltern für die verschiedenen technischen Daten versehen sind. Die möglichen Eingaben in diese Platzhalter werden wiederum aus einer bereits vorhandenen Datenstruktur gespeist. Diese Vorgehensweise funktioniert aber nur, wenn sich Produkte anhand von Merkmalen strukturieren lassen. „Beim Aufbau der Datenbank hat uns ebenfalls ein Spezialist beraten, damit beim Import in die App-Umgebung oder in andere Anwendungen keine Probleme auftreten.“

Datenpflege zentralisiert

Die Problematik, die Fiebach aufzeigt, entsteht häufig dadurch, dass in Unternehmen mit internen Datenstrukturen gearbeitet wird, die in der Vergangenheit entwickelt worden sind und zwar zu ­einem Zeitpunkt, als der strukturierte Datenaustausch mit anderen Plattformen oder gar einer App kein Thema war. Im Extremfall führte dies zum Aufbau von Abteilungs-internen Datenstrukturen. Solche alten Zöpfe lassen sich meist nur mit immens hohem Aufwand ändern und damit auf andere Anwendungsbereiche wie eine App anpassen. „In so einem Fall ist man gezwungen, mit der eigenen ­Bestandsstruktur zu arbeiten und muss versuchen, die Probleme über Im- und Exportfunktionen in den Griff zu bekommen.“ Das will Fiebach schon im Ansatz vermeiden und arbeitet daher auch im Zuge der Weiterentwicklung mit externen Partnern zusammen, die bereits Lösungen entwickelt haben. Die zentrale Dateneingabe und -pflege für Kataloge in Verbindung mit bewährten Datenstrukturen und definierten Eingabemasken ermöglicht neben der leichteren Datenintegration in andere Anwendungen auch deren zeitsparende halbautomatische beziehungsweise automatische Zusammenstellung für weitergehende Dokumente.

Auch wenn Nutzer vielleicht anderer Meinung sind, Katalog-Funktionen in Apps hält Christian Fiebach für äußerst sinnvoll: „Kataloge inklusive Betriebsanleitungen bestehen nicht ohne Grund aus Aktenordnern.“ Einerseits ist dies der Produktvielfalt geschuldet. Andererseits lassen sich solche Ordner schnell und flexibel aktualisieren, indem man entsprechende Datenblätter ergänzt, austauscht oder entfernt. Dennoch bestehen die Kataloge nach wie vor aus einer Menge an Papier. Wer das lieber im handlichen Taschenformat möchte, kann bei IPF die Sensor-App nutzen und ist damit zu jeder Zeit auf dem aktuellsten Informationsstand. Dennoch, die papiergestützten Versionen gibt es weiterhin, die etliche Kunden weiterhin wünschen.

iOS zuerst, Android nachgezogen

Premiere feierte die Sensor-App im August 2011 nach rund drei Monaten Entwicklung. Diese erste Version erschien unter dem iOS-Betriebssystem, und das auch guten Gründen: Apple gehörte damals mit iPhone und iPad zu den Vorreitern. „Viele mögen das Betriebssystem-Monopol kritisieren, aber es erleichtert die Entwicklung einer App, die auf verschiedensten Geräten stabil und zuverlässig läuft“, betont Fiebach. Außerdem macht Apple klare Vorgaben, die es zusammen mit der abgegrenzten Entwicklungsumgebung ebenfalls erleichtern, ­relativ schnell eine funktionstüchtige Anwendung auf dem Markt zu bringen.

Inzwischen gibt es die App auch unter Android. „Im direkten Vergleich zur iOS-Version war der Aufwand schon wesentlich höher, da die Kompatibilität der Anwendung mit mehreren parallel zueinander existierenden Android-Betriebssystemen berücksichtig werden musste“, reißt Fiebach eine Problemzone an. Mit Blick auf die aktuellen Verkaufszahlen bei Smartphones geht an Android aber kein Weg mehr vorbei.

Ob iOS oder Android, der Aufwand für Entwicklung und Umsetzung der App hat sich nach Meinung von Fiebach gelohnt. Immerhin handelt es sich hierbei um ein Angebot für einen doch sehr begrenzten Kreis an Interessenten. Dennoch wird die kostenlose App seit Veröffentlichung im Durchschnitt rund 150 Mal pro Woche heruntergeladen. „Das motiviert, die App weiter zu entwickeln und das Angebot auszubauen“, so Fiebach.

Update in Planung

Demnächst verfügbar: Mit einer Suchfunktion anhand von Produktmerkmalen oder bestimmter Einsatzgebieten wird die Telefon-Hotline in einer App abgebildet.

Demnächst verfügbar: Mit einer Suchfunktion anhand von Produktmerkmalen oder bestimmter Einsatzgebieten wird die Telefon-Hotline in einer App abgebildet.IPF

Derzeit arbeitet IPF daran, über die App mehr potenzielle Interessenten für das Produktportfolio zu gewinnen. Eine Möglichkeit hierzu sieht man in einer ­anwendungsspezifischen Suchfunktion anhand bestimmter Produktmerkmale oder Einsatzgebiete. Bei Mehrfachtreffern können die wesentlichen Produktunterschiede farblich markiert werden, um die Auswahl zusätzlich zu erleichtern. Über eine erweiterte Produktsuche erhalten App-Nutzer die Möglichkeit, anwendungsbezogen das passende Zubehör auszuwählen. Dazu Fiebach: „Auch für diese Funktionen wollen wir an bereits bewährte Systeme andocken und prüfen derzeit potenzielle Anbieter sowie deren Möglichkeiten.“

Martinus Menne

ist freier Journalist in Droishagen.

(sk)

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