AUTOMOBIL-ELEKTRONIK: Betritt Intel jetzt mit seinem Automotive-Engagement echtes Neuland?

Marek Neumann: Intel ist bereits seit weit über einem Jahrzehnt als Automobilzulieferer tätig. Damals als ABS seinen ersten Aufschwung nahm lieferte Intel über viele Jahre hinweg große Teile des Kontingents an ABS- und Brems-Controllern. Intel hat somit Erfahrung im Automotive-Bereich, und die entsprechenden Teams, die für Qualifikationen wie zum Beispiel AECQ zuständig sind, haben weiterhin bestanden. … Der Eintritt in den Bereich der Cabin-Elektronik von der Unterhaltungselektronik bis zur Integration verschiedener Systeme in der Kabine ist somit ein natürlicher Schritt im Bereich unserer Strategie des Compute-Kontinuums, wo wir den Büroalltag, denn Home-Alltag aber eben auch die Mobilität zusammen mit Cloud-Services in einer konsistenten Form über eine durchgängige Architektur implementieren.

Marek Neumann: „Zunächst einmal verfolgen wir das ganz klare Ziel, einem Fahrzeug-Passagier das Erlebnis einer unbeeinflussten, sicheren, an die Umgebung angepassten Interaktion mit dem Fahrzeug selbst zu bieten.“

Marek Neumann: „Zunächst einmal verfolgen wir das ganz klare Ziel, einem Fahrzeug-Passagier das Erlebnis einer unbeeinflussten, sicheren, an die Umgebung angepassten Interaktion mit dem Fahrzeug selbst zu bieten.“Alfred Vollmer

Seit etwa 2005 ist Intel im Bereich Kabinen-Elektronik engagiert. 2007 wurde das formalisiert und heute im Jahr 2012 gehen wir den logischen Schritt heraus aus der Position eines wirklich reinen Tier-2. Intel treibt selbst Technologie voran, um so eine stärkere Plattform-Unterstützung und eine stärkere Verbreitung der Intel-Technologien zu ermöglichen. Wir bieten somit deutlich mehr als nackte Halbleiter, werden aber nicht als Tier-1 auftreten. Wir glauben dass wir da auch einen Mehrwert darstellen können, denn wir treiben Technologien ganz klar mit dem Ziel, den Endkunden und zukünftigen Fahrzeugbesitzer einen Mehrwert zu bieten.

Welche Schwerpunkte setzen Sie?

Wir werden uns neben vielen anderen Technologien auch mit Car-to-X beschäftigen, aber zunächst einmal verfolgen wir das ganz klare Ziel, einem Fahrzeug-Passagier das Erlebnis einer unbeeinflussten, sicheren, an die Umgebung angepassten Interaktion mit dem Fahrzeug selbst – zum Beispiel über Sprache oder Videosysteme – zu bieten. Hier können wir einen echten Mehrwert leisten, weil wir in der Lage sind, auch die entsprechende Compute-Performance zur Verfügung zu stellen und derartige Systeme relativ effizient zu konsolidieren. Außerdem verfügen wir über die nötige Infrastruktur, um das branchenweit zugänglich zu machen. Intel beschränkt sich derzeit allerdings auf den Cabin-Bereich.

Was heißt das konkret?

Die Anwendungen der Intel-Technologie bleiben zunächst einmal im Passagierraum, aber die Anwendung kann auch eine Personal-Cloud darstellen. Das Fahrzeug erfüllt im Bereich der drahtlosen Medien zwei Funktionen, denn es muss zum einen all diese Medien in einer sicheren Form – also mit minimaler Ablenkung des Fahrers – nahtlos zugängig machen und dabei eine positive Wahrnehmung bieten, ohne irgendwelche Codenummern eintippen zu müssen. Der zweite Aspekt ist die Gateway-Funktion aus der Passagierkabine heraus, beispielsweise per UMTS, LTE oder auch EDGE. Das Fahrzeug ist dann ja mit einem größeren Datenpool verbunden, der die Insassen mit Live-Trafic-Daten, Routing-Informationen oder auch nur mit Inhalten für das Entertainment-Programm versorgt.

Marek Neumann: „Wir haben den Standort so ausgestattet, dass wir in der Lage sind, den kompletten System-Designzyklus durchzuführen … bis hin zur Fertigungsvorbereitung. Dazu gehört es natürlich auch, Hardware-in-the-Loop zu unterstützen, und … Data-Repla

Marek Neumann: „Wir haben den Standort so ausgestattet, dass wir in der Lage sind, den kompletten System-Designzyklus durchzuführen … bis hin zur Fertigungsvorbereitung. Dazu gehört es natürlich auch, Hardware-in-the-Loop zu unterstützen, und … Data-ReplaAlfred Vollmer

Wenn es vom Kunden gewünscht wird, kann Intel gleich noch die passende Mobilfunk-Umgebung mitliefern. Dieses enorm große Technologie-Portfolio in unserem Haus ist eine der ganz großen Stärken von Intel; das macht uns interessant und das erlaubt es uns auch, Technologien aus dem ganzen Umfeld von Wireless über die normalen Trägertechnologien bis zur Hochintegration in ein Fahrzeug hinein relativ durchgängig zu unterstützen.

Kann Intel die Automotive-Qualität auch für die Mobilfunk-Chips liefern?

Von den Design-Regeln her ist unser gesamtes Silizium auch für Industrie- und Automobil-Anwendungen geeignet. Über den Produktionsprozess hinweg müssen wir dann letzten Endes lediglich die passende Schablone anwenden, nach welchem Standard wir das Produkt zertifizieren und testen. Auch das ist eine echte Stärke von Intel, denn wir müssen nicht noch einmal nachträglich in irgendwelche Designs eingreifen. Auch AEC Q100 ist für Intel kein Problem. Schon heute bieten wir AEC Q100-3 für den Atom-Prozessor Tunnel-Creek, also für ein bereits verfügbares Produkt, und wir haben auch bereits einige Design-Ins im Auto für diesen Prozessor. Wir haben bereits sehr sehr viel Erfahrung aufgebaut in den Bereichen Qualität, Analyse und Logistik.

Warum wählte Intel Karlsruhe als Standort?

Standorte von drei Automobilherstellern sind in etwa einer Stunde von Karlsruhe aus erreichbar. Ein großer Vorteil ist die Nähe zum KIT, zum Karlsruher Institut für Technologie, also zum universitären Umfeld. Das KIT verfügt über ein eigenes Fahrzeuglabor, und auch entsprechende Lehrplangestaltungen sind möglich. So können wir unser Engagement in Forschung und Lehre fortsetzen. Zum Nord-Campus des KIT sind es von Intel weniger als 4 Minuten Fußweg.

Das Intel-Automotive-Team in Karlsruhe freute sich mit seinem Leiter Marek Neumann, dass Intels CEO Paul Otellini und Europa-Chef Christian Morales zur Eröffnung kamen.

Das Intel-Automotive-Team in Karlsruhe freute sich mit seinem Leiter Marek Neumann, dass Intels CEO Paul Otellini und Europa-Chef Christian Morales zur Eröffnung kamen.Alfred Vollmer

Was bietet Intel seinen Kunden am Standort Karlsruhe?

In Karlsruhe hat Intel derzeit etwa 1700 Quadratmeter Bürofläche etabliert, und bereits Ende dieses Kalenderjahres werden wir über 70 Mitarbeiter am Standort Karlsruhe haben. Die Kollegen in der Administration und Assistenz habe ich dabei noch gar nicht mitgezählt. Wir haben den Standort so ausgestattet, dass wir in der Lage sind, den kompletten System-Designzyklus durchzuführen: vom Steckverbinder über die elektromechanische Integration und das Erstellen einer Leiterplatte bis hin zur Fertigungsvorbereitung für ein komplettes Produktdesign. Dazu gehört es natürlich auch, Hardware-in-the-Loop zu unterstützen, und auch unsere Server-Anlage ist sehr wichtig, denn sie ermöglicht es uns, Data-Replay zu fahren, um so aufgenommene Fahrzeugdaten de facto beliebig oft in die Systeme einspeisen zu können und Sensordaten-Replay für unsere Testbenches nutzen können. Wir decken dabei die komplette Analysekette bis hin zur Güte der Einzelsignale ab, die an einem beliebigen Messpunkt des Systems auftreten.

Außerdem verfügt in Intel über Thermoschränke, um das komplette Temperaturprofil von -50 bis +145 °C abzudecken, während ein Gossen-Konstanter die Startkurven-Simulation ermöglicht. In einer eigenen gesicherten, für Prototypen zugelassenen Garagenanlage sind wir in der Lage, die entwickelten Systeme direkt auf die Fahrzeuganlage aufzuschalten.

Wie ist Ihr neues Kompetenzzentrum in die Intel-Organisation eingebunden?

Der Standort Karlsruhe gehört zur Automotive Solutions Division, ASD, innerhalb der Intel Architecture Group und ist jüngstes Mitglied der Intel Labs Europe, ILE, der europäischen Forschungs- und Entwicklungsorganisation von Intel. ILE besteht derzeit aus 27 Instituten mit mehr als 1.500 Mitarbeitern und arbeitet in einem für Innovationen offenen Umfeld eng mit Hochschulen und der Industrie zusammen. Zu den Einrichtungen in Deutschland gehören das Intel Open Lab in München, das Intel Visual Computing-Institut in Saarbrücken, das Debugger Tools Lab in Ulm, das Chipentwicklungs-Zentrum in Braunschweig sowie das ExaCluster Labor in Jülich.

Damit sind wir innerhalb einer Organisationseinheit in der Lage, alles abzudecken: von den großen Servern mit Cloud-Services über diverse Zwischenstufen bis zu intelligenten Systemen, die dann jeweils Knoten in der Cloud oder Endpunkte in der jeweils entstehenden Kommunikationsumgebung darstellen. Kurz und gut: Die Skalierung und die Standardisierung auf dem höchsten Niveau der Compute-Leistung mit der höchsten Energieeffizienz, das bietet Intel – und zwar automotive-qualifiziert.

Das Interview führte Alfred Vollmer, Redakteur all-electronics.de und AUTOMOBIL-ELEKTRONIK.

(av)

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