Neue Wege der Stromversorgung

Mobile Mini-Kraftwerke

Die Energieversorgung portabler Systeme wird immer mehr zum technischen Engpass. Höchste Zeit, neue Wege zu beschreiten, um die mobile Energie für das Kommunikationszeitalter sicherzustellen.

Die Mobilkommunikation ist einer der am schnellsten wachsenden Märkte. Schon jetzt machen die portablen, netzunabhängigen Geräte über 50 Prozent des Marktes der Elektroindustrie aus. Die Mikroelektronik mit ihrer stetigen Miniaturisierung und Leistungssteigerung hat eine Stufe erreicht, die kleine und leichte Elektrogeräte mit ungeahnter Funktionsvielfalt ermöglicht. Deshalb werfen die Elektrounternehmen derzeit permanent neue Produkte für Telekommunikation auf den Markt. Mit Handys, Laptops, Palmtops oder Organizer können die Menschen nicht nur jederzeit und an jedem Ort mit anderen kommunizieren, sondern via drahtloser Netzanbindungen alle Informationen abrufen, die das Internet, das firmeneigene Intranet oder der persönliche Computer bieten. Die Märkte für innovative elektronische Produkte, Smart Cards und Batterien wachsen überproportional. Dabei sind viele mobile Anwendungen außerhalb der reinen Kommunikationstechnik noch gar nicht erschlossen – wie Überwachungs- und Sicherheitstechnik, Sensorik und Umweltmonitoring, medizinische Teleüberwachung, Steuerungs- und Regelungstechnik, Verkehrstelematik.
Der Entwicklungstrend bei Batterien geht dabei konsequent in Richtung: kleiner, leichter, leistungsfähiger, zuverlässiger und anpassungsfähiger. Die Anforderungen sind allerdings extrem unterschiedlich, je nachdem ob es sich um ein Notebook, ein Handy, einen Herzschrittmacher oder eine Chipkarte handelt. Die Leistung variiert von wenigen Milliwatt bis zu 100 Watt, die Betriebsdauer von Stunden bis zu 10 Jahren. Die Geräte reichen von teuren internetfähigen Multimediaterminals bis hin zu ultradünner Wegwerfelektronik wie intelligentes Etikett oder intelligentes Pflaster. Bei der neuen Klasse mobiler Geräte müssen alle Komponenten miniaturisiert und optimal in ein Gesamtsystem integriert werden. Grundlegende Voraussetzungen dafür sind vor allem energiesparende Elektronik und integrierte Energieversorgung. Die Fraunhofer-Gesellschaft hat dieses Arbeitsgebiet als strategisches Feld identifiziert und eine Forschungsinitiative „Integrierte Energieversorgung für miniaturisierte, mobile Kommunikationsendgeräte“ gestartet. Ziel ist es, wichtige Lücken in der technologischen Basis zu schließen, um mit Unternehmen kundenorientierte Systemlösungen für eine neue Klasse von Mobilgeräten zu entwickeln. So kann der mittelständischen Industrie die Wettbewerbsfähigkeit in diesen Wachstumsmärkten gesichert werden.
Als Demonstratoren werden drei Endgeräte entwickelt: Ein Multimedia-Abspielgerät, ein Sensorarmband mit Folienbatterie und ein Reifendrucksensor mit drahtloser Informationsübertragung, der seine Energie aus der Rotation der Autoräder gewinnt.
In allen neuen Geräten nimmt das Energiemanagement eine zentrale Rolle ein, denn die Energieversorgung wird immer häufiger zu einem Zusammenspiel vieler Komponenten: Energiespeicher, Power- und Batteriemanagement, Lastmanagement und verteilten, intelligenten Komponenten in nahezu allen Baugruppen des Endgerätes. Am Anfang steht die konsequente Reduzierung des Energieverbrauchs. Wichtige Voraussetzung ist die Entwicklung von Low-Power-Elektronik. Möglichst vielseitig einsetzbare Schaltungsmodule für das Energiemanagement, wie sie vom Fraunhofer-Institut für Integrierte Schaltungen IIS und vom Fraunhofer-Institut für Mikroelektronische Schaltungen und Systeme IMS entworfen und hergestellt werden, reduzieren die Entwicklungskosten für die Gerätehersteller erheblich. Diese Elektronik minimiert nicht nur den Energieverbrauch, sondern sorgt für ein optimales Batteriemanagement und eine sichere Bestimmung der Restkapazität. Die andere wesentliche Voraussetzung ist eine neue Generation aufladbarer Batterien. Bei den mobilen Anwendungen sind Dünnfilm-Batterien besonders interessant, weil sie die idealen Eigenschaften für die Integration haben. Allein die SmartCard-Entwicklung verspricht Milliardenmärkte, denn bald werden schon 20 Prozent der Chipkarten Batterien benötigen.

Strom aus flexiblen Folien
Schon jetzt gibt es eine Vielzahl von Akku-Typen: Nickel-Cadmium, Nickel-Metall-Hydrid (NiMH), Alkali-Mangan-Zellen und Lithiumsysteme bieten ein breites Spektrum an Leistung, Qualität und Preisen. Sie konnten jedoch bis heute ihre Nachteile – zu schwer, zu groß, zu teuer, zu geringe Betriebszeiten – nicht ablegen. Daher sind Neuentwicklungen dringend nötig.
Weltweit gelten Lithiumakkumulatoren als aussichtsreichste Kandidaten für die Energieversorgung der nächsten Generation von portablen Informations- und Kommunikationssystemen, da sie von allen wiederaufladbaren Batterietypen die höchsten Energiedichten besitzen. Dieser Vorteil wird jedoch „teuer“ erkauft. Wegen der hochgiftigen Flüssigelektrolyte müssen die Akkus hermetisch gekapselt werden. Das starre Metallgehäuse erhöht das Gewicht um 30 bis 40 Prozent und beschränkt die Formgebung und Einpassung in die Geräte erheblich. Weltweit wird daher versucht, die Problematik der Flüssigelektrolyte zu entschärfen: Sie werden entweder in eine schwammartige Matrix oder in ein Gel eingebettet.
Das Fraunhofer Institut für Siliziumtechnologie ISIT wollte von vornherein die Probleme vermeiden, die mit der Verwendung von Flüssigelektrolyten verbunden sind, und setzte bei seiner Akkumulatoren-Entwicklung auf Festelektrolyte. Diese sind ungiftig, einfach zu verarbeiten und haben eine geringe Selbstentladungsrate. Dennoch wurden sie in der Batterietechnologie bisher wenig beachtet, da sie eine geringere ionische Leitfähigkeit als Flüssigelektrolyte haben. Dem ISIT gelang weltweit erstmals der Nachweis, dass leistungsfähige Festelektrolyt-Folienakkumulatoren hergestellt werden können, die leicht, umweltfreundlich und kostengünstig zu fertigen sind. Einige Tricks waren nötig, um die geringere ionische Leitfähigkeit des Festelektrolyten zu kompensieren: Einer ist die Verwendung von dünnen Elektrolytschichten mit weniger als 100 Mikrometer Dicke, ein anderer eine möglichst große Kontaktfläche zwischen den Elektroden und dem Elektrolyten. Der Clou des ISIT-Akkus ist aber die einfache Herstellung, weil nur unproblematische und leicht zu verarbeitende Materialien verwendet werden. Grundlage für jede einzelne Folienschicht ist eine Paste, die aus einer Pulvermischung aus Polymer-, Elektroden- oder Elektrolytmaterial und einem Lösungsmittel hergestellt wird. Die dünnen flexiblen Folien werden zu einem Verbund laminiert und am Ende mit einer metallisierten Kunststoff-Folie versiegelt. Fertig ist die Zelle – nur 0,5 bis 1 Millimeter dick und in der Fläche anpassbar. Die flexiblen Zellen lassen sich beliebig formen, rollen, stapeln – zu flachen, quaderförmigen oder zylindrischen Paketen. Diese Formbarkeit ist eine optimale Voraussetzung für platzsparendes Design moderner Mobilkommunikationsgeräte. Die bisherigen ISIT-Laborzellen erreichen eine hohe Energiedichte – dreimal so viel wie eine Nickel-Cadmiumzelle mit gleichem Bauvolumen. Festigkeitsuntersuchungen zeigen, dass nach 300 Zyklen noch mindestens 80 Prozent der Ausgangskapazität erhalten sind.

Brennstoffzellen und Piezo-Kraftwerke
Bekannt sind Brennstoffzellen bisher in größeren Leistungsbereichen, das reicht von Großkraftwerken und dem Einsatz in U-Booten und Autos bis hin zu kleinen Blockheizkraftwerken in Einfamilienhäusern. Noch recht jung ist die Entwicklung von Mini- und Mikro-Brennstoffzellen für portable elektronische Geräte im Kleinleistungsbereich. Die Brennstoffzelle erzeugt Strom beispielsweise durch die Reaktion von Wasserstoff mit Sauerstoff. Diese Energieumwandlung mit Wirkungsgraden von über 50 Prozent ist sehr effektiv und umweltfreundlich, denn es entsteht als Reaktionsprodukt nur Wasserdampf. Als Brennstoff benötigt diese Brennstoffzelle reinen Wasserstoff. Dieser kann auch aus Methanol oder Erdgas gewonnen werden. Dann muss jedoch ein Reformer vorgeschaltet werden, wie das die meisten Automobilhersteller planen. Bei Mini-Brennstoffzellen ist das keine Lösung. Deshalb verfolgt das ISE auch die Entwicklung von neuen Zelltypen, die Methanol direkt verstromen. Flüssiges Methanol hat den Vorteil, dass es erheblich einfacher als Wasserstoff zu speichern ist.
Von den unterschiedlichen Typen eignet sich für den Kleinleistungsbereich die PEM-Zelle (Polymer-Elektrolyt-Membran), weil sie bei Raumtemperatur eine hocheffiziente Energiewandlung erlaubt. Eine Bauart der Mini-Brennstoffzelle beruht auf einem vom ISE entwickelten Streifenmembrankonzept – anstelle der sonst üblichen Stapelbauweise werden die Zellen in Reihe geschaltet. Dies ermöglicht eine besonders flache Bauweise. Ziel der Freiburger Forscher war nun, ein komplettes Brennstoffzellensystem mit möglichst einfachem Aufbau, einfacher Handhabung und hoher Energiedichte zu konstruieren. Für Anwendungen mit kleinen Ausgangsspannungen haben sie einen hocheffizienten DC/DC-Wandler entwickelt, der mit kleinen Eingangsspannungen bis hin zu 0,55 V arbeitet. Die Verbindung der Brennstoffzelle mit einem Gleichstromwandler erlaubt eine Spannungsanpassung an die verschiedenen elektronischen Verbraucher. Der Prototyp von nur 144 Millimeter Durchmesser und 20 Millimeter Höhe bei einem Gewicht von 500 Gramm erfüllt diese Anforderungen (Bild 1). Dieses System kann bis zu 50 Watt liefern, was ausreicht, um Kleingeräte bis zum Laptop oder Camcorder zu versorgen. Das Brennstoffzellensystem besteht aus wenigen Bauteilen und kann schnell und problemlos montiert werden. Der Wandler lässt sich in bereits vorhandene Elektronik integrieren und kann zusätzlich Aufgaben des Powermanagements übernehmen. Das ermöglicht kostengünstige Massenproduktion. Schon jetzt zeigt der Vergleich mit der besten Batterie, der relativ teuren Li-Ionen-Batterie, dass damit eine höhere Energiedichte pro Volumeneinheit erreicht werden kann. Für den noch kleineren Leistungsbereich von Milliwatt bis zu wenigen Watt entwickelte das ISE gemeinsam mit dem Institut für Mikrosystemtechnik der Freiburger Universität eine Mikro-Brennstoffzelle, die nur noch die Größe eines Zuckerwürfels hat. Die winzigen Kanalstrukturen, die jede Zelle mit Wasserstoff und Luft versorgen und den Wasserdampf abtransportieren, werden auf dünne Metallfolien übertragen, die den Strom ableiten. So entsteht ein extrem flacher Aufbau – ein Stapel von fünf Zellen ist nur 2,5 Millimeter hoch. Solche Mikro-Brennstoffzellen sollen einst Palmtops, Organizer, elektronische Handheldspiele und andere Kleingeräte mit Strom versorgen.
Die erprobten Halbleiter-Fertigungstechniken versprechen eine kostengünstige Massenproduktion dieser Kraftwerke im Mikrometermaßstab. Fehlende Selbstentladung, lange Lebensdauer, die Flexibilität in Geometrie, Kapazität und Leistung und das problemlose Recycling sind Vorteile der Brennstoffzellen. Hauptvorteil ist aber die Trennung von elektrischem Wandler und Energieträger, denn dadurch kann einfach nachgeladen werden, wenn der Kraftstoff verbraucht ist. Patrone auswechseln und schon fließt der Strom wieder.
In einer wirtschaftsorientierten Strategischen Allianz entwickelt das ISE gemeinsam mit dem ICT, IPT und IZM Brennstoffzellen im Kleinleistungsbereich zur Energieversorgung von portablen Elektronikgeräten. Mit diesem Projekt werden die bisherigen Forschungsarbeiten gebündelt und erheblich beschleunigt.
Noch Vision, aber technisch machbar, sind kleine Kraftwerke, die Energie mechanisch oder durch Piezomaterialien erzeugen. Denn damit werden die Systeme autark. Piezofolien in der Sohle von Schuhen erreichen schon jetzt etwa 8 mW Dauerleistung – genug für einfache Datenübertragungen. Piezomaterialien wandeln Druck in elektrische Energie um. Eine andere Möglichkeit Strom zu erzeugen liegt in winzigen Rotationsgeneratoren. Bei ihnen wird eine exzentrisch gelagerte Masse durch Bewegung in Rotation versetzt. Anwendungen für solche Stromerzeuger sind überall dort, wo permanente Bewegung genutzt werden kann – also bei Menschen und Fahrzeugen. So könnte man damit intelligente Uhren oder Implantate ständig aufladen oder auch Sensor-Chips im Automobil. Den Prototyp eines neuen Multimedia-Abspielers hat das IIS bereits entwickelt. Er verfügt über verschiedene Kommunikationsschnittstellen zur drahtlosen oder leitungsgebundenen Datenübertragung und kann als Einkaufsassistent, interaktiver Stadtplan, Reise- oder Museumsführer eingesetzt werden. Nun soll das Volumen drastisch reduziert werden.
Ein anderes Produkt, an dem viele neue Techniken und Verfahren erprobt werden können, ist ein Sensorarmband. Es soll neben flexiblen Chips und Sensoren auch eine Folienbatterie und Antenne enthalten. Dieses miniaturisierte System kann beispielsweise zur Detektion von Umweltgefahren, zur medizinischen Überwachung von Körperfunktionen, für Zugangskontrollen, im Sport- und Consumerbereich und – in anderen Bauformen – auch in der Sicherheitstechnik oder für autark verteilte Systeme im Automobil eingesetzt werden. Dieses System, das von Instituten des Fraunhofer-Verbunds Mikroelektronik entwickelt wird, dient gleichzeitig als Vorstudie zu einem flexiblen elektronischen Implantat.

Sensor-Transponder
Das IMS entwickelt neue Sensor-Transponder, die sich selbst mit Energie versorgen, beispielsweise induktiv durch Ausnutzen der Rotationsbewegung von Rädern. Transponder sind gekapselte Systeme, die aus Chips mit integrierter Sensorik sowie Sende- und Empfangsspulen bestehen. Die darin gespeicherten Daten können berührungslos ausgelesen werden. Aktive Transponder senden Daten in regelmäßigen Abständen an mehrere Meter entfernte Empfangsstationen. Solche Transponder werden eine wichtige Rolle als Implantate in der Medizintechnik, in Materialfluss und Logistik oder in der Automobilsensorik spielen.
Der Fraunhofer-Verbund kann mit dieser Technologieentwicklung die Voraussetzungen schaffen, um die Dominanz japanischer und amerikanischer Firmen bei den Lithium-Batterien und Smart-Batterie-Technik zu durchbrechen. Der explodierende Markt der Mobilkommunikation entwickelt einen gewaltigen Hunger nach Energie – der nur von unendlich vielen kleinen Kraftwerken gespeist werden kann.

Autor: Franz Miller

Fraunhofer Gesellschaft
Tel. (0049-89) 12 05-533
miller@zv.fhg.de
http://www.fhg.de

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