Eines vorweg: Es gibt keinen Standard-Reinigungsprozess. Nicht mehr. Die elektronische Baugruppenfertigung ist über die Jahre dermaßen komplex geworden, dass pauschale Reinigungsansätze kaum noch das gewünschte Reinigungsergebnis erzielen. Beispielsweise können sich bei jedem Reinigungsprozess durchaus Schwankungen ergeben, die zu Qualitätsunterschieden beim Output führen. Hinzu kommt, dass der Reinigungsprozess für viele Elektronikfertiger ein „Nebenkriegsschauplatz“ ist und somit häufig nicht die notwendige „Pflege“ erfährt. Wie also das Bewusstsein für die Notwendigkeit einer Baugruppenreinigung steigern? Wie die Reinigungsqualität erhöhen?

Mit diesen Fragen setzt sich Zestron Europe seit Jahren auseinander. Der Hersteller von Reinigungsmedien arbeitet eng mit Anlagenbauern zusammen, noch enger aber mit seinen Kunden. Die Erfahrungen, die das Unternehmen hierbei sammelt, fließen in neuartige Reinigungsmedien oder gänzlich neue Ansätze. Jüngstes Beispiel hierfür ist das Zestron Eye, ein akustisches Konzentrationsmesssystem für Reiniger. Es besteht aus Sensor und Controller und sorgt vollintegriert in Reinigungsanlagen für eine dauerhafte digitale Echtzeit-Konzentrationsmessung des Reinigungsprozesses. Wie wichtig Zestron der Schulterschluss mit dem Kunden ist, stellte das Unternehmen bereits 2008 mit seiner Erweiterung des „Technischen Zentrum“ in der Firmenzentrale in Ingolstadt unter Beweis. Seither haben Kunden die Möglichkeit, auf einer Fläche von 800 m² kostenlose Reinigungsversuche mit Baugruppen, Schablonen und Lötrahmen durchzuführen. Innerhalb eines Tages lassen sich alle gängigen Technologien wie Sprüh- oder Tauchprozesse mit Ultraschall oder Druckumflutung in Batch- und Inline-Anlagen testen. „Elektronikproduzenten steht damit eine sehr breite Auswahl an Maschinen international führender Hersteller für die Elektronikreinigung zur Verfügung“, erläutert Dr. Helmut Schweigart, Leiter Technologie-Entwicklung von Zestron Europe. Zusätzlich zum Technischen Zentrum steht auch ein Labor zur weiteren Qualitätsanalyse der Reinigungsergebnisse zur Verfügung. Schließlich finden seit mehr als 15 Jahren in regelmäßigen Abständen auch Schulungen statt. Bei solch einem Aufgebot an Praxiserfahrungen stellt man sich unweigerlich die Frage: Warum also ist jetzt noch eine Academy notwendig?

Wissenstransferplattform für die Baugruppenreinigung

„Wir wollen nicht nur reine Chemie verkaufen, sondern auch den kompletten Prozess“, nimmt Marina Kloiber, verantwortlich für Produktmanagement Zestron Academy, Anlauf. „Dafür brauchen wir aber auch die Beratungsdienstleistung, denn jeder Reinigungsprozess ist individuell“, argumentiert sie weiter. In diese Beratungsdienstleistung fließen der technische Support, die Ausstattung, die Reinigungsmedien und deren Aufbereitung ein, ergänzt sie: „Greifen diese eng ineinander, erhält der Kunde eine auf ihn zugeschnittene Plug-and-Play-Lösung an die Hand, die zuverlässig funktioniert.“ Die bisher geführten Schulungen wurden nur zu bestimmten aktuellen Themen gestaltet. Bei der Academy gehe es vielmehr darum, den individuellen Kundenbedürfnissen zu entsprechen, erläutert Dr. Helmut Schweigart: „Der Reinigungsprozess muss für den Kunden spezifisch formuliert werden. Wir sehen hierbei einen intensiven Schulungsbedarf – etwa dass Mitarbeiter vor Ort auf deren Maschinen eine Schulung erhalten.“

Weil dieser Bedarf an Beratung steigt, hat der Hersteller von Reinigungsmedien neben dem technischen Support und den Produkten nun auch „Training und Weiterbildung“ in sein Angebotsspektrum mit aufgenommen. Unter der „Zestron Academy“ ist eine neuartige Wissenstransferplattform für die Elektronikfertigungsindustrie zu verstehen. Sie hat das Ziel, eine ganzheitliche Qualifizierung, Beratung und Begleitung der Branche rund um das Thema Reinheit und Zuverlässigkeit zur Verfügung zu stellen. Als „Werkzeuge“ dienen dabei weiterhin die Schulungen und Praxisübungen. „Unsere Trainings vermitteln den Teilnehmern neben dem nötigen theoretischen Hintergrund auch Hilfestellungen zum Transfer in die Praxis“, betont Kloiber. Höheren Stellenwert werden indes die Webinare, maßgeschneiderte Trainings und die Online-Lernangebote haben. Bei der vorerst neunteiligen Webinar-Reihe rund um Reinheit und Zuverlässigkeit in der Elektronikfertigung will Zestron den Teilnehmern eine schnelle und einfache Weiterbildung direkt vom Schreibtisch aus bieten. Dabei werden die Referenten via Webcam live übertragen und bieten den Teilnehmern so die Möglichkeit, Fragen und Fallbeispiele zu diskutieren. Im Nachgang zum Webinar erhalten die Teilnehmer zudem eine Kurzfassung des Vortrags zum späteren Nachschlagen. Mit den verschiedenen Schulungsmöglichkeiten können sich die Teilnehmer zu sämtlichen Themen entlang der Prozesskette weiterbilden, ist sich Schweigart sicher: „Das Themenspektrum reicht von der Schadensanalytik über die Entscheidung für Reinigung oder No-Clean, die Inbetriebnahme und Überwachung eines Reinigungsprozesses bis hin zu nachfolgenden Prozessschritten wie Bonden oder Beschichten.“

Reinigung – die Vorstufe zu weiteren Prozessen

Neben den erfahrenen Prozessingenieuren von Zestron referieren auch Experten aus der Praxis zu aktuellen Trends und Themen, führt Kloiber aus: „Mit dem Schulungsangebot, das sich konsequent an der Praxis orientiert, bietet die Akademie den Teilnehmern eine Möglichkeit, sich zu verschiedenen Themen rund um Reinheit und Zuverlässigkeit in der Elektronikfertigung weiterzubilden.“ Die Partner und Referenten, mit denen Zestron künftig die Wissensplattform bestücken will, rekrutieren sich entlang der gesamten Wertschöpfungskette der elektronischen Baugruppenfertigung und auch aus der Forschung, erzählt sie und nennt dabei die Universität Rostock, IPC und das Fraunhofer IZM als namhafte Beispiele. „Damit holen wir zusätzlich wertvolle Kompetenz ins Haus“, erläutert sie und merkt weiter an: „Wir möchten die Teilnehmer qualifizieren, bei ihrer fachlichen Weiterentwicklung begleiten und ihnen bei der Lösung konkreter Problemstellungen helfen.“

Langfristig lautet das Ziel, mit der „Zestron Academy eine weltweit führende Wissens- und Kompetenzplattform für die Elektronikfertigung zu werden“, beschreibt Schweigart die künftige Ausrichtung des neu geschaffenen Geschäftsbereichs, der eben beraten, trainieren und begleiten soll. Auf den Weg dorthin sind allerdings noch ein paar Hürden zu nehmen. Lag der Schwerpunkt in der Elektronikfertigung noch vor ein paar Jahren in der Nanotechnologie, dreht sich heute alles um die Leistungselektronik. „Wir wollen mit unserer Wissensplattform am Puls der Zeit sein, oder sogar ein Schritt voraus“, bekräftigt Marina Kloiber den Kompetenzanspruch. „In den praktischen Teilen unserer Trainings werden Technologien und Anlagen vorgeführt oder die Teilnehmer führen in Gruppenarbeiten Testversuche durch und erarbeiten Lösungen für verschiedene Probleme aus dem Praxisalltag.“ Interessant dabei ist, dass sich die Wissensexpertise nicht auf die Baugruppenfertigung beschränkt. Immer mehr treten auch kaufmännische und juristische Aspekte zu Tage, weshalb beispielsweise auch Noerr mit im Boot sitzt, eine international agierende Anwaltskanzlei mit Schwerpunkt Haftungsrecht. Zudem ist die Zestron-Academy engagiert in verschiedenen Arbeitskreisen beim ZVEI, GfKORR, DVS, IPC oder MTC.

„Reinigen war früher ausschließlich Schmutzentfernung und das ist es heute nicht mehr. Vielmehr kann man durch Reinigung auch einen Mehrwert schaffen“, merkt Schweigart weiter an, und: „Damit man diesen Mehrwert auch generieren kann, sind eben Partnerschaften und auch Forschungsprojekte wichtig.“ Dabei kommt auch dem Technischen Zentrum eine gewichtige Rolle zu: Referenten haben die Möglichkeit, ihre eigenen Anlagen für den Zeitraum der Schulung in diesem Technikum zu installieren, die dann als Anschauungsbeispiel dienen. Dadurch werden die Schulungsteilnehmer intensiver an das Motto „aus der Praxis für die Praxis“ herangeführt, ist Schweigart überzeugt, der Kernbausteine der Academy mit drei Begriffen zusammenfasst: Aktualität, praktische Umsetzung und Forschung.

Individuelle Schulungsexpertise

Mit der Academy geben die Experten von Zestron ihr Wissen und Know-how in Trainings und Webinaren sowie zahlreichen maßgeschneiderten Schulungen in deutscher, englischer und französischer Sprache an ihre Kunden weiter. Die Kombination aus Theorie und praktischen Übungen bietet einen guten Lern-Mix und erleichtert den Teilnehmern die Umsetzung in die Arbeitspraxis. Neben den erfahrenen Prozessingenieuren von Zestron referieren auch Experten aus der Industrie zu den unterschiedlichen Themen.

Marisa Robles Consée

ist Chefredakteurin Productronic

(mrc)

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Zestron a business division of Dr. O.K. Wack Chemie GmbH

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