Auf einen Blick

Die Fähigkeit, das Verhalten von HF-Messgeräten mit Software vollständig zu definieren, stellt ein Schlüsselelement bei der Lösung zukünftiger Herausforderungen in der Prüftechnik dar. Die Architektur der HF-Messgeräte von morgen wird daher irgendwann nicht mehr von SDR-Architekturen zu unterscheiden sein.

Ende der 1980er Jahre begannen Ingenieure mit dem Konzept „SDR“ zu experimentieren. In der Vergangenheit benötigten Funksysteme nicht nur für Übertragung und Empfang von Signalen auf HF- und Mikrowellenfrequenzen eine komplexe Analogschaltung, sondern auch für das Ver- und Entschlüsseln von Nachrichtensignalen. Der Grundgedanke hinter SDR war es, ein universelles Funktelekommunikationssystem für Übertragung und Empfang zu nutzen und gleichzeitig viele Funktionen der physikalischen Schicht (zum Beispiel Modulation und Demodulation) in der Software auszuführen.

In seinem Buch „Software Defined Radio: Origins, Drivers and International Perspectives“ zählt Walter H. W. Tuttlebee Programme zur militärischen Funkkommunikation, zum Beispiel SPEAKeasy aus den frühen 1990er Jahren, zu den ersten bedeutenden Beispielen von SDR. Funksysteme, die als Teil dieses Programms entworfen wurden, boten eine Interoperabilität zwischen verschiedenen Luftschnittstellen durch Implementierung vieler Modulations- und Demodulationsfunktionen in der Software.

Ende der 1990er Jahre erforschten Ingenieure aktiv den Einsatz von SDR-Technologie in kommerziellen Systemen wie Mobilfunk-Basisstationen. Eine der einflussreichsten wissenschaftlichen Veröffentlichungen, welche die SDR-Anforderungen für eine ständig steigende Anzahl an Anwendungen beschrieb, war „Software Radios: Survey, Critical Evaluation and Future Directions“ von Dr. Joseph Mitola III, die 1993 im Magazin IEEE Spectrum publiziert wurde. Aufgrund seiner ausführlichen Forschungsarbeit ist Dr. Mitola weithin als „Vater des SDR“ bekannt.

Moderne Funkstationen verkörpern wohl am besten die Vorteile des SDR-Ansatzes. Im Entwicklungsverlauf von Wireless-Standards von GSM zu LTE wurde es immer schwieriger, Support für neue Standards durch weitere Hardware zu bieten. Darüber hinaus verwenden Funkstationen ausgereifte und weiterentwickelte Software zur Signalverarbeitung und Regelung. Linearisierungsmethoden für Leistungsverstärker, zum Beispiel digitale Vorverzerrung (DPD), sind für die Leistung der Basisstation unerlässlich und werden kontinuierlich verbessert. Das bedeutet, dass SDR-Technologie ideal für die Entwicklung von Basisstationen und eine langfristige Wartbarkeit geeignet ist.

Grundlegende Veränderungen in der Messtechnik

Zeitgleich mit der stetig steigenden Verbreitung der SDR-Architektur in der Wireless-Branche durchliefen HF-Mess- und -Prüfgeräte eine bedeutende Entwicklung. Zu Beginn des 21. Jahrhunderts führte der Angriff neuer Wireless-Standards dazu, dass Messgeräte ein immer größeres Spektrum an Messfunktionalität bieten müssen, was zu einer flexibleren Architektur führte. Angesichts der Vielfalt von HF-Messungen, die Ingenieure durchführen mussten, wurde die bis dahin gängige Vorgehensweise der Entwicklung eines Messgeräts für einen relativ kleinen Bereich von Anwendungen unbrauchbar. Anbieter von Testsystemen begannen daher, sich mit dem Konzept softwaredefinierter HF-Messgeräte genauer zu befassen.

Die Entwicklung des traditionellen Swept-tuned-Spektrumanalysators kennzeichnet eines der drastischsten Beispiele eines branchenweiten Übergangs zu softwaredefinierten Messgeräten. In einem traditionellen Spektrumanalysator wurden Funktionen wie RBW-Filter und Leistungserkennung unter Einsatz analoger Komponenten implementiert. Heutzutage verwendet der moderne HF-Signalanalysator einen universellen HF-Abwärtswandler zum Erstellen von digitalisierten I/Q-Samples. Intern verarbeitet das Messgerät I/Q-Samples auf verschiedene Arten, zum Beispiel die Berechnung eines Spektrums. Folglich kann der gleiche Signalanalysator, der von Ingenieuren zur Durchführung einer Spektrumsmessung verwendet wird, auch zum Dekodieren eines Radarimpulses, Demodulieren eines LTE-Signals oder sogar zum Aufzeichnen eines GPS-Signals eingesetzt werden.

Mittlerweile haben Anbieter von Testsystemen die Architekturen von HF-Messgeräten weiterentwickelt und dabei Konzepte der SDR-Architektur übernommen. Die zugrundeliegende Architektur der neuen Generation von HF-Messgeräten wendet nicht nur einen allgemeinen Empfänger an, sondern auch eine breite Palette an PC- und Signalverarbeitungstechnologien wie Multicore-CPUs und FPGAs. Diese SDR-ifikation bei aktuellen HF-Messgeräten bietet erhebliche Vorteile bei traditionellen HF-Prüfanwendungen und unterstützt Ingenieure mit HF-Messgeräten beim Einsatz von Anwendungen, die vorher nicht umzusetzen waren.

Der Einfluss des Moore‘schen Gesetzes auf HF-Tests

Die konsequente Optimierung der Signalverarbeitungsleistung eines Messgeräts ist einer der offensichtlichsten Vorteile der Integration von PC-Technologie in HF-Messgeräte. Das Moore‘sche Gesetz sagt konstante Verbesserungen der CPU-Verarbeitungsleistung voraus, was ähnliche Verbesserungen in der Verarbeitungsleistung eines Messgeräts bedeuten. Da CPU-Hersteller weiterhin Neuerungen im Bereich Prozessortechnologie vornehmen, profitieren PC-basierte Messgeräte durch höhere Messgeschwindigkeiten davon. Beispielsweise benötigt dieselbe Spektrumsmessung, die vor zehn Jahren in 50 ms durchgeführt wurde, heute weniger als 5 ms.

Abgesehen von der CPU setzen HF-Messgeräte immer stärker eine Kerntechnologie des modernen Software-Defined Radio ein – den FPGA. Obwohl FPGAs in HF-Messgeräten seit über zehn Jahren zum Einsatz kommen, geht der Trend in Richtung anwenderprogrammierbare FPGAs in Messgeräten. Anwenderprogrammierbare FPGAs erweitern die Rolle von Messgeräten von einem Gerät mit nur einer Funktion zu einem unendlich flexiblen Regelsystem.

Mit den FPGA-fähigen Messgeräten von heute können Ingenieure die Echtzeit-Steuerungsfunktionen des FPGAs mit den zeitkritischen Funktionen von Tests vereinen. Beispielsweise kann in Prüfanwendungen, die eine Gerätesteuerung über eine digitale Schnittstelle erfordern, ein FPGA-fähiges Messgerät die digitale Gerätesteuerung mithilfe der Ausführung von HF-Messungen synchronisieren. Aufgrund der neuen Prüfansätze, die anwenderprogrammierbare FPGAs bieten, erleben Ingenieure eine um bis zu 100-mal kürzere Testzeit.

Die Vorteile von FPGA-fähigen Messgeräten haben auch zu beachtlichen Innovationen in der Programmierung von FPGAs geführt. Obwohl einige Ingenieure bereits seit Jahren Hardwarebeschreibungssprachen wie VHDL verwenden, stellt die Komplexität der FPGA-Programmierung häufig ein Hindernis dar, wenn es um eine umfassende Nutzung geht.

Das SDR-ifizierte Messgerät von heute vereint viele der definierenden Merkmale eines SDR- und eines klassischen Messgeräts.

Das SDR-ifizierte Messgerät von heute vereint viele der definierenden Merkmale eines SDR- und eines klassischen Messgeräts.National Instruments

Anwendungserweiterungen durch die SDR-ifikation

Die auf SDR basierenden Bestandteile der Architektur von HF-Messgeräten haben die Grenzen zwischen Messgeräte- und Embedded-Plattformen verwischt. Das Definieren der Merkmale von Messgeräten, zum Beispiel durch einen anwenderprogrammierbaren FPGA, hat dazu geführt, dass die Zahl der HF-Messgeräte, die bei Embedded-Anwendungen eingesetzt werden, rapide angestiegen ist.

Vor 20 Jahren schien es unvorstellbar, eine Sammlung von HF-Signalgeneratoren und -analysatoren im Wert von einer Million Dollar zur Prototypenerstellung eines Radarsystems zusammenzustellen. Ein solches System war nicht nur unerschwinglich und extrem groß, die Programmierung der Messgeräte hielt Ingenieure davon ab, sie wie ein Funksystem einzusetzen.

Heutzutage sind kompaktere und leistungsfähigere PC-basierte Plattformen für Messgeräte wie PXI ideale Lösungen zur Prototypenerstellung für elektronische Embedded-Systeme. PC-basierte Messgeräte erfüllen nicht nur die Anforderungen von Embedded-Systemen hinsichtlich Größe und Kosten, sondern ermöglichen einen Umgang mit der Software, der Ingenieure bei der Rekonfigurierung eines HF-Messgeräts bei den unterschiedlichsten Einsatzmöglichkeiten unterstützt. Ingenieure sind nun in der Lage, Embedded-Systeme wie Radargeräte, Kanalemulatoren, GPS-Rekorder und DPD-Hardware mit HF-Signalgeneratoren und -analysatoren zu entwickeln.

Vektor-Signal-Transceiver mit 200 MHz HF-Bandbreite

National Instruments hat den Vektorsignal-Tranceiver (VST) PXIe-5646R mit einer HF-Bandbreite von 200 MHz vorgestellt. Er eignet sich besonders für den Test aktueller Wireless-Standards, zum Beispiel IEEE 802.11ac, 160 MHz WLAN und LTE Advanced. Anwender können das offene Softwaredesign des Vektorsignal-Transceivers zur Entwicklung verschiedenster Anwendungen einsetzen. Beispiele hierfür sind Kanalemulation, Prototypingsysteme für Funkanwendungen oder benutzerspezifische Echtzeit-Signalverarbeitung im Bereich Spektralanalyse. Der Vektorsignal-Transceiver vereint einen Vektorsignalanalysator und Vektorsignalgenerator mit einem anwenderprogrammierbaren FPGA für die Signalverarbeitung, Steuerung und Regelung in Echtzeit. Die verringerte Prüfzeit wird erreicht, indem Geschwindigkeit, deterministische Verarbeitung und inhärente parallele Architektur des FPGAs genutzt werden. Der Vektorsignal-Transceiver, der auf der LabVIEW-RIO-Architektur basiert, verbindet Programmierflexibilität mit moderner HF-Hardware. Der VST PXIe-5646R bietet eine komplexe Bandbreite von 200 MHz über eine Sample-Rate von 250 MS/s. Damit ist diese achtmal größer als die Datenrate des standardmäßigen LTE-Frames.

David Hall

ist Senior Product Marketing Manager für RF & Wireless bei National Instruments in Austin/Tx.

(jj)

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